Festivalbericht: Dark Easter Metal Meeting 2013

31.03.2013 - 31.03.2013 München, Backstage (Werk)


Pünktlich zum Ostersonntag jährt sich das DARK EASTER METAL MEETING. Wer 2012 den Hals von sechs Black-Metal-Bands noch nicht voll bekam, darf sich nun über sage und schreibe acht Bands freuen, die sich weitgehend der traditionelleren Gangart des Genres verschrieben haben.Dementsprechend müssen WINTERFYLLETH, die aktuell mit Enslaved auf Tour sind, bereits um 16.00 Uhr auf die Bretter. Da die Band spontan noch zum Billing hinzugebucht wurde, müssen sich die Briten heute mit 20 Minuten Spielzeit begnügen. Schade, denn die Mischung aus atmosphärischem, flächigem Black Metal im Wechsel mit stimmungsvollen Clean-Gitarren und mehrstimmigen Gesängen hätte bei großzügigerer Spielzeit und weniger Tageslicht in der Halle sicherlich sehr gewonnen. So wissen die – immerhin schon zahlreich erschienen – Fans aber nicht so recht, was sie mit der Band anfangen sollen. Diese ihrerseits ist sichtlich unzufrieden mit ihrer Positionierung im Line-Up, schlussendlich gerät die Ansage „We are WINTERFYLLETH and these 20 minutes are for England“ zum Highlight der Show.
[Marius Mutz]


Von „Local Support“ kann auch bei den darauf folgenden ASPHAGOR nicht gesprochen werden, ist die Band doch aus Angerberg in Tirol zum Dark Easter Metal Meeting angereist. An ihrer Herkunft lässt die Band auch optisch keinen Zweifel, trägt der Gitarrist in Trachten-Lederhose diese doch demonstrativ zur Schau. Dass ASPHAGOR in München gern gesehene Gäste sind, bewahrheitet sich auch heute wieder: die Band liefert einen nicht unbedingt spektakulären, jedoch absolut soliden Auftritt ab, der bei der mittlerweile erfreulich großen Publikumsschar gut ankommt entsprechend mit Applaus belohnt wird. Hier haben beide Parteien Spaß – und um nichts anderes geht es schließlich. Ein gelungener Auftakt, der musikalisch wie auch von der Publikumsreaktion her deutlich besser funktioniert als die von Winterfylleth, welchen der Opener-Slot absolut nicht gerecht wurde.
[Moritz Grütz]

SYCRONOMICA braucht man keinem Liebhaber extremeren Metals in und um München mehr vorstellen, kann man der Truppe doch eines nicht vorwerfen: Mangelnde Livepräsenz auf heimischen Bühnen. Wenn das auch beim ein oder anderen Fan zu einer gewissen Übersättigung geführt haben mag, so muss man doch anerkennen, dass die Epic-Black-Metaller sich durch unzählige Shows nicht nur beachtliche Routine in der Performance aneignen, sondern auch eine amtliche Anhängerschar erspielen konnten. Und der Release der neuen MCD „Neverest“ ist natürlich ohnehin eine gute Gelegenheit, sich einmal wieder mit der Band zu beschäftigen. SYCRONOMICA enttäuschen heute mit Sicherheit keine Erwartungen, sondern präsentieren kurz und bündig wichtige Wegpunkte ihrer inzwischen 15 Jahre dauernden Karriere. Angesichts dessen, dass sich auf der MCD vor allem alte Demo-Songs finden, mag man sich langsam aber sicher nach mehr neuem Material sehnen, im Kontext des DARK EASTER METAL MEETINGs zeigen sich Oli & Co. aber als starke Einheit, die in ihrem Sektor eine nach wie vor verlässliche Konstante an der Livefront darstellen.
[Marius Mutz]


WALDGEFLÜSTER aus Rosenheim präsentieren im Anschluss das, was man von ihnen erwartet: Pagan Black Metal mit Hand und Fuß, der zwar keine großen Überraschungen bereithält, dafür aber von der ersten Sekunde an mitreißt – die Bayern spielen eine Show, an der wenig auszusetzen ist. Von der Bühnenpräsenz über den Sound bis hin zur Songauswahl: So und nicht anders! Qualitativ lässt sich hier kein Unterschied zu den folgenden, etablierteren Bands feststellen. Auch das Publikum ist inzwischen in Stimmung und feiert WALDGEFLÜSTER gebührend ab. Die Truppe um Mastermind Winterherz beweist heute, dass man das Rad musikalisch nicht neu erfinden muss, wenn man etwas von dem versteht, was man tut, darf es gerne auch eher klassisch zugehen – bis dahin sicherlich das Highlight der Veranstaltung.

Nach der souveränen Show der Münchner Lokalmatadore ist es an HELRUNAR, die Stimmung aufrecht zu erhalten. Seit ihrem letzten Auftritt in München im Jahre 2007 mit Behemoth im Feierwerk, hat sich bei den Pagan-Black-Metallern ja einiges getan: Songwriter und Gitarrist Dioysos verließ die Band (2008) und mit „Sól“ veröffentlichte man ein Doppel-Album, über das sich die Geister schieden (2011).
Und in der Tat hat die Band, die heute auf der Bühne steht, wenig mit der Band zu tun, die damals unter dem Namen HELRUNAR auf unterwegs war. Bei mäßigem Sound und bescheidenem Licht ernten HELRUNAR heute vor allem alte Lorbeeren, wie es scheint – denn auch acht Jahre nach dem Release von „Frostnacht“ ist „Älter als das Kreuz“ immer noch der Hit des Sets. Zwar sind die Songs von „Sól“ durchaus gut in Szene gesetzt, wirklich mitzureißen vermag das Material aber, wie schon auf Album, nicht unbedingt.

Als nächstes geht es mit DARK FORTRESS weiter, welche in München zuletzt vor ziemlich genau einem Jahr mit Nachtmystium aufgetreten waren. Damals in den Club, die kleinste Location des Backstage-Komplexes verlegt, kann sich die Band aus Landshut heute nicht über mangelnde Zusprache beschweren: Das Werk ist mittlerweile gut gefüllt, was bei einer Zuschauerzahl von über 900 zahlenden Gästen doch eine amtliche Kulisse für einen Auftritt bietet. Für den heutigen Tag haben sich die Landshuter etwas Besonderes ausgedacht und ein Set aus Songs, die sonst selten oder nie den Weg in die Setlist finden, zusammengestellt. So wartet man auf Hits wie das bitterböse „Catawomb“ oder auch „Baphomet“ heute vergebens, statt dessen zeigt die Band mit „Evenfall“ vom aktuellen Werk „Ylem“ auch mal ihre „sanfte Seite“. Einmal mehr und wohl deutlicher denn je zuvor macht sich dabei bemerkbar, welchen Wandel DARK FORTRESS in den vergangenen Jahren durchgemacht haben – wirkt die Band doch, obwohl es mit Songs wie „Self Mutilation“ oder „When 1000 Crypts Awake“ auch viele ältere Nummern aus der Azathoth-Ära ihren Weg in die Setlist geschafft haben, vergleichsweise glatt und harmlos: Festzumachen ist das vor allem am freundlichen und so gar nicht schwarzmetallenen Auftreten von Sänger Morean, der das ältere Songmaterial zwar gesanglich gut interpretiert, jedoch in seiner leichtfüßigen Art sogar einem „Poltergeist“ jedwede Bösartigkeit austreibt.


Während sich an diesem Umstand vermutlich nur die wenigsten stören, ist die Show für zumindest insofern etwas besonderes, als man heute in den Genuss einer wirklich einzigartigen Songauswahl kommt. Die Zuhörerschaft weiß das entsprechend zu würdigen, geht über die volle Spielzeit hinweg schön mit und feiert DARK FORTRESS nach dem abschließenden „Antiversum“ trotz Ausbleibens der bekannten Hits begeistert ab. Ein gelungenes Beispiel für eine „Special Show“, von dem sich einige Bands etwas abschauen könnten…

Setlist DARK FORTRESS
01. Self Mutilation
02. Poltergeist
03. As the World Keels Over
04. Hirudineans
05. Iconoclasm Omega
06. Evenfall
07. When 1000 Crypts Awake
08. Antiversum


Mit BETHLEHEM ist dann auch schon der Co-Headliner an der Reihe. Da die Band im Gegensatz zu den anderen Headlinern des Abends in ihrer zwanzigjährigen Karriere noch nie in München gespielt hat und sich hauptsächlich mit ihrer Extravaganz einen Namen gemacht hat, dürfte die Show wohl der mit der größten Spannung erwartete Auftritt des Abends sein. Entsprechend enttäuschend ist die Realität. Denn was BETHLEHEM hier und heute abliefern, ist an Belanglosigkeit kaum zu überbieten. Neben dem mäßig druckvollen Sound und der Tatsache, dass die vielen Bass-Teile in den Songs so reichlich dünn klingen, liegt das vor allem an Sänger Alex Schmied (Mor Dagor), schafft dieser es doch nicht ansatzweise, den kranken, kaputten und verstörenden Charakter der Songs, von dem die musikalisch oft eher belanglosen Tracks der Band leben, zu repräsentieren: Gerade in den Passagen, in denen Drogenrausch an Wahnsinn zu grenzen scheint und in denen Vorgänger Rogier Droog durch seine Bühnenpräsenz und Leidenschaft zu begeistern wusste, wirkt Schmied affektiert und unsicher, seine Show aufgesetzt und bemüht. Mag er als Sänger auch noch so talentiert sein – vom Typ und seiner ganzen Art her passt der recht bodenständig wirkende Fronter eher in eine Death-Metal-Band denn in die verschrobene Welt von BETHLEHEM.
Doch auch das Drum-Herum ist nicht eben perfekt: Der Versuch, durch extravagante Bühnenkleidung in Form von Latex-Röcken, in die sich die Herren Bartsch und Eckhardt gezwängt haben, für Atmosphäre zu sorgen, wird durch das Erscheinungsbild von Schmied in seinem weißem Feinripp-Unterhemd und Army-Hose ad absurdum geführt und auch die Untermalung der Show mittels Video-Installation entpuppt sich als absolut unspektakulär.
Als unspektakulär stellte sich auch die im Vorhinein groß als Special-Set angekündigte Songauswahl heraus – selbst der Über-Song der Band, „Gestern starb ich schon heute“, wusste, irgendwo mitten im Set gespielt, nicht so richtig zu zünden… und das will schon etwas heißen, ist der groovende Songeinstieg doch quasi für die Live-Darbietung geschrieben.
Wüsste ich es nicht aufgrund früherer Live-Erfahrungen besser, BETHLEHEM wären für mich nach diesem Auftritt abgeschrieben. So kann man nur hoffen, dass sich das Sängerkarussell bald weiter dreht und BETHLEHEM zu der Form zurück finden, in der man sie im vergangenen Jahr bestaunen durfte.
[Moritz Grütz]

Setlist BETHLEHEM:
— Intro: Resident Evil 2
01. The 11th Commandment
02. Vargtimmen
03. Durch befleckte Berührung meiner Nemesis
04. Aphel die schwarze Schlange
05. Schatten aus der Alexander Welt
06. Gestern starb ich schon heute
07. Verheissung – Du Krone des Todeskults
08. Tote weisse Marder
09. Du sollst dich töten
10. Tagebuch einer Totgeburt
11. Maschinensohn


Die Norweger ENSLAVED beenden einen zu diesem Zeitpunkt schon sehr langen Konzerttag, der nach erstaunlich unterhaltsamen Beginn mit fortschreitender Dauer etwas abflachte. So sieht sich die Band um Sänger und Bassist Grutle Kjellson heute mit der undankbaren Aufgabe betraut, vor einem müden Publikum einer Veranstaltung die Krone aufzusetzen, die ihren Stimmungszenit bereits überschritten hatte. Gut, dass ENSLAVED zu den routiniertesten, professionellsten Bands im extremen Metal-Sektor überhaupt zählen – seit Jahren präsentiert die inzwischen 22jährige Gruppe ihren Progressive Black Metal bei unzähligen Shows ohne qualitative Aussetzer. Auch heute hält die Band ihren Level konstant und bietet trotz kontinuierlich sinkender Zuschauerzahl einen ausgewogenen Überblick über ihr jüngeres Schaffen bei vollem Einsatz auf der Bühne, wobei sich wie gewohnt vor allem Ice Dale durch unermüdliches Posieren auszeichnet.
Wer noch Energiereserven hat, bekommt also eine gewohnt mächtige Show der Norweger präsentiert – bei der man, wollte man auf hohem Niveau meckern, höchstens bemängeln könnte, dass jedes Konzert so stark ist, dass die Spannung inzwischen beinahe raus ist.

Aber gerade im Kontext des heutigen Tages wäre so ein Urteil sicherlich am Ziel vorbei, muss man doch attestieren, dass Enslaved es geschafft haben, den Abend doch noch äußerst gelungen zu abzurunden. Spätestens jetzt hat wirklich jeder Fan eine ausreichende Dosis an wie auch immer geartetem Black Metal abbekommen, sodass es längst Zeit ist, Gute Nacht zu sagen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es am DARK EASTER METAL MEETING 2013 überraschenderweise vor allem die kleineren Bands waren, die mitzureißen wussten. Dass dies neben der starken Performance dieser Acts und der im Vergleich nicht gleichermaßen überzeugenden Darbietung der Headliner (Enslaved ausgenommen) allerdings vor allem an der sich rasch einstellenden Übersättigung liegen dürfte, sollte sich der Veranstalter vielleicht durch den Kopf gehen lassen. Nach wie vor scheint etwas entspannter gestaltetes Line-Up für den Ottonormalverbraucher angenehmer. Für Die-Hard-Fans war das Festival dagegen mit Sicherheit ein Highlight des bisherigen Konzertjahres in München, denn wenn an diesem Sonntag in München eines bekam, dann eine Vollbedienung.
[Marius Mutz]

Publiziert am von Marius Mutz, und

Fotos von: Sigi Maier

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