Konzertbericht: Bohren & Der Club Of Gore

05.11.2014 Nürnberg, Künstlerhaus (Festsaal)

Wo Krawatten- auf Kuttenträger, Wein- auf Club-Mate-Trinker und schwarze Lackschuhe auf rote Gummistiefel treffen, können BOHREN & DER CLUB OF GORE nicht weit sein. Wie kaum eine andere Band vereint das Doom-Jazz-Quartett Musikliebhaber aus verschiedensten Lagern zu einer bisweilen skurrilen Fangemeinschaft. Sogesehen ist es also eine völlig gewöhnliche Ansammlung mehr oder weniger extravaganter Gestalten, die sich an einem verregneten Mittwochabend im Nürnberger Künstlerhaus eingefunden hat, um dem Auftritt beizuwohnen.

Bohren logo

Die Teilbestuhlung der Halle dürfte all jenen, die BOHREN bislang nur von CD kennen, die letzte Gewissheit geben, wie der Abend verlaufen wird: ruhig. Wenn man nämlich von einer Band behaupten kann, dass sie Ruhe bei ihren Konzerten geradezu zelebriert, dann ist es das Quartett aus Nordrhein-Westphalen. Auf einer Bühne, die, in Nebelschwaden gehüllt, einzig von dem beleuchteten Bandlogo auf dem (beeindruckend großen) Bassdrum-Fell und je einer dezenten Stehlampe bei jedem Musiker beleuchtet wird, legen BOHREN & DER CLUB OF GORE nicht die große Show, sondern schlichtweg einen perfekten Auftritt hin. Kraftvoll und düster schweben die wenigen, aber ausdrucksstarken Töne von Songs wie „Im Rauch“, „Fahr zur Hölle“ oder „Komm zurück zu mir“ wie in Slow-Motion durch den Raum. Für Abwechslung sorgt die Instrumentierung: Die Basis aus Schlagzeug und Kontrabass bereichern BOHREN & DER CLUB OF GORE nach Bedarf um Xylophon, Piano, Gitarre oder Saxophon, wobei gerade Letzteres durch die melancholische, aber doch impulsive Spielweise Akzente setzt.

unnamed1In erfrischendem Kontrast zu den schweren Klängen stehen die Ansagen von Christoph Clöser. Mit einem Humor, so trocken wie die kunstnebelgeschwängerte Luft, lockert er immer wieder die Stimmung: „Unrasiert“ wird Freunden sauberer Erotik empfohlen, die Zugabe schon vor dem letzten Song angekündigt und damit als Konzept der Lächerlichkeit preisgegeben und der schon für sich genommen etwas skurrile Zwischenruf „Ich bleib‘ sowieso bis zum Ende!“ mit einem schlagfertigen „Clubberer …“ bedacht. Nicht zuletzt dank dieses Kontrastes zwischen schwermütiger Musik und Ironie gelingt es BOHREN, die beeindruckende Atmosphäre ihrer Stücke auch live über 80 Minuten hinweg aufrecht zu erhalten.

Das Publikum honoriert diese Leistung zwar mit reichlich Applaus – der Respekt vor der Band lässt dennoch zu wünschen übrig: Während es beispielsweise im Kino in der Regel für niemanden ein Problem darstellt, pünktlich zu Beginn seinen Platz einzunehmen und über 90 oder mehr Minuten still zu sitzen, ohne in dieser Zeit Flüssigkeiten nachgießen oder absondern zu können, scheint genau das heute (für Kravatten- wie Kuttenträger gleichermaßen) ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. So sind, nicht zuletzt auch der unzähligen Zuspätkommer wegen, die Momente, in denen sich einmal niemand auf dem Weg nach draußen oder zurück zu seinem Platz durch die Dunkelheit irrt, eher rar gesät. Mag die einzelne Störung auch nur Sekunden andauern, ist es am Ende die Summe dieser Ungehörigkeiten, die die ansonsten einzigartige Stimmung doch empfindlich stört.

Setlist BOHREN & DER CLUB OF GORE:
01. Im Rauch
Bohren & Der Club Of Gore - Piano Nights02. Bei rosarotem Licht
03. Fahr zur Hölle
04. Irrwege
05. Ganz leise kommt die Nacht
06. Segeln ohne Wind
07. Unrasiert
08. Verloren (alles)
09. Komm zurück zu mir

10. Karin
11. Destroying Angels

Das Publikum kann man sich leider nicht aussuchen – die Band hingegen schon. Und hier sind BOHREN & DER CLUB OF GORE auch heute wieder die perfekte Wahl für kurzweilige Abendunterhaltung. Mit ihrem einzigartigen Stil in Musik und Darbietung bietet die Band aus Mühlheim an der Ruhr ein einzigartiges Live-Erlebnis für alle Liebhaber extavaganter, atmosphärischer Klänge. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Auftritte von BOHREN einen gewissen Seltenheitswert haben, sollte man sich ein Konzert der Band nicht entgehen lassen.

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