Festivalbericht: Dark Easter Metal Meeting 2022

16.04.2022 - 17.04.2022 München, Backstage (Werk, Halle & Club)

Zehn Jahre nach seiner ersten Ausgabe ist das DARK EASTER METAL MEETING (DEMM) im Backstage längst zu einer Instanz in der europäischen Extreme-Metal-Welt geworden: Seit 2015 ist das Event regelmäßig ausverkauft. Auch die für 2020 anberaumte neunte Auflage war schon lange „sold out“, als Corona die Welt auf den Kopf stellte. Zwei Jahre später kann das DEMM nun endlich wieder stattfinden – mit leicht verändertem Billing, aber beeindruckender Fan-Solidarität: Selbst vergleichsweise spontane Billing-Änderungen wie die Absage von Gaahls Wyrd trübten die allgemeine Vorfreude kaum. Warum auch: Immerhin darf man sich nach jahrelanger Live-Abstinenz auf gleich zwei volle Konzerttage mit einem so abwechslungsreichen wie hochkarätigen Billing freuen.

Samstag, 16.04.2022

Los geht es um 14:30 Uhr nicht wie bisher im kleinen Backstage Club, sondern direkt in der größten der drei Venues, dem Backstage Werk. Bevor es allerdings soweit ist, muss DEMM-Veranstalter Michael Sackermann den Fans eine schlechte Nachrichten überbringen: MY DYING BRIDE können wegen Einreiseproblemen nicht auftreten. Ein Dämpfer, ohne Frage … eine Überraschung? In unsteten Zeiten wie unseren eher nicht. Und erst Recht kein Drama: Dass das DEMM zwei Jahre nach dem eigentlichen Termin endlich stattfinden kann und bis auf diesen Spontanausfall für alle Absagen Ersatzbands organisiert werden konnten, ist eine bemerkenswerte Leistung des Veranstalters. Statt zu lamentieren, sollte man also lieber Demut walten lassen und sich über alle Bands zu freuen, die spielen.

Tatsächlich wirkt es nach einem kurzen Moment der allgemeinen Enttäuschung auch nicht so, als ließen sich die Fans die Laune verderben. Vielmehr liegt der Fokus schnell auf einer Band, die da ist und spielen kann: HATE. Obwohl es noch früher Nachmittag ist, gelingt es den Polen mit ihrer über die Jahre gesammelten Erfahrung binnen weniger Songs, tiefste Finsternis heraufzubeschwören: Ihr landestypischer Mix aus Black, Death und Thrash Metal zwischen Behemoth und Vader ist nicht gerade extravagant, funktioniert aber gerade live immer wunderbar. So dauert es nicht lange, bis im schon jetzt gut gefüllten Werk die ersten Köpfe geschüttelt werden. Bei perfekt ausbalanciertem Sound geben HATE dem DARK EASTER METAL MEETING damit den erhofften Kickstart und bringen das Publikum direkt auf Betriebstemperatur. [MG]

Um halb vier eröffnen die Lokalmatadoren von WALDGEFLÜSTER den Konzerttag in der Halle. Wie ihr aktuelles Album „Dahoam“, beginnen die Oberbayern auch ihr Set mit „A Taglachinger Morgen“ und „Im Ebersberger Forst“. Nach dem melancholischen Intro, das ausschließlich von Gitarrist Dominik Frank und Frontmann Winterherz vorgetragen wird, treten auch die übrigen Mitglieder auf die Bühne. Als die verzerrten Gitarren einsetzen, gehen diese leider zunächst komplett hinter Schlagzeug, Gesang und Samples verloren. Der soundtechnisch verkorkste Einstieg wird glücklicherweise schnell korrigiert, sodass WALDGEFLÜSTER ihr mit reichlich Pathos, Natur- und Heimatliebe gefülltes Set stimmig umsetzen können. Als kleines Schmankerl kommt J. J. von Harakiri For The Sky für sein Feature in „Am Tatzelwurm“ auf die Bühne – eine gelungene Eröffnung des DARK EASTER METAL MEETING! [SD]

Zeitgleich sind im Club die Newcomer MAAHES dran. Bereits bei dieser ersten Show auf der kleinsten der drei Backstage-Bühnen zeigt sich, dass sich keine der hier platzierten Bands Sorgen machen muss: Obwohl Waldgeflüster nebenan kräftig Fans vor die Bühne ziehen, dürfen sich auch MAAHES über einen vollen Club freuen. Nicht voll besetzt hingegen ist die Band, die heute als Trio antritt, also mit nur einer Gitarre und ohne Keyboard. Dass das nicht folgenlos bleibt und die Songs heute weit weniger vielschichtig klingen als bei früheren Shows, lässt sich nicht leugnen – mit Spielfreude, sympathischen Ansagen in ihrer „Landessprache“ (Niederbayerisch) und natürlich ihren eindrucksvollen Mumien-Outfits machen MAAHES das trotzdem wett. [MG]

Nachdem Hate das Werk bereits ordentlich vorgeheizt hatten, folgen hier nun IMPERIUM DEKADENZ. Mit ihrem traditionellen, wütenden Black Metal, der hier und dort von atmosphärischen Zwischenspielen aufgelockert wird, sind die Schwarzwälder das ideale Bindeglied zwischen den rasenden Vorgängern und den nachfolgenden Harakiri For The Sky. Routiniert und abgezockt, technisch sauber und mit starkem Sound versehen, begeistern sie das anwesende Publikum. Frontmann Horaz merkt man die bald 15 Jahre Bühnenerfahrung an: Er spielt mit dem Publikum, schenkt den Fans hier und dort Wein in ihre leeren Becher ein und genießt es sichtlich, nach zweieinhalb Jahren Live-Abstinenz endlich wieder auf der Bühne zu stehen. Dass auch die Fans IMPERIUM DEKADENZ vermisst haben, zeigen sowohl die ordentliche Meute, die sich vor der Bühne versammelt hat, die Textsicherheit in den vorderen Reihen und der laute Applaus, mit dem die Band verabschiedet wird. [SD]

Während im Club eine Schweizer Newcomerband mit dem irreführenden Namen GRAVPEL (es handelt sich nicht um Graupel von Ex-Nagelfar-Sänger Zingultus!) alles mit Kunstblut einsauen, tauchen MORK die Halle im wahrsten Sinne des Wortes in Dunkelheit – obwohl die Band Wert darauf legt, dass ihr Bandname nicht vom norwegischen „mørk“ für Dunkelheit kommt, sondern für sich selbst steht. Das zur Band ausgeweitete Soloprojekt von Sänger Thomas Eriksen liefert mit einem auf das aktuelle Album „Katedralen“ (2021) fokussierten Set exakt das, was man sich von einer norwegischen Black-Metal-Band erwartet: Mal fies geschrammelt, mal mit rockiger Attitüde im Riffing, dazu garniert mit gemeinen Screams und natürlich Corpsepaint halten MORK die Fahne des traditionellen Black Metals hoch und bekommen dafür mit Recht viel Zuspruch.  [MG]

Eigentlich hätte es mit Gaahls Wyrd direkt true-norwegisch weitergehen sollen. Nachdem die Band ihren Auftritt jedoch in der Woche vor dem DEMM 2022 abgesagt hatten, bekommen die Fans stattdessen vergleichsweise spontan HARAKIRI FOR THE SKY geboten. Dass die Österreicher, wennschon stilistisch gänzlich anders, ein würdiger Ersatz für die Norweger sind, ist schnell klar: Das Werk ist voll, das Publikum enthusiastisch – und Lead-Gitarrist M.S. zieht die Hörer mit seinen wundervollen Melodien von Sekunde eins an in den Bann. Unterstützt von der druckvollen Rhythmus-Fraktion – gerade den Bass-Sound muss man am heutigen Tage besonders hervorheben – kreieren „HFTS“ eine stimmungsvolle Atmosphäre zum Hinwegträumen. Dazu tragen auch neue Tracks wie „Sing For The Damage We’ve Done“ und das Placebo-Cover „Song To Say Goodbye“ bei, die auf lange Sicht einen Platz in der Setlist der Band sicher haben dürften. Dass die Mannen auf der Bühne ständig in Bewegung sind und non-stop headbangen, geht dabei fast unter: Denn die Musik von HARAKIRI FOR THE SKY genießt man am besten mit geschlossenen Augen. [SD]

  1. Sing For Rhe Damage We’ve Done
  2. Stillborn
  3. Thanatos
  4. Burning From Both Ends
  5. Us Against December Skies
  6. Fire, Walk With Me
  7. Calling The Rain
  8. Song To Say Goodbye (Placebo-Cover)

In der Halle folgt nach diesem vergleichsweise spontan organisierten Festivalhighlight die erste Enttäuschung des Tages: YOTH IRIA. Während die Band, die 2019 um drei ehemalige Mitglieder von Rotting Christ herum entstanden ist, auf ihrem Debüt-Album „As The Flame Withers“ durchaus stimmungsvollen Dark/Black Metal vorzuweisen hat, bringt das Quintett von dieser Atmopshäre nichts auf die Bühne: Dass nur Fronter The Magus Corpsepaint (der klischeehaftesten Sorte) trägt, ist ebenso ungeschickt wie das wenig souveräne Stageacting: Dynamik sucht man hier ebenso vergebens wie Charisma – und auch das Songmaterial wirkt, live dargeboten, allenfalls durchschnittlich. Trotzdem ist die Halle auch hier gut gefüllt – die unterhaltsamere Show bekommen aber wohl all jene geboten, die sich für diesen Slot für den Club entschieden haben. [MG]

Zwei Stunden zuvor noch mit Imperium Dekadenz auf der Bühne, dürfen im Club deren Live-Musiker Harvst, Kaelt und Naavl nun mit ihrer eigenen Kombo VARGSHEIM nochmal ran. Die Franken überzeugen mit ihrem peppigen Black ’n’ Roll und bringen mit teils tanzbaren Rhythmen und vom klassischen Hard Rock angehauchten Riffs und Soli eine erfrischende Komponente in den Festivaltag. Zur Abwechslung tragen auch Gitarrist Kaelt und Bassist Harvst bei, die sich den Gesangspart paritätisch aufteilen und dem insgesamt rockigen Sound mit ihren fauchenden Stimmen die am heutigen Tage selbstverständliche Black-Metal-Note verpassen. Dennoch: Wer neben aller Raserei, Misanthropie und Melancholie eine auflockernde Verschnaufpause braucht, kommt bei dem Trio voll auf seine Kosten. [SD]

Um 20:00 Uhr ist es am heutigen Samstag nicht Zeit für die Tagesschau, sondern für BELPHEGOR. Weggebombt wird auch hier, allerdings ausschließlich im besten Sinne der von der Band oft bemühten Floskel: Mit morbider Bühnendeko, knackigem Sound und der Routine aus nun vollen drei Dekaden Bandgeschichte hat Fronter Helmuth sein Publikum im Nullkommanichts eingenommen: Kein Wunder, haben die Extreme-Metaller doch eine überaus vielseitige Setlist zusammengestellt: Neben dem seit Jahren nur Live gespielten, aber ansonsten unveröffentlichten Track „Sanctus Diaboli Confidimus“ gibt es mit „Virtus Asinaria – Prayer“ ein Stück des kommenden Albums zu hören. Auf der anderen Seite reicht das Set mit „Lucifer Incestus“ vom gleichnamigen Album bis ins Jahr 2003 zurück. Dass sich die Tracks stilistisch groß unterscheiden, kann man freilich nicht sagen – aber wofür auch? BELPHEGOR sind und bleiben eben BELPHEGOR … auf Platte, aber gerade auch live. Da Publikum quittiert die Show mit reichlich Applaus, aber auch ersten Moshpit-Ansätzen. Blasphemischer wird es an diesem Osterfest wohl nicht mehr. [MG]

  1. Swinefever – Regent Of Pigs
  2. The Devil’s Son
  3. Sanctus Diaboli Confidimus
  4. Belphegor – Hell’s Ambassador
  5. Stigma Diabolicum
  6. Conjuring The Dead / Pactum In Aeternum
  7. Lucifer Incestus
  8. Virtus Asinaria / Prayer
  9. Baphomet
  10. Gasmask Terror

Nachdem Belphegor das Werk mit ihrem Feldzug der Blasphemie ordentlich durchgerüttelt haben, steht mit den Griechen VARATHRON eigentlich die perfekte Kost zum Nachschlag bereit. Denn nicht weniger satanisch geht das schon in den späten Achtzigern gegründete Quintett zu Werke. Doch hat man die Halle am heutigen Tage noch nicht so leer gesehen wie zur Stagetime der Griechen. Dies hindert VARATHRON jedoch nicht daran, ein wahres Feuerwerk abzubrennen: Mit Elementen aus Black Metal, Grindcore, Groove Metal und sogar Sludge wird den Anwesenden eine garstige musikalische Mischung dargeboten, die die Fans sogar zum moshen motiviert. Eingefordert von Schreihals Stefan Necroabyssious, wirkt dieser zur Musik VARATHRONs auch alles andere als deplatziert. So mausern sich die Griechen zur vielleicht größten Überraschung des Tages. [SD]

Währenddessen tritt mit CRESCENT im gegenüber liegenden Club die wohl exotischste Band des Tages auf. Die als Trio auftretende Truppe um den aus Ägypten eingeflogenen Sänger Ismaeel Attallah findet sich vor einer bis auf den letzten Platz gefüllten Location wieder. Die sympathischen Black-Deather treffen beim Publikum auf viel Gegenliebe, haben jedoch mit einem recht verwaschenen Sound zu kämpfen. Da heute nur eine Gitarre im Spiel ist, können CRESCENT zudem nur eine abgespeckte Version ihrer Songs spielen. Der guten Stimmung vor der Bühne tut das nicht wirklich einen Abbruch, und so kann das deutsch-ägyptische Projekt seinen ersten Auftritt in München allemal als Erfolg verbuchen. [SD]

Wenn irgendwer von der Absage von MY DYING BRIDE profitiert, dann sind es die Bands des Morbidfest-Tourtrosses: Dass I AM MORBID auf den freigewordenen Slot vorrücken dürfen und somit heute statt bis 1:10 Uhr nur bis 23:05 Uhr arbeiten müssen, dürfte den Zeitplan der gesamten Reisegruppe merklich entspannen. Vielleicht gibt auch die Aussicht auf den ungeplant frühen Feierabend I AM MORBID einen Extra-Schub an Energie – Fakt ist: David Vincent und Konsorten sind heute der Inbegriff einer spielfreudigen Band. Insbesondere Leadgitarrist Bill Hudson (Circle II Circle, Trans-Siberian Orchestra) begeistert mit seinen Fertigkeiten – doch auch David Vincent selbst wirkt körperlich und stimmlich fitter, als so manches Mal in den letzten Jahrzehnten. Dass zuletzt noch der langjährige Morbid-Angel-Drummer Pete „Commando“ Sandoval zu dem Tribute-Projekt gestoßen ist, macht sich ebenfalls bezahlt: Zwar wirkt der Mann, der als Vater des Blast Beat gilt und in seinen besten Jahren einer der schnellsten Drummer im Death Metal war, nicht nur neben dem imposanten Vincent körperlich alles andere als fit; erst einmal hinter dem Drumkit angekommen, verleiht sein Spiel-Stil den Songs dennoch Authentizität. So lässt das aus Klassikern zusammengestellte Set tatsächlich den Spirit alter Morbid Angel aufleben – sehr zur Freude der Fans, die Hits wie „Blessed Are The Sick“ mit wilden Moshpits und massig Applaus quittieren. [MG]

  1. Immortal Rites
  2. Fall From Grace
  3. Visions FromTthe Dark Side
  4. Day Of Suffering
  5. Blessed Are The Sick
  6. Rapture
  7. Pain Divine
  8. Sworn To The Black
  9. Eyes To See, Ears To Hear
  10. Dead Shall Rise
  11. Maze Of Torment
  12. Desolate Ways
  13. Dominate
  14. Where The Slime Live
  15. God Of Emptiness
  16. World Of Shit (The Promised Land)

Aufgrund der kurzfristigen Absage von My Dying Bride und dem vorgezogenen Auftritt von I Am Morbid wird den Schweden von WORMWOOD und DEMONICAL überraschend die Ehre zu teil, den ersten Tag des DARK EASTER METAL MEETING zu beenden. Diese Aufgabe meistern beide Bands mit Bravour: Während DEMONICAL im Club die Fans mit klassisch schwedischen Oldschool-Death-Metal versorgen, bietet der melodische, stellenweise post-metallisch angehauchte Black Metal von WORMWOOD in der Halle zum Ende des Tages nochmal die Möglichkeit, in der Musik regelrecht zu versinken. Auch thematisch bieten WORMWOOD eine willkommene Abwechslung: Mit ihrem lyrischen Fokus auf den Klimawandel widmen sie sich den tatsächlich wichtigen Themen des Lebens. So ziehen die Stockholmer die anwesenden Fans mit wundervoll inszenierten Tracks wie „The Gentle Touch Of Humanity“ nicht nur in ihren Bann, sondern regen zudem auch zum Nachdenken an. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass beide Gitarristen dem Publikum statt der Pommesgabel stets den Daumen nach oben zeigen. So lässt sich zum Auftritt WORMWOODs und zum ersten Tag des DARK EASTER METAL MEETING passend konkludieren: Thumbs Up! [MG/SD]

Sonntag, 17.04.2022

Wie auch am Samstag fällt am zweiten Festivaltag der Startschuss bereits um 14:30 Uhr im Werk. Und was gibt es besseres, als Kater und Erschöpfung mit einer gehörigen Portion Death Metal entgegenzuwirken? Diese Aufgabe wird den Hamburgern ENDSEEKER zu Teil, die sich von der recht frühen Uhrzeit und dem erst halbvollen Werk nicht beirren lassen und eine energische Show abliefern. Frontmann Lenny Osterhus, der seinen imitierenden Bewegungen nach zu urteilen am liebsten selbst hinters Schlagzeug würde, gelingt es rasch, die Anwesenden zum Headbangen zu animieren. Dabei hilft ihm ohne Frage auch die Prise Humor, mit der er seine Ansagen würzt und das Publikum immer wieder zum Schmunzeln bringt. Dass die Stimmung dennoch eher verhalten bleibt, ist bei dieser energiegeladenen Show einzig dem Umstand zuzuschreiben, dass der vorangegangene Tag so manchem Besucher noch in den Knochen steckt. [SD]

Nach diesem ersten Schuss vor den Bug geht es in der Halle deutlich atmosphärischer weiter: Mit ANOMALIE steht auch heute eine österreichische Post-Black-Metal-Band auf dem Programm, die sich neben dem Genre auch mehrere der involvierten Musiker mit Harakiri For The Sky teilt. Eindringliche Melodien treffen hier auf ein Wechselspiel aus Growls und – gerade beim neuen Material von „Tranceformation“ – vermehrt auch Klargesang, mit dem die Band das Publikum in ihre Musik hineinzieht. Die Fans in der gut gefüllten Halle quittieren die intensive Show von Bandkopf Marrok und Konsorten mit reichlich Beifall – so gelingt auch der heutige Auftakt auf der zweiten Bühne mit Bravour. [SD]

Dass PERCHTA ihr Live-Debüt zeitgleich mit dem Auftritt von Anomalie geben müssen, dürfte so manchen Fan bei seiner Tagesplanung in die Bredouille gebracht haben – zielt das Tiroler Mundart-Black-Metal-Projekt doch auf ziemlich die gleiche Hörerschaft ab wie ihre Landsleute. Dass der Club trotz der etablierten „Konkurrenz“ restlos gefüllt ist, zeigt, welchen Eindruck das 2020 bei Prophecy Productions erschienene Debüt „Ufång“ bei den Fans hinterlassen hat. Wer sich für PERCHTA entschieden hat, soll es zumindest nicht bereuen: Untermalt von Hackbrett und Schellen wie auch „klassischer“ Metal-Instrumentierung (Gitarre, Bass, Schlagzeug) liefert insbesondere die aufwendig kostümierte und geschminkte Bandleaderin am Mikrophon eine mitreißende Performance ab. Dass diese Band heute das erste Mal gemeinsam auf einer Bühne steht, ist kaum zu glauben. Die extravagante Show zählt jedenfalls – obschon zehn Minuten kürzer als erwartet – jetzt schon zu den Highlights des Festivals! [MG]

Egal, ob man von Anomalie oder Perchta ins Werk zurückkehrt – der Kontrast zu dem, was nun folgt, könnte größer kaum sein. Auf die hier wie da besinnlich-atmosphärische Darbietung  folgt mit PANZERFAUST die vielleicht rohste und dreckigste Band des DARK EASTER METAL MEETING 2022 – und das durchaus auch im wortwörtlichen Sinne: Die Körper mit Schlamm beschmiert und in Biker-Kutten gekleidet setzen die Kanadier auf einen ähnlich martialischen Style wie ihre schwedischen Kollegen von Watain – wirken dabei allerdings fast noch etwas furchteinflößender. Während der Black Metal der bereits 2005 gegründeten, aber erst mit den letzten zwei bei Eisenwald Productions veröffentlichten Alben „The Suns Of Perdition – Chapter I: War, Horrid War“ und „Chapter II – Render Unto Eden“ international erfolgreichen Band brutal aus den Boxen ballert, überrascht das Quartett mit einem unkonventionellen Bühnennutzungskonzept: Das Schlagzeug steht zwischen den beiden Saiteninstrumentalisten im Mittelpunkt des Geschehens, Sänger Goliath positioniert sich dafür auf einem Podest dahinter. Da sein Pseudonym nicht von ungefähr kommt, ist er auch dort noch eine imposante Erscheinung – der Dynamik der Performance hätte der eine oder andere Ausflug an den Bühnenrand aber sicher nicht geschadet. [MG]

Deutlich langsamer, aber mitnichten ruhiger geht es bei KONVENT in der Halle weiter: Das 2015 gegründete Frauen-Quartett aus Dänemark spielt angeschwärzten Death-Doom mit unüberhörbarem Sludge-Anteil. Für offene Münder sorgt dabei vor allem das höllisch tiefe Growling von Fronterin Rikke Emilie List. Einigen zwischengeschobenen Screamings zum Trotz, erschöpft sich der Wow-Effekt leider ob der Monotonie, mit der Rikke ihre Texte dahingrowlt, recht schnell. Musikalisch haben die Däninnen wenig Außergewöhnliches zu bieten – als erste Doom-Band des  Festivals bedienen KONVENT aber dennoch ein ganz offensichtliches Bedürfnis der Fans, auch mal nur behäbig mitnicken zu müssen: Beim Publikum in der einmal mehr gut gefüllten Halle treffen KONVENT jedenfalls einen Nerv und erhalten entsprechend wohlwollenden Applaus. Extra-Sympathiepunkte sammeln KONVENT, indem sie einen Song ihren Genrekollegen 1914 aus der Ukraine widmen, die mit ihnen eigentlich gerade auf Tour gewesen wären – wäre nicht ein Krieg ausgebrochen. [MG]

Wem Konvent für den Moment immer noch zu laut sind, der ist im Club richtig, wo Jérôme Reuter mit seinem Neofolk-Projekt ROME als der musikalische Exot des Festivals auf dem Programm steht. Mit Akustik-Gitarre, Percussion und Klargesang tritt das Live-Duo sehr rudimentär besetzt auf, trifft beim Publikum des DARK EASTER METAL MEETING aber dennoch auf die gleiche Gegenliebe wie die restlichen Bands. Reuters emotionsgeladene Stimme geht direkt ins Herz und sorgt für die musikalisch vielleicht „schönsten“ Momente des Festivals. Den Höhepunkt im eh schon starken Set bildet dann ein wohl im Rahmen der bisherigen gemeinsamen Tour einstudierter Gastauftritt von Primordial-Frontmann Alan Averill, der den Track „Ächtung, Baby!“ mit viel irischem Pathos in der Stimme nochmal auf ein ganz neues Melancholie-Level hebt. Eine gelungene Überraschung! [SD]

Wie schon Panzerfaust nach Perchta geben auch MEMORIAM nach Rome einen erfrischenden Kontrast ab. Dass die Briten diesmal – anders als 2017 – die große Bühne im Werk bespielen dürfen, erweist sich als richtige Entscheidung: Zwar ist der Zuschauerraum nicht so voll wie man ihn am Vortag bereits erlebt hat, das Interesse an MEMORIAM überschreitet heute aber definitiv die Kapazitäten der Halle. Angeführt von Rampensau Karl Willets (ex-Bolt-Thrower) und angetrieben von Death-Metal-Punk Spikey T. Smith am Schlagzeug, liefert das Quartett aus Birmingham Oldschool-Death-Metal der groben Gangart ab. Dass die eine Gitarre leider oft im Drum-Bass-Gewitter untergeht, schmälert den musikalischen Genuss etwas. Dafür wirkt die Band – trotz pandemiebedingt langer Live-Abstinenz – deutlich besser eingespielt als bei ihrem letzten Gastspiel in München auf dem DEMM 2017. Vor allem aber punkten MEMORIAM mit ihrem sympathischen Auftreten: So ist Karl Willets der erste Musiker, der der Pandemieopfer wie auch der im Ukrainekrieg Gestorbenen gedenkt – zugleich gelingt es ihm jedoch auch, rechtzeitig den Bogen ins Hier und Jetzt zu schlagen, um mit allen Anwesenden unbeschwert das Leben feiern zu können. [MG]

  1. Undefeated
  2. Shell Shock
  3. Onwards Into Battle
  4. War Rages On
  5. Resistance
  6. This War Is Won
  7. To The End
  8. Vacant Stare
  9. As Bridges Burn
  10. Flatline

Während im Club die US-Amerikaner VELNIAS für ihren doomigen Blackened-Folk gefeiert werden, bekommt man in der Halle mit MESSA aus Italien eine weitere Band geboten, die stilistisch etwas aus dem musikalischen Raster des DARK EASTER METAL MEETING fällt. Mit ihrem interessanten Doom Metal, der hier und dort von Jazz, Prog und Psychedelic Rock beeinflusst wird, weiß das Quartett um Sängerin Sara B. das Publikum in der abermals extrem gut gefüllten Halle zu überzeugen. Gerade in den ruhigen Momenten kreieren MESSA eine melancholisch ansprechende Atmosphäre, in deren Kontrast harte, instrumentale Ausbrüche stehen. Leider geht während letzterer Parts die Stimme der Frontfrau etwas im Gesamtsound unter, weshalb das Potenzial der Norditaliener leider nicht restlos ausgeschöpft werden kann. Auch so bleiben MESSA jedoch definitiv in guter Erinnerung.[SD]

Mit Doom Metal geht es im Anschluss auch im Werk weiter. Denn mit SWALLOW THE SUN steht eine der Vorzeigebands des Genres auf dem Programm. Auch hier geht es in erster Linie um Atmosphäre: Gerade mit seiner warmen Clean-Stimme gelingt es Frontmann Mikko Kotamäki spielend, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Mit schwarzen Kapuzen und einer routiniert-souveränen Performance sorgen die Finnen auch mit ihrem Auftreten für Aufsehen. Leider übersteuert der Sound der Rhythmus-Gitarre jedoch in regelmäßigen Abständen, was immer wieder unwillkürliches Zähneknirschen herbeiführt und die sorgsam aufgebaute Atmosphäre empfindlich stört. Schade, denn ohne dieses Manko hätte dieser Auftritt von SWALLOW THE SUN nichts zu wünschen übrig gelassen. [SD]

  1. Enemy
  2. Rooms and Shadows
  3. Falling World
  4. Woven Into Sorrow
  5. This House Has No Home
  6. Descending Winters
  7. Swallow (Horror, Part 1)

Um kurz vor neun entern im Club die Bamberger Black-Metal-Newcomer KANONENFIEBER für einen vielgefeierten Auftritt mit Strumpfmasken und Pickelhaube die Bühne – in der Halle geht es derweil mit der rumänische Avantgarde-Truppe DORDEDUH deutlich ruhiger zu. Zunächst sogar etwas zu ruhig: Der Bühnenvorhang wird erst mit zehnminütiger Verspätung aufgezogen, was schlussendlich zu einer kurzzeitigen Überschneidung mit Primordial führt – anders als es auf vielen anderen Festivals üblich, bekommen DORDEDUH nämlich die Möglichkeit, die verlorene Zeit am Ende ihrer Spielzeit anzuhängen, sodass die Fans trotz der Verzögerung in den Genuss des vollen Sets kommen. Die musikalische Darbietung selbst wirkt fast künstlerisch, kombinieren die Mannen um die ehemaligen Negură-Bunget-Musiker Sol Faur und Hupogrammos ihren atmosphärischen Black Metal mal mit Xylophon-Klängen, mal mit Paukenschlägen. Obwohl DORDEDUHs Musik und auch die Umsetzung auf der Bühne hervorragend ist, will der Funke nicht ganz überspringen. Ob sich vielleicht etwas Nervosität breit gemacht hat, den Co-Headliner zu verpassen? [MG/SD]

Bei PRIMORDIAL auch nur eine Sekunde zu verpassen, wäre in der Tat ein großer Fehler gewesen: Schon als die Iren die Bühne entern, werden sie mit frenetischem Jubel empfangen – als sie dann mit „Where Greater Men Have Fallen“ ihr Set beginnen, kocht die Stimmung im Werk. Kein Wunder, gehört Alan Averill doch zweifelsfrei zu den gesanglich stärksten, vor allem aber auch zu den charismatischsten Frontmännern der Metal-Szene. Dass er heute infolge einer grade erst überstandenen Infektion stimmlich etwas angeschlagen ist und die allerhöchsten Lagen noch nicht sauber erreicht, tut seiner Wirkung auf das Publikum keinen Abbruch: Wenn Mr. Averill will, dass mitgeklatscht oder mitgesungen wird, wird auch mitgeklatscht oder mitgesungen. Wahre Größe, neben aller Show, beweist Averill, als auch er an die Kriegsopfer in der Ukraine erinnert und ihnen „Coffin Ships“ widmet. Auf derartigen Pathos mit Realitätsbezug würde man im Sinne eines unbeschwerten Konzertabends sicher gerne verzichten – umso wichtiger und richtiger ist es, genau das nicht zu tun. Vielmehr würde man sich wünschen, auch der letzte Hit dieses grandiosen Konzerts hätte konkreten Realitätsbezug: „Empire Falls“.  [MG]

  1. Where Greater Men Have Fallen
  2. No Grave Deep Enough
  3. Nail Their Tongues
  4. The Mouth of Judas
  5. Sons of the Morrigan
  6. As Rome Burns
  7. Gods to the Godless
  8. Wield Lightning to Split the Sun
  9. To Hell or the Hangman
  10. The Coffin Ships (Dedicated to Ukraine)
  11. Empire Falls

Während im Club SLAUGHTER MESSIAH den Fans mit dem Blackthrash-Holzhammer die Köpfe geraderücken, geht es in der Halle mit ELLENDE deutlich gediegener zu: Verglichen mit ihren Landsmännern und Labelkollegen von Harakiri For The Sky und Anomalie spielen die Österreicher zwar den traditionellsten Black Metal, zu dem Mastermind L.G. in Corpsepaint und Knochenharnisch auch reichlich fiese Screams von sich gibt. Aller Bösartigkeit im Habitus zum Trotz, bleibt die Musik von ELLENDE stets melodisch. Besonders deutlich wird das in „Ein Stück Verzweiflung“ für das L.G. zur Akustikgitarre greift. Was als rein instrumentales Interlude auf „Lebensnehmer“ (2019) funktioniert, wirkt live so ganz ohne Gesang oder Spannungskurve leider etwas unfertig – da funktionieren die „echten“ Black-Metal-Stücke, wie das finale „Zwischen Sommer und Herbst“ von ihrer aktuellen EP „Triebe“ (2021), deutlich besser. [MG]

Melodik sucht man beim heutigen Headliner vergeblich: Mit MARDUK steht eine der musikalisch unbarmherzigsten Black-Metal-Bands überhaupt auf dem Programm. Dafür, dass dem so ist und die Band nicht schon vorab wieder ausgeladen wurde, muss an dieser Stelle den Verantwortlichen des Backstage gedankt werden: Einem reißerischen offnen Brief eines selbsterklärt linkes Bündniss im Vorfeld der Veranstaltung wurde ein eigenes Statement entgegengestellt, der unfundierten Absageforderung jedoch dankenswerterweise nicht nachgegeben. So bekommen die Fans im Backstage Werk als Abschluss des diesjährigen DARK EASTER METAL MEETING in den Genuss diverser Hits aus der 32-jährigen Karriere der Schweden. Ganz das erhoffte Grande Finale wird der Auftritt dann aber doch nicht: Wie so oft wirkt der abweisende Habitus von Fronter Mortuus eher lustlos als böse, und auch die bandtypischen, überlangen Pausen zwischen den Songs stören eher den Fluss der Show als sie Atmosphäre kreieren. Wer MARDUK kennt, darf von alledem nicht überrascht sein – zumal die Schweden musikalisch ordentlich abliefern: So gibt es mit einer echten Best-Of-Setlist Songs von insgesamt acht der mittlerweile 14 Studioalben zu hören – und das in erfreulich differenziertem Sound. Nach „Wolves“ ist dann so unvermittelt, wie die Show begonnen hat, auch wieder Schluss … irgendwie ja auch konsequent. [MG]

  1. Werwolf
  2. The Hangman Of Prague
  3. Seven Angels, Seven Trumpets
  4. Those Of The Unlight
  5. Materialized In Stone
  6. Beyond The Grace Of God
  7. The Funeral Seemed To Be Endless
  8. Viktoria
  9. Bleached Bones
  10. The Sun Has Failed
  11. World Funeral
  12. Wolves

Könnte man das Ende der tristen, konzertlosen Zeit besser feiern als mit einem Festival vom Format des DARK EASTER METAL MEETING? Wohl kaum. Und obwohl die Erwartungen nach nunmehr drei Jahren der Vorfreude extrem hoch gewesen sein dürften, lässt die diesjährige Ausgabe keine Wünsche offen. Das liegt nicht nur daran, dass trotz der nach wie vor pandemiebedingt erschwerten Bedingungen lediglich eine einzige von 32 Shows spontan ersatzlos ausfallen musste, sondern auch an der ansonsten rundum perfekten Organisation: Zwei Foodtrucks sorgen in diesem Jahr für qualitativ hochwertige Essensangebote, der Zeitplan wird an beiden Tagen nahezu durchgehend auf die Minute eingehalten und auch hinsichtlich des Sounds gibt es von ein paar unvermeidlichen Ausnahmen abgesehen nichts zu meckern.

Vor allem aber ist es der Enthusiasmus aller Beteiligten, der das DEMM 2022 unvergesslich macht: Schwer zu sagen, wem Live-Shows und Events wie dieses mehr gefehlt haben – den Musikern oder den Fans. Auf wie vor der Bühne ist jedenfalls eine zuvor so nicht gekannte Erleichterung und Glückseligkeit zu verspüren. Diese Dankbarkeit, diesen Enthusiasmus sollten wir alle uns so lange als möglich bewahren – die letzten zwei Jahre haben schließlich eindrucksvoll bewiesen, dass Veranstaltungen wie das DARK EASTER METAL MEETING längst nicht so selbstverständlich sind wie wir alle früher dachten.


Die Bilder von Tag 1:
Die Bilder von Tag 2:

Behind The Scenes – Impressionen:

Dark Easter Metal Meeting 2022 Impressionen

Publiziert am von und Silas Dietrich

Ein Kommentar zu “Dark Easter Metal Meeting 2022

  1. Es war ein fantastisches und vor allem denkwürdiges Dark Easter Metal Meeting. Sehr gut geschrieben. Next year, same time, same location 🤘, Gernot

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