Im zehnten Jahr schöpft DAS SPECTACULUM ROCKT aus den Vollen. Von irischen über folkige bis hin zu metallischen Klängen reicht das Spektrum zum Jubiläum. Im Laufe des Festivals zeigt sich dann, dass Humor letztlich Geschmackssache ist, während Subway to Sally subjektiv wie objektiv betrachtet beweisen, dass „HEY!“ auch fernab der eigenen Clubkonzerte bestens funktioniert.
Den Tag eröffnen die Lokalmatadore FUCHSTEUFELSWILD, bei denen Bandleader Bastian Brenner beim „Das Spectaculum rockt“ dieses Jahr sogar seinen Geburtstag feiert. Nach dem Ausstieg von Sängerin und Flötistin Ella ist Simone wieder zu den Füchsen – und damit an die Seite von Basti – zurückgekehrt. Nicht die einzige Neuerung: Mit „König Zeiger“ hat die Spielmannstruppe auch ein frisches Album am Start. Anfangs verleiden Tonprobleme den Genuss bei neuen wie alten Songs, besonders Simones Gesang leidet bei „Auf weißen Schwingen“ arg und schlägt massiv auf das Trommelfell. Erst später zeigt sich, dass dieser erste Eindruck nicht maßgeblich für ihre Sangeskünste gewesen ist. Der Sound bessert sich und auch FUCHSTEUFELWILD kriegen nach einem holprigen Beginn die Kurve, unter anderem als Bastian Brenner bei „Narrenschiff“ zum Megafon greift. Mit Querflöte und anderen Instrumenten bringt Simone wiederum altbekannte Nuancen zurück in die Klangwelten der Regensburger und das mutet gerade bei rhythmisch treibenden Stücken wie „Carpe Diem“ nicht verkehrt an. Allerdings ist das Songwriting insgesamt noch weit von größeren Kapellen mit ähnlichen Einflüssen entfernt. Dazu fehlen – abseits von Bassists Chewie und seinem immer wieder aufs Neue imposanten Sousaphon – auch die Besonderheiten im Mix aus Gitarre, Bass, Schlagzeug und Sackpfeifen.
Unverbrauchter wirkt das Konzept von THE O’REILLYS & THE PADDYHATS. Mit ähnlich vielen Musikern wie Fuchsteufelswild gestalten die Wahliren ihre rund einstündige Spielzeit erstaunlich abwechslungsreich, sympathisch und vor allem kurzweilig. Der irische Trinkspruch „Slainte“ und dessen Ausspruch wird den Festivaljüngern im Herzen Bayerns ganz einfach so erklärt: „Wie Antje – nur mit SL am Anfang!“ – das ist genau wie in weiten Teilen die Musik der Westfalen simpel, sorgt für Laune und führt auch zum ein oder anderen Schmunzler. Der irische Folk Punk mit Eigenkompositionen wie „Irish Way“, „Green Blood“ oder „Fair Old Lady“ orientiert sich zwar offenkundig an Größen wie den Dropkick Murphys oder Flogging Molly, hat aber noch eine gewisse unbeschwerte Frische und reißt besonders durch die sympathische Art der Musiker mit. Dafür sorgt neben Sean und Dwight O’Reilly am Mikro auch Ian McFlannigan, genannt „The Chief“. Der Multiinstrumentalist agiert als dritter Sänger, primär für Backing-Vocals, geht immer wieder auf Tuchfühlung mit den Fans am Bühnenrand und schwingt zwischendrin auch eine irische Fahne. Gegen Ende gibt es nach einer fulminanten Party als zwischenzeitlichen Rausschmeißer noch ein Cover von „The Boxer“ und anschließend blicken die PADDYHATS in viele gut gelaunte Gesichter. Einige davon denken vielleicht sogar über den Kauf des (im Sommer als besonderes Merchandise angepriesenen) Schals nach. Dieser lässt sich zu den flotten Klängen auch prima in der Luft schwenken, wie ein Fan beweist, der kostenlos damit beglückt wird.
Schon beim Intro wird erkennbar, dass KNASTERBART am heutigen Tag einen schweren Stand beim anwesenden Festival-Publikum haben werden. Während die Fans in München den Gossengenossen noch bereitwillig aus der Hand gefressen haben, zeigt sich die Menge in Parsberg von der eher spaßbefreiten Seite. Weder das Intro noch „Gosse im Herz“, „Mein Körper ist ein Tempel“ oder viele andere der spielfreudig kredenzten Eigenkompositionen zünden. Lediglich im vorderen Bereich der Bühne finden sich diejenigen ein, die wirklich Spaß am Folk-Rock der anderen Art haben, ihr „Gossenabitur“ ablegen und bereitwillig dem Heiligen Hotze huldigen. Alle anderen wirken zum Teil auch etwas überfordert mit den Charakteren und ihren vielen mit Augenzwinkern vorgetragenen Inhalten. Lediglich beim weit verbreiteten „Cotton Eye Joe“ und einigen instrumentalen Party-Passagen von Geiger Fidolin kommt etwas mehr Bewegung in den Zuschauerraum. Mit „Ringelpiez am Kiez“ und „Laich mich ein“ haben KNASTERBART in der Festival-Saison auch die bereits von ihrer Hallentour bekannten Vorboten des kommenden Albums „Perlen vor die Säue“ im Gepäck. Eben jener Titel wirkt wie die passende Überschrift für den Auftritt der Bande in Parsberg 2019. Ihren von Fummelfips ausgerufenen Anspruch „Make Gosse great again!“ können KNASTERBART bei „Das Spectaulum rockt“ nicht erfüllen.
Unbestreitbar an der Publikumsmenge zu erkennen sind SUBWAY TO SALLY völlig zurecht der Main-Act des Abends und beginnen ihre rund 90-minütige Show mit der Vorabauskopplung „Messias“ inklusive der bereits aus dem Video bekannten Glitzer-Kostüme und Föhnwellen-Perücke. Im Gegensatz zur Hallentour ziert die Bühne in Parsberg nur das riesige STS-Banner – spartanisch, aber absolut ausreichend, denn SUBWAY setzen weniger auf Show und mehr auf ihre Musik. Wie schon auf „HEY!“ arbeiten die Veteranen auch live mit einigen Crossfades, so dass „Königin der Käfer“ fließend in das lateinische „Imperator Rex Graecorum“ mit Gary-Glitter-Beat mündet. Den Sprechgesang übernimmt dabei Gitarrist Simon, der als Duettpartner von Eric agiert. Der Festival-Auftritt steht ganz im Zeichen des neuen Albums, so haben die Potsdamer aus der von der Tour übernommenen Setlist viele Raritäten und Überraschungen wie „Minne“ gestrichen, bis nur mehrheitlich die neuen Stücke sowie die beliebtesten Hits übrig geblieben sind. Ein verständlicher Schritt, bedenkt man das doch etwas gemischtere Publikum. Eine besondere Ohrenweide ist die Soundmischung an diesem Festival-Abend – SUBWAY TO SALLY dringen roh und kräftig über die Lautsprecher, mit Gitarrensounds, die druckvoll auf das Publikum niederprasseln. So klingt alt wie neu herrlich direkt, unverbraucht und noch einmal einen ganzen Tacken besser als bei der Hallen-Tour in München.
Zum (vorübergehenden) Ende ihres Auftritts greifen SUBWAY TO SALLY erneut auf die Songzusammenstellung von „Hey!“ zurück und spielen die bereits dort identisch vertretene Trilogie bestehend aus „Alles was der Herz will“, „Aufgewacht“ und „Ausgeträumt“. Ehe es weitergeht, folgen erst die unvermeidlichen „Blut, Blut, Räuber saufen Blut“-Gesänge des leider teils schon unangenehm rücksichtslos gesoffenen Publikums. Doch bevor das Festival in Parsberg mit eben jenem Klassiker sein Ende findet, haben die Folk-Metaller mit leicht modifizierten Versionen von „Sieben“ und „Veitstanz“ sowie dem Evergreen „Tanz auf dem Vulkan“ noch einige weitere Songs dabei, die allesamt bestens angenommen werden. Auch diese hörbar angepassten Klassiker beweisen, dass SUBWAY TO SALLY voll hinter ihrem aktuellen Kurs stehen und diese Gangart steht ihnen (im wahrsten Sinne des Wortes) mächtig gut zu Gesicht.
Besonders mit der Headliner-Show von Subway to Sally setzt DAS SPECTACULUM ROCKT zum 10-jährigen Jubiläum ein echtes Ausrufezeichen. So stark hat man Eric und Co. lange nicht bei einer Headliner-Show unter freiem Himmel gesehen. Der Aufwärtstrend bei den Veteranen setzt sich damit weiter fort, während Knasterbart fernab ihrer Heimat am Publikum scheitern und das restliche Programm – mit einigen Abstrichen bei Fuchsteufelswild – durchaus zu überzeugen weiß. Das ansprechende Rahmenprogramm und ein hervorragender Jolandolo von Birkenschwamm als Moderator tragen ebenfalls zu einem gelungenen Geburtstag bei.