Interview mit Niklas "Stålvind" Olsson von Wolf

WOLF haben mit ihrem aktuellen Album „Devil Seed“ einmal mehr bewiesen, dass man Old School sein kann, und trotzdem frische Ideen haben darf. Grund genug, sich mit Niklas in Verbindung zu setzen und ihn mit Fragen zu „Devil Seed“, der Bedeutung von „real Metal“ und der aktuellen Old-School-Welle zu fragen. Nebenbei erfahren wir noch, warum es sehr wohl true ist, Damenunterwäsche im Banddesign zu verkaufen.

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Hallo und vielen Dank für deine Zeit! Was ist bei euch im Moment los?
Proben, Planungen für die Tour und für andere Projekte und natürlich Tonnen von Interviews beantworten. Wir kümmern uns auch gerade darum, einen neuen Webshop aufzuziehen – es ist also eine Menge los. Gerade heute habe ich außerdem zwei neue Riffs aufgenommen, die sich in Wolf-Songs verwandeln könnten. Ich lege Wert darauf, die Kreativität aufrecht zu erhalten.

Vor ein paar Wochen habt ihr euer neues Album veröffentlicht, „Devil Seed“. Hast du es seitdem schon mal wieder gehört?
Nun, ich blicke nicht gerne zurück und höre unsere eigenes Zeug. Wenn ich mit einer Scheibe fertig bin, dann bin ich fertig damit. Aber für dieses Interview habe ich mal eine Ausnahme gemacht und es noch mal gehört. Ich hatte vorher gedacht, „Devil Seed“ kriegt 8.5 von 10 Punkten, aber jetzt, wo ich es noch einmal ganz gehört habe und es ja schon ein halbes Jahr her ist, dass ich daran gearbeitet habe, ist es doch eher eine 9 für mich. Ich bin sehr stolz auf das Album. Es fühlt sich wie ein Neustart für WOLF an, man könnte sogar sagen: wie eine neue Ära. Was ich höre, wenn ich das Album anschalte, sind vier Jungs, die einen Scheißdreck darauf geben, was gerade Trend ist – und sei es der Trend, wieder „Old School“ zu klingen! Je älter wir werden, desto weniger kümmern wir uns um so etwas und wir haben ganz bestimmt keine Angst davor, dass die Songs uns kontrollieren könnten – wir vertrauen dem Material. Wenn ein Song ein Xylophon verlangt („Skeleton Woman“), dann kriegt er eben eines. Wenn irgendjemand mit einem schwarzen „Diamond Head“- oder Tank-Shirt findet, das wäre nicht „true“ genug, dann interessiert uns das einen Dreck, so lange es für den Song die richtige Wahl war. Mann, das inspiriert mich gerade, an neuem Material zu arbeiten. Let there be Metal!

Wolf - NiklasSoweit ich das überblicken kann, habt ihr einige gute Reviews bekommen. Liest du die überhaupt?
Ich lese die Interviews. Manchmal will ich das gar nicht, aber ich kann mir da nicht helfen. Auf diesem Album war es mehr Spaß als sonst, denn wir haben einige fantastische Reviews bekommen. Das fühlt sich verdient an, nach der Menge an Arbeit, die wir darein gesteckt haben. Es macht mich glücklich, dass es den Menschen gefällt.

Ihr habt schon ein paar Shows gespielt, seit das Album erschienen ist. Welche Songs davon habt ihr denn live aufgeführt und warum genau diese?
„Overture in C Shark“ und „Shark Attack“ sind eine offensichtliche Wahl für den Anfang des Konzerts. Wir haben auch „Skeleton Woman“ und „Frozen“ gespielt, einfach weil wir glauben, dass sie gute Livesongs sind. Wir werden wohl versuchen, ein paar mehr „Devil Seed“-Songs live zu spielen. Einer, den ich wirklich mag, ist „River Everlost“.

Ihr habt dieses Mal mit Jens Bogren als Produzent zusammengearbeitet. Wie lief das und inwiefern war es anders als die Arbeit mit euren früheren Produzenten?
Der größte Unterschied war, dass wir vorher viel Arbeit in unseren eigenen Studios gemacht haben, also in den Viper Studios, die mir gehören, und in SolnaSound Recordings von Simon [Johansson, Gitarre]. So konnten wir freier arbeiten und mit mehr Zeit als sonst. Jens war die ganze Zeit mit uns in Kontakt und hat uns Input gegeben. Eine andere nette Sache war, dass Jens‘ Mixing-Studio nur eine halbe Stunde von mir entfernt liegt. Es war also ganz einfach, hinzufahren, Gesang aufzunehmen, dann wieder nach Hause zu kommen und am nächsten Tag wieder hinzufahren. Wir haben Jens deshalb ausgewählt, weil wir seine Mixing-Arbeit wirklich mögen, aber es hat auch nicht geschadet, dass wir so entspannt aufnehmen konnten. Es war ein großartiger Aufnahmeprozess.

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Gibt es eigentlich eine spezielle Inspiration für den Text von „Shark Attack“? Verrückterweise fällt mir kein anderer Metalsong über Haie ein…
Der ist tatsächlich über die Wahl des neuen Papstes. Ich habe die Idee bekommen, als ich davon gelesen habe, wie die Kardinäle sich alle in der Kirche im Vatikan einsperren und darüber kämpfen, wer der nächste Papst wird. Wir können uns nur vorstellen, was für unterschiedliche politische und ökonomische Interessen da drinnen gegeneinander geprallt sind. Ich hatte das alles im Kopf, als ich den Text geschrieben habe, aber eigentlich erzähle ich das dem Hörer nicht gerne. Der einzige Hinweis im Song selbst ist die Textzeile „slaughter in holy water“. Ich mag es, wenn die Menschen selbst über die Texte nachdenken und sie verstehen wollen. Für mich ist es das, worum es bei Kunst geht. Wenn man alles erklären muss, wird es langweilig.

Seit einigen Jahren ist „klassischer“ Heavy Metal wieder im Kommen. Was glaubst du, woran das liegt?
Ich glaube, daran dass es eine zeitlose Musik ist. Gute Songs sind schlicht gute Songs. Das hier mag gerade ein Trend sein, der vorübergeht, aber die Bands und ihre Alben werden bleiben. Manche sagen ja, dass wir es waren, die den Weg für diese „New Wave of Swedish Old School Bands“ bereitet hätten. Wenn das stimmt, wäre es lustig, weil wir in den späten Neunzigern, als wir angefangen haben, ausgelacht und getriezt wurden, weil wir angeblich so hoffnungslos hinter unserer Zeit zurück waren. Nun zeigt sich, dass wir ihr eigentlich voraus waren. Aber das alles ist bedeutungslos. Was dagegen zählt, ist, dass wir versuchen, gute Musik zu machen und dass unsere Fans das mögen.

Ihr sagt ja von euch selbst, dass ihr „real metal for true basterds“ spielt. Kannst du uns erklären, was „real metal“ für dich bedeutet?Wolf Hochkant 3
Dieses Statement war eine Reaktion auf die ganze Erfahrung in den Neunzigern. Wir fühlten uns damals wie Außenseiter. Ich konnte nichts anfangen mit der sterbenden Hair-Metal-Szene oder mit dem Grunge oder mit Nu Metal. Ich hörte immer noch meine alten Iron-Maiden-Sachen und die Menschen dachten, ich wäre geistig zurückgeblieben, wenn ich „The Number Of The Beast“ auf einer Party anmachte. Das ist komisch, wenn man von heute darauf zurückblickt. Aber wie ich sagte, es ist zeitlose Musik und niemand würde es heute komisch finden, wenn ich „The Number Of The Beast“ anmache, weil es eine tolle Scheibe ist. Kurz: „real metal“ ist die Musik, mit der ich aufgewachsen bin. Es ist die Musik, die wir schreiben, weil wir sie mögen, und nicht, weil sie gerade „in“ ist oder man Geld damit machen könnte.

Wie passt denn das Label „real metal“ damit zusammen, im Webshop Damenunterwäsche mit „Scratch Marks“ zu verkaufen?
Das machen wir, weil wir Gentlemen sind: Wir haben auch etwas für die Frauen! Oder dachtest du, die wären für Männer? Du kannst sie gerne tragen, wenn du willst, aber wir hatten eigentlich gedacht, dass Frauen das tun würden. Aber hey, jeder so wie er will!

Gibt es drei Alben der letzten Jahre, die du empfehlen würdest? Und gibt es welche, von denen du uns abraten würdest?
Ich würde niemals schlecht über die Arbeit anderer Musiker reden. Ein Album aber, dass ich euch unbedingt empfehlen würde, ist die neue Accept: „Blind Rage“. Unglaublich, wie die zurückgekommen sind und was sie für eine Kraft haben!

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Seit ein paar Wochen verkaufen WOLF ihren eigenen Absinth. Das ist eher ungewöhnlich, wie kam es denn dazu?
Die Idee kam vom Song „Absinthe“. Es fühlte sich danach einfach so nach WOLF an, das zu machen, wenn du verstehst. Es hat eine Weile gedauert, aber jetzt haben wir einen Absinth in Weltklasse, auf den wir wirklich stolz sein können. Es ist einer der besten der Welt, und deshalb ist er auch ein bisschen teurer, aber er ist sein Geld wirklich wert, wenn du auf Absinth stehst.

WOLF haben schon eine Menge Coversongs aufgenommen, die als Bonustracks veröffentlicht wurden. Das waren alles eher klassische Metalsongs. Könntest du dir auch vorstellen, mal einen Nicht-Metal-Song zu covern?
Absolut. Ein guter Song ist ein guter Song. Und Metal würde er ja schon alleine dadurch, dass wir ihn covern. Ich mag meinen Metal wirklich sehr, aber ich tendiere dazu, Musik nur in zwei Kategorien zu teilen: gute Musik und nicht so gute Musik. Ich schere mich nicht darum, wie sie genannt wird.

Wolf hochkant 2Wo siehst du WOLF in zehn Jahren?
Ganz klar auf der Bühne, mit Flying V, ohne T-Shirt, vermutlich mit weniger oder grauen Haaren und einigen neuen Falten. Wir haben nicht vor, aufzuhören. Wir machen das, weil wir die Musik lieben. Aber ich lebe im Hier und Jetzt, ich kann nicht versprechen, dass wir immer da sein werden. Wir wissen nichts über die Zukunft, aber ich weiß, dass ich für den Rest meines Lebens kreativ bleiben will.

Damit sind wir auch schon am Ende des Interviews. Ich würde gerne noch das Metal1.info-Brainstorming mit dir machen.
Power Metal: 16 Noten in allem außer dem Gesang.
Ukraine-Krise: „Surgeons Of Lobotomy“ [ein Songtitel vom aktuellen Album]
Bier in der Flasche oder in der Dose? Flasche! Ein kaltes Bier direkt aus der Flasche an einem warmen Sommertag – das ist es.
Nachtarbeit: Tod am Morgen. Ich stehe normalerweise früh auf, wenn die Familie noch schläft, und arbeite an neuen Songs. Aber wenn ich dann mal die Nacht im Viper-Studio durcharbeite, schlafe ich katastrophal und fühle mich am nächsten Tag wie überfahren. Das lohnt sich aber dennoch.

Vielen Dank für deine Zeit. Hast du noch etwas hinzuzufügen?
Danke für deine Zeit und dafür, dass du uns hilfst, den „Devil Seed“ zu verbreiten!

Publiziert am von Marc Lengowski

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