TYLER LEADS sind mit ihrem Debütalbum „Planetary Movement“ am Start. Die Recklinghausener Heavy-Rocker machen darauf viel Spaß und zeigen sich voller Energie und Spielfreude. Mit Gitarrist Soyan Osman unterhalten wir uns über die Platte, die Entscheidung, zu jedem Song ein Video zu drehen und die verschiedenen Einflüsse.
Hallo Soyan! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Wie ergeht es dir dieser Tage?
Vielen Dank für die Anfrage! Mir geht’s super, aktuell haben wir rund um den Abschluss der Albumkampagne natürlich ordentlich zu tun, aber es ist schön zu sehen wie alles zusammenkommt.
Wer sind TYLER LEADS? Stellt euch zu Beginn gerne mal unseren Lesern vor.
Dann stellen wir uns einfach mal vor: Wir sind TYLER LEADS, eine Heavy-Rock-Band aus Recklinghausen. Wir sind fünf Schulfreunde, die sich nach dem Abitur entschieden haben, einfach weiter Musik zu machen, da wir uns alle schon vor der Band kannten. Das war 2016. Kurz darauf sind wir zum Hellfest eingeladen worden, haben jede Location mit einer Steckdose bespielt und konnten noch vor der Pandemie eine Europatour mit Hank Von Hell spielen. Da kam schon einiges zusammen. Wir haben uns auch musikalisch deutlich weiterentwickelt und lassen immer mal wieder andere Einflüsse in die neuen Songs einfließen.
Unterm Strich sind wir also einfach eine Rockband, die live – das wurde uns zumindest nachgesagt – richtig Spaß macht.
Wie würdet ihr jemandem, der euch noch nie gehört habt, selbst eure Musik bzw. euren Stil beschreiben?
Ich kann da nur für mich sprechen, aber ich höre immer eine verrückte Mischung aus Clutch, Baroness, UK-Punk und Foo Fighters raus. Für die Antwort krieg ich bestimmt einen auf den Deckel. Wir vereinfachen das aber und nennen unseren Stil einfach nur Heavy Rock. Das triffts eigentlich ganz gut.
Inwiefern habt ihr euch seit euren EPs „Burning Smoke“ und „Stay Ugly“ verbessert? Was hat sich seitdem am Sound von TYLER LEADS geändert?
Eigentlich so gut wie alles, angefangen beim Recording-Prozess. Wir haben „Burning Smoke“ und „Stay Ugly“ noch live eingespielt, also die gesamte Band gleichzeitig aufgenommen. Das haben wir für „Planetary Movement“ aus mehreren Gründen anders gemacht. Zum einen aufgrund der Pandemie und der Begrenzung von verschiedenen Haushalten in einem Raum, aber vor allem, da wir uns so wesentlich besser auf die einzelnen Instrumente konzentrieren konnten.
Das Songwriting hat für dieses Album auch nicht mehr komplett gemeinsam im Proberaum stattgefunden, sondern wir haben sehr viel Demomaterial ausproduziert, bevor es ins Studio ging. Das heißt, die Instrumente sind wesentlich durchdachter arrangiert, die Vocals und Backingvocals waren zu großen Teilen schon fertig geplant und das Songwriting an sich ist einfach runder geworden.
Natürlich hat der andere Recordingansatz auch für einen ganz anderen, differenzierteren Sound gesorgt. Es gibt übrigens auch kaum Solos auf dem Album, zumindest keine Solos in ihrer klassischen Form.
Welche Bands haben euch besonders beeinflusst? Die Kvelertak-Einflüsse, die ihr im Track-by-Track-Video zu „The Rapture“ erwähnt, finde ich schon mal sehr spannend.
Da die Songs über einen langen Zeitraum entstanden sind, sind auch die Einflüsse völlig unterschiedlich. Zum einen, wie du schon erwähnst, Kverlertak wegen der absolut fantastischen Lead-Gitarren, die diese Band schreibt. Der Titeltrack „Planetary Movement“ wurde andererseits stark von Blood Incantation inspiriert. Andere Songs haben wiederum keine Band als Inspiration, sondern sind aus Situationen, alten Riffs, oder bestimmten Emotionen heraus entstanden. Die Situation, dass wir sagen „Der Song soll klingen wie Band XY“ gibt es bei uns eher weniger. So wird dann aus dem ersten Ansatz meistens etwas, dass dann doch ziemlich anders klingt.
Wie läuft das Songwriting bei euch ab? Ist das Gemeinschaftsarbeit oder gibt es einen Mastermind?
Songwriting ist richtige Gemeinschaftsarbeit – mit der Betonung auf Arbeit. Ein TYLER-LEADS-Song braucht uns alle fünf und bis es eine Nummer auf eine Setlist oder gar aufs Album schafft, kann schonmal sehr viel Zeit vergehen. Meistens fängt es mit einer Demo an, die Freddy oder ich den anderen präsentieren. Danach werden die Vocals ausgearbeitet, ein Text geschrieben bzw. auf den Song angepasst und sobald die Struktur steht, geht es an die Details. Dabei ist jeder frei, den Song so zu spielen wie er möchte, da gibt es nur selten Parts die von jemand anderem vorab geschrieben werden. Sobald der Song dann halbwegs steht, proben wir den immer und immer wieder durch, bis er sich natürlich anfühlt. Wenn dieser Punkt nicht kommt, wandert der Song schon wieder auf die Ablage und es geht von vorne los.
Im Vorfeld von „Planetary Movement“ habt ihr jeden Track als Single inklusive Musikvideo vorab veröffentlicht. Wieso habt ihr euch dafür entschieden, was ist für euch der Vorteil im Vergleich zu wenigen Singles?
Wir wollten mal was anderes machen. Uns war von Anfang an klar, dass wir mit einem DIY-Release mit den klassischen drei Singles, dann das Album, fünf brandneue Tracks „verschleudern“ und dafür waren sie uns einfach zu schade. Jeder Song sollte vernünftig in Szene gesetzt werden und in einer Welt, in der alles visuell sein muss, sind Musikvideos die erste Wahl dafür.
Das hat für uns natürlich unfassbar viel Arbeitsaufwand und auch Kosten bedeutet, bei denen wir aber zum Glück durch eine erfolgreiche Crowdfunding-Aktion, einem Zuschuss der Wacken Foundation und einer Förderung der „Initiative Musik“ unterstützt wurden.
Wie lange habt ihr insgesamt an den Songs und dem Album gearbeitet? Das Video zu „Heavy Eyes“ ist ja schon seit über zwei Jahren online.
Das kommt tatsächlich drauf an, ab wann man zählt. Die Songs wurden in etwa fünf Monaten finalisiert. Allerdings sind die Demos und Ideen teilweise schon mehrere Jahre alt. So hat sich das Songmaterial über die Jahre angesammelt und wurde von uns bestimmt über ein Jahr in der Vorproduktion überarbeitet. „Heavy Eyes“ und „Hellhounds“ sind auf der Platte Bonustracks, da genau die beiden noch live aufgenommen wurden. Da lässt sich der Unterschied zwischen den beiden Ansätzen ganz gut raushören.
Die Videos machen vor allem durch die unterschiedlichen Stile Spaß: Das harte „Stone Crusher“ kommt auf mit einem düster gefärbten Clip, während ihr im (alternativen) Video zu „Red Sun“ eure freshen Dancemoves präsentiert. Wie entstehen eure Videos von der Idee bis zum fertigen Clip? Wollt ihr euch dabei möglichst frei austoben und macht vieles daran in Eigenregie?
Puh, das ist umfangreich. Also Ideen für Visuelles gibt es eigentlich schon während dem Schreibprozess. Wäre das nicht der Fall, stimmt was mit dem Song nicht. Allerdings kommt dann die Realität ins Spiel und es geht an die Umsetzbarkeit. Über die Hälfte der Videos haben wir mit einem befreundeten Produzenten umgesetzt – Marcel Blank. Seine Aufgabe ist, die ganzen verrückten Ideen in einen zeitlich und praktisch umsetzbaren Rahmen zu bekommen. Sobald wir uns da auf ein Konzept und einen groben Plan geeinigt haben, geht’s an die Planung für Location, Equipment, Mietwagen … Shotlisten und Skripte müssen erstellt werden und erst dann geht’s Richtung Dreh. Für das letzte Video zu „Deep Space Traveller“ hatte vor allem Freddy eine Vision, die er auch genauso umsetzen konnte.
Wird man je die ursprüngliche geplante Version des Videos zu sehen bekommen? Und wo habt ihr eigentlich so unverschämt geschmeidig tanzen gelernt?
Dankeschön! Also ich beweg mich wie ein Holzklotz, aber Johnny und Freddy sind richtig smooth. Wo die beiden das her haben – keine Ahnung, aber vielleicht liegt ihnen die Freshness einfach im Blut … Sorry. (lacht)
„Forever Black“ sticht mit seinem southern-rock-artigem Sound richtig raus, auch das melancholische Video mit Schauspielerin sorgt für Abwechslung. Wie sind das Video und der Song entstanden, was war die Idee hinter dem sehr anderen Track?
Bei „Forever Black“ ging es von Anfang an einfach um die Dynamik zwischen Strophe und Refrain. Der Plan war einen Song zu schreiben, der wirklich dramatisch aufbricht, ohne es viel zu gewollt klingen zu lassen. Ich glaube, das ist uns hier ganz gut gelungen. Wir hatten auf „Stay Ugly“ mit „Lady In Green“ bereits einen „ruhigeren“ Song, daran hatte ich mich bei der Idee am meisten orientiert.
Das Video ist das zweite Video von Alina und Simon Von Der Gathen und wir wollten auch hier was komplett anderes ausprobieren. Keine Band, keine Instrumente, kein „Rock n‘ Roll“ – sondern einfach mal was anderes. Deshalb haben wir uns da auch einfach überraschen lassen. Alina und Simon haben ein Konzept für einen Ruhrpott-Roadtrip ausgearbeitet und wir haben da absolut freie Hand gelassen. Auch das war ein Vorteil davon, so viele Videos produzieren zu können – so hatten wir Raum für ungewöhnlichere Ansätze.
Hast du selbst einen Lieblingssong auf dem Album oder eine besonders schöne Erinnerung an die Entstehung eines bestimmten Songs?
Das ist echt ein regelmäßiges Thema bei uns, die Lieblingssongs wechseln bei allen ständig. Aktuell stehen „Deep Space Traveller“ und „Stone Crusher“ ganz oben auf meiner Liste. Die schönste Anekdote zur Entstehung von einem Song gibt’s zu „Hold On“. Zum einen geht’s im Text um Jana aus Kassel, das hat jeden von uns aufgeregt, deshalb kommt die Emotion da schon ganz gut rüber. Vor allem aber die Aufnahmen waren besonders. „Hold On“ war einer der letzten Songs die wir aufgenommen haben, das heißt wir konnten unsere Stimmen richtig zerfetzen – und das haben wir gemacht. In den Refrains wechseln sich Johnny und ich ab und vielleicht hört man hier und da raus, dass die Stimmen rauer klingen als sonst. Sprechen war danach auf jeden Fall für ein paar Tage gar nicht mal so einfach.
Wie du schon erwähnt hast, wurdet ihr im Rahmen des Kulturprojekts „Neustart Kultur“ gefördert. Wie sieht oder sah diese Förderung aus, wie hat sie euch geholfen?
Kurz gesagt – ohne die Förderung wäre die Kampagne in dieser Form nicht möglich gewesen. Wir hätten nicht so viele Videos in dieser Qualität produzieren können, Promotion wäre nicht in dem Umfang möglich gewesen und unterm Strich nimmt einem so eine Förderung eine enorme Last von den Schultern. Natürlich ist die Organisation und Verwaltung von den Fördermitteln auch nicht ohne, aber das ist eine wesentlich einfachere Herausforderung, als nicht zu wissen, wie man das nächste Video finanziert. Extrem viele Bands – uns eingenommen – müssen viele Ausgaben aus eigener Tasche finanzieren, das konnten wir durch die Förderung zum Glück vermeiden.
Wie geht es nach dem Albumrelease für TYLER LEADS weiter? Zweites Album, Labeldeal, Welttournee?
Neue Musik wird’s auf jeden Fall wieder geben – wir fangen ja grade erst an. Der Plan ist, wesentlich mehr Shows und Konzerte zu spielen, wieder zu touren und sobald das Material soweit ist, kann auch wieder ein Album kommen.
Zeit zum Träumen: Mit welchen Bands würdet ihr gerne auf Tour gehen, wenn ihr komplett frei wählen könntet?
Auf meiner Liste stehen vor allem die Bands, die ich hier schon genannt hab. Mastodon, Kverlertak, Baroness, Ghost – so wie fast alle anderen Bands eben auch. Aber ansonsten eigentlich mit allen, wenn’s musikalisch und persönlich passt, dann ab dafür!
Kommen wir zum Abschluss zu unserem traditionellen Brainstorming. Was fällt dir zu folgenden Begriffen zuerst ein…
Aktuelles Lieblingsalbum: Kid Kapichi – This Time Next Year.
Urlaub: Strand und Meer. Ich mag Wassersport und das am besten da, wo’s warm ist
Bestes Buch-/Film-/Serien-Universum: „Per Anhalter durch die Galaxis“, find ich nach wie vor super!
Etwas, das einen schlechten Tag besser macht: Gitarre spielen.
Der beste Weg zu entspannen: Ohne Deadlines Gitarre spielen.
TYLER LEADS in 10 Jahren: Hoffentlich auf Tour in ausverkauften Hallen!
Nochmals vielen Dank für deine Zeit! Die letzten Worte gehören dir.
Danke euch, dass ihr euch die Zeit genommen habt das Album zu hören und uns ein paar Fragen zu stellen, das bedeutet uns viel!
Für alle, die das hier lesen: Ich hoffe ihr habt viel Spaß mit dem Album und den Videos! Schaut doch mal bei uns vorbei, lasst uns ein paar Kommentare da, oder sagt bei einem der nächsten Konzerte Hallo und stoßt mit uns an. Das ist immerhin unser Debütalbum, wir sind gespannt auf eure Reaktionen!
Bis bald, Soyan.
Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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