Konzertbericht: Dryad’s Tree, Nebelkrähe

2008-10-18 Titanic City, München

An einem netten Oktobertag schaffte es das Titanic City nach langer Zeit Flaute endlich einmal wieder, ein paar Metalbands auf die Bühne zu bringen, und da es sich zum einen um den ersten Auftritt von NEBELKRÄHE, der Band des Kollegen Morg, und andererseits um die in München sehr präsenten und populären DRYAD’S TREE handelte, sagte man natürlich nicht Nein. Eigentlich sollten auch noch ODEON aufspielen, sogar als Headliner, doch musste man an der Abendkasse erfahren, dass diese abgesagt hatten. Besser für den Zuschauer, der diese sowieso nicht kannte, denn netterweise wurde ersatzweise der Eintritt heruntergesetzt und die Spielzeiten der verbleibenden Bands nach Möglichkeit verlängert.

Nach über einer Stunde Wartezeit ging es dann schon los, als NEBELKRÄHE die Bretter betraten. Es war also wie erwähnt die erste Show der Truppe, wodurch man spielerische Fehler entweder sowieso nicht wahrnahm oder einfach wohlwollend darüber hinwegsehen konnte. Außerdem möchte ich, aufgrund meiner vollkommenen Unkenntnis bezüglich des bisherigen Schaffens der Band, eher auf die Performance als auf die Musik eingehen. Zu dieser also nur zu Beginn ein paar Worte: Es klang allemal interessant, bisweilen atmosphärisch gänzlich unkonventionell und regelrecht packend, zu anderen Gelegenheiten schien man aber noch nicht ganz zu wissen, wo man nun tatsächlich hin will. An diesen Stellen ließ einen der grundsätzlich melodische Black Metal etwas ratlos zurück, aber natürlich kann das auch am Effekt des ersten Hörens liegen. So bin ich auf das Material in Demo-Form, wie sie wohl bald erscheinen soll, durchaus gespannt. Richtig begeistern konnte auf jeden Fall schonmal der abschließende Track „Et in Arcadia Ego.“, der als einziger mit zackigen, treibenden Stakkato-Rhythmen aufwartete und so eher in der Tradition des True Black Metal stand, als die anderen Songs. Nun also weg vom was und hin zum wie, und hier darf man dann doch noch etwas zulegen. Im Großen und Ganzen darf man sich die Bühne in zwei Hälften geteilt vorstellen: Links Gitarrist Morg und Sänger umbrA, die sich um Nacken und Wirbel bangten und auf der Bühne eine regelrechte Party feierten, rechts noch ein Gitarrist namens Euphorion sowie Bassist Kar, und die machten… nichts. Dabei schaffte es im speziellen Kar wunderbar, das heilige Bassistenklischee vom Bewegungsradius eines Bierdeckels zu erfüllen, vom Headbangen oder in der Mimik sichtbarer Emotion konnte hier aber keine Rede sein. Zuletzt gebe ich umbrA den Rat, wenn dann schon Corpsepaint aufzutragen, das auch auf dem Gesicht hält, und nicht nach zwei oder drei Songs ver- oder abgewischt ist.
Aber bitte, NEBELKRÄHE, nehmt das nicht persönlich, für einen ersten Auftritt waren die kleinen Macken allemal zu verkraften und wenn man sich diese Hinweise vielleicht doch ein wenig zu Herzen nimmt und sich bewegungstechnisch aneinander anpasst, wird das beim nächsten mal schon.

Setlist Nebelkrähe:
Über den Fluss hinweg
Mein ungleich‘ Ebenbild

Als meine Augen ich aufschlug…
Blick vom Ebenholzturm

Dem Alb entronnen, so nah dem Traum
Gewissheit:

Et in Arcadia Ego.

Durch gut 45 Minuten NEBELKRÄHE nun also positiv gestimmt, ging es ans Warten auf die frisch gekürten Headliner, namentlich DRYAD’S TREE. Noch bevor diese aber an die Arbeit gingen, wurde man durch eine Bemerkung auf der Setlist unwillkürlich zusätzlich erheitert: „Keyboard-Intro richtig fies…“ stand da als Anweisung auf dem Papier. Und eingeleitet von so einem gings dann los mit „City of Eyes“, einem Acht-Minüter, der bereits alle Markenzeichen der Band gewissermaßen vorweg nahm: Coole Harmonien, coole Rhythmen, der Mut, auch mal hemmungslos zu holzen und dazu eine gehörige Portion Gefühl. Disillusion ahoi, möchte man meinen! Und in der Tat erinnern die kriegerischen Riffs, die den Sound zu einem guten Teil durchsetzen, nicht zu selten an die Leipziger Kollegen zu „Back To Times Of Splendor“-Zeiten. Da DRYAD’S TREE dann aber über weite Strecken doch eine gute Portion melodischer zu Werke gehen, wäre es wohl vermessen, von einem Plagiat zu sprechen. Dennoch, qualitativ darf man sich definitiv mit Disillusion ebenso wie mit Opeth oder Dark Suns vergleichen.
Noch während dem folgenden „Fading Sorrow“ gab es dann ein ebenfalls recht amüsantes Wiedersehen mit NEBELKRÄHE-Sänger umbrA, der verwirrenderweise plötzlich Jasper Werhahn hieß und nun am Keyboard stand. Sänger und Gitarrist Reinhard Klein hatte die Situation aber voll im Griff und stellte den Tastenklopfer als neuestes (bzw. neuerdings festes) Mitglied der Truppe vor. Dieser machte seinen Job genauso wie bei NEBELKRÄHE als Sänger aber auch am Keyboard sehr gut, wenngleich man ab und zu den Eindruck bekam, die Songs würden nur sehr geringer Unterstützung durch dieses Instrument bedürfen. Das sah nicht nur ich so, und so bestellte sich Jasper über die Show hinweg gefühlte fünf Weißbier, die auf der Bühne geleert wurden. Und gab es mal gerade nichts zu tun, setzte er sich einfach mit dem Rücken an den nächsten Verstärker. Ist ja auch gemütlicher als das andauernde Stehen.
Zurück zu DRYAD’s TREE, die mit „Disdream“, „Life“ und „Captured in Perplexity“ von der „Comfort In Silence“-CD einen guten Block gegen Nicht-Album Tracks stellten und so wohl auch CD-Puristen zufrieden stellten. Dazu gab es noch eine ganz spezielle Premiere an diesem Abend, denn beendet wurde das Set mit dem Album-Rausschmeißer „Stay?!“, der hier erstmals live dargeboten wurde – Und bemängeln konnte man nichts. Selbstverständlich muss man dieses „nichts“ aber relativieren, denn so weit, wie mir der Mund angesichts der instrumentalen Darbietung der kompletten Truppe bisweilen offen stand, kann ich nicht behaupten, eventuelle spielerische Fehler auch nur in Erwägung gezogen zu haben.

Setlist Dryad’s Tree:
City of Eyes
Fading Sorrow
Buried In Oblivion
Captured In Perplexity
The Swarm
Disdream
Life
Stay?!

Was nimmt mit von so einem Abend? Erstens zweifellos, dass es kein Problem ist, on stage beträchtliche Mengen Bier zu vernichten. Zweitens, dass es sich lohnt, auch mal kleinere Konzerte zu besuchen, mehr Value for 4 Euro geht nicht. Und drittens, dass man sich zumindest um den Münchner Underground keine Sorge machen muss sondern lieber die nächsten (oder schon vorhanden) Releases der beiden Bands die spielten erwerben sollte.

Publiziert am von Marius Mutz

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