Festivalbericht: Feuertanz Festival 2013 – Tag 2

22.06.2013 - 22.06.2013 Burg Abenberg

Nach dem bunt gemischten Auftakt am Freitag steht der Samstag in Abenberg ganz im Zeichen des Vs. Diese kleine Besonderheit erkennt auch DAS NIVEAU in Form von Sören Vogelsang und Martin Spieß, die am zweiten Tag die Moderation von Pampatut übernehmen und die Festivalschar deutlich mehr für sich begeistern können als 2012. So präsentiert das Duo mit „Schwingschleifer“ eine gelungene Adaption von Saltatio Mortis‘ „Nichts bleibt mehr“ und zeigt sich darüber hinaus mit „Hasskappe“ auch von seiner ernsten Seite. Zweiteres ist gleichzeitig ein Vorgeschmack auf das dritte Album von DAS NIVEAU, welches „Rockt“ getauft wurde und am 19. Juli 2013 erscheint.

Galerie: Das Niveau

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Der V-Marathon beginnt pünktlich um 13 Uhr mit der Memminger/Münchner-Combo VERMALEDEYT. Diese eröffnen den Feuertanz-Samstag mit einer Mischung aus traditionellen Melodien und Folkrock. Letzteren stellten die sieben Musiker erstmals auf ihrem neuen Album „SaltaNeo“ vor, welches stilistisch einen klaren Bruch in der Bandvita markiert. Im Live-Gewand klingen die Songs wie „Tanzt!“ deutlich weniger poppig, sondern viel eher mittelalter-rockig und verbinden sich mit markterprobtem Liedgut wie dem franzöischen „Son Ar Sistre“ oder „Le Maître De La Maison“ zu einem größtenteils gelungenen Gebräu. Im Hinblick auf Publikumsinteraktion merkt man den jungen Musikern ihre Markterfahrung an, wobei die allgemeinen Reaktionen beim Veldensteiner Festival 2012 besser ausfielen und das bandeigene Euphorium mehr ausschlug als in Abenberg ein Jahr später. So spielen VERMALEDEYT unter dem Strich einen soliden Openerspot, der allerdings nicht nennenswert in Erinnerung bleibt.

Galerie: Vermaledeyt

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Vor zwei Jahren erlebten VROUDENSPIL auf dem Feuertanz Festival einen ihrer größten Eroberungsfeldzüge: Mit einer gesunden Mischung aus Folk, Ska und Rock avancierten die Süddeutschen nahe ihrer Heimat schnell zu neuen Publikumslieblingen und insgesamt den großen Gewinnern des Wochenendes. Demnach ist das Comeback zwei Jahre später keine große Überraschung. Wenig überraschend auch, dass die Truppe mit „Pulverdampf“ inzwischen ein neues Album am Start hat. Dies passt stilistisch und besonders im Live-Kontext mit Songs wie „Stürz den Becher“ oder „In der Halle des Dattelschnapskönigs“ wunderbar zu den beiden Vorgängern, doch insgesamt erreicht der Auftritt nicht ganz den Level des freibeuterischen Feuertanzdebüts. So erkundigt sich Sänger Ratz zwischenzeitlich beim Publikum, ob es überhaupt noch in der Lage wäre zu feiern. Als die Reaktionen verhalten ausfallen, gönnen die Musiker sich und ihren Fans sogar eine kleine Auszeit vom Tanz- und Feiermarathon. Ein bisschen Tribut müssen VROUDENSPIL den größtenteils extrem warmen Temperaturen in Abenberg zollen, wenngleich die Meute toter Narren inzwischen über ausreichend Bühnenerfahrung verfügt, um selbst solche Gigs mit genügend Lust, Laune und einer Prise (See-)Luft zu füllen.

Galerie: Vroudenspil

SONY DSCDie Lust und Laune sind auch bei den Bremern VERSENGOLD deutlich spürbar. Mit ihrem aktuellen Werk „Im Namen des Folkes“ landeten die Nordlichter einen der folkigsten Studiokracher der letzten Zeit. Dazu gesellte sich eine hervorragende Clubtour sowie zwei erfolgreiche Support-Reisen im Schlepptau von Feuerschwanz. Kein Wunder also, dass das Feuertanz auf die Durchstarter aufmerksam wurde. Diese überraschen allerdings mit einer Setliste, die weniger zentral auf das aktuelle Album als auf den konzeptionellen Räuber-Vorgänger ausgerichtet ist. So fehlt in der Songauswahl nicht nur der Titeltrack von „Im Namen des Folkes“, sondern weitere aktuelle Livekracher wie „Immer schön nach unten treten“. Andererseits zeigen sich VERSENGOLD mutig und spielen mit der Ballade „Vom Zauber des Wildfräuleins“ ihr vielleicht ruhigstes Stück als klaren Kontrast zu den fröhlichen Markt- und Saufkompositionen, stets angetrieben von Pinto von Frohsinn am Bodhrán. Bei der Ballade ist es hingegen die Stimme von Sänger Snorre, die im Mittelpunkt steht – und wie schon auf der Tour mehr als überzeugt. So werden VERSENGOLD auch in Abenberg mit offenen Armen empfangen, wenngleich sich besonders im Vergleich zu den überdachten Clubshows der Verdacht aufdrängt, dass noch mehr möglich gewesen wäre. Vielleicht muss man die Jungs aber auch nur öfters von den offenen Bühnen in die kleinen Locations stecken.

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Die Dänen von VALRAVN sind schlussendlich der Abschluss des v-lastigen Samstagnachmittags. Die Band befindet sich kurz vor ihrer Auflösung auf einer Art Abschiedstour. Dies dürfte allerdings nur den echten Fans in Abenberg wirklich bewusst sein, verlieren die Musiker doch kein Wort darüber. So war es auch bis zuletzt nicht klar, ob der Auftritt der Nordeuropäer auf dem Feuertanz 2013 überhaupt zustande kommt – und eine Absage wäre für die Mehrheit der Betroffenen im Nachhinein wohl die bessere Wahl gewesen. Der Zuschauerraum vor der Bühne leert sich vor dem Auftritt der Pagan Folk-Formation merklich. Dazu gesellen sich bereits beim Soundcheck gravierende technische Probleme, die sich mit einer ungeheuren Vehemenz durch den gesamten Auftritt ziehen, welcher besonders anfangs zu einem mittelschweren Desaster verkommt. Das Zusammenspiel zwischen Sängerin Anna, den elektronischen Elementen sowie den drei Streichern klappt auf dem Feuertanz überhaupt nicht, so dass die neu interpretierten Folksongs aus der Dänemark, Island und den Färöern mehr einer akustischen Bestrafung gleichen. Gegen Ende bessert sich das bizarre Akustikschauspiel ein wenig, doch mit dem letzten Auftritt in Süddeutschland haben sich VALRAVN zum Abschied keinen Gefallen getan.

Galerie: Valravn

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Mit den Schweizern ELUVEITIE folgt schließlich die musikalische Kehrtwende des Feuertanz Festivals 2013. Angeführt von Sänger Chrigel als Rampensau schlägt die Gruppe unter anderem mit „Helvetios“ und „Luxtos“ die bis dato härtesten Töne des Tages an. Sogar noch härter als für gewöhnlich, denn die Eidgenossen wagen einen Ausflug in ihre Anfänge und überraschen mit vielen älteren Klassikern anlässlich ihren zehnjährigen Bestehens 2012. Technisch und spielerisch lassen ELUVEITIE in Abenberg keine Zweifel aufkommen, egal ob alt oder neu. Doch die Energie überträgt sich nicht auf die Mehrheit der Fans. Sogar die bandeigenen Vorzeigestücke wie „Inis Mona“ führen nicht zu kollektiver Ekstase, sondern bestenfalls an einigen Stellen zu wild fliegenden Mähnen und einzelnen Chören. Unbeeindruckt davon entwickelt sich direkt vor der Bühne mehrfach ein beachtlicher Moshpit, wobei die musikalische Ausgestaltung darum eher in den Hintergrund rückt. Mitten während der Show wählt Chrigel schließlich einen Fan aus, der einen Circle Pit anführen soll und bei entsprechendem Erfolg im Anschluss auf Kosten der Band an der Bar versorgt wird. Dieses Experiment gelingt. Doch insgesamt erinnert der Auftritt von Eluveitie sehr an das Steiner Burg Festival 2010, wo sich die zweifelsfrei vorhandene Power des Schweizer Folkmetalexports nur spärlich in der Menge widerspiegelt. So bleibt der Auftritt von ELUVEITIE eine Festivalshow von vielen.

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Basierend auf den Entwicklungen in den letzten zwei Jahren ist Headlinerwahl mit SALTATIO MORTIS für den Samstag zumindest konsequent. Genau wie Vroudenspil spielten die Karlsruher vor zwei Jahren einen sensationellen Gig auf Burg Abenberg, allerdings im strömenden Regen am Freitag. Rund zwei Monate vor dem Release ihres neuen Albums „Das schwarze IXI“ kehren die Totentänzer zurück – und haben mit der Singleauskopplung „Wachstum über alles“ sowie „Früher war alles besser“ direkt zwei neue Songs am Start. Besonders die Single wirkt mit Erklärung von Lasterbalk deutlich gehaltvoller, wenngleich SALTATIO MORTIS mit ihrer Abwandlung des Deutschlandslieds schwieriges Terrain betreten. „Früher war alles besser“ erinnert von der Hörprobe wie eine mittelalterliche Variante der Toten Hosen, wird aber beim Feuertanz genau wie der Rest des Programms auffällig hart eingespielt, so dass SaMo beinahe auf Eluveities Spuren wandeln. Lediglich bei „Manus Manum Lavat“ geht diese Ausrichtung völlig in die Hose, da der Song derart entstellt wird, dass er all seiner Stärken beraubt ist. Die gesangliche Ausrichtung von Saltatio profitiert dafür von einer kleinen Neuausrichtung: So ist dort neben Alea, dessen gesangliche Performance in den letzten Jahren eher nachgelassen hat, nun auch Jean Mechant als Zweitstimme zu hören. Davon profitieren einige jener Songs, welche im Studio zweistimmig bzw. mehrstimmig eingesungen wurden wie z. B. „Orpheus“. Weniger auffällig als der modifizierte Gesang ist hingegen der Wechsel an der Gitarre: Dort hat inzwischen Till Promill den Platz von Herrn Samoel eingenommen. Ob dessen Einflüsse so tragend sind wie es der Sound auf Burg Abenberg vermuten lässt, wird sich spätestens im Herbst auf der „Das schwarze IXI“-Tour zeigen. Summa summarum bilden SALTATIO MORTIS einen guten Abschluss für das Festivalprogramm auf der Hauptbühne, wenngleich besonders Alea nicht an seine Leistung von 2010 anknüpfen konnte und FIDDLER’S GREEN im direkten Vergleich der beiden Headliner die Nase leicht vorne hatten – so man dem Irisch-Speedfolkigen wie dem Mittelalterlich-Rockigen zugeneigt ist.

Galerie: Saltatio MortisSONY DSC

Im Vergleich der beiden Tage ergab sich für das FEUERTANZ FESTIVAL 2013 wohl ein Unentschieden. Sowohl der Freitag als auch der Samstag hatten klare Stärken – und auch Schwächen. Den Tiefpunkt des Festivalwochenendes bildete der Auftritt von Valravn am zweiten Tag. Nicht nur stilistisch ging dieses Experiment in die Hose, sondern vor allem technisch. Letzteres gab es auch bei Ignis Fatuu am Freitag zu beklagen, die mit ihrer Sängerwahl nun am Scheideweg stehen. Zu den Gewinnern des Wochenendes dürften sich in erster Linie Fiddler’s Green zählen, die sowohl musikalisch wie auch stimmungstechnisch mit bewährter Kost für die beste Unterhaltung gesorgt haben. Bei Saltatio Mortis und vor allem Eluveitie entsprachen die gezeigten Shows größtenteils den Erwartungen. Für Marktbands wie Versengold, Vermaledeyt und Rapalje bot das Feuertanz hingegen neue Möglichkeiten, um neues Publikum zu erschließen – was zumindest zwei der drei Combos gelungen sein könnte. So bleibt das Feuertanz in den kommenden Jahren ein Pflichttermin im Festivalsommer der Folk- und Mittelalterjünger. Das Ambiente sowie der Markt, die Menschen und die gesamte Burganlage tun ihr übriges dazu, dass Burg Abenberg immer eine Reise wert ist – selbst wenn musikalisch nicht immer alles stimmt.

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