Wenn GATECREEPER, 200 STAB WOUNDS und ENFORCED gemeinsam auf Tour gehen, ist zumindest eines vorab klar: Das wird kein Abend für Feingeister. Nach einer Woche voller Chaos im Weltgeschehen ist ein Abend mit stumpfem Geprügel aber vielleicht auch gerade das Richtige – zumindest füllt sich die Backstage Halle in München in beachtlichem Tempo, und noch ehe die erste Band des Abends auf der Bühne steht, ist der Zuschauerraum mehr als ansehnlich gefüllt.
ENFORCED danken den Fans das frühe Erscheinen mit einer erbarmungslosen Abreibung: Auf Ansagen oder dergleichen verschwendet Fronter Knox Colby nur ein Minimum der knapp bemessenen Spielzeit – stattdessen gibt es 30 Minuten lang rohen Thrash Metal auf die Ohren. Der für die Musik vergleichsweise differenzierte Sound unterstützt die Wucht der Musik, vor allem aber begeistert die Vollgas-Attitüde des Fünfers aus Richmond, Virginia. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass bereits ENFORCED als Opener Bewegung ins Publikum bringen.
- Betting On The End
- Malignance
- Curtain Fire
- Casket
- Nation Of Fear
- A Leap Into The Dark
- War Remains
Dem Merch-Anteil im Publikum nach zu urteilen, sind 200 STAB WOUNDS heute längst nicht nur Support-Act. So haben die vier Dudes aus Cleveland, Ohio, dann auch leichtes Spiel: Noch unleserlicheres Logo, noch brutalerer Sound und noch weniger Licht auf der Bühne sorgen für einen ordentlichen Abriss – wennschon das Tempo des Pits dem groovigen Midtempo-Death-Metal der Truppe entsprechend etwas gemäßigter ausfällt. Mit 40 Minuten ist die Spielzeit dann aber auch gut bemessen: Über die Zeit läuft sich die insgesamt wenig komplexe Musik des Quartetts doch tot, zumal auch die Performance – quasi ohne Ansagen und über weite Strecken im Dunklen – wenig Reize zu bieten hat.
- Betting On The End
- Malignance
- Curtain Fire
- Casket
- Nation Of Fear
- A Leap Into The Dark
- War Remains
Ziemlich schnörkellos und roh geht es auch bei GATECREEPER weiter – allerdings trotzdem deutlich abwechslungsreicher. Nach dem einleitenden Intro haut Fronter Chase H. Mason ein knappes „You asked for it, you get it – we are GATECREEPER“ raus, ehe das Publikum von einer gewaltigen Riff-Wand ein paar Zentimeter gen Ausgang gedrückt wird. Dass GATECREEPER erst um Punkt 22:00 Uhr loslegen, obschon der Umbau da längst erledigt ist, will nicht so recht zu dem betont lässigen, aber auch ein wenig hippen Bild passen, das die Amis ansonsten von sich zeichnen: So zückt Chase H. Mason, der die ganze Show über eine verspiegelte Sonnenbrille trägt, irgendwann eine fast schon antik wirkende Digitalkamera, mit der er eifrig ins Publikum blitzt – und auch der „Content-Creator“ der Band filmt mit einem ziemlich antiquiert wirkenden Gerät. Die Begeisterung für den Vibe vergangener Tage passt aber natürlich perfekt zur Musik der Band, die zwar erst 2013 gegründet wurde, stilistisch aber tief im Death Metal der 1990er-Jahren verwurzelt ist.
- Betting On The End
- Malignance
- Curtain Fire
- Casket
- Nation Of Fear
- A Leap Into The Dark
- War Remains
Der Erfolg dieser Tour – am Ende ist die Show ausverkauft – zeigt einmal mehr, dass der Metal ein Retro-Revival erfährt: Obwohl alle drei Bands nominell klassischen Metal zwischen Thrash und Death spielen, ist das Publikum ein bunter Mix aus Metalheads, Hardcore-Fans und Hipstern. Und das ist auch gut so: GATECREEPER statt Gatekeeping!