Festivalbericht: Elbriot 2024

10.08.2024 Hamburg

Seit mehr als zehn Jahren ist das Elbriot eine feste Größe im Hamburger Metal-Veranstaltungskalender. Als Eintagesfestival holt das Event auch diejenigen ab, die mit mehrtägigem Geballer und Zelten auf dem schlammigen Acker nicht so viel anfangen können. Dieses Jahr soll uns das Wetter besonders gewogen sein. Es sind etwa 24 Grad, Sonne und Wolken wechseln sich ab – beste Voraussetzungen für viele Stunden Metal auf dem Großmarktgelände. Beim Fußmarsch vom Hauptbahnhof haben wir uns allerdings etwas verkalkuliert. Ein Blick auf die Social-Media-Kanäle des Elbriots hätte uns offenbart, dass sich der Einlass diesmal auf der anderen Seite des Geländes befindet. So zieht es sich etwas länger, aber sei’s drum, rechtzeitig zu BRUTUS haben wir unseren Platz auf dem Elbriot gefunden.

Vor der Bühne ist schon zu diesem frühen Zeitpunkt einiges los und das mit Recht, denn BRUTUS wissen von Anfang an zu beeindrucken. Der dramatische Sound der belgischen Band – irgendwo zwischen Post Hardcore und Metal mit viel Reverb und Effekten – geht direkt ins Mark. Exaltierte Showelemente sind bei diesem Auftritt nicht zu erwarten, die Bühnenaufteilung mit seitlich sitzender Schlagzeugerin und Sängerin macht optisch allerdings schon was her. BRUTUS zeigen sich ehrlich berührt; Frontfrau Stefanie lässt Hamburg in ihren Ansagen wissen, wie sie sich freut, hier zu spielen. Wir können das nur zurückgeben: Ein frühes Highlight des Elbriot 2024!

BRUTUS auf dem Elbriot 2024 in Hamburg
BRUTUS auf dem Elbriot 2024 in Hamburg

Zeit, einmal das Gelände zu inspizieren. Das eingezäunte Areal scheint kleiner zu sein als in den vergangenen Jahren – Schatten und Sitzplätze sind Mangelware, eine einzige Trinkwasserstelle mit vier Hähnen wirkt auch nicht gerade großzügig. Wir haben Glück, dass das Wetter diesmal nicht zu viel Tribut fordert, aber dennoch scheint uns das unnötig knapp kalkuliert. Immerhin ist die Essensversorgung besser als früher, Engpässe wie in den vergangenen Jahren erleben wir heute zum Glück nicht. [JL]

“Wir sind die mit dem unaussprechlichen Namen!” Die spielfreudigen NEAERA aus Münster verbinden ihren Auf-die-Fresse-Sound aus Death- und Metalcore-Elementen mit guter Laune und sympathischen Sabbel-Ansagen. Eigentlich nicht ganz unsere musikalische Baustelle, hat uns die Band von den core-igen Elbriot-Acts am besten gefallen. Besonders schön: Zum Schluss bietet Frontmann Benny Hilleke die ersten Reihen zum großen Hüpfmob auf die Bühne – eine angenehm uneinstudiert wirkende Einlage mit viel spontaner Freude bei Band und Fans. Kleines Manko des Auftritts: Der eher mittelprächtige Sound mit den überdominanten Drums. [MJ]

NEAERA auf dem Elbriot 2024 in Hamburg
NEAERA auf dem Elbriot 2024 in Hamburg

Da wir THE AMITY AFFLICTION wenig abgewinnen zu können, opfern wir den Auftritt großteils einer Essenspause. Vom unnötig süßlich und künstlich klingenden Metalcore-Sound der Australier bekommen wir dennoch ein bisschen was mit. Das, was wir hören, erfüllt aber unsere Vorbehalte. GRAVEYARD sorgen für Abwechslung auf dem von modernen Sounds dominierten Elbriot. Der aus der Zeit gefallene Bluesrock der Schweden schafft eine kleine Verschnaufpause, bei der auch das eine oder andere Tütchen kreist. Es ist 2024, wann, wenn nicht jetzt? Im Großen und Ganzen spielen Graveyard ihren Stiefel weitgehend schnörkellos runter, ohne dass es zu spektakulären Einlagen oder Mitmach-Momenten käme. So ganz reißen uns die Schnurrbartrocker zwar auch nicht mit, aber wir fühlen uns angemessen unterhalten.

Wir räumen ein, MOTIONLESS IN WHITE hatten wir ziemlich ähnlich wie The Amity Affliction als „nicht unsere Tasse Bier“ abgehakt. Aber auch wenn Metalcore nicht mehr unser Lieblingsgenre wird, verstehen wir den Appeal der Band aus Pennsylvania: Songs, die wir nachvollziehen können, knackige Instrumentalpassagen mit Aggrotech-Synths (leider nur vom Band), Bühnenoutfits mit Wiedererkennungswert – und vor allem eine spielfreudige Truppe, die den mittlerweile recht großen Status von MOTIONLESS IN WHITE rechtfertigt. [JL]

MOTIONLESS IN WHITE auf dem Elbriot 2024 in Hamburg
MOTIONLESS IN WHITE auf dem Elbriot 2024 in Hamburg

Nach diesem Geballer wird es bei BEYOND THE BLACK deutlich sanfter und traditioneller. Mit Windmaschine, rotem Licht und wehender Mähne von Frontfrau Jennifer Haben unterstützt das deutsche Quartett seinen Symphonic Metal mit großen Gesten. Auf CD mag der Sound funktionieren, live aber stört es dann doch, wie viele der Keyboard-Fanfaren vom Band kommen, da das Ganze damit arg künstlich wirkt. Schade, denn die eingängigen Songs könnten in reduzierten, gitarrenlastigeren Arrangements durchaus live funktionieren. [MJ]

Und dann: AMON AMARTH. Endlich wieder ein Elbriot-Headliner, dem man richtig entgegengefiebert konnte! Mit geringfügiger Verzögerung fällt der Vorhang und das Wikingerschiff sticht zu den Klängen von „Raven’s Flight“ in See. Die Bühnenaufbauten mit Schiffssteven und großen Götterfiguren machen Eindruck, auch wenn nichts davon mehr überrascht. Aber für große Überraschungseffekte sind AMON AMARTH auch nicht angetreten. Vom Propeller-Headbanging übers Heben der Hörner, Showkämpfe bis hin zu den Lobhudeleien an Hamburg in gebrochenem Deutsch wird die Show routiniert performt. Der Sound ist leider nicht immer gut, Vocals und Gitarren könnten manchmal lauter sein. Aber dafür singt Hamburg auch Gitarrensoli wie von „War of the Gods“ mit. So ist Stimmung ist wahrhaftig Headliner-tauglich – nicht aber die Spielzeit: Es ist kaum eine Stunde vergangen, als AMON AMARTH ohne jede Zugabe nach „Twilight Of The Thundergod“ von der Bühne gehen. Schade, da hätte man mehr erwarten können. Zudem stellt sich doch so langsam die Frage, wie lange AMON AMARTH noch ihr Gimmick auswalzen können, ohne sich nur noch zu wiederholen. [JL]

AMON AMARTH auf dem Elbriot 2024 in Hamburg
AMON AMARTH auf dem Elbriot 2024 in Hamburg

Um 22 Uhr ist also Schluss beim Elbriot. Warum darf ein Headliner mit 32 Jahren Bandgeschichte und zwölf Alben nur 70 Minuten spielen? Zusammen mit der eher mäßigen Versorgung an Schatten- und Sitzplätzen auf dem Großmarktgelände bleibt das als Minuspunkt auf der Liste. Der Rest vom Fest ist allerdings gelungen: Zwar wäre noch ein bisschen mehr traditioneller Metal wünschenswert, insgesamt aber war die Bandauswahl gelungen. Die Merch-Preise (überwiegend 35 Euro für Shirts, 70 Euro für Hoodies) und der Halbliter Bier für sechs Euro fallen (leider) nicht mehr negativ auf und das Essensangebot bot für die meisten Geschmäcker etwas – inklusive anständiger veganer Optionen.

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Fotos von: Theresa Steiner

4 Kommentare zu “Elbriot 2024

  1. Danke für diesen kleinen, feinen und perfekten Bericht! Somit habe ich das Gefühl, mich richtig entschieden zu haben und nicht hinzugehen. Ohne Schatten komme ich mir da nämlich auch echt wie so ein Amon am Arsch vor und dieser Umstand hat mich auch schon vor Jahren etwas gestört. Auch hatte ich keine Lust, deswegen emotionslos in Schwarz auf dem Asphalt da in der Hitze rumzustehen. Ich habe mir dafür, statt meinen obligatorischen 10 Bieren, lieber 6 Kisten Bier gegönnt und höre jetzt mit ein paar Kumpels ein Wochenende lang mal wieder meine alten Kassetten, LPs und CDs durch. In der Woche lese ich dann auch ein paar weitere Berichte von Metal1. Danke nochmal für diesen subjektiven Bericht, der zumindest mir verständlich gemacht hat, was ich verpasst habe.

  2. Leider stimme ich hier dem ersten Kommentar zu. Qualitativ besseres gewohnt von Metal1.
    Wenn man nicht akkreditiert ist und einen Bericht ohne Mehrwert schreibt, warum schreibt man ihn dann? Scheinbar waren die Autorin und der Autor wegen Amon Amarth da und wurden wegen der Spielzeit enttäuscht (die im übrigen kommuniziert war).
    Euer Wunsch nach mehr Tradition in Ehren, aber genau diese Mischung macht den Reiz des Elbriot aus, zu dem ich als Südlicht gerne mal neidisch nach Norden schaue. Ohne jetzt Preise und Location zu kennen.

  3. Für die Verhältnisse von metal1.info ist das leider ein recht unprofessioneller Bericht. Nichts zu Bokassa (auf einem Ein-Tages-Festival kann man als Pressevertreter mit einem gewissen Anspruch auch mal zeitig vor Ort sein, vor allem wenn zwischen Einlass und Opener eine Stunde Zeit liegt), ein peinlicher Kommentar ohne jeglichen Respekt für The Amity Affliction und ansonsten generell viel Gemecker – das hab ich hier auf dieser Seite definitiv, vor allem bei Kollegen die aus München berichten, in besserer und professionellerer Weise gelesen. Kritik ist schön und gut, aber die Formulierungen hier – das sollte nicht der Anspruch dieser Seite sein. metal1, das könnt ihr sonst eigentlich wirklich fast immer besser.

    Und nein, ich bin kein Fan von Amity Affliction. Der ganze Bericht ist schwach ausformuliert. Schade.

    1. Schade, dass dir der Text nicht gefällt! Wir waren ohne Akkreditierung da und haben sehr kurzfristig beschlossen, überhaupt einen kleinen Text zu machen. Daher fielen zwei Bands für uns schlichtweg aus. Um Bokassa ist es sicher etwas schade. Und angesichts ihres Erfolges werden The Amity Affliction unsere Ignoranz ganz sicher verkraften.

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