Konzertbericht: Converge w/ Toxic Holocaust, Rise And Fall

2012-08-08 München, Kranhalle

Zwar ohne neues Album, dafür mit einem stattlichen Tourpackage im Gepäck machen CONVERGE auf ihrer kleinen Sommer-Europa-Tour am 8. August auch in München Halt. Neben den bereits etablierten Bands in Form der Hardcore-Recken RISE AND FALL und den Modern-Thrashern von TOXIC HOLOCAUST sind auch BIRDS IN ROW aus Frankreich auf allen Tourdaten fest eingeplant. So sehr ich mich auf die Franzosen gefreut habe, die mit ihrem Debüt „Lorelei“ ein sehr fettes Ausrufezeichen in die Post-Hardcore-Szene gesetzt haben und bald mit ihrem neuen Album ebenfalls Teil der Deathwish-Label-Familie werden, so groß ist die Enttäuschung, als ich bei der Ankunft am Feierwerk feststellen muss, dass aufgrund einer Autopanne der Auftritt von BIRDS IN ROW ausfallen muss. Hoffentlich wird es in absehbarer Zukunft eine Möglichkeit geben, die energiegeladenen Songs der jungen Franzosen auch in München live zu erleben.
Als weitere Neuerung an diesem Abend präsentiert sich die Location: Anstatt wie geplant im Hansa 39 wurde das Konzert kurzfristig in die etwas kleinere Kranhalle verlegt.

Anstatt nun den Ablauf des gesamten Abends ein wenig nach vorne zu verschieben, entscheiden sich die Bands dazu, die Running Order von den Anfangszeiten so zu belassen, wie das von vornherein geplant war. Sprich: Zum geplanten Beginn um 20.30 tritt anstatt Birds In Row „Stille“ auf den Plan, welche um 21.15 von RISE AND FALL aus Belgien abgelöst wird. Und wie: Was die Band hier präsentiert ist epischer Hardcore der Marke „Boston“ wie er im Buche steht. Räudiger Gesang, der zwischen tiefem Growlen und hohem Kreischen hin und her pendelt, trifft auf kiloschwere Riffs und auf den tiefen Saiten gespielte Melodien, alles nach vorne geprescht von einem wahnsinnig gewordenen Schlagzeug. Oft setzen unvorhergesehene Breaks ein, Rhythmen werden zerstückelt, wieder zusammengebaut und das alles in mit einer unfassbaren epischen Wucht. Obwohl die Kranhalle das gesamte Konzert über gepackt voll ist, reicht es beim Publikum leider nicht für mehr als für Gruppen-Kopfnicken. Schade, denn dieser beeindruckende Auftritt von RISE AND FALL hätte definitiv einen anständigen Pit verdient gehabt. Die Beifallsbekundungen der Münchner Zuschauerschaft fallen dennoch nicht zu knapp aus und die sympathischen Belgier lassen sich ihre Freude beim Konzert deutlich anmerken.

Daran anschließend betreten TOXIC HOLOCAUST um Stirnband-Blondschopf und Bandchef Joel Grind die Bühne, um das Publikum zu spalten: Die Kranhalle ist deutlich leerer als bei den vorangehenden Rise And Fall und vor der Bar sind einige negative Bemerkungen über die Thrash-Hardcore-Kombo zu hören, während die in der Halle anwesenden Fans ihre Mähnen wie wild zu den heftigen Riff-Attacken der Truppe aus Portland, Oregon schütteln. Einige Songs klingen zunächst zwar relativ vielversprechend, allzu schnell wird mir persönlich allerdings bewusst, dass diese Musikrichtung einfach nicht meine Kragenweite ist: Spätestens beim Einsetzen von sinnlosen Gniedel-Soli und der meiner Meinung nach langweiligen Stimme von Frontmann Joel Grind ist bei mir jede Form von anfänglicher Hoffnung verflogen. Die Band spielt ihr Set souverän runter, die anwesenden Fans danken es ihnen begeistert – mir persönlich allerdings wäre eine weitere Hardcore-Band im Bunde lieber gewesen als eine beliebig austauschbare Thrash-Kombo mit Punk- und Hardcore-Anleihen. Trotz der Musik muss an dieser Stelle positiv hervorgehoben werden, dass, wie auch bei Rise And Fall, der Sound erste Klasse ist und auch das Licht stimmungsvoll dem Sound angepasst wurde.


Warum das Publikum an diesem Abend ins Feierwerk gekommen ist, steht allerdings bereits seit dem ersten Anblick des Merch-Standes nicht mehr infrage: Zwar bieten auch Rise And Fall sowie Toxic Holocaust eine relativ große Menge an Shirts und Tonträgern zum Verkauf an, gegenüber der Menge an CONVERGE-Artikeln (zu fairen Preisen!) müssen diese allerdings deutlich zurückstecken. Die US-Band weiß um ihren Kult-Status und beginnt das Konzert musikalisch mit einer gewaltigen Ansage: Anstatt mit dem wütenden „Concubine“ vom Genreklassiker „Jane Doe“ zu beginnen, ist es der zwölfminütige Titeltrack dieses Meisterwerks, welcher als Opener fungiert. Mit den schleppenden Gitarren, unmenschlich herausgeschrien Vocals von Jacob Bannon und der rohen Energie einer Flex walzen CONVERGE bereits hier alles nieder, bis das epische Outro des Songs plötzlich in das wütende Gedonner des „Axe To Fall“ Openers „Dark Horse“ übergeht. Nach anfänglichem Headbangen bricht hier nun auch vor der Bühne die Hölle los und ein ordentlicher Pit bildet sich heraus. Fäuste werden gen Bühne gestreckt, Jacob Bannon taucht immer wieder das Mic in die vorderen Reihen, die gesamte Kranhalle brüllt textsicher Zeile um Zeile mit. Ohne Verschnaufpause hängt die Band schließlich noch das heftige „Heartache“ an, um erst daran anschließend das Publikum kurz zu begrüßen. Dieses ist erfreulicherweise vollkommen frei von Bollo-Posern, was wohl auch daran liegt, dass in einer anderen Location parallel Hatebreed auf der Bühne stehen. Im Gegensatz zu deren platten Songs zieht der textliche und musikalische Anspruch, den CONVERGE besitzen, sichtbar ein anderes Publikum an. Die Stimmung ist zwar permanent geladen, allerdings zu keiner Sekunde gewalttätig.
Insgesamt lässt die Setlist an Highlights nicht zu wünschen übrig: Ein wildes Potpourri der letzten vier Alben sowie einige (sehr vielversprechende) Songs des im Oktober erscheinenden neuen Albums „All We Love We Leave Behind“ finden ihren Weg in die Setlist, bist zum Ende hin noch einmal eine Schippe drauf gelegt wird und das bereits müder werdende Publikum noch einmal zu Höchstleistungen angespornt wird: Nach dem Brecher „Axe To Fall“ feiert das Publikum jede Zeile des Übersongs „The Broken Vow“ ab, um abschließend im epischen „Last Light“ die gesamte Kranhalle zu zerlegen und mit dem im Chor mitgeschrieenen „This is for the hearts stil beating, Beating, BEATING! BEATING!!!!“ für den ultimativen Gänsehautmoment des Abends zu sorgen. Dass die Band noch nicht genug hat, wird offensichtlich als Jacob Bannon sich schlicht weigert die Bühne zu verlassen, und nach einem weiteren Song abschließend „Concubine“ alle Schranken sprengt und jeder in der Kranhalle einfach nur durchdreht. Knapp 60 Minuten, kein trockenes T-Shirt, eine glückliche Band, ein glückliches Publikum: Das ist der Stoff aus dem legendäre Konzertabende gemacht sind.

Fazit: CONVERGE live sind eine Macht. Auch nach über 20 Jahren Bandgeschichte ist der Hardcore-Legende keine Müdigkeit oder Lustlosigkeit anzumerken, ganz im Gegenteil. Auch im Vergleicht zu den jüngeren Vorbands spielt die Band um Jacob Bannon in einer ganz eigenen Liga. Zwar war mir persönlich der Auftritt von Toxic Holocaust ziemlich egal – insgesamt kann sich allerdings für den fairen Preis unter 20 Euro niemand darüber beschweren, hier nicht die volle Ladung an anspruchsvoller harter Musik abbekommen zu haben.
Nach dem Release ihres neuen Albums im Oktober werden CONVERGE ihr Versprechen wahr machen und im Dezember erneut auf Europa-Tournee gehen. Das Tour-Package sorgt bereits jetzt für glänzende Augen, sind dieses mal doch The Secret, A Storm Of Light und Touché Amoré mit von der Partie. Die Tourdaten für Deutschland, Österreich und die Schweiz lesen sich wie folgt und dürfen schon einmal dick rot im Kalender angestrichen werden:

23.11. Köln – Essigfabrik
04.12. Hamburg – Fabrik
12.12. Berlin – SO36
13.12. Leipzig – Conne Island
15.12. Augsburg – Kantine
18.12. Wien – Arena
21.12. Aarau – Kiff
22.12. Karlsruhe – Substage

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