Festivalbericht: Brutal Assault Open Air 2024 – Teil 1

07.08.2024 - 08.08.2024 Festung Josefov, Jaroměř (CZ)

Kaum ein anderes Festival vereint einen extrem breit gefächerten, aber doch in sich stimmigen Genre-Mix und tolles Festival-Ambiente so gut wie das BRUTAL ASSAULT OPEN AIR: In der Festungsanlage Josefov bei Jaroměř (Tschechien) angesiedelt, begeistert das Festival durch malerisches Ambiente. Ob beim wilden Moshen im Pit zwischen den gewaltigen Festungsmauern, beim relaxten Genießen von Shows und Sonnenuntergang auf der Naturtribüne oder beim Relaxen zwischendurch in einer der unzähligen Bars in den ebenso zahllosen Festungs-Höfen der weitläufigen Anlage – Atmosphäre wird auf dem BRUTAL ASSAULT großgeschrieben.

Fürs Wohlbefinden ist mit einer unübertroffenen kulinarischen Auswahl (von traditionell Tschechisch bis orientalisch-vegan) und einer Vielzahl verschiedener Biersorten zu erschwinglichen Preisen gesorgt – aber auch durch den Umstand, dass der Campground hier zum Campen (= Schlafen) und das Festivalgelände zum Feiern da ist. Wer vornehmlich für Zeltplatzpartys auf Festivals fährt, ist hier darum völlig falsch. Wer jedoch vier Tage lang ein sorgfältig kuratiertes Billing mit 125 Shows auf vier Bühnen genießen will, ist hingegen genau richtig!

Aufgrund des umfangreichen Programms beschränken wir uns auf die Shows auf den zwei Hauptbühnen (Sea-Shepherd- und Marshall-Stage), ergänzt um einen Nebenbühnen-Exkurs pro Tag zu ausgewählten Shows auf der Obscure-Stage und der vierten Bühne im Octagon.

Bereits am Anreise-Dienstag fällt die einmal mehr verbesserte Organisation auf: Zwar öffnet der bewachte Campingplatz (“VIP-Camp”) etwas später als geplant, ansonsten gibt es aber weder bei der Anreise per PKW, noch an der Bändchenausgabe oder an den Stationen zum Befüllen des Cashless-Payment-Chips nennenswerte Wartezeiten – unbeschwerter könnte ein Festival nicht beginnen.


Mittwoch, 07.08.2024

Nach dem Warm-up am Dienstag mit “Headliner” HELLRIPPER eröffnen am Mittwoch SKELETAL REMAINS, EXHUMER und EVIL INVADERS das BRUTAL ASSUALT 2024. Zwar hält sich der Andrang zur frühen Stunde und in der prallen Mittagssonne in Grenzen – musikalisch jedoch liefern die drei Bands einen stimmigen Einstieg in das, was über die nächsten vier Tage folgen soll. Nicht minder extrem geht es bei SEVERE TORTURE zu. Ihren technischen, vor allem aber brutalen Death Metal spielen die Niederländer ebenso akkurat wie energetisch herunter und profitieren dabei von klarem und druckvollem Sound. Ebenso profitieren die Veteranen von ihrem Slot, denn zu früher Stunde sind die Ohren von der Omnipräsenz genreverwandter Hartwurst-Bands auf dem Festival noch nicht überfordert. [MM]

Nach einem kurzen Ausflug in melodischere Gefilde mit SYLOSIS geht es mit TERRORIZER geradewegs zurück zu eher stumpfen Klängen. Die Band um Pete „Commando“ Sandoval und David Vincent (ehemals Morbid Angel, nun I Am Morbid) war erst 2023 zum vierten Mal aufgelöst worden. Entsprechend überraschend kam die Ankündigung der Tour – und entsprechend groß ist das Interesse der Fans. Mit Richie Brown (unter anderem auch bei I Am Morbid) und ex-Vital-Remains-Sänger Brian Werner haben sich Sandoval und Vincent eine schlagkräftige Truppe zusammengestellt: Sound, Songauswahl und deren Präsentation wissen zu überzeugen – bleibt zu hoffen, dass die Band diesmal etwas länger Bestand hat. [MG]

Mit GRAND MAGUS folgt ein echtes Kontrastprogramm zu den bislang vornehmlich schnellen und brutalen Songs. Die Stockholmer Heavy-Metal-Institution frönt seit jeher auch dem Doom und Stoner Metal. Angesichts der wuchtigen Riffs fällt es kaum ins Gewicht, dass das aktuellste Album „Wolf God“ bereits fünf Jahre auf dem Buckel hat – man könnte gar behaupten, dass es sich um einen gesunden Rhythmus handelt. Aber auch sonst spielt keine Rolle, wie alt die Songs der Schweden sind, denn musikalisch regiert ohnehin zeitloser Old School. Dennoch steigert insbesondere die neue Single-Hymne „Skybound“, die sich nahtlos in die lange Reihe großer Bandhits einreiht, die Vorfreude auf das im Oktober erscheinende „Sunraven“ erheblich. Und so erfreuen sich GRAND MAGUS auch bei sengender Hitze bester Beliebtheit – den Ausflug in traditionelle Gefilde genießen alle Beteiligten. [MM]

Auch THE BLACK DAHLIA MURDER müssen der prallen Sonne trotzen. Der wild feiernden Menge scheint die Hitze allerdings nichts anzuhaben, jagt doch ein Mosh Pit den anderen. Alte Songs der sympathischen Truppe werden genauso abgefeiert wie Nummern des neuen Albums „Servitude“. Da der ehemalige Gitarrist Ryan Eschenbach nach dem Tod von Trevor Strnad die Rolle des Sängers übernommen hat, gibt es auch in quasi neuer Besetzung keinerlei Berührungsängste. Bei fetter Abmischung liefert die Band ein mächtiges Set ab, das Spaß macht – nicht zuletzt wegen eines Menschen im Fitness-Affen-Kostüm, der immer wieder auf die Bühne rennt. Also quasi alles “wie immer” – nur unter anderen Vorzeichen. [BL]

RED FANG ist vielleicht die Band, der die Hitze musikalisch am wenigsten anhaben kann. Der Sludge/Stoner Rock des aus Oregon stammenden Quartetts hat neben traditionellen Doom-Einschlägen eben durchaus auch den Sand von Genre-Größen wie Kyuss im Getriebe – hier gehört Schwitzen geradezu zur optimalen Rezeptionshaltung. Die heiß und trocken aus den Boxen groovenden Riffs liefern bei stimmiger Setlist definitiv ein weiteres Highlight für Traditionalisten. [MM]

Um 18:10 betritt einer der größten Hypes im modernen Metal die Bühne: SPIRITBOX aus Vancouver Island. Ihr druckvoller Mix aus Djent, Nu Metal und Alternative sorgt für reichlich Bewegung im Publikum, die Stimme von Frontfrau Courtney LaPlante weiß sowohl bei Growls wie auch Klargesang zu begeistern. Dass während ihres Sets die Dixietoiletten neben der Bühne geleert werden, und ein entsprechender Geruch in der Luft liegt, nervt die Band allerdings merklich – zwei Ansagen werden darauf verwendet. Ob es daran liegt, dass Courtney nach jedem Song von der Bühne geht und die Band ihr Set nach nur 45 Minuten (statt 55 Minuten) beendet, wird zwar nicht klar – aber auch so liefert die Band einen überzeugenden, wenn auch sehr routinierten Auftritt ab. Etwas mehr Emotionen abseits des Ärgers auf die Dixies hätte der Show gutgetan. [BL]

Death Metal mit einer ordentlichen Portion Grindcore, dargeboten in technischer Brillanz, haben MISERY INDEX im Programm. Den ersten reinen Hardcore – zumindest auf der Hauptbühne – gibt es um 19:00 Uhr: mit der Szene-Größe HATEBREED. Und die feiern heute gleich doppelt – zum einen das 30-jährige Bestehen der Band, zum anderen der Geburtstag von Fronter Jamey Jasta. So gibt es nicht nur das obligatorische Ständchen der Crowd, sondern tatsächlich eine 60-minütige Party, die musikalisch zwar etwas rumpelig beginnt, dann aber schnell groovt und mit dem “Ball Of Death” – einem riesigen “Wasserball”, der ins Publikum geworfen wird, für unvergessliche Bilder sorgt. Musikalisch geht es quer durch die drei Dekaden – und damit alle sieben Alben der Band. Mit “Ghosts Of War” legen HATEBREED noch ein schmissiges Slayer-Cover obendrauf. Allzu vielseitig ist das alles natürlich nicht – die Erwartungen erfüllen HATEBREED trotzdem oder gerade deshalb zu 100%. [MG]

  1. To The Threshold
  2. A Call For Blood
  3. This Is Now
  4. Destroy Everything
  5. Empty Promises
  6. In Ashes They Shall Reap
  7. Live For This
  8. Betrayed By Life
  9. Ghosts Of War (Slayer-Cover)
  10. As Diehard As They Come
  11. Everyone Bleeds Now
  12. Driven By Suffering
  13. Looking Down The Barrel Of Today
  14. A Lesson Lived Is A Lesson Learned
  15. Perseverance
  16. Last Breath
  17. Proven
  18. Honor Never Dies
  19. I Will Be Heard

Dass DEICIDE nach ihrer Show 2023 bereits im Folgejahr wieder auf dem BRUTAL ASSAULT spielen, hat schon fast humoristischen Wert: Nachdem die Band in den Jahren davor unzählige Male abgesagt hatte, wirkt es fast, als gäbe es etwas nachzuholen. Nachdem die Truppe um Glen Benton derzeit aber in Top-Form ist, gibt es daran nichts auszusetzen. Stand der Auftritt im letzten Jahr ganz im Zeichen des “Legion”-Jubiläums, gibt es diesmal ein Best-of-Set, mit dem die Florida-Deather ihre Fans ebenso glücklich machen. Dass auch EXODUS derzeit in Top-Form sind, haben diese bereits im kleineren Rahmen der Clubshows auf ihrer aktuellen Tour bewiesen. Daran ändert sich auch auf der großen Bühne nichts. Im Gegenteil: Anders als noch vor ein paar Jahren führt Steve Souza mittlerweile eher zurückhaltend, gerade darum aber viel souveräner durch das Set. Auch die Songauswahl, die von “Bonded By Blood” (1985) bis hin zum aktuellen Album “Persona Non Grata” reicht, ist absolut stimmig – und die Rückkehr von Gitarrist Gary Holt nach seinem Slayer-Abenteuer verleiht EXODUS wieder ein ganz anderes Gewicht. Der druckvolle, aber doch transparente Sound tut sein Übriges: Diese Show hat absolut Headlinerformat! [MG]

  1. When Satan Rules His World
  2. Carnage In The Temple Of The Damned
  3. Bury The Cross… With Your Christ
  4. Behead The Prophet (No Lord Shall Live)
  5. Once Upon The Cross
  6. From Unknown Heights You Shall Fall
  7. Sacrificial Suicide
  8. Satan Spawn, The Caco-Daemon
  9. In Hell I Burn
  10. They Are The Children Of The Underworld
  11. Sever The Tongue
  12. Scars Of The Crucifix
  13. Dead By Dawn
  14. Oblivious To Evil
  15. Homage For Satan
  1. Bonded By Blood
  2. R.E.M.F.
  3. Blood In, Blood Out
  4. And Then There Were None
  5. Deathamphetamine
  6. Blacklist
  7. Prescribing Horror
  8. The Beatings Will Continue (Until Morale Improves)
  9. Fabulous Disaster
  10. A Lesson In Violence
  11. The Toxic Waltz
  12. Strike Of The Beast

Vor einem beeindruckenden Backdrop und so düster geschminkt, sodass sie fast als Black-Metal-Band durchgehen könnten, betreten MOTIONLESS IN WHITE die Bühne. Musikalisch der Auftakt für eine ganze Reihe an melodischen Emo- und Metalcore-Bands, die in den kommenden Tagen prominente Slots im Billing erhalten. Dass diese Positionierung durchaus berechtigt ist, zeigt der Andrang vor der Bühne – einmal mehr ein Beweis für die Diversität des Festivals. Auch wenn die Band sich nicht gerade durch große Individualität auszeichnet, ist der erste Auftritt der Band in Tschechien seit gut zehn Jahren ein voller Erfolg: Der Mix aus Hypermelodiosität, sehnsüchtigen Klargesang und heftigen Metalcore-Riffs lässt die Festungsmauern beben. [BL]

  1. Meltdown
  2. Sign Of Life
  3. Thoughts & Prayers
  4. Headache
  5. Masterpiece
  6. Slaughterhouse
  7. Rats
  8. Break The Cycle
  9. Another Life (With Another Life: Motion Picture Collection Intro)
  10. Reincarnate
  11. Immaculate Misconception
  12. Scoring The End Of The World

Um 23:25 Uhr ist es Zeit für den ersten Black-Metal-Act auf einer der Hauptbühnen. Doch obwohl ABBATH eine IMMORTAL-Show angekündigt hat, hält sich der Andrang in Grenzen. Ein Grund dafür ist fraglos der kurz vor Showbeginn einsetzende, heftige Regen – ein anderer vielleicht, dass ABBATH seit jeher bei allen Shows diverse IMMORTAL-Songs spielen. Aber ein Abbath macht eben noch keine IMMORTAL. Vor allem aber täuscht auch die fette Produktion inklusive diverser Pyrotechnik nicht darüber hinweg, dass der Mastermind heute nicht in Bestform ist: Die Ansagen verschwimmen ins Unverständliche, und ohne seinen Teleprompter wäre der Norweger wohl komplett aufgeschmissen.

Immerhin: Die Songauswahl ist vorzüglich, und bisweilen gelingt es ABBATH sogar wirklich, die eisige Atmosphäre alter IMMORTAL heraufzubeschwören. Sternstunde ist das hier gewiss keine – aber immerhin auch keine Wiederholung des desaströsen Auftritts, den IMMORTAL 2012 an gleicher Stelle abgeliefert haben. [MG]

  1. Mount North
  2. The Call Of The Wintermoon
  3. Sons Of Northern Darkness
  4. Norden On Fire
  5. One By One
  6. Damned In Black
  7. Withstand The Fall Of Time
  8. At The Heart Of Winter
  9. The Sun No Longer Rises
  10. Blashyrkh (Mighty Ravendark)

Zu überraschend später Stunde müssen als letzte Band auf den Hauptbühnen DARK TRANQUILLITY ans Werk. Zum Nachteil gereicht das den neu formierten Schweden aber augenscheinlich nicht – vor der Bühne steht eine beträchtliche Zahl Fans. Doch nicht nur das Line-up der Schweden ist neu, sondern auch ein guter Teil der Songs: Alle drei Singles von “Endtime Signals” finden ihren Weg ins Set. Dass die Resonanz darauf (noch) nicht so gut ist wie auf altbekannte Nummern wie “Lost To Apathy” oder den unübertroffenen Band-Hit “Misery’s Crown”, ist klar – trotzdem fügen sich die Stücke gut in das insgesamt sehr vielseitige Set. Mit Frontsympath Mikael Stanne und perfektem Sound gesegnet, kann für DARK TRANQUILLITY aber sowieso nichts schieflaufen. Definitiv ein Highlight des Tages – aber vielleicht auch schon ein frühes Festival-Highlight. [MG]

  1. Encircled
  2. Hours Passed In Exile
  3. Unforgivable
  4. Atoma
  5. The Last Imagination
  6. Nothing To No One
  7. Cathode Ray Sunshine
  8. Not Nothing
  9. Phantom Days
  10. ThereIn
  11. Lost To Apathy
  12. Misery’s Crown
Nebenbühnen-Exkurs (Mittwoch)

Den Anfang auf der Obscure Stage machen HUMANITY’S LAST BREATH aus Schweden. So langsam wie die fetten Breakdowns aus den Boxen donnern, würde ihr experimenteller Deathcore als eine Abart von Doom Metal durchgehen. Dass Gitarrist Tuomas Kurikka immer wieder zum Circle Pit aufruft, passt dieser Intensität kaum zur Musik – das erfreulich zahlreich erschienene Publikum kommt seiner Bitte dennoch nach, und der Einstieg in den Tag auf der Obscure-Stage gelingt. [BL]

Fröhliche Klänge gibt es hier am frühen Abend: FINNTROLL mit ihrem Mix aus Black Metal und catchy Keyboardmelodien. Dass ausgerechnet diese mittlerweile vom Band kommen, schmerzt allerdings sehr: Mit den Backing-Tracks im Albumtempo geht jeder Schwung verloren, und auch die Gitarristen wirken nicht, als hätten sie Freude daran, nurmehr eine Tonspur zu begleiten. Das Publikum hat trotzdem Spaß und startet den wohl einzigen Polonäse-Pit des Festivals. Verglichen mit früheren Shows ist das hier trotzdem lahm. [MG]

Kurzfristig für THIS IS HELL eingesprungen, eröffnen DETHRONED die kleinste Bühne im Octagon – und wie! Ihre Mischung aus Hardcore und Death Metal mit reichlich Core-Breakdowns sorgt für gereckte Fäuste und 2Step. Das Durchhaltevermögen der Fans in der prallen Sonne muss an dieser Stelle noch einmal hervorgehoben werden. Auch wenn es ihre bisher größte Show war – es wird sicher nicht der größte Auftritt der Dresdner bleiben. Die Zukunft des Hardcore klingt genau so! [BL]

Atmosphärischer wird es bei HEXVESSEL. Die Band von Mat McNerney (Grave Pleasures, ehem. Dødheimsgard & Code) begeisterte bislang mit psychedelisch angehauchtem Folk Rock. Mit “Polar Veil” haben sie sich 2023 überraschend dem Black Metal zugewandt. Das wirkt sich auch auf die Show aus: In schwarzen Umhängen und vom markanten Gesang getragen, liefert die Band eine eindringliche Darbietung, die in ihrer Intimität perfekt is Octagon passt. [MM]

Die Mischung aus verträumtem Shoegaze und heftigen Post-Hardcore-Attacken, die BRUTUS zu bieten haben, ist alles andere als gewöhnlich. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass es vor der Bühne beim Set der Belgier:innen gesteckt voll ist. Noch bevor ein Ton gespielt ist, formen die drei Musiker:innen Herzchen mit den Händen. Die Leistung von Stefanie Mannaerts, die singt und zugleich Schlagzeug spielt, sorgt bei “Neulingen” im Publikum für erstaunte Gesichter, die aggressiven Riffs ihrer beiden Mitmusiker motivieren zu heftigem Headbangen und die schiere Schönheit dieser Musik lässt das eine oder andere Tränchen fließen. Dass die Dankesworte ein emphatisch gesungenes “Thank You” im großen Crescendo-Finale des letzten Songs sind, passt zu diesem in jeder Hinsicht besonderen Auftritt. [BL]

Ein absolutes Tageshighlight steht am selben Ort direkt im Anschluss an: TRIUMPH OF DEATH. Warum die Truppe um Tom “Warrior” Fischer nach ihrem triumphalen Brutal-Assault-Debüt als Co-Headliner auf der Mainstage im Jahr 2019 diesmal auf die Obscure-Stage gequetscht wurde, bleibt ein Geheimnis des Veranstalters. Dass sich die Band keinerlei Groll darüber anmerken lässt, ist jedenfalls bemerkenswert: Starallüren sucht man hier vergeblich. Der Publikumsandrang vor der Bühne jedenfalls hätte durchaus einen Hauptbühnen-Slot gerechtfertigt – und selbiges gilt für die Performance. Bei herausragend wuchtigem Sound entfesseln TRIUMPH OF DEATH die ganze düstere Kraft, die den Proto-Black-Metal-Songs von HELLHAMMER innewohnt. Dass es zum Ende der Show zu regnen beginnt, kümmert darum auch niemanden. Das hier Gebotene ist einfach zu gut. Vielmehr sorgen einige grelle Blitze sogar noch für das i-Tüpfelchen in Sachen Atmosphäre. Dieser Auftritt ist ein wahrer TRIUMPH OF DEATH [MG]

  1. The Third Of The Storms (Evoked Damnation)
  2. Massacra
  3. Blood Insanity
  4. Decapitator
  5. Chainsaw
  6. Reaper
  7. Buried And Forgotten
  8. Revelations Of Doom
  9. Messiah
  10. Visions Of Mortality
  11. Triumph Of Death


Donnerstag, 08.08.2024

Zwar ist für den zweiten Festivaltag Regen angesagt – zunächst jedoch gilt es, mit Gluthitze und ohne Aussicht auf Schatten im Infield klarzukommen. Dort geht es direkt heftig mit NECROT los, die, ebenso wie das daran anschließenede Core-Triple aus GUILT TRIP mit treibenden Hardcore, PUPIL SLICER mit ihrem eingängigen Metalcore und BODYSNATCHER mit rabiatem Grindcore/Metalcore, bereits eine beachtliche Anzahl Menschen zu früher Stunde vor den Bühnen versammeln können. [BL] Das gilt zwar auch für OBSCURA, doch leider hat die Band hat keinen guten Tag erwischt: Die Tech-Deather haben mit massiven technischen Problemen zu kämpfen – allerdings geht die Band damit auch maximal unsouverän um. Statt die Fans über die Komplikationen in Kenntnis zu setzen, verlassen die Musiker einfach immer wieder ohne ein Wort der Erklärung die Bühne. Stimmung kommt so natürlich keine auf – und Sympathien sammelt man so auch nicht. [MG]

Vor der Sea-Shepherd-Stage kann im Anschluss reichlich mit dem Finger gewackelt werden: ESCUELA GRIND spielen ein energiereiches, hochgradig unterhaltsames Grindcore-Set. Dass hier Publikumsinteraktionen großgeschrieben werden, und neben “Give Me A Ohhh yeaaah” auch Hawk-Tuah-Referenzen eingebaut werden, passt zur sympathisch humorigen Art der US-Amerikaner. Ein kurzweiliger Auftritt, der auch technisch überzeugt. Letzteres gilt zwar auch für die darauf folgenden HAVOK – “kurzweilig” hingegen ist der grundsolide, aber auch sehr abwechslungsarme Thrash Metal der Amerikaner nicht wirklich. [BL]

Just zu Beginn der Show von RIVERSIDE beginnt es zu regnen. Wer dennoch vor der Bühne ausharrt, wird mit seit 23 Jahren erprobtem polnischen Progressive Rock belohnt, der bei wiederum transparentem, druckvollem Sound keine Wünsche offen lässt: RIVERSIDE schreiben gefühlvolle, meisterlich komponierte und dabei technisch stets anspruchsvolle Prog-Hymnen, die von muskulösem Bass über psychedelische Orgeln bis hin zu jazzig-funkigen Gitarren alles zu bieten haben. Angesichts dessen irritiert, dass Fronter Mariusz Duda sich gleich mehrfach explizit vom artverwandten Progressive Metal abgrenzt – eine auf diesem Festival doch eher merkwürdige Profilierungsstrategie. [MM]

Dass nach dieser Show direkt INCANTATION drauflos holzen, setzt einen musikalisch durchaus reizvollen Kontrast: Die US-Deather folgen seit nunmehr 35 Jahren dem Prinzip “Stumpf ist Trumpf” und haben am Rezept ihres von doomigen Passagen durchsetzten Geballers nie etwas geändert. Die Fanreaktionen zeigen, dass man damit insgesamt vieles richtig macht, doch manchem gerät die Show, die man wohlwollend als aus einem Guss beschreiben könnte, musikalisch doch etwas zu gleichförmig, sodass das Publikum während der Show zahlenmäßig eher schrumpft als anwächst. Wer nicht in der Stimmung für fieses Geprügelt ist, muss allerdings weit gehen und länger wegbleiben – auf der Sea-Shepherd-Stage legen nämlich im Anschluss WHITECHAPEL mit brutalem Deathcore mächtig nach. [MM]

Ein BRUTAL ASSAULT ohne New York Hardcore wäre merkwürdig; dieses Jahr sind es MADBALL, die die traditionelle Fahne hochhalten. Ihr treibender, groovender Hardcore funktioniert einwandfrei und versammelt eine große Menschenmenge vor der Marshall Stage. Fronter Freddy Cricien jagt wie gewohnt von einer Seite der Bühne zur anderen und das Publikum quittiert die unermüdliche Energie der Band mit reichlich Bewegung. Wie Freddy selbst sagt, ist dieser Auftritt als Auftakt für die nun anstehenden Europa-Dates nahezu perfekt. So bedankt er sich nicht nur immer wieder überschwänglich, sondern wirkt nahezu verliebt in das zweifelsohne charmante Setting in der alten Armeefestung, die mit den 1985 gegründeten US-Thrashern von FORBIDDEN direkt im Anschluss einem weiteren Urgestein das passende Ambiente bietet. [BL]

Waren Motionless In White am Vortag noch in der härteren Spielart von Metalcore angesiedelt, werden die Popreferenzen im Core-Genre bei THE AMITY AFFLICTION auf 11 gedreht. Zwar ist das Publikum dabei, die Songs sind gefällig und reichlich Feuerfontänen sorgen für eine fast schon übertriebene Untermalung der oft überzuckerten Songs – allerdings wirkt die Band dabei ziemlich lustlos und kann auch nicht mit Ausstrahlung punkten. War die Professionalität und Routiniertheit bei Spiritbox am Tag noch eine kleine Schwachstelle einer ansonsten überzeugenden Show, gewinnt hier das wenig überzeugende Auftreten die Oberhand gegenüber der melodisch durchaus gefälligen Musik. [BL]

Recht viel größer könnte der Kontrast nicht sein, als im Anschluss die Death-Metal-/Grindcore-Legenden CARCASS die Sea-Shepherd-Bühne betreten. Zu wirklich vielen Ansagen lässt sich Frontmann Jeff Walker zwar nicht hinreißen, diese können in ihrer staubtrockenen Darbietung allerdings locker mit dem mittlerweile wieder komplett trockenen Boden in der Festung Josefov mithalten. Dass die Briten auch knapp 40 Jahre nach Gründung live so verlässlich abliefert, ist beeindruckend; ihr Prototyp der Grind-Death-Mischung funktioniert über die gesamte Spielzeit (inklusive zweier Schlagzeugsoli) auf jeden Fall reibungslos. Und auch wenn Jeff ein nachdenkliches “You are a hard crowd” hören lässt, ist der Jubel zwischen den Songs und nach dem Set sehr groß. [BL]

  1. Buried Dreams
  2. Kelly’s Meat Emporium
  3. Incarnated Solvent Abuse
  4. Under The Scalpel Blade
  5. This Mortal Coil
  6. Tomorrow Belongs To Nobody
  7. Death Certificate
  8. Dance Of Ixtab (Psychopomp & Circumstance March No. 1 In B)
  9. Black Star / Keep On Rotting In The Free World
  10. Genital Grinder
  11. Pyosisified (Rotten To The Gore)
  12. Exhume To Consume
  13. Corporal Jigsore Quandary
  14. Ruptured In Purulence / Heartwork
  15. Tools Of The Trade

Nachdem am Vortag bereits Exodus auf der Marshall-Stage gestanden hatten, lassen heute TESTAMENT die Thrash-Herzen höher schlagen. Das gelingt Chuck Billy und seinen Mitstreitern auch spielend – zum einen, weil auch hier der Sound beeindruckend gut ist, zum anderen, weil TESTAMENT mit einem Oldschool-Set antreten und sich ausschließlich auf Material ihrer ersten beiden Alben konzentrieren – “The Legacy” (1987) und “The New Order” (1988). Das dürfte zwar einigermaßen improvisiert sein und wurde leider auch nicht extra angekündigt – zumindest macht es so aber nichts, dass das neue Album weiter auf sich warten lässt. Und jeder Thrash-Fan weiß, dass die 1980er-Alben so ziemlich jeder Band absolute Perlen sind. Entsprechend werden TESTAMENT für diese Show gefeiert – und das völlig zu Recht. [MG]

  1. Eerie Inhabitants
  2. The New Order
  3. Apocalyptic City
  4. The Haunting
  5. The Preacher
  6. Do Or Die
  7. Drum Solo
  8. First Strike Is Deadly
  9. A Day Of Reckoning
  10. C.O.T.L.O.D.
  11. Raging Waters
  12. Disciples Of The Watch
  13. Over The Wall
  14. Into The Pit

Black Metal hingegen ist auf dem BRUTAL ASSAULT 2024 weiterhin ein rares Gut – umso mehr dürften Genre-Fans dem Auftritt von SATYRICON entgegengefiebert haben. Immerhin war die Band seit 2019 nicht mehr live aktiv. Die Rückkehr gelingt fulminant: Zwar irritieren ein paar völlig überflüssige Gimmicks wie die etwa fünf Sekunden lang geschwenkte Flagge mit einem invertierten Kreuz, Satyrs etwas peinliche Wandlung zum Kutten-Metaller im Runenstein-Look oder seine Aufforderung zum Moshen (“Make Moshpit great again!”), die allesamt nicht ganz mit dem zusammengehen, wofür SATYRICON viele Jahre lang standen. Blendet man derlei Oberflächlichkeiten jedoch aus, kann man ohne Übertreibung von der wohl besten SATYRICON-Show sprechen, die die Festung Josefov je zu hören bekommen hat.

Kraftvoll schallen Hits wie “Now, Diabolical”, “Fuel For Hatred” oder “Repined Bastard Nation” aus den Boxen. Beim epischen “Mother North” ist Gänsehaut angesagt – nicht zuletzt, weil den Refrain so ziemlich jeder Fan im restlos vollen Infield inbrünstig mitsingt. Und weil sich SATYRICON mit der Länge ihres Sets etwas verrechnet haben, gibt es spontan noch “Hvite Krists Død” als Zugabe obendrein – ein richtiger Oldie von “The Shadowthrone”, den man seit fast zehn Jahren nicht mehr live zu hören bekommen hat. Stark! [MG]

  1. To Your Brethren In The Dark
  2. Forhekset
  3. Now, Diabolical
  4. Black Crow On A Tombstone
  5. Deep Calleth Upon Deep
  6. Repined Bastard Nation
  7. The Pentagram Burns
  8. Fuel For Hatred
  9. Mother North
  10. K.I.N.G.
  11. Hvite Krists Død

Nach so viel Atmosphäre kann man eigentlich nur noch mit roher Gewalt bestehen – und genau diesen Weg schlagen VOMITORY dann auch ein: Mit der geballten Kraft ihres Oldschool Death Metals prügeln die Schweden die letzten Energiereserven aus dem vom langen Tag sichtlich erschöpften Publikum heraus. VOMITORY selbst scheinen jedenfalls voller Elan: Wie schon Satyricon zuvor sind auch sie zu früh fertig (“We played the set too fast, we have to improvise”) – statt zu früh aufzuhören, hängen die Schweden kurzerhand noch einen Song dran. Viel geht stimmungsmäßig zwar spätestens zum Ende hin nicht mehr, aber allein die Tatsache, dass um 1:30 Uhr noch so viele Fans vor der Bühne stehen, spricht sehr für die Band. Ein gelungener Abschluss des Hauptbühnen-Programms! [MG]

Nebenbühnen-Exkurs (Donnerstag)

Ein Black-Thrash-Schmankerl gibt es im Octagon: BEWITCHED, die nach 13 Jahren Live-Abstinenz 2020 wieder aktiv wurden und seitdem nur eine Handvoll Shows gespielt haben. Dass das dem Ruf der Kultband um Naglfar-Gitarrist Vargher keineswegs geschadet hat, zeigt sich schon am Publikumsinteresse: Der Innenhof ist gesteckt voll, und sogar in den angrenzenden Festungsgängen stehen die Fans dicht gedrängt. Dass ihr Equipment den Flieger nicht erwischt hat, lassen sich die Schweden zu keiner Sekunde anmerken: Auch auf geliehenen Instrumenten zünden sie ein Riff-Feuerwerk, das schnell zu einem Moshpit führt, der bis zum finalen “Hard As Steel, Hot As Hell” tobt. Dieser Gig wäre der Obscure-Stage würdig gewesen – intimer war die Show aber natürlich im Octagon. [MG]

Auf der Obscure-Stage dürfen um 20:40 Uhr die Ukrainer von 1914 ran. Was ihr vergleichsweise stumpfer Black-Death stimmungsmäßig nicht vermag, kompensiert Fronter Dmytro Ternushchak durch seine Ansagen, in denen er immer wieder den Krieg in seiner Heimat ins Gedächtnis ruft und sich beim tschechischen Staat für die massive Unterstützung bedankt. Dass er zwischenzeitig ins Publikum geht, ist hier leider nur für die direkt umstehenden Fans ein Erlebnis – nicht zuletzt, weil die Kameraleute sich auf die Musiker auf der Bühne konzentrieren. Doch auch, wenn 1914 heute musikalisch nicht mitreißen, bekommt ihre Message völlig zu Recht massiven Applaus: “Fuck wars. Fuck imperialism. Fuck Putin.” Amen. [MG]

Wären BARONESS vor einigen Jahren vermutlich noch besser auf der Hauptbühne aufgehoben gewesen, spielt die Band aus Savannah, Georgia, heute “nurmehr” auf der Obscure Stage. Das hindert sie allerdings nicht daran, ein fabelhaftes Set abzuliefern, das zwischen Stoner Rock, Progressive Rock und Sludge changiert. Abgerundet wird das Ganze durch eine tolle Lichtshow, die farblich die jeweiligen Alben der dargebotenen Songs ankündigt, reichlich Tribal-Drumming und wuchtigen Sound. Da auf der Mainstage der Auftritt von Satyricon beginnt, dünnt sich das Publikum mit der Zeit zwar merklich aus – BARONESS lassen sich davon jedoch nicht stören und nehmen auch ihre Rolle auf diesem Extreme-Metal-Festival mit Humor: “We are the most brutal, nihilistic, disgusting band on this festival.” Das Augenzwinkern von Sänger John Baizley ist hinter der Sonnenbrille, die er trotz Dunkelheit trägt, zwar nicht zu sehen – das Grinsen in seinem Gesicht aber dafür umso mehr. [BL]

  1. Last Word
  2. Under The Wheel
  3. A Horse Called Golgotha
  4. March To The Sea
  5. Tourniquet (Extended Outro)
  6. Beneath The Rose
  7. Shock Me
  8. Chlorine & Wine
  9. The Sweetest Curse
  10. Take My Bones Away

In Sachen Slot richtig Pech haben die Black-Metaller TULUS im Octagon: „Youre missing Testament, guys!“ bemerkt Sänger Blodstrup  selbstironisch während des Soundchecks – mehr noch schmerzt die bei so wenig Black Metal eigentlich vermeidbare Überschneidung mit Satyricon in der zweiten Set-Hälfte. Trotz einer groovigen Performance mit erfrischend wenig Trveness-Faktor und dafür viel Humor leert sich das eh schon eher luftig besetzte Octagon merklich, je näher der Auftritt von Satyricon auf der Mainstage rückt. So richtig Atmosphäre kommt allerdings auch davor nicht auf – vornehmlich, weil das Bühnenlicht in etwa so stimmungsvoll ist wie das Bild eines Dreijährigen, der eben einen neuen Malkasten geschenkt bekommen hat. Ein kleiner Trost: Mit KHOLD bekommen Sarke und Blodstrup (alias Gard) am Folgetag noch eine zweite Chance. [MG]

>> Lies hier TEIL 2 …

… unter anderem mit LEFT TO DIE, ARCHITECTS und LAIBACH (Freitag), EMPEROR, THE DILLINGER ESCAPE PLAN und BEHEMOTH (Samstag) sowie unserem abschließenden Fazit!

Brutal Assault Open Air 2024 – Teil 2

Publiziert am von , und Marius Mutz

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