Konzertbericht: Celeste w/ Conjurer

27.03.2022 Salzburg, Rockhouse (Bar)

Die Inzidenzzahlen sind nach wie vor hoch – doch irgendwann muss die sprichwörtliche Show weitergehen. So kehren nun also für alle, die schon wieder so weit sind, sich mit vielen Menschen in kleine Klubs zu stellen, Konzerte in den Alltag zurück – in Österreich sogar noch etwas früher als in Deutschland – dafür zumindest weiterhin mit 3G-Nachweis.

Hat man diese Routine hinter sich gebracht, erinnert für einige glückliche Stunden nichts mehr daran, dass die Pandemie noch keineswegs ausgestanden ist. Abstandsregelungen, verringerte Ticketkontingente, Bestuhlung oder Maskenpflicht gehören der Vergangenheit an. Mit anderen Worten: Wer bereit dafür ist, darf sich so fühlen wie früher. Und bereit scheinen die Fans harter Klänge zu sein: Trotz Sonntagabend und einem „unpassend“ sonnigen Frühlingstag findet sich eine beachtliche Zahl Fans in der Rockhouse Bar ein, um sich an den düsteren Klängen von CELESTE und CONJURER zu erfreuen.

Conjurer im Rockhouse in SalzburgDa der ursprünglich eingeplante Local Support AUSZAAT leider kurzfristig (Corona-bedingt, was sonst) ausfallen muss, beginnt der Abend um 20:00 Uhr direkt mit CONJURER. Die Band aus Rugby, England, beginnt ohne Umschweife mit „It Dwells“, der vielversprechenden Vorab-Single ihres für Juli angekündigten zweiten Albums. Trotz zunächst eher statischer Bühnenshow bei unspektakulär-düsterer Beleuchtung erspielen sich CONJURER schnell die Sympathien des Publikums – wohl nicht zuletzt, weil der dargebotene Mix aus Djent, Metalcore, Hardcore und Post Metal in glasklarem Sound aus den Boxen tönt.

Conjurer im Rockhouse in SalzburgWährend das Publikum Stück für Stück näher an die Bühne rückt und von Song zu Song länger applaudiert, kommt auch die Band immer mehr in Spiellaune. Für den ruhigen Mittelpart von „Hollow“ verlässt Gitarrist und Sänger Dan Nightingale die Bühne und brüllt – den Soundeffekt auf dem Album reproduzierend – ohne Mikrofon im Publikum stehend seine Verse heraus, zum finalen „Hadal“ wütet Bassist Conor Marshall einmal durch die gesamte Bar. Spätestens damit haben CONJURER das Publikum komplett auf ihrer Seite – dieser Gänsehaut-Effekt zieht einfach immer. Ein Auftritt, der mit einer bärenstarken Band und großartigem Sound alles bietet, was man sich Konzertfan nur wünschen kann – und damit nicht nur die Vorfreude auf das im Juli erscheinende zweite Album „Páthos“ schürt, sondern auch auf die für Mai geplanten Deutschland-Shows mit End.

Conjurer im Rockhouse in Salzburg

  1. It Dwells
  2. Scorn
  3. Choke
  4. Hollow
  5. Retch
  6. Hadal

Celeste im Rockhouse in SalzburgMit etwas Verzug gegenüber der ausgehängten Running-Order, aufgrund der ausgefallenen Vorband aber immer noch angenehm früh, kommen um 21:15 Uhr CELESTE auf die Bühne – und zunächst ist nichts so, wie man von früher kannte: Statt auf ihr bewährtes Bühnenkonzept mit viel Nebel und roten Stirnlampen setzen CELESTE auf eine Videoleinwand mit Schwarzweißfilmen – und statt erbarmungslosen Geprügels mit Geschrei gibt es zunächst das eher langsam losrollende Instrumental „(A)“ zu hören. Als Überraschungseffekt für den Einstieg wie auch als Abwechslung zwischendurch macht sich das gut – die richtige CELESTE-Atmosphäre kommt jedoch erst auf, als die Franzosen dann doch noch Nebelmaschine und Stirnlampen anschalten: Bei perfekt ausbalanciertem Sound bieten nun also wie gewohnt drei Schattenrisse mit rotem Lichtkegel am Kopf ihr an Härte kaum zu toppendes Songmaterial dar. Die Musik selbst ist ebenfalls größtenteils neu: Sieben der insgesamt zehn Nummern der Setlist dieser Tour stammen von ihrem neuesten Werk „Assasine(s)“. Die auf Platte merklich gesteigerte Melodik des Materials tut der Wucht in der Live-Darbietung jedoch keinen Abbruch.

Celeste im Rockhouse in SalzburgZum echten Abriss wird die Show mit den drei abschließenden Stücken von „Infidèle(s)“ und „Animale(s)“. Während die Franzosen zwischen den Songs vom Publikum in der insbesondere für einen Sonntagabend gut gefüllten Rockhouse Bar kräftig abgefeiert werden, geht die Idee, einen Song als (geplante) Zugabe zu spielen, fast nach hinten los: Schnell ebbt der Applaus nach „Laissé Pour Compte Comme Un Bâtard“ ab – immerhin gerade noch rechtzeitig, bevor die Stille allzu peinlich wird, kehrt das Quartett für „Cette Chute Brutale“ zurück. Dass der Song die einzige Zugabe des Abends war, lässt die vorangegangene Verschnaufpause in Rockstar-Manier nach gerade einmal 40 Minuten etwas affektiert wirken – und auch im Hinblick auf die (von vorneherein unrealistisch anmutende) Running-Order-Ankündigung von 75 Minuten Showtime wären schon noch ein, zwei Songs gegangen. Dank der intensiven Darbietung sowie dem fordernden Stil von Conjurer wie auch CELESTE, blickt man auch nach „nur“ rund 45 Minuten ausschließlich in zufriedene Gesichter.

Celeste im Rockhouse in Salzburg

  1. (A)
  2. De Tes Yeux Bleus Perlés
  3. Des Torrents De Coups
  4. Il A Tant Rêvé d’Elles
  5. Nonchalantes De Beauté
  6. Elle Se Répète Froidement
  7. Le Cœur Noir Charbon
  8. Comme Des Amants En Reflet
  9. Laissé Pour Compte Comme Un Bâtard
  10. Cette Chute Brutale

Eine Europatour mit 32 Shows in 32 Tagen und über zehn Ländern ist nicht nur ein bemerkenswerter Kraftakt, für dessen Bewältigung beide Bands großen Respekt verdient haben. Es ist in diesen Zeiten auch ein Hoffnungsschimmer auf Normalität und lange vermisste Lebensfreude durch Livemusik. Aber natürlich ist eine erfolgreich und krankheitsausfallsfrei absolvierte Tour kein Beweis für irgendwas, und natürlich wird es bei den aktuellen Fallzahlen in den kommenden Wochen und Monaten auch Tourabbrüche oder abgesagte Shows geben. Umso mehr gilt – frei nach Goethe – für den Augenblick: Verweile doch! du bist so schön! Dann magst du mich morgen mit Nackenmuskelkater schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn! Aua. 


CONJURER gehen bereits im Mai im Vorprogramm von END erneut auf Europatour – hier die Termine:

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