Konzertbericht: Fleshgod Apocalypse w/ Carach Angren, Nightland

07.01.2017 München, Backstage (Halle)


Bereits 2013 gingen die italienischen Symphonic-Death-Metaller von FLESHGOD APOCALYPSE mit den Geistergeschichtenerzählern von CARACH ANGREN auf Tour. Waren damals noch Septicflesh Headliner, übernehmen dieses mal FLESHGOD APOCALYPSE selbst diese Aufgabe und holten sich dafür noch die Symphonic-Death-Metal-Band NIGHTLAND als Opener mit ins Boot. Der erste Tourstopp der knapp einmonatigen „King“-Europa-Tour findet in der Backstage Halle in München statt.

Seit 2013 hat sich in Sachen Bekanntheitsgrad viel getan. War das Backstage damals noch eher mäßig gut besucht, ist die Halle heute schon ziemlich voll, als die Italiener von NIGHTLAND ihre Show pünktlich um 20:00 Uhr beginnen. An jedem anderen Abend wäre man wohl von derartiger spielerischer und kompositorischer Professionalität einer Opener-Band beeindruckt. Das Quartett vermittelt seine symphonischen, wohl nicht zufällig an langsamere FLESHGOD-APOCALYPSE-Stücke erinnernden Songs über souveräne Instrumentalperformances und eine routinierte Bühnenshow. Am heutigen Abend, an dem noch zwei der theatralischsten und aktuell im extremen Symphonic-Metal-Bereich wohl auch besten Bands spielen, kann ihr Auftritt allerdings nicht wirklich begeistern. Dennoch macht das Publikum brav mit und NIGHTLAND können sich somit gleich beim ersten Tag der Tour über eine mit motivierten Zuschauern gefüllte Halle freuen.

Was nun folgt, ist für Leute, die CARACH ANGREN noch nie live gesehen haben, schwer zu beschreiben. Die hochsympathischen Niederländer, die mit ihren vertonten Gruselgeschichten innerhalb kürzester Zeit vom Geheimtipp zum Szenestar avancierten, sind auch heute wieder mit allerlei optischen Gimmicks unterwegs, die ihre ohnehin grandiose Show noch einmal zusätzlich aufpeppen. Keyboarder Ardek hat neben einer garstigen Fratzenmaske eine abgefahrene Keyboardinstallation dabei, die sich – vermutlich einprogrammiert – langsam durch die Luft schlängelt, während Fronter und Vollzeitschauspieler Seregor bestens gelaunt mit Sensen-Mikroständer seine üblichen Theater-Gesang-Hybrid-Einlagen zum Besten gibt.
Die Entscheidung einen Live-Gitarristen zu engagieren, sodass Seregor sich noch mehr auf die Bühnenshow konzentrieren kann, erweist sich als kluger Schachzug. Selten zuvor erlebte man die Band spielerisch in so guter Form wie heute. Dass die Band seit ihrem letzten Besuch zudem eine enorme Fanbase aufbauen konnte, die die meisten Texte im Schlaf mitsingen kann, lässt den Auftritt noch spaßiger und stimmungsvoller werden. Was CARACH ANGREN hier abliefern ist in Sachen Show absolute Oberliga. Einzig die geforderte Wall-Of-Death-Einlage bei „The Carriage Wheel Murder“ möchte so gar nicht zum Showkonzept passen, doch auch hier macht das Publikum begeistert mit. Ein phänomenaler Auftritt, den es nun vom Headliner zu überbieten gilt.

  1. Once Upon A Time [vom Band]
  2. There’s No Place Like Home
  3. Lingering In An Imprint Haunting
  4. Sir John
  5. When Crows Tick On Windows
  6. Departure Towards A Nautical Curse
  7. Spectral Infantry Battalions
  8. Bitte Tötet Mich
  9. Killed And Served By The Devil
  10. The Carriage Wheel Murder
  11. Bloodstains On The Captain’s Log


Nicht minder theatralisch betritt zu Beginn des Sets von FLESHGOD APOCALYPSE die mitgebrachte und heute durchgehend unterstützende Gastsängerin der Band majestätisch die hübsch geschmückte Bühne, bevor ihr die wie immer edel gekleideten Italiener folgen. Da es die Tour zu ihrem aktuellen Album „King“ ist, finden sich natürlich besonders von diesem Album einige Songs im Set. Doch wie schon auf Platte wollen die Stücke auch live nicht so wirklich zünden. Waren FLESHGOD APOCALYPSE immer für ihre absurd schnellen, brachialen und gleichzeitig verspielt-symphonischen Songs berühmt geworden, stechen diese auf „King“ zu Gunsten vermeintlich komplexeren Songwritings zurückgefahrenen Elemente nicht mehr besonders hervor.

Das kommt der Truppe, für die „abwechslungsreich“ nie ein sonderlich wichtiges Attribut war, nicht gerade zugute. So erstaunt es nicht, dass heute vor allem ihre Hits wie die grandiose High-Speed-Hymne „The Violation“, das wundervoll getragene „The Forsaking“ oder das treibende Midtempostück „Minotaur (The Wrath of Poseidon)“ beeindrucken können, während „King“-Songs wie „Cold As Perfection“, „Syphilis“ oder „Gravity“ erschreckend unspektakulär dahinter zurückbleiben. Darüber hinaus nervt Fronter Tommaso Riccardi – anders als Seregor von Carach Angren, deren ganze Erscheinung stets mit einem sarkastischen, selbstironischen Unterton gefüttert ist – zwischen den Songs massiv mit bierernsten, selten blöden, pseudodramatischen und – noch schlimmer – pseudophilosophischen Ansagen. Klaviervirtuose Francesco Ferrini, der wie immer mit dem Rücken zum Publikum an seiner schicken, antiken Klavierattrappe sitzt, geht leider im eigentlich sehr transparenten Live-Sound überwiegend unter und ist nur bei Geklimper im höheren Tonbereich zu hören. Ein Problem, das auch dem trotz fehlender Abwechslung schon immer etwas überladenen Songwriting der Band geschuldet ist. Das wird ihnen live zum Verhängnis, denn bis auf einzelne Songs hört sich zu viel einfach zu ähnlich an, die Band wiederholt ständig die gleichen Kompositionskniffe und es wird mit jeder Minute anstrengender der Band zu folgen. Dennoch wissen FLESHGOD APOCALYPSE vor allem mit ihrer Bühnenperformance zu überzeugen. Die majestätische Saitenfraktion an der Front unterstützt ihren Lead-Sänger tatkräftig mit knalligen Backingvocals und charakteristischem Clean-Gesang, Ferrini zappelt wild am Klavier umher und so findet das Publikum heute dennoch großen Gefallen am Auftritt der italienischen Extreme-Metaller.

  1. Marche Royale [vom Band]
  2. In Aeternum
  3. Healing Through War
  4. Pathfinder
  5. Cold As Perfection
  6. The Violation
  7. Prologue [vom Band]
  8. Epilogue
  9. Gravity
  10. The Fool
  11. The Egoism
  12. Syphilis
  13. In Honour Of Reason
  14. Minotaur (The Wrath Of Poseidon)
  15. The Forsaking
  16. Outro [vom Band]


So viel Symphonic Metal an einem Abend muss man erst einmal verdauen können. NIGHTLAND schlagen sich als Opener solide, aber etwas unspektakulär, CARACH ANGREN legen einen unvergleichlich starken Auftritt hin und die Headliner FLESHGOD APOCALYPSE beweisen erneut, trotz einiger musikalischer Schwächen, wer an diesem Abend die technisch versierteste Truppe ist. Ein optisch äußerst stimmiger und wirkungsvoller Abend, der vielen Zuschauern sicher lange im Gedächtnis bleiben wird. Schön wäre es allerdings, wenn die Bands beim nächsten Mal vielleicht mit anderen Gruppen, die nicht ebenfalls eine Symphonic-Death- oder Symphonic-Black-Variante spielen, auf Tour gehen würden.

Publiziert am von Simon Bodesheim

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