Konzertbericht: Def Leppard w/ Mötley Crüe

27.05.2023 Königsplatz, München

Mit DEF LEPPARD und MÖTLEY CRÜE beehren gleich zwei Ikonen der 80er die bayerische Landeshauptstadt und als ob die Rock-Götter selbst ihre schützende Hand über das als Open Air geplante Konzert legen würden, präsentiert sich München bei strahlendem Sonnenschein. Die Kulisse am Königsplatz ist sowieso außergewöhnlich, birgt aber klangtechnisch einige Tücken. Weder davon, noch von horrenden Ticketpreisen oder fehlenden Support-Acts haben sich die Fans aber abschrecken lassen und so sind kurz vor Konzertbeginn alle Bereiche vor der Bühne gut gefüllt.

Nach einem ausgedehnten Intro stürmen um 19:30 Uhr MÖTLEY CRÜE zu „Wild Side“ die Bühne am Königsplatz, was vor allem bei den Fans mit Langhaar-Perücken und Spandex-Hosen für Begeisterung sorgt. So manch anderer Konzertbesucher hält wohl vor den ersten Tönen von Frontmann Vince Neil gespannt die Luft an, ist dieser doch inzwischen für seine durchwachsenden Gesangskünste bekannt. Doch München hat heute Glück, Neil wird in diesem Leben nicht mehr an die Leistungen in den 80ern heranreichen, liefert diesmal aber eine grundsolide Performance ab. Unterstützt wird er dabei massiv von zwei Background-Sängerinnen, die für die hohen Parts und Schreie zuständig sind und ohne die der gesangliche Part der Show bei weitem nicht so gut wäre. Der zweite unsichere Faktor ist diesmal John 5, der Mick Mars an der Gitarre ersetzt. Natürlich ist der Mann ein Vollprofi und Gitarren-Virtuose, dennoch tritt er in große Fußstapfen. Die füllt John 5 aber mit einer großen Portion Zurückhaltung mehr als überzeugend aus. Von einem Gitarrensolo abgesehen hält er sich eher im Hintergrund und überlässt dem Rest der CRÜE die Bühne.

Musikalisch gibt es einen bunten Querschnitt durch das Schaffen von MÖTLEY CRÜE: Natürlich dürfen „Shout At The Devil“, „Too Fast For Love“, „Looks That Kill“ oder „Dr. Feelgood“ nicht fehlen. Irgendwie scheint die Band an der Show aber mehr Spaß zu haben als ein Großteil des Publikums. Vielleicht liegt es am Tageslicht, durch das die eigentlich fette Lichtshow eher verpufft, oder am berüchtigten schwierigen Publikum in München, aber so richtig will einfach keine Stimmung aufkommen. Im hinteren und damit günstigsten Bereich könnte der Sound definitiv besser sein, klingt er doch stellenweise ziemlich vom Winde verweht. Die Truppe um Vince Neil scheint die eher mäßige Stimmung aber nicht zu stören. Routiniert, aber energetisch zocken sie sich durch ihr Set, natürlich inklusive der Aufforderung nach mehr nackter Haut bei den Damen im Publikum durch Drummer Tommy Lee, Fan-Treffen mit Nikki Sixx und einem Cover-Medley mit Songs von den Sex Pistols, The Ramones, den Beatles und anderen. Zum Schluss gibt es noch „Kickstart My Heart“ und damit auch endlich mal etwas mehr Begeisterung aus dem Publikum. Musikalisch haben MÖTLEY CRÜE heute abgeliefert, inwiefern man den Herren das Glam-Image und Show-Elemente wie die Rufe nach nackten Brüsten im Publikum aber noch abkauft, ist eine andere Sache.

  1. Wild Side
  2. Shout At The Devil
  3. Too Fast For Love
  4. Don’t Go Away Mad (Just Go Away)
  5. Saints Of Los Angeles
  6. Live Wire
  7. Looks That Kill
  8. The Dirt (Est. 1981)
  9. Guitar Solo
  10. Rock and Roll, Part 2 / Smokin‘ in the Boys Room / Helter Skelter / Anarchy in the U.K. / Blitzkrieg Bop
  11. Home Sweet Home
  12. Dr. Feelgood
  13. Same Ol‘ Situation (S.O.S.)
  14. Girls, Girls, Girls
  15. Primal Scream
  16. Kickstart My Heart

Wie groß der Kontrast zwischen MÖTLEY CRÜE und DEF LEPPARD wirklich ist, zeigt sich schon allein bei der Outfitwahl: Die Herren um Joe Elliot entern die Bühne in Anzügen und begeistern dann auch direkt mit perfekt abgemischtem Sound. So glasklar und ausbalanciert klingt ein Open Air selten. Durch den Slot nach MÖTLEY CRÜE profitieren die Sheffielder nun auch von der einsetzenden Dunkelheit und können die Lichtshow und LED-Wände voll zur Geltung bringen, wobei das Konzert von DEF LEPPARD weniger von den Effekten, als vielmehr von der musikalischen Qualität lebt. Musikalische Qualität, die aber irgendwie nicht so ganz in den Kontext des heutigen Abends passen will. Die Setlist fokussiert sich mit Songs wie „Love Bites“, „Bringin‘ On The Heartbreak“, „Promises“, „When Love And Hate Collide“ oder „Hysteria“ doch eher auf die emotionale Seite der Band, woran auch energetischere Nummern der Marke „Let’s Get Rocked“ oder „Animal“ nur wenig ändern können.

Musikalisch ist das hohes Niveau und auch die Band präsentiert sich durchgehend grundsympathisch, der Funke will aber einfach nicht so wirklich überspringen. Die umstehenden Paare kommen dank der Songauswahl aber auf jeden Fall in die richtige Stimmung, was ja auch ein schöner Nebeneffekt ist. Wie zu erwarten sorgt aber zumindest der Evergreen „Pour Some Sugar On Me“ für mehr Bewegung im Publikum. Den Klassiker nicht als letzten Song zu spielen erweist sich als schlau, denn so hält sich das Stimmungshoch auch über das finale Duo „Rock Of Ages“ und „Photograph“ hinweg. DEF LEPPARD kündigen schließlich noch an, bald wieder in Deutschland touren zu wollen, dann hoffentlich in einem passenderen Rahmen.

  1. Take What You Want
  2. Let’s Get Rocked
  3. Animal
  4. Foolin‘
  5. Armageddon It
  6. Kick
  7. Love Bites
  8. Promises
  9. This Guitar
  10. When Love And Hate Collide
  11. Rocket
  12. Bringin‘ On The Heartbreak
  13. Switch 625
  14. Hysteria
  15. Pour Some Sugar On Me
  16. Rock Of Ages
  17. Photograph

Damit endet ein keinesfalls schlechter, aber doch durchwachsener Abend. Die Kombination aus MÖTLEY CRÜE und DEF LEPPARD klang auf dem Papier besser, als sie schlussendlich war, dafür sind die Bands doch einfach zu verschieden. Einzeln betrachtet haben aber sowohl MÖTLEY CRÜE als auch DEF LEPPARD gute Shows abgeliefert, die unverständlicherweise aber nur für mäßige Stimmung gesorgt haben. Einen gewissen Anteil daran haben aber sicherlich auch die Rahmenbedingungen des Konzerts gehabt. Wie leider fast schon üblich bei Shows dieser Größenordnung gab es zu wenig Getränkestände und Toiletten, wobei noch erschwerend hinzukommt, dass die Stände auch mit zu wenig Personal besetzt waren. Die Warteschlangen wurden im Verlauf des Abends dementsprechend endlos und schließlich kam es sogar zu einem zeitweiligen Verkaufsstopp. Keine guten Begleitumstände also … aber schlussendlich geht es ja um gute Musik und die wurde heute Abend ohne Zweifel geboten. 

Publiziert am von Juan Esteban

Fotos von: Daniel Heydt

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