Konzertbericht: Fjoergyn w/ Negura Bunget

04.04.2015 Erfurt, From Hell

Atmosphärischer Black Metal in einer Lokalität namens From Hell am Abend des sogenannten Blutmondes (der leider nicht in unseren Breitengraden zu sehen war) – wie viel stimmiger kann eine Samstagabendgestaltung noch aussehen? Die Vorzeichen für einen gelungenen Abend scheinen zu stimmen und das Line-Up im Rahmen der aktuellen „Tau„-Tour von NEGURA BUNGET verspricht eine abwechslungsreiche Show.

germanitas_logo_by_halb_blind-d56aq50

550235_435638673160404_861177040_nDen Reigen eröffnet das Eislebener Quartett GERMANITAS, welches seinen Pagan Black Metal vor einem noch überschaubar gefüllten From Hell spielt. Dass die junge Band über noch nicht viel Bühnenerfahrung verfügt, zeigt sich nicht nur an der eher verhaltenen Bühnenshow, sondern vor allem an dem teils unsicheren Spiel, welches ab und an Patzer an der Gitarre offenbart. Hinzu kommt noch eine dürftige Abmischung des Sounds, der die Sechssaiter zu einem schwammigen Klang werden lässt, der hinter der dominanten Lautstärke der Drums und des Sängers steht. Da GERMANITAS musikalisch betrachtet aber interessantes Material vorstellen, benötigen die vier Herren nur mehr Bühnenpräsenz und ein besseres Händchen beim Tontechniker, um in Zukunft ein glückliches Publikum zu hinterlassen.

1960127_761200863897582_1627658980_n1921183_768182259866109_382478382_oNach einer ausgesprochen raschen Umbauphase betreten bereits zwei Mitglieder von NEGURA BUNGET die Bühne, welche mit drei weiteren Musikern GRIMEGOD bilden. Das Quintett spielt einen sehr Doom-lastigen Death Metal, der nicht unbedingt zur Steigerung der Aktivität vor der Bühne beiträgt, aber mit seinen schleppenden Passagen eine angenehme Entschleunigung bietet. Langsam gesellen sich mehr Personen ins From Hell, um dem Klang der Rumänen zu lauschen, die aber wie bereits GERMANITAS mit einem enttäuschenden Sound zu kämpfen haben. Soli und Leads gehen komplett unter und das Mikrofon scheint entweder temporär einfach auszugehen, da man zwar sich bewegende Lippen sieht, aber keinen Klang hört, oder irgendwelchen Spielereien der Tonverantwortlichen ausgesetzt zu sein. GRIMEGOD stehen zwar Genre-technisch im starken Kontrast zur ersten Band, aber genau das ist das Billing des heutigen Abends – Abwechslung.

krysantemia-logo - Kopie

487471Und somit ist es nicht verwunderlich, dass mit KRYSANTEMIA eine Band die Bühne betritt, die nach Pagan Black Metal und Doom Death Metal noch eine andere Spielart vorbringt, nämlich ein sehr unterhaltsames Gemisch aus Death und Thrash Metal mit einigen progressiven Ausflügen an ihren Siebensaitern. Die Italiener, bestehend aus den drei Secchi-Brüdern, ziehen das sich immer weiter füllende From Hell vom ersten Takt an in ihren Bann, was auch daran liegt, dass KRYSANTEMIA nach einem spannenden Intro einen umwerfenden Opener liefern, der sofort zum Abgehen einlädt. Die knackigen Songs kommen gut an beim Publikum, die ersten Besucher folgen den sympathischen Aufforderungen des strahlenden Frontmanns zu headbangen. Sein mächtiges Stimmorgan, zusätzlich mit Hall unterlegt, wirkt ebenso massiv durch Mark und Bein gehend wie die akkuraten Doublebass sowie die messerschaften Riffs. KRYSANTEMIA liefern den ersten rundum gelungenen Auftritt des Abends ab.

x-negura-logo
10409503_10152986694404708_2296345860221252068_nNur wenige Minuten später steht das rumänische Quintett NEGURA BUNGET an ihren Instrumenten und die erste große Menschentraube davor, abwartend und interessiert auf die folkloristischen Klangapparate schauend, welche die Musiker um Gründungsmitglied Negru nacheinander auf die Bühne bringen. Es folgt eine Stunde atmosphärischer Black Metal im klaren Klanggewand, welches jede Flöte, jedes Gitarren-ähnliche Instrument, jegliches Schlagwerk und jeden Gesang deutlich differenziert wiedergibt. Die Tracks laden zum Träumen und Kopfnicken gleichermaßen ein, denn sowohl die sanft verspielten Melodien als auch die dreschenden Mid-Tempo-Parts werden mit einer solcher Perfektion und Innbrunst vorgetragen, dass das Publikum von der ersten Minute an im Bann von NEGURA BUNGET ist, Gänsehaut inklusive. Spielerisch leicht erschafft die Band eine einnehmende Atmosphäre, die hypnotische Sprechgesänge, gezupfte Gitarrensaiten und kurze Flötenspiele gekonnt mit treibenden Schlagzeug-Parts sowie Growls verbindet. Wie innovativ und abwechslungsreich Musik nicht nur auf Platte, sondern auch live klingen sollte, beweisen die Rumänen – dagegen anzukommen als nachfolgende Band ist schwierig.

Wer nach null Uhr noch eine halbstündige Umbaupause einlegt und somit mehr Zeit in Anspruch nimmt, ehe es auf die Bühne geht, als alle vier Bands zuvor zusammen, sammelt nicht unbedingt Sympathien. FJOERGYN aus Jena lassen sich davon nicht irritieren und sind weiter damit beschäftigt, ihre Bühnendeko, bestehend aus jeweils zwei Aufstellern und zu Kerzenhaltern umfunktionierten Kunstherzen, aufzubauen. Zu der kleinen Fantraube vor der Bühne, erkennbar an sämtlichen Variationen von FJOERGYN-Pullis, gesellen sich stetig mehr Leute, sodass die Band, die eigentlich für eine ausgefallene Vorband einspringen sollte, zum Hauptact zu avancieren schien.

FJOERGYN Logo_

370952Es folgt der Auftritt einer Band, deren Alben zwar hochgelobt werden, deren musikalische Umsetzung diese Erwartungshaltung aber deutlich enttäuscht. Der schwammige Sound ist wiedergekehrt, was angesichts der langen Vorbereitungs- und somit potenziellen Soundcheck-Zeit fragwürdig ist, und der Gesang unterliegt stellenweise deutlich den Growls oder ist erst gar nicht zu hören. So mannigfaltig FJOERGYN auf ihren Alben auch sein mögen, am heutigen Abend ist davon nichts zu hören, da es den langen, sich untereinander nur geringfügig abgrenzenden Tracks, an Charakter fehlt. Die Riffs vermischen sich zu einem Dröhnen, die eingestreuten Samples wirken abgehakt in die Songs verflechtet und es muss konstatiert werden, dass die Black Metaller dem Abend einen Abschluss geben, der das Niveau von NEGURA BUNGET nicht halten konnte.

Dieser Punkt, dass FJOERGYN den gefühlten Headliner des Abends darstellten, ist deswegen so bemerkenswert, da er den Schluss zulässt, dass NEGURA BUNGET bei einem Konzert im Rahmen ihrer eigenen Europa-Tour zu einer Vorband degradiert wurden. Wie sinnvoll es war, drei Vorbands und zwei Co-Headliner für einen Abend zusammenzustellen, ist fragwürdig. Und warum die letzte Band mit einem Sound-Problem zu kämpfen hatte, welches KRYSANTEMIA und NEGURA BUNGET nicht zu tangieren schien, ebenso.    

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert