Festivalbericht: Feuertanz Festival 2013 – Tag 1

21.06.2013 - 21.06.2013 Burg Abenberg

Und jährlich grüßt das FEUERTANZ FESTIVAL auf Burg Abenberg. Im zwölften Jahr zeigen sich die Veranstalter beim Line-Up etwas mutiger als in den Vorjahren. Statt der Speerspitze des Folkrocks setzen die Veranstalter am Freitag auf eine niederländisch/irische Kombination bestehend aus OMNIA und FIDDLER’S GREEN, die sich besonders an der Headlinerfront als absoluter Volltreffer erweisen sollte. Der restliche Festivaltag ist dafür wie gewohnt bunt gemischt.

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So beginnt der Freitag und das Festival an sich mit den neu formierten IGNIS FATUU, bei denen einige über den Platz im Billing gestolpert sein dürften, waren die Süddeutschen am Feuertanz schon deutlich prominenter vertreten. Der Grund für die „Degradierung“ besteht im Sängerwechsel, welchen die Folkrocker Ende 2012 vollzogen haben. Neu-Fronter P.G. (Ex-Merlons Lichter) gibt sein Bestes, um sowohl die alten Fans bei Laune zu halten als auch das übrige Festivalpublikum zu animieren. Das funktioniert vor allem dadurch, dass IGNIS FATUU quasi in ihrem Open-Air-Wohnzimmer spielen und ihre treuen Fans bereitwillig einsteigen. Unabhängig davon sind gesanglich sowohl die beiden neuen Songs „Der Rabe und der Wolf“ und „Wenn alle Worte schweigen“ als auch die älteren Nummern wie „Wörterschmied“ oder „Nordwind“ noch sehr ausbaufähig. Zwar merkt man P.G. seine Freude und sein Bemühen an, doch zu viele Töne landen im Nirwana und es fehlt an stimmlicher Substanz, um besonders den feierwütigen Stücken der ersten beiden Alben den entsprechenden Nachdruck zu verleihen. Die unterdurchschnittliche Soundkulisse sowie das kurzfristige Fehlen von Stammgitarrist Peter Pathos tun ihr Übriges dazu. So leben Ignis letztlich von ihrem Heimvorteil, der sie durch den Auftritt trägt.

Galerie: Ignis Fatuu

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An zweiter Stelle dürfen sich kurzfristig DUNKELSCHÖN als Ersatz für die indisponierten FEJD versuchen. Stilistisch hat sich die Combo rund um das Sänger- und Gründerduo Vanessa Istvan und Michael Kaiser deutlich verändert: Ende 2012 rekrutierte die Band zwei neue Mitglieder an Schlagzeug und Gitarre, die gleichzeitig in verschiedenen Metalprojekten tätig sind. Diese neuen Einflüsse sind deutlich hörbar. So schwankt das Septett zwischen sanften Celloklängen, härteren Gitarren und mittelalterlichen Drehleiersounds. Dies sorgt einerseits für Abwechslung, andererseits entsteht kein stimmiges Gesamtbild. Verschiedene Elemente aus den unterschiedlichsten Stilrichtungen gelingen DUNKELSCHÖN, doch insgesamt vermag die Kapelle nicht zu zünden. So fehlen trotz fünf Studioalben nennenswerte Highlights in der Songauswahl. Vielleicht wäre weniger mehr bzw. eine Spezialisierung auf einen bestimmten Grundstil wünschenswert. Insgesamt ist das mittelalterlich/metallig/folkige Gesamtkonstrukt zu heterogen.

Galerie: DunkelschönSONY DSC

Eben jene Behauptung trifft auf die niederländischen RAPALJE am wenigsten zu. Wie bei Versengold am zweiten Tag merkt man den Spielmännern stets ihre Marktherkunft an. So dürfen sich besonders Besucher des Mittelalterlich Phantasie Spectaculums bei diesem Auftritt wie zuhause fühlen. Das Bühnenbild bleibt eher karg, so dass die vier Musiker mit ihren Instrumenten wie Geige und Cister das zentrale Element des Auftritts bilden. Zwar fehlen einige Marktklassiker wie „Loch Lomond“ in der Festival-Setliste, doch erstmals entwickelt sich abgesehen von den jeweiligen Bandanhängern mehr Begeisterung im Zuschauerraum. Das liegt unter anderem am Wiedererkennungswert des hervorragend intonierten „Wat Zullen We Drinken“ und dem Klassiker „Whiskey In The Jar“. Geschickt nutzen RAPALJE ihre langjährige Bühnenpräsenz, um beispielsweise mit Geschichten über holländische Fußballer, die aus Deutschland weggekauft werden, für etwas Kurzweil zwischen den irish-folkigen Stücken zu sorgen. Dementsprechend stört es wenig, dass der gesamte Auftritt nach dem gleichen Prinzip verläuft: Ansage, Song, Ansage, Song. Bei den Liedern entpuppt sich wieder einmal besonders William als ungemein stimmgewaltig, markant und charakteristisch für den Stil der gesamten Kapelle. Und so sind RAPALJE das erste kleinere Highlight des ersten Feuertanztages, besonders da die Musiker im Süden Deutschlands selten zu Gast sind.

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Diesen Umstand gibt es bei des Hauptmanns geilem Haufen aka FEUERSCHWANZ nicht zu beklagen. Die mittelalterliche Stimmungsbastion ist in Bayern und Umgebung ein gern gesehener Gast, besonders auf den alljährlichen Burgenfestivals. In Abenberg 2013 dauert es ein wenig, bis der Partyexpress ins Rollen kommt. Doch besonders gegen Ende haben Hauptmann, Prinz und Co. die Menge fest im Griff und ein beachtlicher Lindwurm schlängelt sich wild durch den Burghof. Thors Partyhammer trifft spätestens beim „Metley“ voll ins Schwarze – wobei die Musiker glücklicherweise auf Bierduschen und andere Eskapaden verzichten. Statt dessen bieten FEUERSCHWANZ das, was der Festivalschar bei Rapalje zuvor gefehlt haben könnte: eine Bühnenshow rund um das nie enden wollende Gelage und alles was damit zu tun hat. Dazu kürt Hauptmann Feuerschwanz eine „Geizhälsin“ im Publikum, die beim entsprechenden Song zum Zielobjekt für den anprangernden Text wird. In der Setliste fehlen zwar Livekracher wie „Symposium“ oder „Jungfernkranz“, doch inzwischen besitzen die Nürnberger genügend Material, um einen entsprechenden Spot in der Mitte eines Festivals mit allerlei Songmaterial kurzweilig füllen zu können. Beim Feuertanz 2013 treten FEUERSCHWANZ erneut erfolgreich den Beweis an, dass Met und Miezen in fränkischer Reinkultur am besten live unter freiem Himmel und nicht komplett zügellos und grenzdebil genossen werden. Dann darf’s auch mittendrin eine Metmaschine sein.

Galerie: Feuerschwanz

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Vom Samstagnachmittag 2011 zum Freitagabend 2013 haben sich die niederländischen Pagan-Folker OMNIA beim Feuertanz in nur zwei Jahren hochgespielt. Größtenteils zurecht, wie sie bei ihrer Semi-Headlinershow mit erweiterter Spielzeit beweisen. Nur zum großen Wurf reicht es (noch) nicht: Dafür zeigen sich die naturverbundenen Folkmusiker wie schon Dunkelschön zu gewollt abwechslungsreich. So präsentieren Steve, Jenny und Co. einige neue Stücke vom potentiellen „Wolf Love“-Nachfolger, in denen sogar Reggae- und Countryeinflüsse zu hören sind. Dabei vermisst man manchmal den typischen Bandsound wie in „I Don’t Speak Human“ oder anderen Vorzeigenummern früherer Jahre. Auch wenn Didgeridoo-Spieler Daphyd beim gerappten „Dance Until We Die“ zum Megaphon als Verstärkung greift, ist dies mindestens gewöhnungsbedürftig und keinesfalls notwendig. Ungleich besser funktioniert das, was OMNIA zu dem gemacht hat was sie heute sind: Frontmann Steve aka Sic an den Flöten und am Mikro sowie Jenny an der Harfe sowie am Keyboard. In dieser Kombination erfüllen OMNIA ihr Credo „Real Life, Real Music, Real Instruments…For Real People“ am trefflichsten. Angenehm beim Feuertanz 2013 ist darüber hinaus, dass Sic am Mikro auf seine ausschweifenden ultragrünen Botschaften verzichtet, sondern sich zusammen mit den anderen Bandmitgliedern auf die Musik beschränkt. Einziges Manko ist neben zu viel gewollter Abwechslung die Abstinenz eines Gitarristen, nachdem Philip Steenbergen OMNIA dieses Jahr verlassen hat. Somit wird es für die Niederländer unter dem Strich in den kommenden beiden Jahren wohl nicht zu einem Headlinerspot reichen. Doch das dürfte auch nicht das primäre Ziel von Sic und Co. sein.

Galerie: Omnia

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Den Fokus auf den Headliner-Spot am ersten Feuertanz-Tag dürften FIDDLER’S GREEN bei der Veröffentlichung ihres letzten Studiowerks „Wall Of Folk“ nicht gelegt haben. Doch die Wahl des Veranstalters erweist sich als goldrichtig: Bereits binnen der ersten Songs wie „Life Full Of Pain“ mutiert der Auftritt zu einem Selbstläufer, wie ihn das Feuertanz unter anderem anno 2010 bei Saltatio Mortis im strömenden Regen erlebt hat. Die Wahliren verzichten in ihrer Setliste sogar auf den Titeltrack ihrer letzten Veröffentlichung sowie neues Material vom bald erscheinenden „Winners & Boozers“-Album, doch das stört in keinster Weise. Selbst vergleichsweise durchschnittliche Studiokompositionen wie „Bottom Of Our Glass“ oder „Walking High“ funktionieren live an diesem Abend und bei der obligatorischen Wall of Folk zur „Rocky Road To Dublin“ mit Sänger Albi in der Menge bringen die FIDDLERS am Ende sogar parallel eine La Ola an den Start. Stimmungstechnisch erlebt der Burghof zu Abenberg ein echtes Highlight: Angeheizt wird die Menge durch irische Livegranaten wie „P Stands For Paddy“, „Mrs. MacGrath“ oder „Victor And His Demons“. Mit „Lost To The Moon“ und einigen instrumentalen Zwischenspielen wie „Tam Lin“ sind die Verschnaufpausen im Feiermarathon geschickt gewählt und musikalisch ähnlich erstklassig wie die schnelleren Nummern. Im Rahmen von „Star Of The County Down“ entflieht schließlich die komplette Band in die Zuschauer und zelebriert inmitten ihrer Anhänger den ganzen Song. Das Ende findet die bahnbrechend energiegeladene Show schließlich mit dem Klassiker „Blarney Roses“. Verglichen mit anderen Möglichkeiten wie dem live eher unspektakulären „Dirty Old Town“ treffen FIDDLER’S GREEN auch am Ende eine goldrichtige Wahl. Und schlagen damit stets den richtigen Ton an.

Galerie: Fiddler’s Green

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Mit Ausnahme der gesamten Show von FIDDLER’S GREEN als Headliner geizte das Feuertanz am ersten Tag mit nennenswerten Höhepunkten. Der Auftritt von RAPALJE zählte im Süden Deutschlands zu einer echten Besonderheit, doch besonders zu Beginn kam das Festival nur schwer in Gang. Allerdings hat sich das Eintrittgeld allein für die irisch-speedfolkige Headlinershow gelohnt. Alle anderen Bands boten dazu noch kleinere oder größere individuelle Highlights – je nach Gusto.

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3 Kommentare zu “Feuertanz Festival 2013 – Tag 1

  1. Ein sehr schöner Bericht über Rapale – ja, genauso kennt man sie. Wer spielt denn da neuerdings eine Nyckelharpa? Warum gibt es von Rapalje keine Fotostrecke? Ich vermute mal, dass der Fotograf vor lauter Begeisterung vergessen hat, einen Film einzulegen :-)

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