Konzertbericht: Combichrist w/ Mortiis

07.07.2011 Ingolstadt, Cafe Paradox

COMBICHRIST auf Tour mit MORTIIS, das klingt nach einem Pflichttermin – allein die Ankündigung“einziges Konzert in Bayern!“ für den Auftritt im Ingolstädter Cafe Paradox erscheint – ja, richtig – ein wenig paradox, handelt es sich bei dem Ableger der großen „Making Monsters“-Tour, welche in gleicher Besetzung vor nicht all zu langer Zeit unter anderem auch in München Halt machte. Doch da dieser neu gebuchte Ableger des offenbar sehr erfolgreichen Band-Packages nun tätsächlich nur in Ingolstadt halt macht, kann man den Pomotion-Kniff so nochmal durchgehen lassen, ist es doch Auslegungssache, wann eine Tour vorbei ist, und die nächste anfängt, wenn diese zeitlich nicht sonderlich voneinander abgesetzt sind.
Nach den Konzerten in der Münchner Olympiahalle (als Support von Rammstein), der Tonhalle sowie dem Backstage (beide ebenfalls München) verspricht der heutige Abend ein wieder komplett anderes Konzertfeeling – hat der Kellerklub am Rande der Audi-Hochburg mit seinen Sofa-Garnituren doch eher Wohnzimmer- denn Club-Flair und bietet so die wohl familiärste Atmosphäre, in der man die Norwegischen Electro-Heads überhaupt erleben kann.

Nach der Local-Support-Band LOW DOWN, welche mit ihrem Death Metal zwar nicht 100% in das Konzept des Abends passt, jedoch, wenn auch nicht immer durch Tightness, so doch zumindest durch Spielfreude und groovende Songs zu überzeugen weiß, geben sich MORTIIS die Ehre: Vom zumindest in den ersten Reihen bisweilen kaum vernehmbaren Gesang abgesehen, weiß der Sound durch Transparenz und Druck zu überzeugen und lässt das Pfeiffen in den Ohren am kommenden Tag bereits erahnen – ist die Lautstärke hier bereits beachtlich, darf schließlich davon ausgegangen werden, dass Andy und Konsorten dagegen nicht eben zurückstecken werden. Musikalisch wie auch optisch vergleichbar mit den Horror-Punkern um Wednesday13, ersetzt man die Rob-Zombie-Komponente durch Ministry, legt die Truppe eine grundsolide Show hin, ohne jedoch durch herausragende Hingabe oder eine sonderlich aufregende Show nachhaltig zu beeindrucken. Zwar haben die Songs zweifelsohne ihre Momente, und gerade, wenn die elektonische Komponente deutlicher zum Tragen kommt, rockt das, was aus den Boxen brüllt, doch ganz gut – so richtig will mich die Show jedoch, wie bereits in München, nicht überzeugen: Musikalisch zu monoton, gesanglich eher durchschnittlich und von der Bühnenpräsenz her nicht zwingend mitreißend, legen MORTIIS auch heute einen soliden, jedoch nicht weiter beeindruckenden Auftritt auf die Bretter.

Anders soll das bei COMBICHRIST werden, der Band, wegen der sich wohl der Großteil des Publikums im mittlerweile gut gefüllten Paradox eingefunden hat – doch wollen wir mal nichts vorwegnehmen.
Pünktlich nach der ausgehängten Running-Order um 22:15 kommt die Band auf die Bühne des noch relativ wohltemperierten Paradox – welch Hitzeschlacht sich hier anbahnt, ist zu diesem Zeitpunkt noch nur zu erahnen. Ob Stage-Profi Andy lediglich routiniert oder nicht doch etwas unmotiviert in die Mini-Show startet, ist schwer zu beurteilen – doch ehrlicherweise könnte man jemandem, der noch vor wenigen Monaten in den größten Hallen Deutschlands vor zehntausenden Fans performed hat, auch letzteres nicht unbedingt verübeln. Doch der Reiz der Intimität des kleinen Clubs bleibt auch LaPlegua nicht lange verborgen, so dass dieser im Laufe der Show immer weiter auftaut, ohne dabei freilich sein Image des unnahbaren Iceman abzulegen: In seiner Bewegungsfreiheit durch die Bühnengröße limitiert, verlässt er diese zwischenzeitlich kurzerhand und läuft quer durchs Publikum oder setzt sich zur ersten Reihe auf die Monitorboxen, welche er dieser in einem spontanen Anflug von Altruismus zuvor bereits durch Drehen hin zum Publikum als zusätzliche Beschallung überlassen hatte.

Je weiter der Abend fortschreitet, umso ausgelassener gibt sich Andy, und mit ihm der Rest der Band: Es werden Grimassen geschnitten, Joe Letz beschäftigt auf gewohnte Art und Weise seinen Stage-Tech, indem er aus Jux und Dollerei seine Stand-Toms über die Bühne tritt oder wahlweise den Drumstickköcher leert, indem er Stock für Stock in kindlicher Freude zu Boden fallen lässt, und der unlängst neu dazugestoßene Gitarrist Abbey Nex ruscht quasi ununterbrochen auf den Knien posend über die Bühne. Mit der Band wird auch das Publikum von Minute zu Minute euphorischer, und spätestens bei Über-Hits wie „Body Beat“ oder „Blut Royale“ gibt es kein Halten mehr – fatal für die „Zimmer“temperatur, steigt diese doch mit der Zeit in fast unerträgliche Höhen.
Ob vom Schweiß oder dem von COMBICHRIST gespritzten Wasser – nass ist jedenfalls wohl jeder, zumindest in den ersten Reihen, als nach der Zugabe und dem finalen „What The Fuck Is Wrong With You People“ schließlich Schluss ist, und COMBICHRIST die in gewohnter Manier durch Letz‘ Schlagzeugschlacht verwüstete Bühne verlassen.

Auch am heutigen Tage haben COMBICHRIST erneut bewiesen, dass sie die geborene Live-Band sind. Egal ob die neue Single, „Throat Full Of Glass“, oder eine Live-Rarität wie „Without Emotions“ (vom 2005er-Album „Everybody Hates You“), egal, ob der Song auf Album rockt oder lahmt: Live funktioniert einfach jedes Stück aus der Feder des aufgeweckten Norwegers. Die Erweiterung um eine Gitarre ist dabei ein durchaus interessanter Ansatz, wenn dieser Schachzug auch nicht unbedingt von Nöten gewesen wäre – interessanter hätte ich fast gefunden, den Songs durch einen Bassisten noch einmal mehr Druck zu verleihen, als diese durch die zwei Percussion-Kits bereits haben. Und auch, wenn die Show ohne Backdrop und quasi ohne Schminke sehr puristisch ausgefallen ist, lag genau darin der Reiz des heutigen Abends – war dieser doch wirklich genau das, was man unter „hautnah erleben“ versteht.
Wem ein Konzerterlebnis allein nicht „hauthah“ genug ist, der hatte im Vorverkauf, wie man es bereits von den anderen COMBICHRIST-Shows kennt, die Chance, dem Groupie- und Fanboytum mittels spezieller Meet&Greet-Tickets zu frönen – ob einem ein Händedruck und ein Photo mit der Band jedoch 50€ extra wert sind, muss wohl jeder für sich entscheiden. Allein für den ausgeprägten Geschäftssinn jedoch, neben derartigen „Very Fucking Important Monster“-Tickets auch noch Fanpackages, bestehend aus einem Kuscheltier, das eine Show lang am Drumkit hing, einem getragenen Shirt, zwei gespielten Drumsticks, einer Autogrammkarte (signiert) sowie einem persönlichen Live-Videomitschnitt (Unikat) für schlappe 125$ zu veräußern, muss man der Band fast schon wieder gratulieren – denn offenbar finden sich selbst für solche Gimmicks noch genügend Abnehmer…

Aber gut, jedem das seine… fest steht jedenfalls: Auch ohne „VFIM“-Pass und Joe Letz-Tour-Package-Memorabilia war der Abend ein Erlebnis, das in Erinnerung bleiben wird.

Setlist COMBICHRIST:
01. Fuck That Shit
02. Rain Of Blood
03. Follow The Trail
04. Just Like Me
05 Throat Full Of Glass
06. Body Beat
07. Death Bed
08. Blut Royale
09. Without Emotions
10. They

11. In The Pit
12. Never Surrender
13. W.T.F.I.W.W.Y.P.?

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