Festivalbericht: Brutal Assault Open Air 2024 – Teil 2

09.08.2024 - 10.08.2024 Festung Josefov, Jaroměř (CZ)

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… unter anderem mit unter anderem mit ABBATH und DARK TRANQUILLITY (Freitag) sowie TESTAMENT und SATYRICON (Samstag)!


Freitag, 09.08.2024

Das traditionelle Grindcore-Frühstück, bei dem unter anderem schon Gutalax und die Excrementory Grindfuckers um 10:30 partywütige, mit reichlich Aufblastierchen und Konfetti ausgestattete Metal-Fans vor der Bühne versammeln konnten, ist dieses Jahr ein Slam-Frühstück. Und die Schotten von PARTY CANNON nehmen diese Aufgabe „ernst“: Mit Schildern, die zum Circle Pit und zur Wall Of Death aufrufen, unterhaltsamen Ansagen, und einem Schlauchboot wird in der Vormittagssonne headlinerwürdig gefeiert – Liegestützen-Pit inklusive. Und auch sonst bleibt es vor den Hauptbühnen heftig – wennschon eher düster als spaßig: Eher im Deathcore verortet, aber mindestens ebenso vielen Breakdowns ausgestattet, sind DISTANT – und mit ROTTEN SOUND gibt es bereits früh am Tag eine echte Grindcore-Größe zu sehen. [BL]

Bereits ihren zweiten Auftritt auf dem BRUTAL ASSAULT 2024 legen anschließend die Leihinstrumente hin, auf die LIK diesmal angewiesen sind: Mit dem gleichen Flug wie Bewitched angereist, teilen sie das Schicksal ihrer schwedischen Landsleute, dass ihr Gepäck und Equipment nicht mitgeflogen ist. Fronter Tomas Åkvik lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen: Mit einem schulterzuckenden „Our luggage is back in Frankfurt“ hakt er das Thema ab – und widmet sich gemeinsam mit seinen Kollegen dem oldschooligen Death Metal, den LIK so gut wie kaum eine derzeit aktive Band beherrschen. Entsprechend gut kommt der so sympathische wie souveräne Auftritt auch heute an – trotz früher Uhrzeit und Mittagshitze. [MG]

Nach dem emotionalen Auftritt von Brutus am ersten Tag, setzen auch die Engländer:innen von SVALBARD auf die große Emotion. Ihr melodischer Mix aus Post-Black-Metal, Post-Hardcore und Crust Punk findet eine sehr grose Zuhörerschaft, die der Band ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Im Gegensatz zu ihren wüsten Screams sind die Ansagen von Sängerin Serena nahezu verschüchtert beeindruckt. Auch kleine technische Probleme am Gesang tun der Stimmung keinen Abbruch. Bei dieser enthusiastischen Reaktion des Publikums dürfte der erste Auftritt der Band auf dem BRUTAL ASSAULT nicht ihr letzter gewesen sein. [BL]

KALMAH passen geradezu perfekt auf einen Mittagsslot. Nicht nur kommt ihr Melodic Death Metal klassisch finnisch-kühl daher, die technisch anspruchsvollen Gitarren und insbesondere die verspielten Melodien sind auch beste Grundlage für eine Metalparty, die auch bei sengender Hitze funktioniert. Neben Klassikern wie “The Black Waltz” haben KALMAH auch aktuelles selbstbetiteltes Album im Gepäck, das die Bandgeschichte nahtlos fortschreibt. Bei differenziertem Sound und mit viel Spielfreude überzeugen die Finnen auf ganzer Linie – die ungebrochen euphorischen Publikumsreaktionen sind daher mehr als gerechtfertigt. [MM]

Danach wird es wieder merklich brutaler auf dem BRUTAL ASSAULT: Plüschig sind bei den Crust ’n‘ Rollern ČAD nur die Verstärker und Boxen, und auch die niederländischen LEGION OF THE DAMNED gehen mit ihrem bedingungslos geradlinigen Thrash Metal voll auf die Zwölf. Noch brachialer wird es dann bei  ABORTED. Die Band um Sänger Sven de Caluwé feiert 2025 ihr dreißigjähriges Bestehen, hat sich aber schon in diesem Jahr mit dem neuen Album „Vault of Horrors“ beschenkt. Ihren Brutal Death/Deathcore präsentieren die Niederländer gewohnt souverän – hier werden keine Gefangenen gemacht. Und auch wenn ABORTED in der großen Death-Metal-Riege des Festivals keinen Blumentopf für Originalität gewinnen, gelingt ihnen doch eine dynamische, packende Show, die schon aufgrund des abermals exzellenten Sounds überwältigt. [MM]

Dass TOXIC HOLOCAUST einen 17:00-Uhr-Slot auf einer der Mainstages bekommen, erklärt sich nicht unbedingt von selbst: Zwar ist das Projekt von Joel Grind auch schon seit 25 Jahren aktiv – dennoch muss man klar sagen, dass in diesem Jahr einige deutlich bekanntere Bands „nur“ auf der Obscure Stage spielen dürfen. Das Publikumsinteresse jedenfalls begründet diese Spielzeit nicht unbedingt – wenngleich die Band aus Portland, Oregon, mit ihrem Mix aus Speed und Trash Metal zumindest ordentlich auf die Tube drückt. Warum dabei das 2008er-Album „An Overdose Of Death…“ mit fünf davon entnommenen Songs im Mittelpunkt steht, ist auch nicht ganz klar – gehört das Album doch nicht einmal zu den Fan-Lieblingen. Am Ende aber auch egal – große Varianz sucht man auch hier vergeblich. [MG]

  1. Bitch
  2. Silence
  3. Wild Dogs
  4. Gravelord
  5. Acid Fuzz
  6. I Am Disease
  7. War Is Hell
  8. In The Name Of Science
  9. Reaper’s Grave
  10. Death Brings Death
  11. 666
  12. Nuke The Cross
  13. The Lord Of The Wasteland

Galten JINJER eine Zeitlang als die Newcomer schlechthin, scheint der Hype um die Band etwas abgeflaut. Anders ist nicht zu erklären, dass die Ukrainer:innen bereits um 17:55 Uhr antreten müssen – und eine zwar große, aber auch nicht eben beeindruckend große Crowd vor die Bühne locken. Tatsächlich ist das Spektakulärste am heutigen Auftritt dann auch Tatiana Shmailyuks erdbeerrotes Kleid. Zwar ist und bleibt die Musik technisch herausragend – aber eben doch zu generisch und emotionslos dargeboten, um wirklich zu begeistern. Selbst die Pro-Ukraine-Ansagen wirken nur abgespult – und auch gesanglich hat man Shmailyuk schon souveräner erlebt. Hoffentlich hat sich hier nicht eine Band zu früh auf den großen Durchbruch gefreut. [MG]

  1. Just Another
  2. Sit Stay Roll Over
  3. Ape
  4. Retrospection
  5. Someone’s Daughter
  6. I Speak Astronomy
  7. Pisces
  8. Fast Draw
  9. On The Top
  10. Call Me A Symbol
  11. Mediator

Genau das Gegenteil zum Newcomer, nämlich ein Tribute-Projekt zu einem Vorreiter eines der traditionsreichsten Metal-Genres, sind LEFT TO DIE: Terry Butler und Rick Rozz, mittlerweile bei Obituary und Massacre aktiv, haben sich Matt Harvey (Exhumed) und Gus Rios von Malevolent Creation ins Boot geholt und spielen die Songs ihrer ehemaligen und nichts weniger als legendären Band DEATH. Dass sie sich dabei fast ausschließlich auf den Klassiker „Leprosy“ von 1988 konzentrieren, macht die Show vornehmlich für Oldschool-Fans interessant. Dass eine Band ohne Chuck Schuldiner natürlich nicht DEATH sein kann, ist klar – zumindest im Rahmen des Möglichen ermöglichen LEFT TO DIE gerade jüngeren Fans eine überzeugende Zeitreise. [MM]

  1. Leprosy
  2. Born Dead
  3. Forgotten Past
  4. Open Casket
  5. Primitive Ways
  6. Choke On It
  7. Left To Die
  8. Zombie Ritual
  9. Pull The Plug

Sind die Musiker von Left To Die schon nicht mehr die Jüngsten, wird es im folgenden bei der Heavy-Doom-Legende CANDLEMASS noch ein Stückchen älter. Das hindert die Band allerdings zu keiner Sekunde daran, eine intensive, düstere und dennoch hoch melodische Show abzuliefern, der Dunkelheit sicher besser zu Gesicht gestanden hätte als die langsam sinkende Abendsonne. Vielleicht sitzen beim zurückgekehrten Originalsänger Johan Langquist nicht mehr alle Töne, was allerdings durch die grundsympathische Art der Musiker problemlos ausgeglichen wird. [BL]

  1. Bewitched
  2. Dark Are The Veils Of Death
  3. Mirror Mirror
  4. Dark Reflections
  5. Under The Oak
  6. Crystal Ball
  7. The Well Of Souls
  8. Solitude

Waren schon die beiden vorhergehenden Shows eher traditionell ausgerichtet, steigern die Lokalmatadoren CULT OF FIRE den Begriff ins Extrem. Auf dem Programm steht ein Abend inspiriert von der Musik des großen tschechischen Romantikkomponisten Bedřich Smetana, der 2024 seinen zweihundertsten Geburtstag gefeiert hätte. Dafür hat die Band mit dem Böhmischen Symphonieorchester Prag erstmalig in der Geschichte des BRUTAL ASSAULT ein Orchester auf die Bühne geholt. Gemeinsam mit diesem spielen CULT OF FIRE sowohl Interpretationen von Smetana-Stücken als auch mit „Váh“ eigenes, von Smetana inspiriertes Material, das von Direktor und Chefdirigent Martin Šanda orchestral arrangiert wurde.

Es soll also die ganz große Geste werden – und tatsächlich klingt das, was in den folgenden 60 Minuten aus den Boxen schallt, so opulent wie überzeugend. Das täte es aber, so ehrlich muss man sein, wohl auch ohne CULT OF FIRE: Der Black Metal spielt gegenüber dem alles dominierenden Orchester definitiv die zweite Geige. Ob die Performance angesichts der durchaus szenischen Musik von der Videoleinwand profitiert, über die in meistenteils zusammenhangslos erscheinendem Wechsel Luftaufnahmen böhmischer Schlösser und Darstellungen aus der tschechischen Geschichte flimmern, sei dahingestellt. Fakt ist: CULT OF FIRE performen hier die bestbesuchte Show des Festivals – und setzen mit dem Orchester neue Maßstäbe. [MM]

  1. Z Českých Luhů A Hájů (Bedřich Smetana)
  2. Tábor (Bedřich Smetana)
  3. Vltava (Bedřich Smetana)
  4. Pochod Národní Gardy (Bedřich Smetana)
  5. Triumfální Symfonie (Bedřich Smetana)
  6. Vyšehrad (Bedřich Smetana)
  7. Váh

Nach dieser pompösen Show geht es beim heutigen Headliner ebenfalls groß gedacht weiter – allerdings nicht hinsichtlich der Bandbesetzung, sondern in Sachen Show. Vor zwei riesigen LED-Leinwänden bieten ARCHITECTS eine ihrem Status im Metalcore würdige Show ab. Der Fokus liegt dabei auf neueren Songs, aber selbstverständlich spart die Band auch ihr Frühwerk nicht aus, und erinnert mehrmals an ihren viel zu früh an Krebst verstorbenen Gitarristen Tom Searle. Die Emotionalität ihrer Songs wird immer wieder durch Feuerstöße, atmosphärische Bilder und heftige Breakdowns gebrochen – und so umjubelt der Auftritt der Band in einem gepackt vollen Infield ist, zeigt sich, dass Emo- und Metalcore auf dem BRUTAL ASSAULT auch ganz oben im Billing seinen Platz hat. Dass die Songs der Band in sich doch alle sehr ähnlich funktionieren, fällt dabei kaum störend auf – dass die Band ihr Set zehn Minuten früher beschließt als angekündigt hingegen schon; ein Trend, der nicht zum letzten Mal auf dem diesjährigen BRUTAL ASSAULT zu beobachten ist. [BL]

  1. Seeing Red
  2. Deep Fake
  3. Impermanence
  4. Black Lungs
  5. Hereafter
  6. Gravedigger
  7. Curse
  8. Royal Beggars
  9. Doomsday
  10. Meteor
  11. When We Were Young
  12. Nihilist
  13. Animals

„And now to something completely different.“ Mit dieser Ansage (vom Band) grenzen LAIBACH zwei Teile ihres Sets voneinander ab – schlussendlich passt der Satz aber auf die ganze Show: Nach einem Tag voll Gitarrenmusik bieten die Slowenen einen düsteren Mix aus elektronischen und noisigen Sounds, bei denen die Gitarre zumeist eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Waren LAIBACH eben noch mit ihrem „Opus Dei“-Programm auf Europatour, gibt es heute ein buntes Potpourri aus der rund 44-jährigen Schaffenszeit des Künstlerkollektivs. Ob DAF („Alle gegen alle“), Queen („Geburt einer Nation“), Opus („Life Is Life/Leben heißt Leben“) oder die Rolling Stones („Sympathy For The Devil“): Niemand ist vor einer Coverversion von LAIBACH sicher – und stets wird ein unschuldiger Rock- oder Popsong ins unübertrefflich Bedrückende verkehrt.

Dazwischen mischen LAIBACH Material aus ihrem Soundtrack zur Mondnazi-Kommödie „Iron Sky“ – aber auch düstere Hits wie „Eurovision“ oder „Tanz mit Laibach“. Nach so viel Negativität kommt das finale Foreigner-Cover „I Want To Know What Love Is“ fast einer Erlösung gleich: Sichtlich befreit und erleichtert singt das Publikum noch aus voller Kehle mit, als LAIBACH die Bühne bereits verlassen haben. [MG]

  1. B Mashina (Siddharta-Cover)
  2. Eurovision
  3. Alle Gegen Alle (Deutsch-Amerikanische-Freundschaft-Cover)
  4. Brat Moj
  5. Resistance Is Futile
  6. God Is God (Juno-Reactor-Cover)
  7. Krvava Gruda – Plodna Zemlja
  8. Ti, Ki Izzivaš
  9. Trans-National
  10. Geburt Einer Nation (Queen-Cover)
  11. Life Is Life / Leben Heißt Leben (Opus-Cover)
  12. Tanz mit Laibach
  13. Sympathy For The Devil (The-Rolling-Stones-Cover)
  14. The Coming Race
  15. I Want To Know What Love Is (Foreigner-Cover)

Warum im Anschluss ausgerechnet die DEATHSTARS eingeplant wurden, ist eine weitere schwer nachvollziehbare Entscheidung der Festival-Macher. Mit ihrem eher seichten, dafür aber umso eingängigeren Dark Rock fällt es den Schweden zunächst schwer, das eben Erlebte zu übertönen – zumal die Band heute ohne Gitarrist Emil Nödtveidt antritt und zunächst mit massiven Soundproblemen geschlagen ist. So dauert es gut die Hälfte des Sets, bis die Songs beim Publikum zünden. Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass zu diesem Zeitpunkt wohl nur noch richtige Fans übrig geblieben sind – darunter immerhin, am Bühnenrand stehend, Laibach-Sängerin Donna Marina Mårtensson. [MG]

  1. Night Electric Night
  2. This Is
  3. Death Dies Hard
  4. Tongues
  5. Midnight Party
  6. Synthetic Generation
  7. Metal
  8. Fire Galore
  9. Chertograd
  10. Blitzkrieg
  11. Cyanide
Nebenbühnen-Exkurs (Freitag)

Dafür, dass VILLAGERS OF IOANNINA CITY bisher noch nicht groß durchgestartet sind, ist es vor der Obscure Stage am späten Nachmittag beachtlich voll – und bereits mit den ersten Tönen werden diverse Marihuana-Zigaretten entzündet. Die Griechen spielen groovenden, langsamen Stoner-Sludge, der mit einem Dudelsack und einer traditionellen Klarinette angereichert werden; leider durch Soundprobleme allerdings nicht das ganze Set über zu hören. Diese Ergänzung verleiht dem Sound der Band einen ganz eigenen Charakter, der beim langsam mit groovenden Publikum hervorragend ankommt; fast vollständig ohne Ansagen. [BL]

Die legendären Progressive Deather von CYNIC starten etwas holprig in ihr Set, als der Vocoder von Mastermind Paul Masvidal zunächst nicht tut, was er soll. Ohne kommt die Band, die sich selbst als „Breathe Metal“ verortet, seit gut 20 Jahren nicht mehr aus. Seit jeher prägen neben den zerbrechlichen, elektronisch angezerrten Vocals vor allem die luftig-leichten Harmonien, die sich in technisch anspruchsvollem Gewand entfalten, den Sound CYNICs. Wer darauf steht, kommt heute voll auf seine Kosten, wenn die Show auch eher fürs Ohr als fürs Auge konzipiert ist: Hier wird konzentriert auf die Saiten oder bestenfalls mal ins Publikum gestarrt, ansonsten bringt erst Gastgrowler Daniel R. Flys von Persefone während dem Rausschmeißer „How Could I“ kurzzeitig Bewegung in Spiel. [MM]

Rock mit einer gehörigen Portion Post-Punk gibt es bei UNTO OTHERS (ehemals IDLE HANDS) zu hören. Mehr oder minder zeitgleich mit Left To Die an der Reihe, bekommen die Amerikaner heute kaum „Laufkundschaft“ ab. Vor der Obscure-Stage ist dementsprechend ziemlich wenig los – ebenso jedoch im Gesicht von Sänger Gabriel Franco, der bemerkenswert ausdruckslos durch das Set führt. Dass er stets von „seinen“ Songs und Alben spricht, wennschon ihn der Rest der Band fast von Anfang an begleitet, macht ihn nicht sympathischer – und zumindest ein Song mehr hätte in die Spielzeit schon noch hineinpasst. Songs wie „Nightfall“ oder „Dragon, Why Do You Cry?“ sind trotzdem grandiose Hits und verfehlen auch heute ihre Wirkung nicht. [MG]

Für all jene, die sich nicht für Orchesterklänge und Smetana begeistern können, bieten CEPHALIC CARNAGE ein echtes Kontrastprogramm. Der chaotische Mix aus Brutal- und Technical Death sowie Grind- und Mathcore ist deswegen aber nicht weniger beeindruckend. Ebenfalls beeindruckend: Ersatzdrummer Joe hat die hochkomplexen Songs in nur zwei Wochen gelernt. Die Ansagen von Sänger Leonard „Lenzig“ Leal wirken zwar mitunter etwas wirr, seine aggressive Performance am Mikrophon sitzt allerdings; und zum Schluss gibt es noch eine Perle aus dem Genre der Goregrind-Ansage, als er den letzten Song mit „This song is about eating cheetos and watching porno, waking up and realizing you have an orange dick“ ankündigt. Warum die Band am Folgetag zur exakt gleichen Zeit noch ein Set spielt (ebenso bei der Afterparty am Sonntag in Prag), erschließt sich nicht direkt – aber mit dieser Leistung sind CEPHALIC CARNAGE auch zu Emperor eine valide Alternative. [BL]

Unter den vielen Genreexperimenten auf dem Brutal Assault sticht EMMA RUTH RUNDLE dennoch hervor. Vor einer minimalistischen Wellenprojektion, nur mit einer Gitarre bewaffnet, performt die aus Los Angeles stammende Musikerin heute ein Singer-Songwriter-Akustikset. An Intimität ist diese Performance, die vor allem aufgrund der stimmlichen Bandbreite und der Spannung, die EMMA RUTH RUNDLE mit einfachsten Mitteln auf ihren Saiten erzeugt, kaum zu überbieten. Das Publikum goutiert dies während der Songs überwiegend mit Grabesstille, die zur Entfaltung des Sounds unabdingbar ist – in diesem Setting hört man den Nachbarn sogar Baumstriezl kauen. [MM]

Mit KHOLD dürfen Sarke und Gard nach ihrer Show am Vortag mit Tulus nun zur gleichen Zeit am gleichen Ort nochmals auftreten. Das überrascht insofern, als KHOLD deutlich bekannter sind und bei ihrem letzten Gastspiel auf dem BRUTAL ASSAULT 2014 einen beeindruckenden Late-Night-Gig auf der Hauptbühne hingelegt haben. Entsprechend voll ist das Octagon dann auch – inklusive der Seitengänge. Und verlernt haben die Norweger auch nichts: Von der ersten Minute an grooven KHOLD mächtig drauflos. Eingebremst werden die Norweger nur durch das Verschwinden von Gitarrist Rinn, das sogar Sänger Gard überrascht („Where is he?“) – des Rätsels Lösung ist eine gerissene Saite, danach steht der rund einstündigen Black’n’Roll-Party nichts mehr im Wege. [MG]


Samstag, 12.08.2024

Der letzte Festivaltag wird noch vor Einlass einmal mehr mit strahlendem Sonnenschein und entsprechend schon Vormittags hohen Temperaturen eröffnet. Dem entgegen steht der düstere, leicht ins Symphonische neigende Black Metal von CLOAK, die den letzten Tag eröffnen dürfen. Noch symphonischer, dafür aber auch brachialer wird es beim rabiaten Deathcore von MENTAL CRUELTY, die allerdings bereits auf ein voll motiviertes Publikum setzen können. Weniger symphonisch, dafür ultimativ schräg und verstörend wird es im Anschluss: SHOW ME THE BODY geben sich auf der Sea-Shepherd-Stage die Ehre. Noch vor Konzertbeginn nimmt Sänger Julian Cashwan Pratt einen großen Schluck Jameson direkt aus der Flasche, und der weirde Mix aus Hardcore, Sludge und Noise wirkt genau so. Wie verrückt dröhnt es von der Bühne, das verzerrte Banjo gepaart mit elektronischen Noise-Attacken stößt ab und zieht in seinen Bann – und kurz vor Schluss gibt es mit dem Beastie-Boys-Cover „Sabotage“ die vermutlich einzige Banjo-Version dieses Songs zu hören. Im Publikum gibt es Hardcore-Highkicks, wüste Tanzeinlagen und staunende Gesichter. Dass die Show mit Julian im Graben endet, der sein Mikrophon zum Schluss einfach auf den staubigen Boden schmeißt, passt ins Bild – ein verstörender, faszinierender Auftritt. [BL]

Was am Vortag Party Cannon waren, sind heute CYTOTOXIN: eine Band, die es sich selbst dann anzuschauen lohnt, wenn man kein Fan ist. Die Dresdner liefern – zeitweise mit Gasmasken – eine so brachiale wie unterhaltsame Show ab. Insbesondere Fronter Grimo gibt alles: Mal ermuntert er die Fans mit einem Kreisverkehr-Schild zum Circlepit, dann wieder kommt er in den Graben oder sogar ins Publikum. Ob die Bewohner von Prypjat nun strahlen würden, wenn sie wüssten, dass hier „for Tschernobyl“ nochmal richtig abgeschädelt wird  – nun ja. Ohne die Sache weiter zu hinterfragen, kann man hier aber definitiv Spaß haben. [MG]

An diese wilde Raserei anzuknüpfen, ist es schwer. CANCER BATS versuchen mit ihrem groovenden Rock’n’Roll-Hardcore-Mix aber ihr bestes, wenn auch sich im Publikum nach dreieinhalb Tagen Hitze langsam Ermüdungserscheinungen bemerkbar machen. Dennoch macht der Auftritt Spaß und überzeugt, was auch für BROKEN HOPE und ihren wilden Death Metal gilt. Die Band hätte eigentlich gar nicht am Festival teilnehmen sollen, konnte ihren Auftritt aber kurzfristig möglich machen. [BL]

Der frühe Nachmittag steht im Zeichen technischer Finesse: Wo PLINI noch modern und melodisch vor sich hin proggen, geht es bei GOROD bereits deutlich härter zu Werke. Spätestens bei PESTILENCE übernehmen dann ganz die fiesen Zerrgitarren und Growls. Mitreißen können die Niederländer jedoch trotz einer spielerisch blitzsauberen Leistung nicht. Das liegt zum einen sicherlich an der sengenden Sonne, die jede Bewegung zur Pein macht, aber auch an Fronter Patrick Mameli, der einmal mehr mit wirrem Gefasel für Kopfschütteln sorgt: „Maybe Jesus sees you, and he knows you can do better. And if not, we’re all going to hell“ OK, alles klar! Wer danach noch keinen Knoten im Hirn hat, kann nahtlos zu SADUS hinüberwechseln, die so ausgefuchsten Thrash Metal zu bieten haben wie wenige andere Bands des Genres. [MG]

Auf die politisch mehr als umstrittenen IMPALED NAZARENE folgt mit PRIMORDIAL der weitaus gefälligere (Black) Metal: Die Band um Fronter Alan „Nemtheanga“ Averill präsentiert sich heute in Bestform und mit einem griffigen Set, bei dem kaum Wünsche offen bleiben: Dass die Iren die Show mit „As Rome Burns“ eröffnen, überrascht zwar – ist der Hit so früh im Set doch fast etwas vergeudet – schlussendlich hätte das für die meisten anderen gespielten Songs aber genauso gegolten. Die Klassiker „No Grave Deep Enough“, „Empire Falls“ oder „The Coffin Ships“ dürfen jedenfalls ebenso wenig fehlen wie Stücke der letzten Werke. Ob alt oder neu: Bei bestem Sound holen PRIMORDIAL alles heraus, was angesichts des tageslichtbedingten Atmosphäre-Malus möglich ist. [MM]

  1. As Rome Burns
  2. No Grave Deep Enough
  3. How It Ends
  4. To Hell Or The Hangman
  5. Victory Has 1000 Fathers, Defeat Is An Orphan
  6. The Coffin Ships
  7. Empire Falls

Um 19:45 Uhr gehört die Marshall-Stage dann den niederländischen TEXTURES. Dass die erst 2023 wiedervereinte Band aus Tilburg nicht jedermanns Sache sein dürfte, sagt schon das selbstgewählte Genre „Polyrythmic Metal Madness“. Und tatsächlich ist vor der Bühne weit weniger los, als man zu dieser Prime-Time erwarten würde. Wenngleich Bands mit erwartbar deutlich mehr Zulauf auf der kleineren Bühne spielen mussten, sind TEXTURES hier keine Fehlbesetzung, sondern vielmehr ein weiterer Beweis für die Vielseitigkeit, die das BRUTAL ASSAULT OPEN AIR seit jeher ausmacht. Denn auch vor einem vergleichsweise kleinen Publikum liefern TEXTURES eine starke Show ab, bei der nur das Debüt „Polars“ außen vor bleibt. Für viele Besucher des Festivals sicher eine Neuentdeckung – aber auch dafür fährt man schließlich auf ein Festival. [MG]

  1. Laments Of An Icarus
  2. Storm Warning
  3. Reaching Home
  4. New Horizons
  5. Regenesis
  6. Awake
  7. Zman
  8. Timeless
  9. Stream Of Consciousness
  10. Singularity

Vor der Sea-Shepherd-Stage versammelt sich derweil bereits deutlich mehr Publikum – schließlich steht mit EMPEROR eine der ganz großen Bands des Black Metal auf dem Programm. Dass das Infield schlussendlich aber doch nur auf der Seite der Bühne gefüllt ist, überrascht – insbesondere wenn man sich an die triumphale erste Show der Norweger auf dem BRUTAL ASSAULT im Jahr 2017 zurückerinnert. Die Band zeigt sich davon weitestgehend unbeeindruckt – was allerdings vornehmlich daran liegt, dass Ihsahn, Samoth und Konsorten generell wenig Gefühlsregungen zeigen. Etwas überdreht hingegen wirkt Jørgen Munkeby von den norwegischen Shining, der als Keyboarder mitspielen darf. Ähnlich deplatziert wirkt auf dieser Bühne sonst nur Ihsahns rosafarbene Telecaster. Immerhin: Rein musikalisch betrachtet gibt es heute (anders als 2019) nichts zu Meckern. Der Sound ist glasklar, die Setlist mit je vier Songs der beiden Hauptwerke, sowie je einem von „IX Equilibrium“ und „Prometheus“ sehr vielseitig und sogar die Songauswahl hält einige Überraschungen bereit: „Into The Infinity Of Thoughts“ und „The Burning Shadows Of Silence“ etwa, die beide erst 2023 wieder ins Programm genommen wurden, oder eben das allgemein eher selten gespielte „In The Wordless Chamber“. Trotz allem: Die Magie ihrer ersten Show auf dem BRUTAL ASSAULT (und damit in Tschechien überhaupt) können EMPEROR auch diesmal nicht wieder heraufbeschwören: Anders als damals bleibt die heutige Show wohl höchstens eingefleischten Fans als absolutes Highlight in Erinnerung – in Sachen Atmosphäre bleibt der Auftritt überraschend deutlich hinter der Show von Satyricon zurück. [MG]

  1. Into The Infinity Of Thoughts
  2. The Burning Shadows Of Silence
  3. Thus Spake The Nightspirit
  4. The Loss And Curse Of Reverence
  5. With Strength I Burn
  6. Curse You All Men!
  7. I Am The Black Wizards
  8. Inno A Satana
  9. In The Wordless Chamber
  10. Ye Entrancemperium

Wer dachte, die Musik von Emperor wäre komplex, wird im Anschluss – was ein Stilwechsel! – von THE DILLINGER ESCAPE PLAN eines Besseren belehrt. Die um Original-Sänger Dimitri Minakakis offiziell nur für einige Shows wiedervereinten Mathcore-Mitbegründer schaffen es, in knapp 60 (statt angekündigter 70) Minuten 17 Songs abzuhandeln, von denen jeder Einzelne genug Ideen für drei bis fünf Songs enthält. Entsprechend anstrengend ist der Auftritt – für den Kopf wie auch den Körper. Denn natürlich feiert das Publikum die erst vierte Show der wiedervereinten Band auf europäischen Boden wie nichts Gutes: Von der ersten Sekunde an tobt der Moshpit, und bei kaum einer anderen Band haben die Securities im Graben so viele Crowdsurfer:innen entgegenzunehmen. Das ist aber auch wenig verwunderlich, sucht doch die Energie, die THE DILLINGER ESCAPE PLAN auf der Bühne entfesseln, ihresgleichen.

Insbesondere Gitarrist Ben Weinman ist kaum einzubremsen: Mal steht er auf einem wenige Zentimeter breiten Absperrgitter, mal springt er mit so viel Elan auf deinen Boxen-Turm, dass dieser umstürzt, dann wieder erklimmt er einen bemerkenswert hohen Stapel aus Monitor-Boxen und springt – nicht ganz unfallfrei – wieder hinunter. Dass Minakakis zum Abschluss des komplett auf „seine“ Zeit in der Band fokussierten Sets noch beachtliche Feuerbälle spuckt, rundet das Bilder (im besten Sinne) komplett wahnsinnigen Band ab. Bei so viel Energie und Elan darf man zumindest hoffen, dass es nicht nur bei Live-Shows bleibt … immerhin: Die Ansage „We are back“ lässt jedenfalls alle Möglichkeiten offen.  [MG]

  1. Destro’s Secret
  2. Sandbox Magician
  3. The Running Board
  4. The Mullet Burden
  5. Calculating Infinity
  6. Jim Fear
  7. Sugar Coated Sour
  8. 4th Grade Dropout
  9. Proceed With Caution
  10. I Love Secret Agents
  11. Abe The Cop
  12. Weekend Sex Change
  13. Variations On A Cocktail Dress
  14. Monticello
  15. Come To Daddy (Aphex-Twin-Cover)
  16. Clip The Apex… Accept Instruction
  17. 43% Burnt

Dass nach Emperor und The Dillinger Escape Plan erst der „echte“ Headliner kommen soll, ist nichts weniger als bizarr – hätten diese beiden doch auf vergleichbar großen Festivals jeweils als Tagesheadliner gespielt. Das BRUTAL ASSAULT hingegen setzt kurzerhand noch BEHEMOTH obendrauf. Zumindest in Sachen Spektakel sind die Polen auch tatsächlich die „headlinerigsten“ Headliner von allen: Von der ersten Sekunde an ziehen BEHEMOTH die große Show ab – angefangen mit eindrucksvollen Schattenspielen hinter einem weißen Vorhang, über eine massive Pyro-Show und die verschiedenen Outfits von Fronter Nergal bis hin zum Ende der Show, das BEHEMOTH als einzige Band des Festivals mit dem stets leicht Rockstar-haften Zugabe-Spielchen beenden. So viel Pomp und Brimborium muss man mögen – man kann BEHEMOTH jedoch nicht abstreiten, dass sie die Inszenierung ihrer Musik in jedem Detail perfektioniert haben. Das gilt auch für Ersatz-Schlagzeuger Jon Rice, der für den kurzfristig für die Tour ausgefallenen Inferno eingesprungen ist – was man allerdings höchstens bei genauem Hinsehen merkt.

Bei all dem Pomp könnte die Musik schnell in den Hintergrund rücken – nicht so jedoch bei BEHEMOTH: Mit einem Set, das mit neun Alben immerhin drei Viertel des Gesamtwerks abdeckt, zeigen die Polen eindrucksvoll, warum sie die Position an der Spitze des tiefschwarzen Extreme Metal absolut verdient haben. Dass im Anschluss an diese Machtdemonstration noch HEATHEN spielen, ist nach diesem Tagesprogramm leider bis auf wirklichen Fans den meisten Besucher:innen reichlich egal. [MG]

    1. Once Upon A Pale Horse
    2. Ora Pro Nobis Lucifer
    3. Conquer All
    4. Ov Fire And The Void
    5. Cursed Angel Of Doom
    6. Christians To The Lions
    7. Demigod
    8. The Deathless Sun
    9. Blow Your Trumpets Gabriel
    10. Bartzabel
    11. No Sympathy For Fools
    12. Chant For Eschaton 2000

  1. O Father O Satan O Sun!
  1. Dying Season
  2. Opiate Of The Masses
  3. Empire Of The Blind
  4. Breaking The Silence
  5. Blood To Be Let
  6. Mercy Is No Virtue
  7. Hypnotized
  8. The Blight
  9. Goblin’s Blade
Nebenbühnen-Exkurs (Samstag)

Mindestens eine rein instrumentale Band darf auf dem Brutal Assault nicht fehlen; während in der Vergangenheit oft verträumter Post Rock, etwadurch Mono, Caspian oder Maybeshewill auf dem Programm stand, nehmen diese Rolle dieses Jahr NIGHT VERSES ein. Zwar auch postrockig unterwegs, spielt die Band ein energetisches, mehr im Prog angesiedeltes Set, das mit armosphärischen Synthies und harten Breaks aufwartet. Bands wie And So I Warch You From Afar sind hier auf jeden Fall nicht weit – und dieses Genre kommt auch heute super beim zahlreich erschienenen Publikum an. [BL]

Wer den Soundcheck von CHTHE’ILIST mitverfolgt, bekommt die Marschroute für den Gesang in der Unterhaltung zwischen Band und Mischer vorgegeben: Als es um den Gesang geht, heißt es „Make it as wet as possible – just a shit ton of reverb“. Dem wüsten, von der Band selbst als „otherworldly“ beschriebenen Extreme-Death-Geballer steht der verstörende Sound perfekt zu Gesicht, dominieren doch harsche Breaks und heftige Disharmonien. Entsprechend ist die Bewegung im Publikum überschaubar, das Staunen aber umso größer. [BL]

Dass JULIE CHRISTMAS selbst während des Soundchecks noch nicht auftaucht, irritiert kurz – als sie dann allerdings in einer verstörenden Maske aus Drahtgeflecht und LEDs die Bühnen betritt, stellt sich sofort Gänsehaut ein. Nach einem ruhigen Vorspiel mit gehauchten Sprechgesang bricht schließlich die Hölle los und JULIE CHRISTMAS samt Band bieten ein packendes Post-Metal-Set ab. Die Sängerin tanzt wie in Trance über die Bühne, klettert auf Boxentürme und zieht das Publikum die gesamte Show über in ihren Bann. Ein Gitarren-Amp-Problem wird durch ein in die Länge gezogenes Drone-Intermezzo so souverän überspielt, dass es kaum auffällt, und insgesamt muss man festhalten: Dieses seltene Gastspiel ist definitiv ein Festivalhighlight. [BL]

Wer den musikalischen Wahnsinn nicht im Mathcore, sondern im Avantgarde (Black) Metal sucht, findet in DØDHEIMSGARD eine adäquate Alternative zu The Dillinger Escape Plan auf der Hauptbühne. Das tut durchaus eine beträchtliche Zahl an Besucher:innen, sodass die Norweger trotz der Terminkonkurrenz vor großem Publikum auftritt. Mit „Et Smelter“, „Interstellar Nexus“ und dem Rausschmeißer „It Does Not Follow“ steht heute das aktuelle Album „Black Medium Current“ (2023) im Mittelpunkt. Zusammen mit älteren Glanzstücken wie „Traces Of Reality“ (zu dem DØDHEIMSGARD John Lophez, einen Fan und Freund der Band aus Chile, als Gastsänger auf die Bühne holen) ergibt sich eine völlig irrsinnige stilistische Achterbahnfahrt, die die Band akkurat und atmosphärisch stimmig performt. Fast nimmt man es den Veranstaltern übel, die tiefschwarze und doch magisch-bunte Welt von DØDHEIMSGARD schon nach 50 Minuten wieder verlassen zu müssen.  [MM]

Wer keine Lust auf das Spektakel bei Behemoth hat, sondern zum allmählich anstehenden Festivalausklang noch etwas Gemächliches möchte, kann sich auf der Nebenbühne NEW MODEL ARMY zuwenden, die 1980 gegründet wurden. Ist es vor Konzertbeginn noch gespenstisch leer und dank eines in die Länge gezogenen Soundcheck zehn Minuten hinter Zeitplan, betreten die alten Herren kurz vor Mitternacht die Bühne. Ihr melodischer Politrock mit Anleihen aus Post Punk und Gothic Rock war nicht nur wegweisend für viele Bands, sondern klingt heute noch immer energiegeladen. Sänger Justin Sullivan ist sichtlich vom Ambiente beeindruckt, und das tendenziell ältere Publikum tanzt sich vor der Bühne zu treibendem Drumming, einer melancholischen Akustikgitarre und wichtigen politischen Ansagen in Trance. Trotz späterem Beginn ist dann doch pünktlich Schluss – inklusive des Wunschs der Band, bald wiederkommen zu dürfen. [BL]


FAZIT

Das BRUTAL ASSAULT ist und bleibt ein Festival von Musikliebhabern für Musikliebhaber. Das zeigt sich schon am Billing, das auch 2024 neben den „Must-haves“ so manche Perle aus den unterschiedlichsten Genres enthält – vor allem aber auch an der Umsetzung des Festivals selbst: Von der perfekten Umsetzung in Sachen Technik/Sound über die stets liebevoll präparierte Festungs-Area mit den offenkundig sorgfältig verlesenen Essensständen bis hin zur Jahr um Jahr verbesserten Organisation zeigen die BRUTAL-ASSAULT-Verantwortlichen den Besuchern in jedem Detail ihre Wertschätzung.

Neu verlegte Brauch- und Trinkwasser-Hähne auf der ganzen Area sowie deutlich modernere WCs und Dixis (mit Gitterboden zur besseren Belüftung) bieten echte Upgrades an Lebensqualität. Aber auch der offizielle Merchandise-Stand wurde erfolgreich umorganisiert, sodass es nun nurmehr zu Beginn des Festivals Schlangen für das Festival-Merch gibt. Und am Autogrammstand hilft Festival-Personal, Fans schnell und professionell mit ihren Idolen zu fotografieren, was auch hier den Ablauf deutlich beschleunigt. Generell verdient die BRUTAL-ASSAULT-Crew größtes Lob: Vom Trupp an der Bändchenausgabe bis zu den Securitys im Graben und am Campingplatz macht wirklich jeder einen herausragenden Job – und das von früh bis spät.

Ob wirklich bereits ab 10:30 Uhr morgens Bands spielen müssen, ist nicht nur in diesem Kontext fragwürdig. Noch problematischer hingegen sind die späten Slots: Die letzte Band des Tages startet jeweils (sogar noch am letzten Tag vor der Abreise) um 2:15 Uhr morgens. Davon hat nun wirklich niemand etwas.

Ein positiver Effekt der quasi rund um die Uhr geöffneten Festival-Area ist, dass der Campground weiterhin „Party-freie Zone“ ist – wer im Einhorn-Onesie Trichtersaufen will, ist auf dem BRUTAL ASSAULT weiterhin falsch. Etwas schade ist aber, dass das erfahrungsgemäß stets entspannte Festival-Treiben aus der angrenzenden Ortschaft Josefov nahezu gänzlich verbannt wurde: Gab es dort früher noch diverse Essens- und Getränkestände, sind 2024 nurmehr die dauerhaft im Ort ansässigen Bars übrig geblieben – wohl weil diesen der Betrieb nicht untersagt werden kann. Dass Speisen und Getränke damit quasi nur noch auf der Festival-Area zu bekommen sind, auf der alles cashless per Chip bezahlt wird, macht das Mitführen tschechischer Kronen optional. Die Monopolstellung macht sich jedoch in den Preisen bemerkbar: Während das Bier mit rund 3 € nach wie vor extrem günstig ist, werden für Burger und Co. im Schnitt eher 10-12 € fällig. Dafür allerdings haben nahezu alle angebotenen Speisen auch eher Restaurant- als Festivalqualität.

Auch sonst ist natürlich auch das BRUTAL ASSAULT teurer geworden – insbesondere, weil zum vergleichsweise günstigen Festival-Ticket (Early Bird: 170 €) alle Leistungen einzeln hinzugebucht werden müssen. Für alle, die mit dem Auto anreisen, ist ein Parkticket (40 €) unvermeidlich, der VIP-Camp (60 € für ein Zelt mit 2 Personen) ist beispielsweise dringlichst anzuraten. Optional ist etwa ein Locker am Festival-Einlass (40 €), um Merch oder warme Kleidung zu verstauen, oder das Ticket für den Natural Stand, von dem aus man beide Hauptbühnen im Blick hat (30 €). Der Luxus, der durch diese Zusatzleistungen aufkommt, ist allerdings nicht zu unterschätzen.

So bleibt das BRUTAL ASSAULT auch 2024 eines komfortabelsten, vor allem aber ob seiner mittleren Größe entspanntesten Festivals, die man in Europa besuchen kann. Und auch, was die musikalische Qualität angeht, braucht man sich angesichts der bereits bestätigten Bands für die kommende Ausgabe keine Sorgen zu machen. Wir sehen uns 2025, Jaromer! [MG]

Publiziert am von , und Marius Mutz

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