Am 13.05.2012 verstarb Trond Bråthen, in der Szene besser bekannt als Trondr Nefas und Fronter der Black-Metaller URGEHAL, unter unbekannten Umständen im Alter von nur 34 Jahren. Unterstützt von der ersten Riege der skandinavischen Black-Metal-Fronter vollendete die Band das letzte Album, an dem Trondr bis zu seinem Tod gearbeitet hatte. Gitarrist Enzifer über die harte Zeit, den Entstehungsprozess des einzigartigen Tribute-Albums und das Abschiednehmen von URGEHAL.
Zunächst einmal möchte ich dir und der Band mein herzliches Beileid ausdrücken.
Danke.
Vier Jahre nach Trondrs Ableben ist nun „Aeons In Sodom“ erschienen. Bist du erleichtert?
Ja, auf jeden Fall. Seit wir uns dazu entschieden haben, dieses Album noch fertig zu machen, hatte dieses Projekt für mich alleroberste Priorität. Dieses Album ist für Trondr Nefas und für niemand anderen. Andererseits habe ich natürlich auch gemischte Gefühle wegen des Albums – schließlich markiert es das Ende von URGEHAL, das ist schon verdammt niederschmetternd.
Wie weit wart ihr mit dem Songwriting zu dem Zeitpunkt, als Trondr verstarb?
Die Songs und Texte waren alle geschrieben und wir hatten auch schon Pre-Recording-Tapes aufgenommen. Deswegen waren wir sehr zuversichtlich, bei den Aufnahmen jedes kleine Detail beibehalten zu können. Auch der Albumtitel und das Artwork waren schon fertig – beides Ideen von Trondr. Das Cover hat Raduta Calin aus Rumänien angefertigt.
Wie bald nach dem tragischen Ereignis habt ihr euch dazu entschieden, weiterzumachen und dieses letzte URGEHAL-Album fertigzustellen?
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wann das war, aber Uruz und ich dachten dahingehend das gleiche – wir wussten beide, wie sehr Trondr den Aufnahmen des Albums entgegengefiebert hatte. Dieses Album noch fertigzumachen, war das Mindeste, was wir noch tun konnten, um ihm ein ehrendes Andenken zu bewahren. Wir waren ihm das schuldig – ich denke, keiner von uns hätte seinen Frieden gefunden, wenn wir das nicht noch zu Ende gebracht hätten. Das hätte uns den Rest unseres erbärmlichen Lebens verfolgt.
Was für ein Gefühl hattet ihr bei den Arbeiten an diesem Album?
Ich denke, Kummer ist das passende Wort. Es herrschte während des ganzen Prozesses eine ganz spezielle Atmosphäre. Beim Einspielen aller Gitarren- und Bassspuren war ich mit Soundtechniker Ove Husmoen alleine im Studio. Für gewöhnlich waren immer Trondr und ich beim ganzen Aufnahmeprozess dabei – da war es natürlich ein großer Verlust, ihn nicht dabeizuhaben, um Ideen auszutauschen und sich gegenseitig zu motivieren.
Ihr habt dann viele Freunde von Trondr und URGEHAL eingeladen, auf dem Album mitzuwirken und das Album zu komplettieren. Wie habt ihr eure Unterstützer ausgewählt?
Wir mussten das so machen – es wäre absolut unfair gewesen, nur einen Sänger für das ganze Album auszuwählen. Seit wir uns dazu entschieden hatten, das Album noch fertigzustellen, haben wir darüber diskutiert, wen wir dabeihaben wollen. Ein entscheidendes Kriterium war natürlich, dass die Personen Trondr Nefas oder der Band nahegestanden hatten. Die Aufteilung der Songs unter den Sängern ging dann überraschend einfach und hat sich auch nach den Aufnahmen noch sehr natürlich angefühlt. Wir haben auch keine der Entscheidungen, die wir dahingehend getroffen haben, bereut.
Hier die komplette Liste der Gastmusiker:
Nocturno Culto (DARKTHRONE): Gesang auf Track 2
M. Shax (ENDEZZMA): Gesang und Text auf Track 3 und Text auf Track 5
Byron Braidwood (MONUMENTOMB): Gitarrensolo auf Track 3
Hoest (TAAKE): Gesang auf Track 4
Mannevond (KOLDBRANN): Gesang auf Track 5, Bass auf Track 12
Malphas (ENDEZZMA/HAGL): Gitarrensolo auf Track 5 und 12
Niklas Kvarforth (SHINING): Gesang auf Track 6
Sorath Northgrove (BEASTCRAFT/VULTURE LORD): Gesang und Text auf Track 7
Nattefrost (CARPATHIAN FOREST): Gesang und Text auf Track 8
Skyggen (TORTORUM): Gitarrensolo auf Track 8
Nag (TSJUDER): Gesang auf Track 9
Diabolus (VULTURE LORD): Gitarrensoli auf Track 9
L.F.F (ANGST SKVADRON/TUSMØRKE): Keyboards auf Track 10
Bay Cortez (SADISTIC INTENT): Gesang und Bass auf Track 11
Rick Cortez (SADISTIC INTENT): Gitarrensolo auf Track 11
R.M (ANGST SKVADRON): Gesang auf Track 12
Wie habt ihr die ganzen Gastbeiträge koordiniert? Habt ihr die Spuren mit den Sängern aufgenommen oder haben sie euch ihre Beiträge geschickt?
Die Gastbeiträge erforderten viel Organisationsaufwand. Die meisten der Gastsänger waren mit ihren eigenen Bands und Projekten beschäftigt, deswegen mussten wir ein paarmal umplanen. Die erste Aufnahme-Session lief dann mit Niklas [Kvarforth, Shining] , Hoest [Taake], Mannevond [Koldbrann], Sorath Northgrove [Beastcraft] und M.Shax [Endezzma]. Die restlichen Beiträge wurden in Einzelsessions aufgenommen. Da war ich dann immer dabei – außer bei den Aufnahmen mit Bay und Rick von Sadistic Intent und R.M. von Angst Skvadron. Die wurden jeweils auswärts in deren eigenen Studios aufgenommen. Auch die Gitarrensoli für meine Songs wurden in anderen Studios in Eigenregie aufgenommen.
Gab es auch Musiker, die ihr um einen Beitrag gebeten hattet, die euch dann aber eine Absage erteilt haben?
Nein. Jeder war von Anfang an von der Idee begeistert, und wie du hören kannst, hat jeder viel Hingabe hineingesteckt.
Ihr habt auf dem Album sogar einige von Trondr eingespielte Soli untergebracht. Waren die Soli für genau die Songs geschrieben oder war es Zufall, dass ihr sie für die Songs verwenden konntet?
Die Soli entstammen den Demo-Aufnahmen, die wir gemacht hatten, und sind Trondrs Einspielungen der entsprechenden Soli für die Songs. Es war uns sehr wichtig, dass er auf dem Album zu hören ist.
Mich hat ehrlich gesagt überrascht, dass das Album trotz all der verschiedenen Sänger, die bei ihren eigenen Bands sehr verschiedene Gesangsstile pflegen, so homogen klingt. War das eine Vorgabe von euch, dass jeder seinen Gesangsstil etwas an URGEHAL anpassen sollte, damit das Album stimmig klingt?
Ja, tatsächlich dachten wir auch, dass das bei so vielen mitwirkenden Sängern die größte Herausforderung würde. Es wäre ein Albtraum gewesen, wenn jeder Song nach einer anderen Band geklungen hätte. Dank unseres Tontechnikers Endre Kirkesola vom DuB-Studio, der sich um Mix und Mastering gekümmert hat, klingt es schlussendlich aber sehr einheitlich. Trotzdem kann man die Vorzüge verschiedener Sänger klar heraushören, weil man so einfach die Vielfalt bekommt, die man braucht, um die Aufmerksamkeit des Hörers hoch zu halten. Aber ich finde, man kann trotzdem leicht heraushören, wer wer ist.
Auch das Verfassen der Texte habt ihr aufgeteilt – wer war da alles involviert?
Trondr Nefas hatte die Texte für seine vier Songs schon geschrieben. Für meine Stücke haben M.Shax, Sorath Northgrove und Nattefrost Texte verfasst.
Und was bedeutet für dich der Albumtitel, „Aeons In Sodom“?
Ewige Sünde.
Vor ein paar Wochen habt ihr nun eine spezielle Memorial-Show gespielt, ebenfalls mit vielen Gastauftritten. Hat da alles wie geplant geklappt, wart ihr zufrieden?
Ja, sehr! Wir haben das selbst organisiert, das war ziemlich viel Arbeit, und ich habe an dem Abend auch mit Beastcraft gespielt, aber alles in allem war es eine Nacht, an die man sich erinnern wird.
Und diese Show war nun also der letzte URGEHAL-Moment in deinem Leben?
Ja. URGEHAL ohne Trondr fortzuführen kommt nicht in Frage.
Hast du dich bereits damit abgefunden, dass es URGEHAL nicht mehr gibt?
Nein. Ich denke auch nicht, dass ich das jemals werde. Auch wenn ich weiß, dass es vorbei ist, wird URGEHAL bis zu dem Tag, an dem ich sterbe, in mir weiterleben. Du kannst über 20 Jahre Wahnsinn nicht vergessen.
Wie sehen deine persönlichen Pläne für die Zukunft aus?
Momentan befinden wir uns mitten in den Aufnahmen des neuen Beastcraft-Albums – auch das war eine von Trondr Nefas‘ Arbeiten. Als Mitglieder von URGEHAL und Beastcraft haben wir schon mal darüber gesprochen, eventuell aus der Asche der beiden Bands etwas neues zu erschaffen, aber wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Davon abgesehen bin ich bei Orcustus eingestiegen. Das ist etwas, worauf ich mich sehr freue, nachdem ich die Band schon lange als Fan verfolge.
Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming – aus gegebenem Anlass wollen wir mit dir die URGEHAL-Diskographie noch einmal Revue passieren lassen:
Arma Christi: Der Anfang.
Massive Terrestrial Strike: Sodomizer
Atomkinder: Anders.
Through Thick Fog Till Death: Das aggressivste.
Goatcraft Torment: Das Album, mit dem ich selbst am zufriedensten bin.
Ikonoklast: Das düsterste.
Aeons In Sodom: Markiert das Ende von über zwei Dekaden Black-Metal-Madness.
Enzifer, vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir:
Vielen Dank für dein Interesse – es war mir eine Freude! Ich würde gerne noch Grüße und meinen Dank an alle URGEHAL-Fans auf der ganzen Welt aussprechen. Hebt eure Gläser auf Trondr Nefas und sein Vermächtnis. Denn wir kennen kein Leben, nur den Tod!
Es war großartig, einen der vermutlich letzten Auftritte von Urgehal auf dem PartySan 2023 erlebt zu haben.
Forever!
T. Nefas ist schon 2012 gestorben. Es hat vier Jahre gedauert, bis das Album rauskam.
Da hast du natürlich Recht – besten Dank für diese Anmerkung! Wir haben den Text entsprechend geändert.
Sehr interessant, Danke!