Konzertbericht: Behemoth w/ Satyricon, Rotting Christ

05.04.2025 München, Zenith

„The Unholy Trinity“– selten war ein Tour-Name passender als bei dem Package aus BEHEMOTH, SATYRICON und ROTTING CHRIST. Denn natürlich sind BEHEMOTH klar die „größte“ Band im Bunde – doch alle drei haben die Szene seit über 30 Jahren entscheidend geprägt.

ROTTING CHRIST im April 2025 in MünchenEine Vorband im klassischen Sinne eines unbekannteren Newcomer-Acts gibt es hier deswegen nicht – tatsächlich sind ROTTING CHRIST, die den Abend um kurz vor 19:00 Uhr eröffnen, sogar die dienstälteste Band im Billing. Vorband-typisch sind nur die Umstände der Show: Die durch die Aufbauten der anderen Bands deutlich verkleinerte Bühne, die geringe Lautstärke bei durchwachsenem Sound und obendrein das Pech, dass das Intro mehrfach hängen bleibt, was im wahrsten Sinne des Wortes für einen holprigen Start sorgt. Im Rahmen der Möglichkeiten liefern die Brüder Sakis und Themis Tolis und ihre beiden Mitstreiter dann aber die bestmögliche Show.

ROTTING CHRIST im April 2025 in MünchenMit vier Hits von „Kata Ton Daimona Eautou“ sowie einer guten Auswahl aus älteren und neueren Songs vermitteln ROTTING CHRIST allen, die sie noch nicht kennen, ein gutes Bild ihres Werkes. Das so engagierte wie sympathische Auftreten der Griechen wiederum unterstreicht einmal mehr, warum ROTTING CHRIST zu den besten Live-Acts im Extreme-Metal-Sektor zählen. So macht der Auftritt schlussendlich vor allem Lust auf mehr: ROTTING CHRIST machen das Beste aus suboptimalen Rahmenbedingungen und empfehlen sich für ihre nächste eigene Tour, auf der sie, dem Zuspruch des Publikums nach zu urteilen, einige neue Fans begrüßen dürfen werden.

  1. 666
  2. P’unchaw kachun – Tuta kachun
  3. Fire, God And Fear
  4. Kata Ton Daimona Eaytoy
  5. Elthe Kyrie
  6. Like Father, Like Son
  7. Non Serviam
  8. Societas Satanas (Thou-Art-Lord-Cover)
  9. Grandis Spiritus Diavolos

Um 20:00 Uhr ist es Zeit für die Band, die auch als heimlicher Headliner der Tour gehandelt wurde: SATYRICON. Volle acht Jahre ist es her, dass Satyr, Frost und Konsorten eine Hallen-Tour gespielt haben. Entsprechend groß ist der Jubel, als SATYRICON mit „Now, Diabolical“ direkt einen ihrer größten Hits abfeuern. Dass die Norweger – anders als noch am Vortag in Wien – den „Volcano“-Kracher „Repined Bastard Nation“ nachlegen, ehe es mit „Black Crow On A Tombstone“ weitergeht, ist als Einstieg in die Show kaum zu überbieten. Doch ist die erste Euphorie verflogen, setzt leider etwas Ernüchterung ein: Getreu dem Motto „Stark angefangen, stark nachgelassen“ geht es mit einem zähen Trio von „Deep Calleth Upon Deep“ weiter, das leider nicht Ansatzweise mit dem Einstieg mithalten kann – ehe es im letzten Drittel musikalisch wieder richtig stark wird. So ganz kommt die Stimmung danach – trotz des lautstark mitgesungenen Chors beim obligatorischen „Nemesis Divina“-Hit „Mother North“– nicht mehr an die zu Beginn der Show heran.

Neben dem Einbruch in der Spannungskurve ist das auch dem Setting zuzuschreiben: Deutlicher als erwartet wurden SATYRICON nämlich zur Vorband degradiert: Auch die Norweger dürfen die Sound-Anlage des Zenith nicht voll ausfahren, sondern müssen sich mit gedrosselter Lautstärke zufriedengeben. Die Lichtshow wirkt eher wie ein Preset als tatsächlich auf die Darbietung abgestimmt. Und auch die Spielzeit von gerade einmal 60 Minuten ist etwas dürftig. Aber SATYRICON erheben mit ihrer Performance auch nicht eben Anspruch darauf, neben Behemoth zu bestehen: Während sich die Saiteninstrumentalisten kräftig ins Zeug laufen, wirkt Satyrs abgeklärte Art heute doch eher lustlos. Von der eiskalten Aura, die den Mann früher umgab, ist nichts mehr übrig, seit er in Hoodies oder Kutten den Metal-Daddy mimt und in seinen Ansagen großväterlich von den good old times erzählt.

  1. Now, Diabolical
  2. Repined Bastard Nation
  3. Black Crow On A Tombstone
  4. Deep Calleth Upon Deep
  5. Black Wings And Withering Gloom
  6. To Your Brethren In The Dark
  7. The Pentagram Burns
  8. Mother North
  9. K.I.N.G.

BEHEMOTH im April 2025 in MünchenFür hinreichenden Kontrast schon von den Rahmenbedingungen her ist also gesorgt, als um 21:30 Uhr BEHEMOTH ihre Show starten – denn „Show“ ist hier im wortwörtlichen Sinne gemeint: Wie keine andere Band aus dem Black Metal haben die Polen ihre Konzerte zu Darbietungen für Ohr und Auge gemacht. Die schiere Zahl an Show-Elementen, von verschiedenen Kostümen über Blut und Feuer, Masken und perfekt auf die Darbietung abgestimmte Ausleuchtung ist beeindruckend. Raum für Spontaneität bleibt im Kontext einer so penibel durchgeplanten Choreografie natürlich kaum noch, und inwiefern derartiges Brimborium bis hin zum Konfettiregen noch „Black Metal“ sind, ist sicherlich diskutabel. Außer Zweifel aber steht, dass BEHEMOTH mit dieser fulminanten Inszenierung beeindruckende, cineastische Bilder erschaffen. Warum allerdings mit „Bartzabel“ und „Wolves Ov Siberia“ gleich zwei Songs hinter dem abermals herabgelassenen Vorhang gespielt werden, bleibt ein Geheimnis der Band – als „Special Effect“ geht diese Idee jedenfalls nicht auf.

BEHEMOTH im April 2025 in MünchenDavon abgesehen erfüllt die Show alle Erwartungen. Das liegt auch daran, dass man jedem einzelnen des Quartettes, trotz all des Spektakels, die Hingabe anmerkt, mit der er bei der Sache ist. Die Energie, die neben Nergal auch Orion, Seth und Inferno in die Songs stecken, überträgt sich quasi zwangsläufig auf das Publikum. Auch die Songauswahl überzeugt: Wäre es bei einer Band, die sich aus dem Black-Metal-Underground so weit in den „Metal-Mainstream“ gespielt hat wie BEHEMOTH absolut verständlich, wenn das Frühwerk keine weitere Beachtung fände, bieten die Polen eine eindrucksvolle Werksschau, in der auch Alben wie „Satanica“ oder „Thelema.6“ Erwähnung finden. Das kommende Album „The Shit Ov God“ wiederum spielt mit nur zwei Songs eine eher untergeordnete Rolle. Als an Epik kaum zu überbietender Abschluss des Abends macht „O Father O Satan O Sun!“ dann die 75 Minuten voll.

  1. The Shadow Elite
  2. Ora Pro Nobis Lucifer
  3. Demigod
  4. The Shit Ov God
  5. Conquer All
  6. Blow Your Trumpets Gabriel
  7. Ov Fire And The Void
  8. Christgrinding Avenue
  9. Bartzabel
  10. Solve
  11. Wolves Ov Siberia
  12. Once Upon A Pale Horse
  13. Christians To The Lions
  14. Cursed Angel Of Doom
  15. Chant For Eschaton 2000
  16. O Father O Satan O Sun!

Mit Black Metal als hasserfüllter Underground-Musik hat dieser Konzertabend für 66 € in einer 6.000er-Halle natürlich nichts mehr gemein – wenn man ehrlich ist, sind aber auch alle drei beteiligten Bands dieser Schublade längst aus unterschiedlichsten Gründen entstiegen: Während ROTTING CHRIST seit Jahren abseits der Songtexte allen Klischees entsagt haben und SATYRICON seit der Rückkehr vom Black ’n‘ Roll zu klassischerem Black Metal ihre Rolle suchen, sind BEHEMOTH als kommerziell erfolgreiche Shootings-Stars der Szene sowieso längst „untrue“.

Vergessen wird dabei oft, wie wenig die Polen dabei musikalisch von ihrem Weg abgewichen sind. Das wird auch heute wieder deutlich: Bei aller Show ist die Musik von BEHEMOTH nach wie vor uneingeschränkt extrem. Schade ist gerade in diesem Kontext, dass trotz der postulierten „Trinity“ solche Unterschiede in Sachen Lautstärke und Setlänge gemacht werden: Diese Art von Rockstar-Gehabe sollten BEHEMOTH als Headliner in diesem Setting eigentlich nicht nötig haben. Und auch die Merchandise-Preise von 45 € pro Shirt fühlen sich bei diesen Bands nochmal unangemessener an als in anderen Genres.

Am Ende ist es aber vor allem beeindruckend, zu sehen, wo diese drei Bands heute stehen: Zwar ist das Zenith höchstens halb voll – trotzdem ist es ohne Zweifel die größte Black-Metal-Show, die München je gesehen hat. Wenn Satyr also in einer seiner Ansagen an die Tape-Trading-Zeiten Anfang der 1990er-Jahre erinnert, mag das gerade für jüngere Fans nach „Opa erzählt vom Krieg“ klingen – und setzt den Abend doch in die richtigen Relationen: Dass eine solche Show je möglich sein würde, war tatsächlich nicht nur vor Jahrzehnten, sondern noch vor wenigen Jahren nicht absehbar.

BEHEMOTH im April 2025 in München

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