Interview mit Christian Höll von Vinsta

Nachdem Opeth dem Death Metal mit „Heritage“ abgesagt haben, trauern viele Fans noch heute zeitlosen Meisterwerken wie „Still Life“ nach. Der Österreicher Christian Höll hat mit seinem Soloprojekt VINSTA nun für Abhilfe gesorgt: „Vinsta Wiads“ verbindet auf beeindruckend konsistente Weise ausgefeilten Prog-Death mit österreichischen Texten und Stilmitteln. Warum der Einzelgänger aus Salzburg im Dialekt seiner Heimat singt, was er von anderer österreichischer Musik hält und warum man ihn trotz aller Ähnlichkeiten zu Opeth nicht als Nachahmungstäter bezeichnen kann, erfahrt ihr im folgenden Interview.

Grüß dich! Danke sehr, dass wir mit dir dieses Interview führen können. Wie geht’s?
Servus, danke, ich kann mich keinesfalls beklagen. Es passieren gerade viele positive Dinge in meinem Leben. Ich habe gerade begonnen, mit VINSTA in die Öffentlichkeit zu treten und habe bis jetzt eigentlich schon viele schöne Reaktionen erhalten.

VINSTA – der Name passt natürlich zu düsterer Musik wie der deinen. Aber warum hast du dich gerade für dieses Wort entschieden?
Ich wollte bei der Namenssuche im Prinzip drei Kriterien erfüllen: Etwas Kurzes, etwas Fiktives und etwas mit Bezug zu meiner Herkunft. Abgeleitet von dem Wort „finster“ – bzw. „finsta“ im Dialekt – und mit einem schicken Rechtschreibfehler noch versehen, entstand dann das mehr oder weniger fiktive Wort „Vinsta“. Es gefiel mir sofort sehr gut und ist meiner Meinung auch recht eingängig und unterstreicht auch, wie du schon erwähnt hast, sehr gut das Düstere in der Musik.

Wie es der Name deines Projekts nahelegt, sind alle deine Texte in österreichischem Dialekt gehalten. Was ist der Grund dafür?
Richtigerweise gibt es nicht den österreichischen Dialekt, weil sie österreichweit einfach zu unterschiedlich sind. Der Dialekt, den ich für VINSTA verwende, kommt aus einer Salzburger Region. Ich finde, dass dieser gut zu Metal-Musik passt, da er durch eine recht weiche Aussprache gekennzeichnet ist, die man beim Singen passend in die Länge ziehen kann – also perfekt für düstere Growl-Passagen. Im Dialekt kann ich mich auch am besten ausdrücken. Die Texte und deren Inhalte wären sicher weniger authentisch, wenn ich z.B. auf Englisch singen würde. Außerdem finde ich ihn auch einfach schön. Ich nehme mir auch ab und zu die Zeit und suche nach Vokabeln und Redewendungen, die unsere Vorfahren benutzten und die mittlerweile leider immer mehr in Vergessenheit geraten. Es ist also in gewisser Form ein Kulturgut, das ich bewahren möchte.

Denkst du, dass dein Dialekt für manche befremdlich sein könnte und spielt das für dich eine Rolle?
Nicht nur für manche, sondern bestimmt für viele. Das habe ich mir natürlich durch den Kopf gehen lassen. Ich habe darum für das Booklet eine Übersetzung ins Englische erstellen lassen, damit sich Fans, die meinen Dialekt nicht verstehen, auch ein Bild darüber machen können, worum es sich bei der Reise durch „Vinsta Wiads“ handelt. Ich selbst habe die Erfahrung gemacht, dass ich (vor allem Metal-) Musik besonders spannend und interessant finde, wenn die Texte in der Muttersprache der Band verfasst werden. Meistens gibt es auch hier Übersetzungen und man kann sich lyrische Klarheit verschaffen. Unter anderem aus diesem Grund habe ich mich dafür entschieden, unseren Dialekt für VINSTA zu verwenden.

Hörst du auch Musik aus Österreich?
Selbstverständlich. Ich bin ein großer Fan vom alten Austropop, welcher fantastische Musiker wie Fendrich, Danzer, Hubert von Goisern oder STS hervorbrachte. Besonders von den letzten beiden konnte und kann ich mir viele Inspirationen für mein Projekt holen, obwohl diese eigentlich mit Metal nicht viel zu tun haben. Hubert von Goisern zeigte mir insbesondere, dass man sich mit der österreichischen Musikkultur keinesfalls verstecken darf, sondern dass es sehr viel Potential beinhaltet. Mit VINSTA versuche ich auch, diese etwas mehr in die Welt zu tragen, vielleicht jetzt noch nicht so ausgiebig, aber in Zukunft bestimmt immer mehr.

Deine Songs sind sehr stark an Opeth in ihrer mittleren Phase angelehnt, richtig? Was genau fasziniert dich an diesem speziellen Stil?
Es gibt bestimmt einige Merkmale, die ich mit VINSTA übernommen habe, aber eigentlich nie so richtig bewusst. Was wahrscheinlich am meisten ähnelt, ist der Kontrast zwischen dem Düsteren und dem Schönen. Dieses Wechselspiel passt gut zu meinem Konzept, darum habe ich es auch verwendet.

Es gibt ein paar Dinge, die dich von Opeth unterscheiden, zum Beispiel die Geigen und Blast-Beats. Trotzdem drängt sich der Vergleich geradezu auf. Denkst du nicht, dass dich da ein bisschen zu sehr an ihrem Sound orientierst?
Ich finde es heutzutage sehr schwierig, besonders als Metal-Band einen komplett unabhängigen Sound erzielen zu können. Hätte ich keine Merkmale von Opeth verwendet, würde ich als Neuling mit anderen großen Metal-Bands verglichen werden. Also betrachte ich dieses Thema eher gelassen. In gewisser Weise ehrt mich dieser Vergleich, doch beim Schaffen meiner Musik hätte ich nie bewusst darauf geachtet, genau so wie Opeth zu klingen. Das Konzept von „Vinsta Wiads“ befasst sich mit der Kombination von österreichischen Elementen und Death Metal. Und da gibt es dann halt Merkmale, die ähnlich wirken wie von anderen Metal-Größen. Mir ist wichtig, dass das Gesamtwerk schlüssig ist und dass es einfach passt. Mit „Vinsta Wiads“ habe ich mehr oder weniger ein Experiment gestartet und es befindet sich definitiv noch im Anfangsstadium.

Welche anderen Bands haben dich beeinflusst?
In früheren Jahren war ich großer Fan von der finnischen Metal-Szene und da gehörten Bands wie Ensiferum, Wintersun oder Moonsorrow dazu. Auch hat mich in gewisser Weise das letzte Album von Lunar Aurora geprägt, da ich hier zum ersten Mal unseren Dialekt in Verbindung mit Metal erlebte und mir das sehr gut gefiel. Was die akustischen Parts angeht, konnte ich mich bestimmt noch von den früheren Alben von Hexvessel inspirieren lassen. Von deren Magie war und bin ich heute noch ziemlich begeistert.

VINSTA ist dein Soloprojekt. Wo siehst du für dich persönlich den Vorteil, alleine Musik zu machen?
So ein Soloprojekt bekommt, glaub ich, schnell mal eine persönliche Note. Auch bei „Vinsta Wiads“ habe ich meine eigenen Erfahrungen ein wenig einbinden können. So etwas funktioniert in einer mehrköpfigen Band natürlich auch, aber hier ist es viel schwieriger, dass jeder zufrieden mit dem Ergebnis ist, was dann oft zu Komplikationen führen kann. Dieses Problem habe ich nicht, ich kann ohne Einschränkungen Musik kreieren und mich völlig unabhängig entfalten. Genau genommen habe ich aber für „Vinsta Wiads“ nicht alles alleine gemacht. Ich lud einige Musiker ins Studio ein, von denen ich wusste, dass sie mein Album aufwerten werden und jeder hat auch einen verdammt guten und wichtigen Beitrag geleistet. Dieses Prinzip funktioniert meiner Meinung nach ganz gut und ich werde in Zukunft auch noch so weiterarbeiten.

Was sind, deiner Meinung nach, deine Stärken und Schwächen als Musiker?
Eine Stärke ist möglicherweise, dass ich das Musikschaffen als einen langfristigen Prozess sehe. Ich will mich also immer weiterentwickeln und mir ist es auch daher relativ egal, wenn besonders jetzt in der Anfangsphase von VINSTA keine überaus großen Erfolge eintrudeln. Man muss ständig daran arbeiten und das dauert nun mal ein paar Jahre. Ich kenne einige Musiker bzw. Bands, die nach diesem Prinzip Musik kreierten und erst nach einigen Jahren große Erfolge erzielten. Diesen gebührt von meiner Seite aus großer Respekt für das Durchhaltevermögen und die Zielstrebigkeit.
Meine Schwäche ist mit Sicherheit der Umgang in der Öffentlichkeit und die Vermarktung. Ich bin keine Person, die in der Öffentlichkeit provoziert und ich will auch keinem meine Musik aufzwingen. Eigentlich will ich nur schöne Musik schreiben und mich um sonst nichts kümmern. Aber das ist halt mal so in der Branche und daher bin ich sehr froh, dass ich den Deal mit Trollmusic abgeschlossen habe. Hier darf ich mit wirklich fähigen und kompetenten Menschen zusammenarbeiten, die mir in der Hinsicht sehr weiterhelfen. Ich möchte hier nochmal ein großes Dankeschön an Thor ausrichten, der diese Kooperation erst ermöglichte.

„Vinsta Wiads“ nennt sich dein neues Album. Wie bereits erwähnt, sind die Texte durchgehend in einem österreichischen Dialekt gehalten. Worum geht es auf dem Album thematisch?
Es befasst sich mit einer bevorstehenden Veränderung, die sowohl unangenehm als auch chaotisch ist. Dabei habe ich mich von eigenen Erfahrungen inspirieren lassen, z.B. wenn man eigene Grenzen überschreitet. Das ist meistens ein unangenehmer Prozess, der einen aber am Ende belohnt. Ich habe versucht, diese Emotionen mit meiner Musik umzusetzen. Daher wirken die Songstrukturen oft nicht geradlinig. Der Albumname bezieht sich auch auf das Konzept: „Vinsta Wiads“ – es wird finster, eine unangenehme Veränderung beginnt, die eine ungewisse Zukunft birgt und an den eigenen Grundfesten rüttelt. Düsterer Metal ist für mich eine hervorragende Musikrichtung, um diese Emotionen künstlerisch umzusetzen. Ich habe auch etliche ruhigere und atomsphärische Abschnitte eingebaut. Die sollen dem Hörer einerseits eine Atempause bieten und andererseits stellen sie auch die Lichtblicke dar, die auch zum Konzept gehören.

Gibt es einen Track, den du als besonders gelungen erachtest? Falls ja, welcher und aus welchem Grund?
Schwer zu sagen, ich glaube, der Song „Bluatlauf“, weil er am besten dem Albumkonzept entspricht. Für mich hat der Song eine eigene Emotion, die ich als weitere Inspiration nutzen möchte. Auch den Kontrast zwischen dem Dunklen und Hoffnungsvollen finde ich recht gelungen. Außerdem hat der Song einen schönen Epilog, den „Aufgongsjodler“, der das Lied meiner Meinung nach sehr gut ergänzt.

Auf dem Cover sieht man ein Gebirge – du wurdest ja auch von den Bergen deiner Heimat inspiriert. Um welches Gebirge handelt es sich und warum hast du gerade dieses Bild als Artwork gewählt?
Das Coverfoto stammt vom Krimmler Tauern im Oberpinzgau. Erstellt wurde es von einem Kumpel von mir, der wirklich ein sehr gutes Gespür für solche Motive besitzt. Hier auch ein großes Dankeschön an den Fotografen Much! Ich war sehr fasziniert, dass man unsere Heimat und Berge so düster und mystisch darstellen konnte, also genau passend zu meiner Musik und dem Konzept dahinter. Mir gefiel auch sofort die ungewöhnliche Infrarotfotografie-Technik, da diese doch eher außergewöhnlich und mal was Anderes ist.

Veröffentlicht wurde „Vinsta Wiads“ über Trollmusic. Warum hast du dich gerade für dieses Label entschieden und wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Wie bereits erwähnt, wurde mir von Thor eine sehr professionelle und faire Kooperation angeboten. Kennengelernt haben wir uns auf dem Sommersonnwendfest in Abtenau vor einigen Jahren und sind seitdem in Kontakt geblieben.

Weißt du schon, welche stilistische Richtung du auf deinem nächsten Album einschlagen wirst?
Ja, es gibt schon Konzepte und Material für die nächsten zwei Alben. Für das nächste Werk will ich mein Experiment mit der ungewöhnlichen Kombination von österreichischen Elementen und Death Metal weiterführen und verfeinern. Ich werde versuchen, ein noch intensiveres und dunkleres Feeling zu gestalten. Da kann es durchaus vorkommen, dass das eine oder andere Black-Metal-Element durchsickert. So genau kann ich es aber nicht vorhersagen, denn ich lasse mich wieder von dem Konzept leiten, das sich dann durch das Album ziehen wird. Danach werde ich höchstwahrscheinlich ein weiteres Album schreiben, mit der üblichen VINSTAren Stimmung, aber ohne Death Metal, da ich hierfür auch schon Material gesammelt habe. Mal schauen, was die Zukunft so bringt, ich bin motiviert und freu mich auf jeden Fall schon darauf.

Hast du auch vor, mit VINSTA mal live aufzutreten? Falls ja, wen würdest du dann für die Umsetzung dazuholen?
Ja, solche Pläne tauchen natürlich immer wieder auf. Wie und wann, kann ich schwer vorhersagen. Ich weiß auch noch nicht, ob ich eine Formation aufstellen möchte, die dem Standardrepertoire des Metal-Genres entspricht oder eine, die darüber hinausgeht – etwas, mit dem man umfangreichere Konzerte gestalten kann. Das würde sich für VINSTA definitiv anbieten. Bis es aber soweit ist, wird es bestimmt noch eine Weile dauern. Die erste Wahl für die Mitglieder liegt natürlich bei denen, die für „Vinsta Wiads“ im Studio schon mitgewirkt haben, da es sich hier um sehr fähige Musiker handelt.

Zum Abschluss möchte ich mit dir noch unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming durchgehen:
Wien: Sehr schöne Hauptstadt mit einer interessanten Kultur. Für mich aber zu viele Menschen und zu viel Hektik, wodurch ich spätestens nach zwei Tagen wieder froh bin, wenn ich aus dem Trubel wieder heraus bin.
Tradition: Wichtiges Kulturgut, welches immer wieder gepflegt gehört. Tradition lebt auch von Weiterentwicklung und darf daher nicht stehenbleiben.
EU: Staatenbund mit vielen Stärken und Absurditäten.
Folk: Man könnte meinen, derselbe Rechtschreibfehler wie bei VINSTA.
Bisheriges Highlight von 2017: Das Schwitzen von gefühlten zehn Litern bei der Erstellung des Musikvideos.
VINSTA in fünf Jahren: Idealerweise schon ein paar weitere Alben veröffentlicht und evtl. schon einige Live-Konzerte vollbracht.

Dann nochmal ein großes Dankeschön für deine Antworten. Die letzten Worte gehören dir:
Vielen Dank für das Interview. Danke an alle, die dieses junge aufstrebende Projekt unterstützen!

Publiziert am von Stephan Rajchl

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