Konzertbericht: Architects w/ Beartooth, Polaris

06.02.2019 Zenith, München

Zweieinhalb Jahre ist es nun her, dass Tom Searle, Gitarrist und Mastermind von ARCHITECTS, an seiner Krebserkrankung verstarb. Nach einer kurzen Pause standen die verbliebenen vier Mannen um Sänger Sam Carter und Toms Bruder Dan Searle am Schlagzeug wieder auf der Bühne. Unterstützt wurden sie dabei von Sylosis-Gitarrist Josh Middleton, der in der Zwischenzeit zum festen Bandmitglied aufgestiegen ist. Im November letzten Jahres veröffentlichten sie ihr Comeback-Album „Holy Hell“, das von ihren Anhängern zwar bedingungslos gefeiert wurde, jedoch auch Kritik erntete. Um das Werk ausgiebig live zu präsentieren, sind die Engländer auf ihrer bis dato größten Headliner-Tour. Mit dabei sind niemand Geringeres als die Amerikaner BEARTOOTH und die australischen Senkrechtstarter POLARIS. Dass so ein Package jeden Metalcore-Jünger anzieht, steht außer Frage. So konnten sich die Bands auch im Münchener Zenith über eine sehr gut gefüllte Halle freuen.

Um Punkt 19:00 Uhr kommen die Progressive-Metalcoreler POLARIS auf die Bühne. Es dauert keine 30 Sekunden, bis sich unter den zahlreichen Zuschauern der erste kleine Pit bildet. Den haben sich die Australier um Frontmann Jamie Hails auch absolut verdient: Mit ihrer energiegeladenen Show, einer abwechslungsreichen Setlist und ihrer sympathischen Art können die Jungs das Publikum direkt für sich gewinnen. Sei es das groovige „The Remedy“, das ruhigere „Dusk To Day“ oder die Hymne „Crooked Path“: POLARIS sind an diesem Mittwoch in Bestform und werden gegen Ende auch mit einer für einen Opener beachtlichen Wall Of Death beschenkt. Schade, dass die fünf Herren bereits nach 30 Minuten das Parkett wieder räumen müssen, denn das war ein überragender Beginn des Konzertabends.

  1. The Remedy
  2.  Casualty
  3.  Dusk To Day
  4.  Crooked Path
  5.  Consume
  6.  Lucid

Als zweite Band des Abends sind die Amerikaner BEARTOOTH dran. Ihr teilweise poppiger Nu-Metal passt zwar nicht zwingend zu den anderen beiden Bands, dennoch sind ausreichend Fans der Band anwesend, um auch hier für gute Stimmung zu sorgen: Von Beginn an herrscht im Publikum Bewegung und die Menge schreit textsicher die Refrains mit. Leider kommt der vorne gut abgemischte Sound nicht bis zu den hinteren Reihen durch, was ohne Verschulden der Band die Qualität des Auftritts etwas senkt. Ebenso stellt sich die Frage der Notwendigkeit eines Drum Solos, wenn man nur 45 Minuten Spielzeit hat. Spätestens beim Gassenhauer „In Between“ ist dies aber vergessen. Alles in allem liefern BEARTOOTH einen soliden Auftritt ab, der jedoch nicht an die Qualität der Show von POLARIS heranreicht.

  1.  Bad Listener
  2.  Aggressive
  3.  Hated
  4.  Drum Solo
  5.  Manipulation
  6.  You Never Know
  7.  In Between
  8.  Body Bag
  9.  Disease

Um 21:00 Uhr ist es nun Zeit für die Band, wegen der der Großteil der Besucher heute anwesend ist: ARCHITECTS. Los geht es mit „Death Is Not Defeat“, dem Opener des neuen Albums. Bereits bevor der erste Akkord verklungen ist, bildet sich ein Moshpit, in den fast die gesamte vordere Hälfte des Zenith eingebunden ist. Was sofort auffällt, sind die tolle Lichtshow und die ansprechenden Visualizer im Hintergrund, die anstatt eines normalen Backdrops für Atmosphäre sorgen. Nach dem ebenfalls neuen „Modern Misery“ packen die Briten mit „Nihilist“ bereits ihren wohl besten Live-Song aus, der selbst den letzten angewurzelten Zuschauer mitreißt.

Insgesamt dominieren die Lieder von „Holy Hell“ (es sind acht an der Zahl) – wie es sich für eine Album-Release-Tour eben gehört. Für die restlichen Songs bedienen sich die fünf Mannen aus dem mit den beiden Vorgängeralben „All Our Gods Have Abandoned Us“ und „Lost Forever // Lost Together“ geschaffenen Repertoire. Einzig mit „These Colours Don’t Run“ blicken ARCHITECTS noch weiter in die Vergangenheit. Dies ist für langjährige Fans einerseits schade, da die ersten vier Alben komplett außer Acht gelassen werden, andererseits aufgrund der Stiländerung ab „Daybreaker“ auch verständlich.

Positiv ist hervorzuheben, dass ARCHITECTS auf dieser Tour erstmalig ein Keyboard auf der Bühne haben, das von Bassist Adam Christianson gespielt wird. Schade ist hingegen, dass die sonst so spielfreudigen Herren bis auf Sänger Sam Carter sehr statisch, ja, fast etwas unmotiviert wirken – dass die Energie im Publikum dennoch über 90 Minuten auf höchstem Level gehalten wird, ist dem musikalisch und in Sachen Sound astreinen Auftritt zu verdanken. Dank einer Erinnerung an Tom Searle und der ihm gewidmeten Zugaben „Gone With The Wind“ und „Doomsday“ gibt es zum Abschluss noch einen emotionalen Höhepunkt.

  1.  Death Is Not Defeat
  2.  Modern Misery
  3.  Nihilist
  4.  Broken Cross
  5.  Holy Hell
  6.  Royal Beggars
  7.  Gravedigger
  8.  Mortal After All
  9.  Downfall
  10.  Naysayer
  11.  These Colours Don’t Run
  12.  A Match Made In Heaven
  13.  Hereafter
  14.  A Wasted Hymn
  15.  Memento Mori
    ___
  16.  Gone With The Wind
  17.  Doomsday

Das  Billing der „Holy-Hell“-Tour hält, was es verspricht – musikalisch hochwertigen Metalcore, der bei den zahlreichen Gästen von Beginn an überzeugt. Trotz zwischenzeitlicher, für das Zenith nicht untypischer Soundprobleme und einem überraschend festgewurzelten Headliner kann man auf einen sehr gelungenen Konzertabend zurückschauen: Tolle Lichtshows und Visualizer, eine ARCHITECTS-Setlist mit vielen neuen Songs sowie das makellose Spiel der Musiker sorgen trotz aller Kritik am Stageacting für einen starken Auftritt. Überraschungshighlight des Abends sind jedoch die hochgelobten Newcomer aus Sydney: POLARIS.

Publiziert am von Silas Dietrich

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