Konzertbericht: Haken w/ Rendezvous Point, Arkentype

07.06.2016 München, Backstage (Halle)


Der Prog hält Einzug ins Backstage und bringt gleich drei vielversprechende Bands mit sich: ARKENTYPE, RENDEZVOUS POINT und den Headliner der nach ihrem neuen Album benannten „Affinitour“ HAKEN. Gerade letztere avancierten nach ihrem letzten Album „The Mountain“ und ihrem aktuellen Werk „Affinity“ vom Geheimtipp zur ernsthaften Konkurrenz für Prog-Legenden wie Dream Theater. Dass HAKEN mit ihrem neuen Album noch einmal einen großen Sprung in Sachen Bekanntheit hingelegt haben, konnte man gut mitverfolgen. Wie groß jedoch dieser Sprung war, überraschte wohl Veranstalter und Publikum gleichermaßen. Das Konzert musste kurzerhand vom kleinen Club in die deutlich größere Halle verlegt werden.

ArkentypeDoch selbst diese ist schon beim Opener ARKENTYPE mehr als gut gefüllt. Die noch vergleichsweise junge, aus Norwegen stammende Band hat sich einer sehr modernen, Djent-orientierten Form des Progressive Metal verschrieben. Ihre Sache machen die Jungs auch ganz ordentlich, doch beim Publikum will das noch nicht so recht zünden. Auch wenn sich die Truppe bei der Show große Mühe gibt und der Bassist sogar im Publikumsraum herumläuft, ist ihre Musik letztlich doch zu wenig individuell, um richtig begeistern zu können. Ein sehr dröhnender, basslastiger Sound bereitet der Band zudem Schwierigkeiten. Dennoch scheint Einigkeit darüber zu herrschen, dass das als Auftakt vollkommen in Ordnung war.

Musikalisch deutlich stärker geht es mit RENDEZVOUS POINT weiter. Auch sie stammen aus Norwegen, ihre Musik richtet sich allerdings stärker nach klassischem Progressive Metal als die ihrer Kollegen von Arkentype. Die Truppe hat stilistisch, vor allem aber instrumental wahnsinnig viel auf dem Kasten. Schlagzeuger Baard Kolstad wirbelt sich durch absurd vertrackte Rhythmen, während Keyboarder Nicolay Tangen Svennæs für die richtige Atmosphäre sorgt, was die Musik der Band teilweise wie eine melodische Version von Meshuggah erscheinen lässt. Das kommt auch, dank der stilistisch größeren Nähe zu Haken, wesentlich besser beim ohnehin schon gut gelaunten Publikum an. Einzig der im davon abgesehen tadellosen Sound sehr hervorstechende Gesang schmälert den Gesamteindruck etwas, da er bisweilen in seinem fast klassischen Heavy-Metal-Stil etwas deplatziert wirkt. Insgesamt liefern RENDEZVOUS POINT aber einen absolut beeindruckenden Auftritt ab, der die Menge perfekt auf den nun folgenden Headliner einstimmt.

Haken AffinityWeshalb die Halle an diesem Abend so überraschend voll ist, wird klar, als HAKEN die Bühne betreten. Schon jetzt mit tosendem Beifall und Jubel empfangen, eröffnen die Engländer ihr Set mit „Initiate“, dem grandiosen Opener ihres neuen Werkes „Affinity“, auf dem natürlich der Fokus des heutigen Abends liegt. Dass man es hier mit einer der aktuell musikalisch und technisch fittesten Bands zu tun hat, sollte im Verlauf des Konzertes auch jedem noch so unmusikalischen Zuschauer auffallen. HAKEN schlängeln sich durch unzählige krumme Takte und fiese Rhythmen, die selbst trainierten Musikern Kopfzerbrechen bereiten und spielen dabei so sauber und perfekt, dass man es direkt auch als Studioaufnahme verwenden könnte. Der zum Niederknien großartige Gesang ist heute im ansonsten perfekten Sound teilweise nicht ganz so präsent. Das ist einerseits zwar schade, kommt der Band aber gerade in den etwas kitschig geratenen Songs wie „Earthrise“ tatsächlich auch zugute. Dass sie an ihren Kollegen von Dream Theater schon längst vorbeigezogen sind, beweist nicht zuletzt ihre Show. Die besteht, anders als bei besagten, nicht aus Herumstehen und aufs Instrument starren, sondern aus kreativer, energetischer Bühnenpräsenz und passend abgestimmter Lichtuntermalung.
Zwischendurch dürfen die Musiker, besonders Keyboarder Diego Tejeida, der sogar mehrmals mit einer Keytar zum Solieren nach vorne kommt, immer wieder zeigen, was sie instrumental drauf haben. Dafür besonders geeignet sind dabei das 16-Minuten-Opus „The Architect“ und der Fan-Favourite „1985“, die im Set natürlich nicht fehlen dürfen. Doch auch die Vorgängeralben „Visions“ und „The Mountain“ sind vertreten, letzteres beispielsweise mit „Cockroach King“, das nicht das einzige Lied an diesem Abend ist, das von den Zuschauern mitgesungen wird.
Nachdem die Band die Bühne verlassen hat und von der tobenden Menge zurückbeordert wird, packen die bestens gelaunten HAKEN als Zugabe noch das in der Studioversion fast 20-minütige „Crystallised“ ihrer EP „Restoration“ aus und beenden ihr absolutes Musterbeispiel eines nahezu perfekten Auftritts.

  1. Affinity.exe
  2. Initiate
  3. Falling Back to Earth
  4. 1985
  5. Earthrise
  6. Pareidolia
  7. Cockroach King
  8. The Architect
  9. Keyboard Solo
  10. Deathless
  11. The Endless Knot
  12. Crystallised

Haken band

Der Münchner Tourstopp der „Affinitour“ ist ein voller Erfolg: Drei Bands, die alle merklich etwas auf dem Kasten haben, volles Haus, guter Sound und ein bestens gelauntes, aktives Publikum. Dass verschwurbelter Progressive Metal so gut funktioniert, erstaunt einerseits, aber lässt sich auf jeden Fall als sehr erfreuliche Erkenntnis verbuchen. Wer irgendwann mal die Möglichkeit hat, Haken live zu erwischen, auch wenn man keinen einzigen Song von ihnen kennt, sollte diese Chance unbedingt wahrnehmen. Viel besser werden Live-Shows im Progressive Metal nicht mehr.

Publiziert am von Simon Bodesheim

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