Schwerer Sludge-/Stonersound erfreut sich in der bayerischen Landeshauptstadt schon immer großer Beliebtheit. Wenn dann auch noch eine absolute Institution des Genres nach München kommt, ist so ein Konzerttermin schnell in aller Munde. Dazu haben DOOMRIDERS mit BEASTMILK auch noch eine Band mit im Tourpaket, deren apokalyptischer Post-Punk derzeit überall gehypt und gefeiert wird. Logische Konsequenz ist eine rappelvolle, ausverkaufte Location, die sich im Laufe des Abends in einen brodelnden Kessel verwandeln sollte.
Doch alles der Reihe nach. HERDER, die dritte Band im Bunde, eröffnet das Konzert im Backstage Club. Bei den Niederländern sticht allen voran Sänger Ché Snelting heraus, der von Anfang an alles gibt, um der Menge einzuheizen. Bereits jetzt ist vor der Bühne kaum noch Platz. Obwohl schon jede Menge Haare durch die Gegend wirbeln, scheint allein Ché mehr Energie zu haben als alle anderen im Club. Genau wie die Performance, steckt auch der räudige, dreckige Sludge der Truppe voller Power. Aggressiver keifender Gesang trifft auf schwere Riffs – als Herkunft würde man wohl eher auf New Orleans statt Groningen tippen. Noch dazu haben High On Fire hörbaren Einfluss auf die aufbrausenden Gitarren von HERDER hinterlassen.
HERDER picken heute abend ihre Songs queerbeet aus der jungen Bandgeschichte heraus. Mit „Stoned To Death“ dem wütendsten Stück des ganze Abends zeigt die Truppe nochmal ganz deutlich, wie sehr ihre Musik im Hardcore verwurzelt ist. Mit dem eingängigen „Wasted“ vom Debütalbum endet das Set. HERDER belegen eindrucksvoll, dass ihr Motto keine leere Hülse, sondern absolut zutreffend ist: „Herder Is Harder“.[MH]
Als nächstes steht mit BEASTMILK eine der Bands der Stunde auf dem Programm: Ihr Debüt „Climax“ (Metal1.info: Album des Monats Dezember 2013) löste in Szene-Kreisen einen kleinen Hype aus – mit der Exotenrolle, die BEASTMILK mit ihrem Post-Punk zwischen den beiden eher brachialen Bands einnehmen, besetzen sie auch gleich die des heimlichen Headliners mit. Der Andrang vor der Bühne lässt leicht erkennen, dass ein Großteil der Fans heute vor allem für die Darbietung der in Finnland gegründeten Formation gekommen ist – die Erwartungen sind entsprechend hoch. Mit „The Wind Blows Through Their Skulls“ starten BEASTMILK dann auch gleich ohne großes Herumtun in ihr Set, im Laufe dessen mit Ausnahme von „Nuclear Winter“ das gesamte Debüt-Album dargeboten wird.
Dass die Tour schon einige Zeit läuft, merkt man der Band ebenso an wie ihre anderweitig gesammelte Bühnenerfahrung – gehen BEASTMILK doch absolut routiniert zu Werke und erlauben sich keinen Schnitzer. Vom Genuss auf CD unterscheiden sich die Songs in ihrer Live-Darbietung damit nicht im Geringsten. Sucht man einen Schwachpunkt an der Show, hat man ihn genau damit gefunden – eine besondere, einmalige Live-Atmosphäre, wie man das von Kvohsts anderen Bands Hexvessel oder ehemals Code kennt, entsteht hier nämlich leider nicht. Freude bereitet die Darbietung schon allein des großartigen Songmaterials wegen dennoch, so dass während der Show im Publikum sogar das eine oder andere Tanzbein geschwungen wird. [MG]
Setlist BEASTMILK:
01. The Wind Blows Through Their Skulls
02. You Are Now Under Our Control
03. Void Mother
04. Fear Your Mind
05. Ghosts Out Of Focus
06. Surf The Apocalypse
07. Death Reflects Us
08. Genocidal Crush
09. Love In A Cold World
Nach diesem Ausflug in apokalyptische Gefilde machen sich die vier Jungs von DOOMRIDERS an ihren kurz gehaltenen Soundcheck, um den Abend würdig abzuschließen. Dass es die Band einmal wieder auf Europatour schafft, ist umso erfreulicher, da Sänger und Gitarrist Nate Newton auch als Converge-Bassist tätig ist und die Hardcore-Institution aus Boston für ihre permanenten Konzertreisen bekannt ist. Nach einem gebrüllten „We are fucking Doomriders!“ steigt die Band mit „Heavy Lies The Crown“ straight rockend in ihr Set ein. Im Gegensatz zu den teilweise etwas zahm klingenden Beastmilk ist der Sound ist von Anfang an mächtig und druckvoll und die vier Jungs prügeln ihre räudige Mischung aus Punkrock, Sludge und Stoner Rock mit viel Energie nach vorne. Besonders überzeugend ist hier der heisere Gesang von Nate, der immer wieder von seinen Bandkollegen unterstützt wird.
Auch wenn schnell die ersten Mähnen im Publikum wehen, wirkt zu Beginn noch alles recht verhalten. Doch gerade, als sich dieser Gedanke breitmacht, springt der Funke über. Bei „Darkness Come Alive“ entlädt sich schließlich die bis dahin angestaute Spannung und das Publikum bricht in einen wilden Moshpit aus, Bierbecher fliegen durch den Club und überall sind selig grinsende Gesichter zu sehen. Von diesem Moment an wird das Konzert von Minute zu Minute noch fetter, noch besser und noch energiegeladener. Die Band hat sichtlich Spaß, springt über die Bühne, bedankt sich immer wieder beim Publikum und legt mit fetten Riffs und treibenden Rock’n’Roll-Parts stetig immer noch eine Schippe drauf. Highlights sind sicherlich das bereits angesprochene „Come Alive“, „Bad Vibes“ und „Black Thunder“, welche die nahezu unmenschliche Temperatur im Backstage Club noch weiter nach oben schrauben. DOOMRIDERS lassen sich davon nicht abschrecken und kehren nach ihrem regulären Set für drei weitere Songs auf die Bühne zurück, um auch hier frenetisch vom Publikum abgefeiert zu werden. Nach einer Stunde verlässt die Band wirklich die Bühne und hinterlässt ein tropfnasses, begeistertes Publikum. [BL]
Setlist DOOMRIDERS:
01. Heavy Lies The Crown
02. The Long Walk
03. We Live In The Shadows
04. New Pyramids
05. Mankind
06. Come Alive
07. Grand Blood
08. Bad Vibes
09. Dead Friends
10. Jealous God
11. Black Thunder
12. Lions
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13. Mercy
14. Bear Witness
15. Deathbox
Bei einer Veranstaltung wie dieser kann wirklich nur von einem rundum gelungenen Konzertabend gesprochen werden, den man im ausverkaufte Backstage Club erleben durfte. Denn selten hat ein Tourpackage – trotz der unterschiedlichen stilistischen Ausrichtungen der Bands – so gut zusammengepasst: Bereits HERDER sorgten für wehende Mähnen und Luftgitarre, BEASTMILK konnten im Anschluss mit ihrem apokalyptischen Post-Punk überzeugen und DOOMRIDERS sorgten schließlich für den nötigen Schuss Aggression und Energie. Auch wenn wohl ein Großteil des Publikums wegen BEASTMILK gekommen war, konnten DOOMRIDERS dabei am Ende doch noch zeigen, warum sie auf dieser Tour den Headliner-Slot zu Recht für sich beanspruchen. [MG]