Handgemachte, auf das Wesentliche reduzierte Musik ist derzeit wieder voll im Kommen – anders ist der Erfolg von früheren Punkrockern und jetzigen Folkrockern wie Chuck Ragan, Frank Turner oder Brian Fallon wohl kaum zu erklären. Zwei Namen, die in einer derartigen Aufzählung nicht fehlen dürfen: Neben dem Holländer Tim Vantol ist dies vor allem der The-Loved-Ones-Frontmann DAVE HAUSE. Der sympathische Musiker aus den USA konnte bereits vor ein paar Monaten eine umjubelte und weitestgehend ausverkaufte Tour spielen und lässt es sich nicht nehmen, im Rahmen seiner Festivalauftritte einige Soloshows in Europa zu spielen.
Die Ankündigung, dass das Konzert im Vorfeld ausverkauft ist, sich das Strom dann allerdings „nur“ in seiner verkleinerten Variante mit eingezogener Wand präsentiert, irritiert zunächst, passt aber perfekt zum intimen Rahmen der heutigen Show.
Pünktlich betritt TIM VANTOL die Bühne und präsentiert lediglich mit einer Akustikgitarre bewaffnet und mit seiner charismatischen, kratzigen und leicht heiseren Stimme Songs seiner zwei Soloalben. Der Verzicht auf die Band, welche in den Studioversionen zu hören ist, fällt bei den einfach gehaltenen, hoch melodiösen Songs kaum ins Gewicht und verleiht dem fröhlichen Folkpunk einen ganz eigenen Charme. Während der letzte Auftritt des Musikers in München zu einem wahren Highlight geriet, will der Funke heute zunächst nicht überspringen, auch wenn im Strom an manchen Stellen von Beginn an mitgesungen wird. Im Laufe des Auftritts taut das Publikum allerdings immer mehr auf und auch TIM VANTOL wirkt gelöster, sodass einige Sing-A-Longs stattfinden, die sympathischen Ansagen der Frohnatur beklatscht werden und das Konzert schließlich mit einem von allen gemeinsam gesungenen „If We Go Down, We’ll Go Together!“ endet.
Nach einer sehr knapp gehaltenen Umbaupause – was gibt es bei Singer-Songwriterkonzerten auch schon großartig umzubauen? – betritt DAVE HAUSE unter lautem Jubel zusammen mit seinem jüngeren Bruder die Bühne, schnappt sich seine E-Gitarre und steigt mit viel Pathos in der Stimme und in seinem Verhalten mit „Autism Vaccine Blues“ in sein Set ein. Das Publikum ist von der ersten Sekunde an dabei, singt Textstellen und Chöre lauthals mit und die das ganze Konzert durchziehenden Motivationsversuche von DAVE HAUSE wären in dieser Form gar nicht nötig – passen aber gut zur allgemeinen Stimmung.
Auch wenn die Songs der beiden Soloalben des Sängers von The Loved Ones in den Studioversionen stärker zum Tanzen einladen und sein pathetischer Sound immer wieder schöne Erinnerungen an Bruce Springsteen wachruft, funktionieren die Songs auch in auf lediglich Gitarre und Klavier herunter gebrochenen Versionen. Der Wechsel zwischen E- und Akustikgitarre funktioniert fließend und immer wieder bedankt sich DAVE HAUSE überschwänglich beim Publikum. Als er schließlich am Ende eines Songs den Text der ersten Strophe des Hot-Water-Music-Klassikers „Trusty Chords“ anstimmt, und sich später bei vielen Musikern – unter anderem auch Chuck Ragan und den Bouncing Souls – bedankt, hat der Jubel kein Halten mehr.
Mit „The Shine“ als Abschluss seines regulären Sets schafft es DAVE HAUSE schließlich auch die Barleute zum Mitsingen zu motivieren und dirigiert den singenden Münchner Publikumschor auf den Händen einiger Fans stehend. Nach einer kurzen Stimmpause kommen die beiden Musiker noch einmal gemeinsam auf die Bühne zurück und spielen noch drei weitere Nummern, wobei besonders das hochgradig emotionale „Benediction“ zu einer wahren Demonstration an ehrlicher, schöner und bodenständiger Musik gerät. Immer wieder bedankt sich DAVE HAUSE beinahe ungläubig beim Münchner Publikum und verspricht, solange wieder zu kommen, wie man ihn hier sehen will
Setlist DAVE HAUSE
01. Autism Vaccine Blues
02. Melanin
03. Damascus
04. Time Will Tell
05. Same Disease
06. Years From Now
07. Sunshine (Todd Snider Cover)
08. Before
09. Father’s Son
10. We Could Be Kings
11. C’mon Kid
12. Prague (Revive Me)
13. The Shine
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14. The Great Depression
15. Resolutions
16. Benediction
FAZIT: Auch wenn das Konzert insgesamt fast ein bisschen lang gerät und die Songs sich in ihrer Stimmung und Struktur – gerade auch aufgrund der minimalistischen Instrumentierung – sehr gleichen, ist der Auftritt von DAVE HAUSE unglaublich gut. Die Stimmung, die der Musiker hier erzeugt, gepaart mit der Fanloyalität seiner Hörer, ist schwer beeindruckend. Seine recht distanzierte, schwer pathetische Art erinnert an das Verhalten von Brian Fallon gegenüber seinen Fans, wirkt dabei allerdings nie affektiert – dass mir persönlich das Unmittelbare von Musikern wir Frank Turner, Chuck Ragan oder auch Tim Vantol besser liegt, ist nur eine subjektive Präferenz. So oder so sind die hoffentlich noch zahlreich stattfindenden Auftritte von DAVE HAUSE in München Pflichttermine. Ob alleine oder mit Band. Gerne auch mit The Loved Ones.