Interview mit Thomas Jensen von Wacken Open Air

Seit 30 Jahren ist das WACKEN OPEN AIR für unzählige Metalheads ein Fixpunkt im Kalender – doch dann kamen die Corona-Pandemie, das Großveranstaltungsverbot und die erste Totalabsage in der Geschichte des Festivals. Aber obwohl die Wiesen um das bekannteste Dorf Schleswig-Holsteins in diesem Jahr menschenleer bleiben werden, gibt es hinter den Kulissen allerhand zu tun: W:O:A-Mitbegründer Thomas Jensen erzählt, wo er den 30. Juli verbringen wird, welche Folgen die Krise für das Open Air hat und wie es nach der Corona-Krise weitergehen soll.

Ich habe gehört, dass die Publikumsmedien gerade bei euch für Interviews Schlange stehen. Freut dich das Interesse oder ärgert dich, dass dort ein abgesagtes WACKEN relevanter ist als ein gelungenes Festival?
Das Interesse am Festival ehrt uns natürlich, es wäre gelogen, wenn ich das nicht so sagen würde. Aber der Anlass ist natürlich alles andere als erfreulich. Trotzdem ist das für uns eine gute Möglichkeit, nochmal darauf hinzuweisen, dass jetzt Tickets getauscht werden können und gegenüber unseren Fans auszudrücken, wie scheiße die Situation ist. (lacht)

Kannst du dir vorstellen, welche Emotionen es in dir auslösen wird, wenn du am 30. Juli 2020 in Wacken über die Felder läufst und da steht keine Bühne, kein Infield, kein Campingplatz? Oder wirst du den Ort komplett meiden?
Wir sind am Überlegen, ob wir ihn tatsächlich meiden. „Keep the holy ground clean“ oder irgend so etwas. Ich glaube, es bringt nicht viel, wenn wir da auf dem Acker herumlaufen. Aber zumindest irgendwas Digitales werden wir an dem Wochenende machen. Wir arbeiten momentan an Ideen. Es sind auch ganz viele Ideen von Freunden und Fans des Festivals gekommen. Uns wird schon was einfallen, aber das kann natürlich alles kein Ersatz für das WACKEN OPEN AIR sein. Ich bin gespannt, was das mit meinem Biorhythmus macht … nach 30 Jahren bekommt man da wahrscheinlich Entzugserscheinungen oder etwas in die Richtung. Im Moment sind wir aber beschäftigt, insofern kann ich das noch ganz gut verdrängen. Was dann passiert, muss man schauen.

Die Krise zeigt, dass viele Branchen absolut nicht auf eine Zwangspause eingerichtet sind – Beispiel Bundesliga. Ist man als Veranstalter eher auf den Fall einer eventuellen Absage vorbereitet? Wetterbedingt musstet ihr ja etwa schon das Wacken Winter Nights absagen …
Ich weiß nicht, wie das bei anderen Veranstaltungen ist, aber uns ist immer bewusst gewesen, dass ein Outdoor-Festival von sehr vielen Faktoren abhängt, die man einfach nicht im Griff hat – sei es das Wetter oder vor ein paar Jahren die Terrorgefahr, die ja auch immer noch latent da ist. Wir haben in der Vergangenheit auch schon mit Viren und Krankheiten zu tun gehabt – es gab die Maul- und Klauenseuche, die Vogelgrippe … das sind ja auch alles Dinge, mit denen wir uns beschäftigt haben. Wir haben also beispielsweise schon viel Desinfektionsmittel auf Lager gehabt. Kurz vor dem Shutdown, als die große Händewasch-Arie losging, haben wir kleinere Veranstaltungen mit unseren Desinfektionsstationen unterstützt, die wir beim Festival einsetzen, damit die Crew und die Leute vom Catering sich die Hände desinfizieren können. Hygiene ist für uns latent immer ein Thema gewesen. Wir haben zunächst auch gedacht, dass wir für August noch eine Chance haben.

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Lass uns die Entwicklungen rekapitulieren: Wann hattest du die ersten Bedenken und wann war für euch klar, dass das W:O:A in diesem Jahr nicht stattfinden wird?
Die Hoffnung stirbt zuletzt, klar, aber schon Anfang März hat man gemerkt, dass es schwierig werden wird. Da habe ich im Kopf schon Szenarien durchgespielt, was man dann machen würde, und wir haben angefangen, im Team zu diskutieren, wie wir es mit den Tickets machen, ob man verschieben kann oder ob man absagen muss, oder wie es laufen könnte. Im Grunde hat es uns dann Planungssicherheit gebracht, dass so schnell eine Entscheidung getroffen wurde. Dadurch konnten wir reagieren und uns auf die Situation einstellen. Aber so richtig damit gerechnet hat am Anfang natürlich keiner.

Thomas Jensen, Mitbegründer des W:O:A © Ben Ochs / ICS Festival Service

Was waren dann die ersten Schritte, was macht man als Veranstalter als Erstes, wenn man weiß, dass das Festival nicht wie geplant stattfinden kann?
Erst einmal natürlich alle Planungen stoppen, alles runterfahren, Leute informieren, Künstler informieren. Dann haben Holger [Hübner, W:O:A-Mitbegründer – A. d. Red.] und ich zu zweit und anschließend zusammen mit dem Team überlegt, wie es weitergeht. Das läuft immer so, wenn es eine Krise gibt, das sind die normalen Schritte. Uns war wichtig, dass unsere Freunde und Fans früh wissen, was abgeht. Das hat eine Welle der Solidarität ausgelöst – was wir da an Zuschriften bekommen haben, hat uns echt Tränen in die Augen getrieben. Wie unsere Community hinter uns steht, macht uns stolz, aber berührt uns auch total. Das hatte Priorität, da wollten wir schnell etwas unternehmen.

Für die Sommerfestivals wie das WACKEN OPEN AIR kam das Großveranstaltungsverbot ja, wie du gerade gesagt hast, tatsächlich vergleichsweise frühzeitig. Hat das geholfen, Kosten zu sparen?
Das denke ich schon. Wir sind noch nicht mit dem ganzen Prozess durch – wie sich das konkret ausgewirkt hat, wird man erst im Januar, Februar, März sehen, wenn wir die Bilanzen machen. Aber wir haben relativ früh reagiert und das Team zum Teil ziemlich früh in Kurzarbeit geschickt. Wie alle Branchen summieren wir jetzt: Wie ist das Arbeitsaufkommen, was kann an Kosten eingespart werden? Das hilft natürlich beim Überleben.

Lässt sich das Ausmaß des entstandenen finanziellen Schadens bereits abschätzen?
Nein, aber das wird schon gravierend sein. Wir denken, dass wir da ganz gut durchkommen, aber Zahlen wären jetzt Spekulation.

Aber man muss nicht befürchten, dass das WACKEN OPEN AIR in seiner Existenz gefährdet ist?
In der Branche hat man immer ein hohes Risiko, schon das Wetter ist ja unberechenbar. Insofern sind wir mit den Rücklagen aus den letzten Jahren ganz gut aufgestellt. Auch mit den Hilfen wie dem Kurzarbeitergeld können wir relativ viel überbrücken. Dank der frühen Absage können wir zudem Vieles noch kostenfrei stornieren – das ist also nicht das Problem. Wir werden gut rauskommen und überleben, das kann ich allen versprechen. Aber wir müssen natürlich mit unseren Mitteln haushalten und sparen. Viele Fans haben Supporter-T-Shirts gekauft, das hilft auch. Natürlich werden auch wir Federn lassen müssen, wie alle. Aber durch unsere unwahrscheinlich treue Fangemeinde und dadurch, dass wir im Grunde seit Jahren auf einer Erfolgswelle schwimmen, kommen wir, glaube ich, ganz gut durch. Ich mache mir eher Sorgen um die kleineren Festivals, um die Dienstleister und um die Künstler.

© Christoph Ilius für Metal1.info

Für die bricht mit der Absage des WACKEN OPEN AIR natürlich ein riesiger Auftrag weg. Habt ihr Angst, dass langjährige Partner Pleite gehen und seht ihr euch hier in der Verantwortung, zu helfen – Verträge aus Solidarität etwa eben nicht zu stornieren oder finanziell auszuhelfen?
Da muss man im Einzelnen schauen, wie sich das jetzt entwickelt. Erst einmal müssen wir natürlich selbst sehen, dass wir irgendwie klarkommen. Ich denke, für die Dienstleister ist es aber auch einfach schon mal wichtig, Planungssicherheit zu haben. Die machen ja im Endeffekt dasselbe wie wir und setzen ihre Mitarbeiter auf Kurzarbeit. Schwieriger wird das für die Freien, die haben vermutlich wenig Rücklagen. Wir planen jetzt, mit welchen Szenarien wir eventuell umzugehen haben und dann muss man weitersehen.

Habt ihr im W:O:A-Team durch die Absage aktuell eher weniger zu tun, weil die konkreten Vorbereitungen wegfallen oder eher mehr, weil neue Anforderungen und Aufgaben dazugekommen sind?
Das kommt ganz auf die Abteilung an. So eine Ticketumtauschaktion zum Beispiel muss von der IT ja auch entsprechend umgesetzt werden. Da hat Ingo, der das bei uns macht, mit seinem Team Nachtschichten eingelegt. Einige arbeiten also gerade viel, andere haben fast nichts zu tun. Das ist eben so. Wie soll ich dem helfen? Oder wie sollen Lagermitarbeiter dem Programmierer helfen? Das ist einfach schwierig. Aber das ganze Team hält zusammen und wir machen das, was nötig ist.

Das Hellfest hat in einem langen Statement erklärt, wie groß ihre Probleme sind, Geld von der Versicherung zu bekommen – eventuell droht hier ein jahrelanger Rechtsstreit. Wie ist das WACKEN OPEN AIR dahingehend aufgestellt?
Wir haben auch diverse Versicherungen – da muss man jetzt mal schauen, wie das läuft, wir sind gerade mittendrin. Ich weiß nicht, wie das Hellfest das gehandhabt hat. Wenn die sich natürlich darauf verlassen haben beziehungsweise eine Zusage hatten, dann ist das natürlich bitter. Aber man muss schauen, wie der Schadensfall im Einzelnen aussieht. Das ist mit Versicherungen immer kompliziert.

© Rainer Hentschke für Metal1.info

Aber ihr seid auch gegen sowas versichert?
Wir haben da immer alles. Wir waren auch damals bei dem schweren Unwetter gegen Schäden versichert. Aber das muss man dann natürlich immer mit der Versicherung im Einzelnen abarbeiten: Was fällt darunter – was fällt nicht darunter.

Durch die Ticketübertragung ist das WACKEN OPEN AIR 2021 ja quasi jetzt schon ausverkauft. Ihr habt angekündigt, dass es trotzdem noch Tickets geben wird. Geht es da nur um zurückgegebene Kontingente oder wird die Gesamtbesucherzahl erhöht?
Im Moment wissen wir nicht, was wir noch verkaufen können. Aber es ist unwahrscheinlich, dass 100 % der Tickets umgetauscht werden. Das muss man jetzt erst einmal abwarten – der 20. Mai ist als Deadline gesetzt, danach prüfen wir das, dann werden noch Nachläufer kommen … und dann schauen wir und entscheiden, ob wir noch einen Vorverkauf machen. Wir haben große Wartelisten, da kann man sich auch jetzt noch eintragen. Vielleicht machen wir auch nur eine Verlosung. Aktuell sieht es jedenfalls nicht so aus, als ob wir große Kontingente hätten.


>> Hier findest du die Optionen zu Ticketrückgabe und -umtausch


Also geht es wirklich nur um zurückgegebene Tickets, die Besucherzahl wird nicht erhöht?
Nein, ich glaube, das hat wenig Sinn.

Wacken Open Air 2019
© Christoph Ilius für Metal1.info

Durch diese Ticketübertragung fällt aber auch die Möglichkeit der Preisanpassung für 2021 weg. Wird man sich bald auf einen Preissprung zur Kompensation der Verluste gefasst machen müssen?
Da muss man zu gegebener Zeit schauen. Wir hoffen, dass wir gut durchkommen. Wir haben teamintern lange diskutiert und ganz bewusst entschieden, dass für die Leute, die ein 2020er Ticket haben und dieses umtauschen, auf keinen Fall eine Erhöhung kommt. Jetzt zeigt sich, dass ein Großteil der Leute tatsächlich umtauscht. Das ist ein riesiger Vertrauensbeweis, wenn die Leute jetzt schon für 2021 ein Ticket nehmen. Ich glaube auch nicht, dass wir jetzt noch an der Preisschraube drehen, wenn noch ein Vorverkauf startet – viele Fans haben ja auch wirtschaftliche Probleme. Aber was wir genau machen … wir machen jetzt einfach eins nach dem anderen. Zum ersten Mal haben wir jetzt ja mehr Zeit. (lacht) Da darf man jetzt auch nicht in Panik verfallen.

Viele Veranstalter „kopieren“ ihr komplettes Billing ins nächste Jahr. In der Folge gibt es für zwei Saisons keine Festivalslots für frische Bands mit neuen Alben. Siehst du in diesem Stillstand eine Gefahr für die Szene?
Das ist ein Desaster! Den Bands fehlt, wie du sagst, ein Jahr, vielleicht kommt auch alles durcheinander. Einige gehen damit ganz gut um – ich habe von Leuten gehört, die gesagt haben, „scheißegal, gehe ich eben Spargel stechen, auch nicht so schlimm“, für andere ist das der totale Weltuntergang. Ich glaube, du musst das wegstecken wie der Boxer, der einmal auf die Bretter geht: wieder aufstehen und weitermachen! Das ist unser altes Credo.

Wie plant ihr da beim W:O:A – versucht ihr, das Billing zu retten oder fangt ihr bei null an?
Wir schauen gerade, wie es dahingehend aussieht. Ganz viele Bands stehen auch im nächsten Jahr zur Verfügung, das wissen wir. Genau wie das IT-Team arbeitet die Booking-Abteilung momentan mit Hochdruck, um das Billing zusammenzubauen. Aber unser Ziel ist nicht, das Billing von diesem Jahr eins zu eins ins nächste Jahr rüberzuretten. Bei so vielen Künstlern muss man eben sehen, was möglich ist. Da laufen die Verhandlungen gerade. Wir hoffen aber natürlich, dass wir ganz viele, die dieses Jahr hätten kommen sollen, im nächsten Jahr in Wacken begrüßen können. Aber da muss man schauen, was geht.

Wie stehst du generell zu alternativen Veranstaltungsideen, wie sie gerade auf verschiedenster Ebene umgesetzt werden – Streamkonzerte, Autokonzerte und was nicht gerade alles aufkommt?
Für uns hat die Umtauschaktion jetzt oberste Priorität. Wenn die durch ist, werden wir überlegen, was wir machen können, beispielsweise digital. Es war ja immer unsere Idee, mehr mit der Community im Netz zu machen. Wir müssen uns auch überlegen, was wir mit dem Metal Battle machen … das sind alles solche Geschichten. Aber an sich haben wir jetzt ja Zeit! So schlimm das alles ist – man muss das Positive sehen. Ich hoffe nur, dass die Live-Industrie sich erholt. Für uns ist Live-Musik das Nonplusultra! Ich habe mir ja nicht einen Beruf ausgesucht – Live-Konzerte sind unsere Leidenschaft! Das war die Motivation. Da muss man eben schauen, was möglich ist. Eine Idee sind Autokino-Konzerte, ja, das ist auch spannend – aber ich glaube nicht, dass das ein Ersatz für eine Metal-Show ist. Das kann man einmal machen, dann ist es aber auch wieder gut. Wir managen ja Hämatom, die machen jetzt in Düsseldorf die erste Geschichte in diese Richtung. Das hört sich auch tierisch geil an, die Band ist vor Ort, das ist ein richtiges Konzert … da wird also nicht nur ein Film gezeigt. Das finde ich spannend. Aber das ist kein Format für das WACKEN. Vielleicht machen wir irgendwas mit Autokinos, da könnte man eventuell unseren Film nochmal zeigen oder so. Aber das ist auch alles ein bisschen Beschäftigungstherapie.

Immerhin hat das WACKEN OPEN AIR als Metal-Festival in jedem Fall eine extrem loyale Szene hinter sich …
Klar! Wir brauchen jetzt Solidarität, wir müssen jetzt zusammenhalten. Jetzt sind wir eben auch mal die, die arg gebeutelt werden. Wir hoffen, dass wir da durchkommen, wir haben ein bisschen Rücklagen und versuchen mit den Ressourcen zu haushalten. Da muss man durch und die Krise als Chance begreifen, so abgedroschen das klingt. Wir haben ja auch Themen wie Nachhaltigkeit. Die können wir im Team jetzt hoffentlich besser aufarbeiten, als das sonst im Tagesgeschäft möglich ist – weil wir jetzt eben mehr Zeit haben. Da muss man schauen: Kann man die Zeit nutzen oder kommt noch was dazwischen? Und was passiert jetzt generell?

Ihr habt für 2021 auch schon ein neues Motto ausgerufen, und zwar „Horror“. Bezieht sich das auf die Bands oder das Drumherum auf dem Gelände?
Ich glaube, „Horror“ ist auf dem WACKEN OPEN AIR leichter umzusetzen als Inka- oder Maja-Kultur [Das W:O:A 2020 sollte ganz im Zeichen historischer Hochkulturen aus Amerika stehen – A. d. Red.]. Du brauchst dir ja nur die Bands von diesem Jahr anzuschauen, da sind viele dabei, die sich dafür top eignen. Ich fand das alte Thema eigentlich richtig gut, das mit dem Maja-Kalender war mal was richtig Neues. Aber ich weiß nicht, ob die Leute noch Bock drauf gehabt hätten, wenn wir das jetzt weiter über ein Jahr gestreckt hätten. Wir wollten auch jetzt in der Krise zeigen: Wir schauen nach vorne, das ist ein Neubeginn. Das „Horror“-Motto für 2021 stand eigentlich letztes Jahr im Herbst schon fest, als wir überlegt hatten, wie wir weitermachen. Da kann man sich gut dran abarbeiten. Es wird auch viel mit Filmthemen passieren und man kann viel mit Bands und Künstlern machen. Wir wollen da einfach total frei rangehen – nicht an geographische oder geschichtliche Aspekte gebunden. Deswegen „Horror“ … ich bin gespannt.

Welche Konsequenzen wird die Absage für eure Arbeit in der Zukunft haben – arbeitet ihr jetzt während und dann, soweit vorhersehbar, auch nach dieser Krise anders?
Wenn du mich vor einem Jahr gefragt hättest, hätte ich gesagt: Videokonferenzen? Total albern, braucht kein Mensch. Jetzt muss ich sagen, dass wir damit richtig gut arbeiten können. Wir haben richtig gute Workshops darüber gemacht, du kannst tolle Präsentationen darüber abfahren, ohne dich zu treffen. Wenn du mal überlegst, wie viele Ressourcen du da sparen kannst, wenn du nicht immer extra durch die Gegend eiern musst … und du siehst die Leute ja trotzdem. Klar, ich mag mein Gegenüber auch lieber vor mir haben, aber wenn man sich kennt, ist eine Videokonferenz kein schlechtes Tool, bevor ich drei Stunden nach Berlin fahre, ’ne Dreiviertelstunde was erzähle und dann wieder drei Stunden zurückfahre.

© Christoph Ilius für Metal1.info

Und plant man ein Mega-Event wie das WACKEN OPEN AIR mit den Erfahrungen aus dieser Krise und dem Wissen, dass Vergleichbares jederzeit wieder passieren könnte, künftig anders?
Das hoffe ich nicht. (lacht) Aber ich muss sagen: Theoretisch wussten wir das immer. Nur wahrhaben willst du es halt nicht. Theoretisch kannst du ja die schlimmsten Krankheiten bekommen, das muss ja jeder wissen. Aber wenn es dich dann wirklich trifft, dich selbst, dann ist es natürlich nochmal etwas ganz anderes.

Soweit an dieser Stelle schon eine Bewertung der Lage möglich ist: War die Reaktion der Politik auf die Pandemie deiner Ansicht nach richtig, obwohl ihr eben selbst davon getroffen wurdet?
Diese Absage war schon ein Schlag in die Magengrube, um bei der Boxerterminologie zu bleiben. Aber wir haben Verantwortung für unsere Künstler, unsere Mitarbeiter und unsere Fans. Aber auch wenn man sich die Resonanzen anschaut, die wir bekommen haben – sei es von euch, der Presse, oder sei es von den Fans oder den Künstlern – ich glaube, dass das zu dem Zeitpunkt alles richtig war. Ob das alles so richtig war, was die Experten gesagt haben, wenn wir in zwei Jahren auf diese Krise zurückblicken, weiß man jetzt natürlich nicht. Aber du musst ja in der Situation entscheiden. Was hinterher ist, steht auf einem anderen Blatt. Das sehen wir ja zurzeit auch in den ganzen Talkshows: Da sind ganz viele Schlaue, die jetzt wissen, was man im März hätte anders machen müssen. Die hätten sich mal im März melden sollen! Und wir haben alle einen Stimmzettel – dann hätte man eben anders wählen müssen. Ich bin eigentlich zufrieden, wie es hier in Deutschland gehandhabt wurde. Wir haben Möglichkeiten, ich kann Mitarbeiter auf Kurzarbeit setzen und die kriegen alle Geld … das ist in Iowa oder L.A. alles schlechter.

Dann bedanke ich mich herzlich für deine Zeit und die offenen Antworten!
Vielen Dank, ciao!


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Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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