Konzertbericht: Angantyr w/ BlackShore, Myrd & Absentia Lucis

2011-10-08 Hamburg, MarX

Unter schlechteren Vorzeichen kann eine Tour kaum starten. Nicht nur, dass eine der Gruppen (Soleil Gris, mit Ex-Helfahrt-Kopf Max Marquardt) aufgrund eines zerlegten Autos absagen musste. Nein, die Tatsache, dass BlackShore-Bassist In Vitro seit dem vergangenen Wochenende nach einem Arbeitsunfall im künstlichen Koma liegt, verpasst dem Eröffnungsabend der „Stormen fra nord“-Tour einen nicht nur für die Bandmitglieder eigenartigen Beigeschmack.

Im Gegensatz zum letzten Jahr, wo ein ähnliches Paket zusammen mit Taake nach Antifa-Protesten in Hamburg nicht auftreten konnte, verläuft aber soweit alles nach Plan. Eine lokale Vorband konnte aufgetrieben werden, und so stehen ABSENTIA LUCIS mit einem ihrer ersten Auftritte auf der kleinen MarX-Bühne. Die Hamburger Jungs machen ihr Ding – melodischer Black Metal – ganz ordentlich, auch wenn die junge Band bislang nicht gerade zu einem sehr charakteristischen Sound gefunden hat. Bühnenpräsenz oder gar Interaktion mit dem Publikum ist ebenfalls kaum vorhanden, und so bleibt einzig die Freude über ein solides Klangbild bei erstaunlich gutem Ton in der kleinen Markthalle.

Mit MYRD stehen wenig später weitaus erfahrenere Musiker auf der Bühne. Die Mischung aus Black’n’Roll mit etwas Melodie kann über weite Strecken gefallen, jedoch ist Bandkopf V(rede) ein ziemlich belangloser Sänger. Seinem Gekrächze fehlt der Tiefgang und Variation, die Songs sind auch nicht gerade auf Vokalkunst zugeschnitten. Der Showaspekt steht ganz schön im Vordergrund, denn V. ist oberkörperfrei, kräftig beschmiert und hat seine Arme (nach Selbstverletzung?) mit Bändern umwickelt. Er hofft, dass das Publikum keinen Spaß hat und leidet. Hach, das ist Attitüde! Nun denn, MYRD nehmen eine passable Rolle als „zweite Vorgruppe“ ein und bereiten den Weg für die beiden wesentlichen Attraktionen.

Tracklist Myrd:
Skyggerrigets væsner
De dødes sang
Skelleteret
Voldtaget på dødslejet
Forbandet fra fødsel
Ingenting
For fanden
Sjæleflugt
Eutanasi

Mit neuem Album im Gepäck spielen die Lübecker von BLACKSHORE nun zum Quasi-Heimspiel auf. Der Saal ist bestens gefüllt, als die ersten Töne erklingen. Legion von Frostbourne, der sich „in unglaublicher Zeit das Set eingeprügelt“ hat (O-Ton Band), hat zunächst In Vitros Platz eingenommen und wird für zwei Songs von Saxtorp von Myrd ersetzt.
Dass viele der Besucher wegen der Beinahe-Lokalmatadoren gekommen sind, wird schnell klar. Den Black’n’Rollern („We are BlackShore and we play rock’n’roll!“) weht eine Menge Sympathie entgegen, Songs wie „Bitchgrinding Metal“ oder der obligatorische „Are You Ready For Some Real German Ärger?“ werden vom MarX mitgegröhlt. BLACKSHORE sind zwar durch den Ausfall ihres Bassisten und die ungewisse Zukunft der ganzen Band merklich verunsichert, und tatsächlich ist der Gesamtsound nicht so sauber wie bei den vorherigen Gruppen. Dennoch liefern die Jungs eine rundum gelungene Show ab und sie beweisen, dass sie sich vor keiner Genregröße zu verstecken brauchen. Es ist zu hoffen, dass In Vitro bald wieder auf die Beine kommt!

Tracklist BlackShore:
Kaiserschnitt Replikant
Doomdriven Devils Of Death
Stalinorgel Terrorbeast
Rise Of The Nekrotyrant
Golem
Empire Of Ashes
Bitchgrinding Metal
Black Metal Untermensch
We Are Legion
Planet Ärger
Are You Ready For Some Real German Ärger?

Der zweite dänische Beitrag und Hauptact des Abends ist niemand anderes als die Gruppe um Ynleborgaz. Beinahe unvermittelt zeitig beginnen die Veteranen und lassen ihr schweres, melodisches Schwarzmetall auf die Anwesenden los. Leider ist auch hier der Sound nicht mehr das Gelbe vom Ei. So verkommt mein früh gespielter Lieblingssong „Sølverpilens kald“, der von einer Killer-Leadmelodie lebt, zu Brei. Die Lage bessert sich über das Set jedoch ein wenig, und vor allem ist es die Rhythmusfraktion, die bei ANGANTYR auf der Bühne den Ton angibt. Die so stumpfen wie effektiv-athmosphärischen Riffs werden von ebenso gnadenlos simplen Drums (an denen ein Uruk-Hai sitzt?) unterlegt, die an diesem Abend manchen Kopf vom Hals abschrauben wollen. Auf der Bühne bemüht sich Ynleborgaz kaum um Interaktion, dafür ist ja V(rede) von Myrd am Bass wieder da. Dieser übernimmt die Rolle als Pausenclown und post, was das Zeug hält.
Von alledem bekommt man weniger mit, wenn man entsprechend die Rübe kreisen lässt. Nach der ersten halben Stunde zeigen sich jedoch Abnutzungerscheinungen, da ANGANTYRs Sound nicht gerade für Variantenreichtum steht. Insgesamt gibt es rund eine Dreiviertelstunde plus eine weitere Viertelstunde Zugaben – weniger hätte es auch getan. Ähnlich sehen es auch die Besucher, von denen immer weniger im MarX stehen. Nun denn, die Musik der Dänen wirkt, aber rein qualitativ hätte man die beiden letzten Bands auch tauschen können.

Tracklist Angantyr:
Danermordet
Sølverpilens kald
Nattens kræfter
Endeløs
Ni lange nætter
Slettes skal mindet
Svig
Stormen fra nord
Den store krig
Hadets sorte flamme

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