Konzertbericht: Apocalyptica w/ The Raven Age

08.10.2024 München, Tonhalle

28 Jahre sind eine verdammt lange Zeit: Viele Musiker:innen aus dem Club 27 wie Jimi Hendrix, Kurt Cobain oder Amy Winehouse sind nicht einmal so alt geworden. 28 Jahre hat es auch gedauert, bis APOCALYPTICA ihren Nachfolger von „Plays Metallica By Four Cellos“ veröffentlicht haben. Auf „Plays Metallica Vol. 2“ sind aus den vier Cellos drei geworden, alles andere folgt der bewährten Erfolgsformel. Das gilt auch für die Live-Adaption auf der aktuellen Tour quer durch Europa.

THE RAVEN AGE im März 2024 in München
THE RAVEN AGE im März 2024 in München

Mit dabei haben Apocalyptica ebenfalls THE RAVEN AGE. Ebenfalls? Ja, denn die Band um Gitarrist George Harris, Sohn von Iron-Maiden-Bassist Steve Harris, war in den letzten Monaten bereits als Support von Lord of the Lost und im Vorprogramm von Iron Maiden in München zu sehen. Erwartungsgemäß hat sich an der Darbietung in der kurzen Zeit wenig bis nichts geändert: Immer noch dominisieren die Stromgitarren und gemeinsam mit Sänger Matt James und Bassist Matt Cox legt Harris einen ambitionierten, wenngleich musikalisch unspektakulären Support-Gig hin. Dass THE RAVEN AGE auch mit ihrem modernen Sound das Rad nicht neu erfinden, wird besonders gegen Ende des rund 45-minütigen Sets immer deutlicher. Dafür geben sich die Musiker größte Mühe, die Fans mit ihrer Show zu unterhalten. Das gelingt allerdings auch nur teilweise.

APOCALYPTICA im Januar 2020 in München

Deutlich wacher wird die Menge in der sehr gut gefüllten Tonhalle, als APOCALYPTICA die Bühne betreten und mit „Enter Sandman“ als zweitem Song direkt eine ihrer bekanntesten Adaptionen zum Besten geben. Nach dem Ausstieg von Mirko Sirén treten die drei Finnen mit einem Ersatzmann am Schlagzeug auf, der sich optisch vom Rest der Band deutlich abhebt und durch sein präzises, wuchtiges Spiel für ein sattelfestes Fundament sorgt. Auf diesem Fundament können sich die Celli 90 Minuten lang austoben. Unterstützt wird dies durch eine fulminante, fast schon übertriebene Lichtshow, die die Bühne und die Musiker im besten Licht präsentiert, allerdings nichts für empfindliche Augen ist. Erwartungsgemäß funktionieren die größten Metallica-Hits wie „For Whom The Bell Tolls“ auch bei APOCALYPTICA am besten, wenngleich das Publikum nur in den weltbekannten Refrains wirklich stimmgewaltig zu hören ist.

APOCALYPTICA im Januar 2020 in München

Ansagen fernab der bekannten Standards gibt es nur eine: Vor „The Call Of Ktulu“ erzählt Eicca Toppinen davon, wie stolz es die Band macht, dass sie dafür die originalen Bass-Spuren des verstorbenen Cliff Burton verwenden dürfen. Er sei prägender für den Sound von Metallica gewesen als viele wüssten, so Eicca weiter. Dieser Moment wirkt tatsächlich so, als ob er den Musikern etwas bedeutet und erntet zurecht längeren Szenenapplaus. Direkt im Anschluss zählt „St. Anger“ zu den überraschenden Highlights des Abends, ehe im letzten Drittel mit „Nothing Else Matters“, „Seek And Destroy“ sowie „Master Of Puppets“ eben jene Stücke folgen, denen APOCALYPTICA ihre Karriere bzw. ihren Durchbruch maßgeblich verdanken. Diese Crossover-Nummern waren in den 90ern ihrer Zeit voraus und sind zweifellos zu zeitlosen Klassikern gewachsen für alle, die den Streicher-Sound mögen.

Nachdem die Band lange und ausführlich vorgestellt worden ist, füllen APOCALYPTICA ihre verbleibende Spielzeit mit dem gewöhnungsbedürftigen „One“, bei dem live die Stimme von James Hetfield vom Band eingespielt wird. Genau wie bei der Studioproduktion entpuppt sich eben jenes eher monotone Cover als größter Rohrkrepierer, da die gesamte Stimmung des Songs und vor allem dessen Intensität weitestgehend verlorengeht. Auch die Publikumsreaktionen fallen eher zurückhaltend aus.

Am Ende ist dies allerdings nur ein kleiner Schönheitsfleck an einem insgesamt musikalisch starken Abend, der hervorragend inszeniert ist. Naturgemmäß bleiben APOCALYPTICA limitiert in dem, was sie musikalisch bieten können, dennoch sind die Metallica-Songs im Cello-Gewand hörenswert und auch abwechlungsreich genug, um die rund 1,5 Stunden nie langatmig werden zu lassen.

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