Konzertbericht: Dark Funeral w/ Fleshgod Apocalypse, Ex Deo, Kami No Ikari

17.01.2025 München, Backstage (Werk)

Das Jahr ist noch jung, doch zu Beginn gibt es gleich ein Package von Format zu sehen: Die schwedische Black-Metal-Instanz DARK FUNERAL und die italienischen Meister des symphonischen Extreme-Metal, FLESHGOD APOCALYPSE, haben sich für eine Tour zusammengetan. Als Support gibt es mit EX DEO noch „römischen“ Death Metal aus Kanada – und, aus unerfindlichen Gründen, mit KAMI NO IKARI französischen Deathcore.

Dass Deathcore bei Black Metallern besonders hoch im Kurs stehen würde, wäre eine ganz neue Erkenntnis – zumindest heute sieht es aber nicht unbedingt danach aus. Dass das Werk noch ziemlich leer ist, als KAMI NO IKARI beginnen, dürfte zumindest auch mit dem für einen Werktag reichlich frühen Konzertbeginn um 18:30 Uhr zusammenhängen. Dass bei der 30-Minuten-Show der Franzosen – gefühlt 300 „Blegh!“ und Explosions zum Trotz – keinerlei Stimmung aufkommt, liegt dann aber wohl doch vornehmlich am Befremden, das viele der Anwesenden dem Genre als solchem entgegenbringen. Denn wennschon KAMI NO IKARI absolut nichts von anderen durchschnittlichen Deathcore-Bands unterscheidet, ist die Performance der Franzosen doch zumindest nicht schlecht. Dass es für die Truppe auf dieser Tour keinen Blumentopf zu gewinnen geben würde, hätte aber wirklich jedem im Vorhinein klar sein müssen. Bleibt zu hoffen, dass KAMI NO IKARI für ihren Platz im Tourbus nicht zu viel Geld bezahlt haben …

  1. Godly Oath
  2. Inside You
  3. Interitus
  4. Cronos
  5. The Forgotten
  6. Theophobia

Nachdem das Werk in der Umbaupause – zum eigentlichen musikalischen Thema des Abends ebenso wenig passend – 20 Minuten lang mit den Guano Apes beschallt wurde, geht es um 19:20 Uhr mit EX DEO weiter. Oder, wie man auch sagen könnte: Kataklysm in Rüstungen. Um Dano Apekian am Bass erweitert (da Stéphane Barbe hier Gitarre spielt) ist das Line-up ansonsten mit dem der Death-Metal-Band identisch. Auch musikalisch legen die Kanadier als EX DEO keine 180-Grad-Wende hin. Das fällt live noch deutlicher ins Gewicht als auf CD, da die bei den Studioversionen sehr präsenten Orchestrierungen live eher in den Hintergrund rücken. Damit allerdings verliert das Material auch an Reiz – übrig bleiben weitestgehend Kataklysm-Songs ohne den zwingenden Groove, dafür aber eben mit Antik-Cosplay. Das ist nett anzusehen, zumal die Truppe technisch absolut fit ist und sich in Sachen Show wirklich reinhängt – die gebotenen 35 Minuten reichen aber auch aus.

  1. Imperator
  2. Cato Major: Carthago Delenda Est!
  3. The Rise Of Hannibal
  4. Vespasian
  5. Suavetaurilia (Intermezzo)
  6. The Fall Of Claudius
  7. I, Caligvla
  8. Romulus

Dass in der nächsten Umbaupause klassische Musik läuft, dürfte nur diejenigen überraschen, die FLESHGOD APOCALYPSE noch nicht kennen. Dabei macht die Band auch mit ihrem Bühnenaufbau sehr schnell klar, dass hier kein straightes Brett zu erwarten ist: Goldene Kerzenständer und geschwungene Mikroständer untermalen die symphonische Seite der Band – doch der wissen FLESHGOD APOCALYPSE seit jeher gekonnt extremsten Metal gegenüberzustellen: Nachdem Sängerin Veronica Bordacchini die Show mit einer riesigen italienischen Flagge und der „Ode To Art (de‘ Sepolcri)“ eröffnet hat, gibt es im weiteren Verlauf den wohl besten Symphonic-Extreme-Metal neben Septicflesh zu hören.

Dass die Band nurmehr als Quintett agiert, seit Sänger und Bassist Paolo Rossi die Band im Februar verlassen hat, merkt man der Performance nicht im Geringsten an: Obschon nurmehr mit einer Gitarre besetzt – Bandkopf Francesco Paoli ist dafür an den Bass gewechselt –, haben die Songs in den harten Passagen extrem viel Power. Auch die Performance selbst begeistert: Mal kommt Keyboarder Francesco Ferrini nach vorne und singt, dann wieder – wannimmer er nichts zu tun hat – Drummer Eugene Ryabchenko, um das Publikum anzufeuern: Zu „The Fool“ dirigieren FLESHGOD APOCALYPSE ihr Publikum so zur ersten und einzigen Wall-Of-Death des Abends. Respekt!

  1. Ode To Art (De‘ Sepolcri)
  2. I Can Never Die
  3. Sugar
  4. Minotaur (The Wrath Of Poseidon)
  5. Bloodclock
  6. The Fool
  7. Pendulum
  8. The Violation

Die Frage nach dieser beeindruckenden Performance ist: Haben DARK FUNERAL eigentlich noch das Zeug zum Headliner? Die Darbietungen in den letzten Jahren waren qualitativ ja eher durchwachsen. Zumindest an Selbstbewusstsein mangelt es den Schweden aber nach wie vor nicht: Zum Intro lassen sich DARK FUNERAL einer nach dem anderen mit einem Spotlight illuminieren, wie es eigentlich eher Kiss zu Gesicht stehen würde. Danach geht es, ganz gemäß den aktuellen Kino-Trends, mit „Nosferatu“ los, um direkt im Anschluss – eigentlich viel zu früh im Set – Über-Hit „Atrum Regina“ abzufeuern. Hier zeigt sich leider einmal mehr, dass Heljarmadr auch nach über zehn Jahren nicht in die Fußstapfen hineingewachsen ist, die Emperor Magus Caligula hinterlassen hat.

Ob nun zu Showbeginn mit Kutte oder später in nietenbesetzter Lederjacke – Heljarmadrs Bühnenpräsenz bleibt überschaubar. Stimmlich passt er mit seinem eher flachen Screaming eher zu den ganz alten Songs – wohingegen den Songs der drei „roten Alben“ aus den ’00er-Jahren mit ihrem im Original eher gegurgelten Screaming viel an Wucht und Groove verloren geht. Vielleicht wissen das auch DARK FUNERAL selbst – von diesen spielen sie nämlich insgesamt nur zwei Songs. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass die Band ganz allgemein nicht mehr auf dem technischen Niveau unterwegs ist, das DARK FUNERAL Anfang der 2000er-Jahre hatten – mit Dominator am Schlagzeug, aber auch mit einem an der Gitarre noch deutlich fitteren Lord Ahriman. Das ehemals rasante 16tel-Shredding, das DARK FUNERAL dereinst ausgezeichnet hat, ist mittlerweile jedenfalls eher lässig bis schlampig geschrammelten Achteln gewichen.

Nichtsdestoweniger haben auch DARK FUNERAL heute natürlich ihre Momente: Wenn sich Chaq Mol und Adra-Melek mit sichtlicher Spielfreude gegenseitig in die Saiten greifen, oder die richtig alten Hits wie „Open The Gates“ und „My Dark Desires“ erschallen, zu denen Heljarmadrs Stimme und Performance ebenso gut passt wie zum Material der mit ihm entstandenen Alben „We Are The Apocalypse“ und „Where Shadows Forever Reign“. Und sind es bemerkenswert lange 70 Minuten, die DARK FUNERAL heute auf der Bühne stehen.

  1. Nosferatu
  2. Atrum Regina
  3. To Carve Another Wound
  4. The Arrival Of Satan’s Empire
  5. When I’m Gone
  6. As One We Shall Conquer
  7. Unchain My Soul
  8. Open The Gates
  9. Shadows Over Transylvania
  10. My Dark Desires
  11. In The Sign Of The Horns
  12. Let The Devil In
  13. Where Shadows Forever Reign
Gemessen an der Stimmung im Publikum, aber auch an der Qualität der Performance, muss man leider konstatieren: DARK FUNERAL bleiben zwar, ob ihrer fraglos großartigen Songs sowie ihrem über Jahrzehnte erarbeiteten Ruf eine Instanz im Black Metal – sind aber doch nurmehr ein Schatten ihrer selbst. Dass FLESHGOD APOCALYPSE nur 45 Minuten Spielzeit bekommen haben, ist in diesem Kontext wirklich schade – die Band hätte in diesem Package definitiv längst das Zeug zum Co-Headliner. Da schmerzt es umso mehr, dass das Tour-Billing mit einem völlig überflüssigen Opener überfrachtet wurde: EX DEO als Support hätten vollkommen ausgereicht. In der Summe bleibt aber zumindest festzuhalten: 45 € Eintritt sind für dieses Package absolut fair.

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