Konzertbericht: Eric Fish & Friends /w Jo!hanna

12.04.2013 Spectaculum Mundi, München

Kein Gothic- oder Mittelalter-Pop, wie es in diversen Medien verbreitet wird. Nein, unter der Rubrik „Liedermacher“ stuft er sich und seine Musik ein – das stellt ERIC FISH direkt zu Beginn des Konzertabends im Münchner Spectaculum Mundi klar. Ohne Mikrofon, am Bühnenrand sitzend. Zwar tut sich der Subway to Sally-Sänger auf Solopfaden schwer mit dem Namen der Festivalreihe Musica Antiqua Viva und seinem bestenfalls latent vorhandenen Bezug zur Mittelaltermusik, aber im gefühlt „20. bis 25. Club in München“ kann der Blondschopf mit Kopftuch deutlich zufriedener sein als 2012 mit dem Backstage Club. Sogar die Saalbestuhlung wird extra an die Wünsche der Band angepasst, genau wie später die etwas zu helle Bühnenbeleuchtung. So fühlen sich schließlich sowohl die Musiker als auch das Publikum spürbar wohl und verbringen einen Abend, der wieder einmal beweist, dass der Musiker Eric Fish nicht mit dem Sänger von Subway to Sally gleichzusetzen ist.


Im Gepäck hat Eric Fish dabei nicht nur seine Freunde und Mitmusiker, sondern auch einen lokalen Support namens JO!HANNA. Die blinde Sängerin wird zunächst nicht nur von ihren beiden Bandkollegen an Geige und Gitarre begleitet, sondern auch von Eric Fish und B. Deutung am Cello. Gemäß seiner einleitenden Worte ist es Eric ein Anliegen, auf seiner aktuellen „Kaskade“-Tour lokale Musiker zu fördern. In München gibt er seinem unbekannten Support dessen Namen direkt dazu. Dies ist allerdings unmaßgeblich, funktionieren JO!HANNA ab dem dritten Song als Trio mindestens genauso gut wie mit prominenter Unterstützung. Je länger der Auftritt rund um irische Volkslieder und Eigenkompositionen in den Abend zieht, desto mehr entfaltet sich besonders Johanna am Mikrofon. Erst zaghaft und später wortgewandt berichtet sie über ihr musikalisches Schaffen und Reisen nach Irland mit Freunden, auf denen zum Teil die insgesamt ruhige und dennoch ausdrucksstarke Musik entstanden ist. Diese versprüht auf der Bühne ein gewisses Flair, welches man bei unerfahrenen Support-Bands selten findet. Obwohl die blinde Sängerin lediglich über ihre Stimme und Mimik einen größtenteils einseitigen Bezug zum Publikum aufbauen kann, verzaubert sie – spätestens als sie gegen Ende am Keyboard Platz nimmt. Eine Zugabe ist die logische Folge des Auftritts und somit dürften JO!HANNA als Kollektiv ihre erste Show vor einem noch dazu ausverkauften Haus so schnell nicht vergessen. Eine erste kleine Fanbase gibt es in der Heimatstadt noch dazu – verdientermaßen.

Nach kurzer Pause ändert sich die musikalische Gangart ein wenig: Wie bereits erwähnt, befinden sich ERIC FISH & FREUNDE derzeit auf Tour zu ihrem neuen Studiowerk „Kaskade“ – welches den Sänger von einer sehr in sich gekehrten Seite zeigt und einiges von seinem Weltbild offenbart. So beginnt der Auftritt im Spectaculum Mundi mit einem Wasserplätschern und dem Titeltrack der insgesamt neunten Veröffentlichung des Singer/Songwriter-Projekts. Musikalisch stehen bei  „In der Kaskade“ Gitarren, Piano und Cello im Vordergrund, besonders im Refrain. Textlich behandelt das Werk die künstlerische Hingabe an das eigene Schaffen.  Kurz daraufhin laden die „Fishe“ ihre Traumfänger und den Rest der Menge zum „Anders sein“ einladen. Ein erster Gänsehautmoment. Und es sollte nicht der letzte sein. Doch unter all die Balladen und melancholischen Momente mischt Eric Fish neben launigen Ansagen über Bayern und den Dialekt in der Landeshauptstadt auch Unterhaltsames wie „Ich werd verrückt“. Das gepfiffene Leitmotiv wird im Laufe des Konzerts immer wieder aufgegriffen, sowohl von den Musikern beim Stimmen der Instrumente als auch von den Zuhörern im Saal. Merke: Manchmal haben die talentiersten Musiker ihre besten Eingebungen auch nur im Suff – so wie es Eric schließlich zu dieser Melodie anmerkt. Generell gibt sich der Subway-Sänger ungemein nahbar und sympathisch, erzählt lange und ausführlich von gestrichenen Fördergeldern für Kultur in seiner Heimatstadt. Schließlich wirft er die Frage aus, ob man sich als Künstler vielleicht einfach vor dem Rathaus seiner Heimatstadt kreuzigen müsste, um für die notwendige Aufmerksamkeit zu sorgen. Eine gewagte Hypothese, die aber wiederum verdeutlicht, wie sehr Eric für diese, seine Musik lebt. Jene mag nicht immer vollständig zünden, vor allem wenn man keinen emotionalen Bezug zu den einzelnen Kompositionen besitzt, doch der Gesamteindruck überzeugt und verzeiht manche Länge im rund dreistündigen Abend.


In der zweiten Konzerthälfte wird es irischer – und Eric mit seinen Freunden richtig gut. Besonders die schnellen und rhythmischen Nummern wie „The Lilly Of The West“ liegen dem Quintett und berühren mit all ihrer Energie. Alte Subway to Sally-Fans werden sich vielleicht an die MCMXCV-Zeiten erinnern. Hier leben sie wieder ein wenig auf. Dafür verzichteten Eric, Uwe und Co. an diesem Abend auf englischsprachige Coverversionen wie Stings „Message In A Bottle“, die schon im Vorjahr nicht essentiell für den Erfolg des Konzerts notwendig gewesen. Generell liefern die irischen Traditionals sowie „Ich werd verrückt“ erneut den Beweis, dass es nicht immer komplexe Texte sein müssen, um emotionale Reaktionen hervorzurufen. Manchmal sind es fernab der Texte auch kleine Momente in den Konzerten, die für Erheiterung sorgen, wie z.B. ein Duell zwischen Eric Fish an der Tin Whistle und B. Deutung am Cello, wer eine bestimmte Melodie schneller spielen kann. Im Laufe des Abends ist schließlich auch Gitarrist Uwe als Leadsänger zu hören und überzeugt durch sein ungemein dunkles Timbre. Wenn die Sangesstimmen schweigen, sind es wiederum die Mundharmonikaklänge von Rainer und das Cello von B. Deutung, die ganz im Stile der Texte auch instrumental verschiedene menschliche Grundstimmungen einfangen und letztlich auf einen positiven Nenner bringen. Der verhaltene Optimismus ist stets tonangebend, auch im obligatorischen Zugabenblock. Und für die Besucher vielleicht sogar noch darüber hinaus.


Das Spectaculum Mundi erweist sich als würdiger Rahmen für den Zwischenstop der „Kaskade“ in München. Mit Uwe, Rainer, Gerit und B. Deutung hat ERIC FISH nicht nur exzellente Musiker, sondern offenbar wirkliche Freunde an seiner Seite – so wie es der Bandname verspricht. Und zusammen vermitteln die Fünf wahlweise eine ernste oder heitere Sichtweise auf die Welt – immer mit dem Ziel, dass jeder Einzelne sein eigenes Leben zum Positiven wenden kann. Diese Botschaft kommt an und überzeugt. Besonders langjährige Subway-Fans könnten sich hier eher zuhause fühlen als anderswo.

Publiziert am von und Uschi Joas

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