Mit dem TWILIGHT THEATRE versucht sich Terra-Atlantica-Frontmann Tristan Harders nun auf Solopfaden. Sein Debütalbum „Drifting Into Insanity“ hat er komplett selbst geschrieben, aufgenommen und produziert. Musikalisch beschreitet er ähnliche Wege wie etwa Avantasia, Gamma Ray oder Rhapsody Anfang der 2000er Jahre. Über diese Einflüsse und seine musikalischen Wurzeln, seine Wunschgastsänger für das nächste Album und über Star Wars spricht Tristan Harders in diesem Interview mit uns.
Hallo Tristan, vielen Dank dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Wie ergeht es dir dieser Tage?
Moin! Sehr gut würde ich sagen. Die Produktion des dritten Terra-Atlantica-Albums läuft auf Hochtouren, wir hatten dieses Jahr bereits einen Gig und mein Soloalbum ist endlich veröffentlicht.
Wie entstand die Idee zum TWILIGHT THEATRE und wieso hast du dich dazu entschieden, alles vom Songwriting über Musik bis Produktion komplett selbst zu übernehmen?
Anfang 2021 habe ich bereits zwei, drei Singles veröffentlicht, die ich selber produziert habe. Das waren ursprünglich Songs, die ich für Terra Atlantica geschrieben, aber wieder verworfen hatte. Weil mir das Spaß gemacht hat, die Songs ganz gut ankamen und ich sowieso gerade viel Zeit hatte, dachte ich mir dann gut, dann kannste auch gleich ein ganzes Album machen.
Holst du dir während den Aufnahmen oder der Produktion Meinungen von Außenstehenden ein oder ziehst du dein Ding voll durch?
Ich habe mir während des Mixingprozesses öfter Meinungen von anderen eingeholt, da man, wenn man tagelang an dem Material arbeitet, irgendwann den Bezug dazu verliert und nicht mehr weiß was gut oder schlecht klingt. Aber bezüglich des Songwritings habe ich diesmal keine Kritik zugelassen. Das ist ja der Vorteil eines Soloalbums. (lacht)
Du spielst bereits mehrere Instrumente. Beherrschst du neben Gitarre, Bass und Keyboard noch mehr und möchtest du noch mehr Instrumente zu spielen lernen?
Ich habe mir vorletztes Jahr ein E-Drum gekauft, damit ich zuhause Schlagzeug spielen lernen kann. Damit wollte ich eigentlich das Album einspielen, aber so gut war ich dann doch noch nicht. Was ich noch nie ausprobiert habe, aber gerne mal machen würde, wäre ein Blasinstrument wie zum Beispiel Posaune. Aber ich glaube, da machen meine Nachbarn nicht mit. (lacht)
Spricht „Drifting Into Insanity“ als Albumtitel eventuell direkt auf die immer noch aktuelle Pandemiesituation an?
Der Titel bezieht sich hauptsächlich auf meinen – oder auch den vieler anderer – psychischen Zustand in den Anfangszeiten der Pandemie. Jetzt müssen wir uns ja immerhin nicht mehr komplett isolieren, auch wenn der Wahnsinn dennoch kein Ende zu nehmen scheint.
„Drifting Into Insanity“ besteht aus älteren Songs von dir, die bisher nicht verwendet wurden. Über welchen Zeitraum sind die Lieder entstanden und wie haben sich in der finalen Version noch verändert?
Manche Songs sind sehr alt, bis zu sieben Jahre. Das war die Zeit, in der ich in meiner ersten Power-Metal-Band gespielt habe. Vorher habe ich eher Death Metal gemacht. Meistens bestanden die Songs allerdings nur aus Ideen für einzelne Parts, also musste ich da noch etwas an Arbeit reinstecken. Eine große Herausforderung ist es immer, die richtige Tonart zu finden, damit die Vocal-Lines weder zu hoch noch zu tief sind. Da musste ich viel rumprobieren.
Erzählen die Songs auf dem Album eine Geschichte oder sind die Tracks textlich eigenständig?
Eigentlich sollte es tatsächlich nur eine Ansammlung von unabhängigen Songs werden, aber irgendwie muss ein Album bei mir doch immer einem Konzept und einer Story folgen. Über die Reihenfolge der Songs habe ich mir auch sehr lange Gedanken gemacht, aber ich denke, jetzt passt es ganz gut so. Am Anfang haben wir die aufrüttelnde Katastrophe, den Untergang und danach folgt der Wiederaufbau durch die Erforschung der eigenen Gedanken und Gefühle. Es ist quasi eine Reise durch den Verstand.
Was kannst du allgemein über die Lyrics erzählen? Sind das alles Fantasy-Texte oder lässt du auch persönliche, emotionale Erfahrungen einfließen? „When Fairytales Are Gone“ mit seinem melancholischen Grundton wirft den Gedanken auf.
Auch wenn meine Texte oft nach Fantasy klingen, basieren sie so gut wie immer auf meinen eigenen Erfahrungen und Emotionen, auch bei Terra Atlantica. Nur dort verpacke ich alles in eine große Geschichte mit verschiedenen Figuren. Bei meinem Soloalbum ist alles etwas direkter und persönlicher. Ich verstecke mich hier weniger.
TWILIGHT THEATRE und deine Hauptband Terra Atlantica sind sich musikalisch doch sehr ähnlich. Wo siehst du selbst die größten, wichtigsten Unterschiede?
Bei Terra Atlantica haben wir ja sehr viel Orchestration dabei. Das ist auch gut so, aber mit TWILIGHT THEATRE wollte ich mit diesen Elementen eher sparsam umgehen und eher einen Gitarren-basierten Sound erzeugen. Ein großer Unterschied ist auch, dass die TWILIGHT-THEATRE-Songs teilweise sehr schnell und schwer zu spielen sind, weil ich hierbei nicht darauf achten musste, dass man das Ganze auch live umsetzen können muss.
Im Sound sind die Vocals sehr dominant, im Vergleich dazu gehen die Instrumente stellenweise etwas unter. Warum hast du dich im Mix dafür entschieden?
Mir ist schon öfter bei Bands aufgefallen, dass die Vocals im Mix eher untergehen. Darunter kann die Produktion schon sehr leiden, deswegen wollte ich diesen Fehler unbedingt vermeiden. Die anderen Instrumente untergehen zu lassen, war allerdings nicht meine Absicht. Ich hoffe, dieser Eindruck ist nur subjektiv.
Der Musik von TWILIGHT THEATRE merkt man den Einfluss von 2000er Power Metal deutlich an, ich höre etwa Anleihen an Rhapsody, Gamma Ray oder Avantasia heraus. Welche Bands haben dich maßgeblich beim Musikmachen beeinflusst, mit welchen Bands bist du aufgewachsen?
Gut erkannt, das war auch so beabsichtigt. Aufgewachsen bin ich tatsächlich eher im Melodic-Death- oder Folk-Metal-Bereich mit Bands wie Children Of Bodom, Amon Amarth und Ensiferum. Die einzige Power-Metal-ähnliche Band, die ich gehört habe, war Manowar. (lacht) Ich bin dann erst später über Rhapsody, Blind Guardian und Avantasia zum Power Metal gekommen.
Mal ganz allgemein gefragt: Warum ist Power Metal das beste Metalgenre?
Ich weiß nicht, ob es ein bestes Metalgenre gibt. (lacht) Das kommt immer ganz auf die Stimmung an. Manchmal höre ich auch immer noch gerne Death oder sogar Black Metal. Meistens ist es aber nun mal Power Metal, weil ich finde, dass beim Hören dieser Musik so viele positive und aufbauende Emotionen freigesetzt werden, so dass man sich einfach stärker fühlt. Man kann sich dabei auch am besten in eine alternative Realität versetzen, wo die Dinge vielleicht etwas besser laufen als in der echten Welt.
Das TWILIGHT-THEATRE-Songmaterial würde sich durchaus anbieten, es ähnlich wie zum Beispiel Avantasia mit vielen Gastsängern aufzuziehen. Wäre das eine Option für eine mögliche Fortsetzung?
Auf jeden Fall. Ich habe mir schon ein paar Gedanken gemacht, wie es mit einem zweiten Album aussehen könnte und wenn es denn eines Tages zustande kommt, möchte ich definitiv viele verschiedene Sänger*innen dabeihaben. Erstmal wird dazu aber keine Zeit sein, jetzt steht das dritte Terra-Atlantica-Album an.
Wenn du frei wählen könntest: Mit welche Sängern oder Sängerinnen würdest du dein Ensemble bestücken?
Für mein nächstes Album hätte ich gerne Hansi Kürsch, Olaf Hayer, Michael Kiske und Kai Hansen. Man wird ja noch träumen dürfen. (lacht)
Momentan sind Livekonzerte und die dazugehörige Planung zwar schwer vorstellbar, aber wäre eine Liveumsetzung des TWILIGHT THEATRE für dich denkbar und wie könnte diese aussehen?
Es wäre natürlich wünschenswert, allerdings auch nicht einfach, da ich erst mal Musiker auftreiben müsste, die diese Songs live spielen können. Man möge meinen, in Hamburg sei das kein Problem, aber wir waren ja schon öfter auf der Suche nach neuen Bandmitgliedern und haben dabei immer ewig gebraucht. Dann ist es natürlich auch noch eine Frage der Zeit. Wir haben dieses Jahr mit Terra Atlantica 15 geplante Gigs. Ich würde sagen, das reicht erst mal. Frühestens also 2023 könnte es was werden.
Auf deinem Instagram-Kanal zeigst du dich hocherfreut mit einem Lego-Star-Wars-Set. Hast du eine größere Sammlung? Wie wichtig ist es, vor allem in Zeiten wie diesen, auch als Erwachsener noch Kind sein zu können?
Das Set habe ich von meinen Freunden zum Geburtstag bekommen und es hat mich ziemlich umgehauen, weil ich nie damit gerechnet hätte. Als Kind hatte ich eine riesige Lego-Sammlung und vor allem auf die Star-Wars-Sets war ich immer scharf, konnte sie mir aber nie leisten. Durch das Geschenk ist meine Begeisterung dafür jetzt wieder aufgeflammt und ich bin gerade dabei, mir ein Set nach dem anderen zu kaufen. Jemand muss mich aufhalten. (lacht) Ich finde, man sollte das Kind in sich nicht komplett zurücklassen, sonst hat man weniger Spaß im Leben. Man muss auch ab und zu mal in seine Fantasiewelt abtauchen. Darum geht es ja auch insbesondere auf meinem neuen Album.
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Wie gefällt dir persönlich die Entwicklung von Star Wars, aktuell zum Beispiel mit The Bad Batch sowie Book Of Boba Fett und vielen angekündigten Serien?
Ich finde ehrlich gesagt, dass es gerade etwas zu viel wird. Wie viele Serien sind für dieses Jahr angesetzt? Vier? Fünf? Also „The Mandalorian“ fand ich gut, aber zum Beispiel „The Book of Boba Fett“ hab ich bisher noch nicht gesehen, weil ich Boba in „The Mandalorian“ ohne seinen Helm schon nicht so gut fand. Für mich soll dieser Charakter lieber der mysteriöse Kopfgeldjäger bleiben, dessen Gesicht man nicht kennt und der nur zwei, drei Sätze sagt. Ich könnte darüber einen ganzen Artikel verfassen, aber das würde den Rahmen dieses Interviews sprengen. (lacht) Worauf ich allerdings sehr gespannt bin, ist die „Kenobi“-Serie. Die soll ja auch dieses Jahr rauskommen, so wie ich das verstanden hab.
Kommen wir zum Abschluss zu unserem traditionellen Brainstorming. Was fällt dir zu folgenden Begriffen zuerst ein…
Aktuelles Lieblingsalbum: „Vera Cruz“ von Edu Falaschi.
Impfung: Lasst euch impfen, sonst gibt es wieder keine Konzerte!
Natur: Macht nicht die Natur kaputt, sonst macht die Natur euch kaputt.
Bestes Film-/Serien-/Buch-Universum: Selbstverständlich das Tolkien-Universum
Etwas, das einen schlechten Tag besser macht: Positives Feedback zu meiner Musik. (lacht)
Tristan Harders in zehn Jahren: Immer noch derselbe Typ, aber mit weniger Haaren.
Nochmals vielen Dank für deine Zeit, Tristan! Die letzten Worte gehören dir.
Danke für das Interview! Ich nutze die Gelegenheit, um mich bei allen zu bedanken, die mich und auch meine Band in den letzten Jahren unterstützt haben. Dank euch haben wir es schon weit gebracht und es geht selbstverständlich noch weiter! Hört euch mein neues Album „Drifting into Insanity“ an und seid auch gespannt auf die nächste Terra-Atlantica-Scheibe!
Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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Sympathischer Typ, ich mag seine Musik. „Halls of Glory“ ist auf Dauerrotation!