Interview mit Nathanael von Thränenkind

Nach bisher zwei EPS und einer Split haben THRÄNENKIND mit „The Elk“ nun ihr erstes Full-Length-Album veröffentlicht. Die Gruppe um Bandkopf Nathanael, seines Zeichens auch Gitarrist bei Agrypnie und Heretoir, vereint Elemente des Post-Metals mit solchen des Post-Rocks, all dies eingebettet in ein verträumtes, aber auch melancholisches Klangbild. Nathanael gibt im Interview Einblick auf das Bandinnenleben, verschiedene Schwierigkeiten beim Schreiben der Songs und dem Aufnahmeprozess und nicht zuletzt auf das anspruchsvolle lyrische Konzept von „The Elk“.

TKEuer aktuelles Album „The Elk“ ist vor circa 1,5 Monaten erschienen – seid ihr immer noch viel mit der Promo dazu beschäftigt?
Wir haben viele Interviews gegeben und Fragen beantwortet in den letzten Wochen, aber langsam wird es diesbezüglich ein bisschen ruhiger. Untätig sind wir aber nicht, denn wir stecken mitten in den Vorbereitungen für unsere Konzerte Ende des Jahres.

Mir hat das Album gut gefallen – wie ist es sonst bisher bei Fans und Presse angekommen?
Das Album wurde überwiegend sehr positiv aufgenommen. Wir hätten niemals damit gerechnet, so viele bekräftigende Worte und insgesamt positives Feedback aus so vielen verschiedenen Richtungen zu bekommen. Das macht Mut sich in die Arbeit am zweiten Album (welche schon recht weit fortgeschritten ist) zu stürzen.

Wie ist der Name THRÄNENKIND entstanden – insbesondere würde mich interessieren, warum ihr euch für die altdeutsche Schreibweise des Wortes „Thränen“ entschieden habt.
Der Name spiegelt einige essentielle Eigenschaften unserer Musik wieder. Tränen sind für mich deshalb interessant, weil sie sowohl in Momenten tiefster Trauer, als auch größtem Glück auftreten können. Sie sind also ein Indikator für starke Emotionen. Da wir sehr viel Wert auf Atmosphäre und Emotionalität legen, schien das gut zu unserer Musik zu passen.
Das „Th“ habe ich deshalb gewählt, weil ich 2007 als die Band gegründet wurde, sehr viele Werke von klassischen deutschen Schriftstellern gelesen habe (Goethe, Schiller, Storm, u.a.). Um diese Inspirationsquellen zu würdigen, wählte ich die Schreibweise (wie sie früher auch verwendet wurde). Das Kind als ein zerbrechliches und fragiles, von der menschlichen Gesellschaft noch kaum beeinflusstes und „wildes“ Wesen komplettiert den Bandnamen. Ich glaube die verschiedenen Bestandteile des Namens geben schon einen guten Ausblick darauf, was jemanden erwartet, der unsere Musik hört.

Ist das nicht etwas arg emotional für eine Band, die aus dem Black-Metal-Umfeld kommt?
Welche Konventionen im „Black-Metal-Umfeld“ bezüglich Namensgebung existieren, hat mich noch nie interessiert. Konventionen und Genregrenzen sind meiner Meinung nach da, um gesprengt zu werden. Für manch einen mag der Name vielleicht etwas übertrieben oder „kitschig“ klingen. Warum er gewählt wurde und welche Bedeutung in ihm steckt, habe ich eben erläutert.

Alle Texte sind auf englisch geschrieben – was ist der Grund für diese Entscheidung gewesen?
Unser Debüt-Album „The Elk“ ist ein Konzeptalbum, welches im Nordwesten der USA angesiedelt ist. Aus diesem Grund haben wir uns für englische Songtexte entschieden. Diese gefallen uns gut und wir werden englische Texte wahrscheinlich auch auf kommenden Alben beibehalten.

Steht der Albumtitel „The Elk“ auch mit diesem Konzept in Zusammenhang und wenn ja, wie?
Dem Konzept unseres Albums liegt eine Kurzgeschichte zugrunde, die ich verfasst habe. Das Hauptthema der Geschichte beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Mensch und Natur und versucht auf mehr oder weniger poetische Weise die Schattenseiten unserer modernen industriellen Zivilisation zu betrachten. Im starken Kontrast zur repressiven und einschränkenden Zivilisation steht die freie und unberührte Wildnis. Für mich persönlich ist die Ehrfurcht vor dem Leben und der Respekt vor den vielfältigen (letzten noch intakten) Ökosystemen unserer Erde von größter Bedeutung. Das Album dreht sich nicht zuletzt deswegen auch um die Unterschiede zwischen der „natürlichen Welt“ und der „Welt der Menschen“.
Konkret geht es auf dem Album um die Reise eines Geschwisterpaares durch den Nordwesten der USA. Sie sind auf dem Weg zum Begräbnis ihres verhassten Vaters. Sie wollen durch diesen letzten Akt, das gespaltene Verhältnis zum Vater ein für alle Mal beenden. Auf dem Weg dorthin begegnen sie alten Bekannten, Erinnerungen aus lang vergangener Zeit und letztendlich verlassen sie die menschliche Gesellschaft und begeben sich auf den Pfad in die Wälder. Die einschneidende Begegnung mit einem Wapiti Hirsch (englisch: elk) führt die Protagonisten des Albums weg von der menschlichen Zivilisation und hin zur wilden und unberührten Natur. Wegen seiner Schlüsselrolle im Leben der beiden Hauptpersonen des Albums trägt unser Debut den Titel „The Elk“.

Was hat das Albumcover für eine Bedeutung?
Das Albumcover spiegelt eigentlich die Grundaussage des Abums perfekt wieder. Das Cover-Foto zeigt eine filigrane Pflanze im Vordergrund und ein verfallenes Haus in der Unschärfe des Hintergrunds. Hauptaugenmerk wird im Laufe des Albums auf ein „wildes“, freies und selbstbestimmtes Leben gelegt, weit ab von repressiven Machtkonstellationen, einschränkenden gesellschaftlichen Zwängen und unterdrückenden Verhältnissen wie sie in kapitalistischen Systemen und allgemein in unseren modernen Zivilisationen herrschen. Das Haus, die Behausung des Menschen verliert sich in der Unschärfe…

Thr__nenkind__Band_Pic_officialWie lange habt ihr an „The Elk“ gearbeitet und was war der schwierigste Teil bei der Umsetzung?
Die Arbeit am Album hat sich einige Zeit hingezogen. Das lag vor allem daran, dass während dem Schreiben und dem Aufnehmen der Songs viel passiert ist. Ich habe mich als Mensch weiterentwickelt, Erfahrungen gesammelt. Dementsprechend hat sich auch die Musik weiterentwickelt. Ich musste entscheiden in welche Richtung die Band zukünftig gehen sollte. Es kamen neue Bandmitglieder hinzu, andere verließen die Band. Das alles hat seine Zeit gedauert. Aber jetzt ist das Album veröffentlicht und wir haben uns als Band gefunden. Das ist ein sehr befriedigendes Gefühl.

Schreibst du die Songs für THRÄNENKIND alleine oder wirkt noch jemand von den Bandkollegen daran mit bzw. hat Mitspracherecht, wenn ihr die Songs im Proberaum gemeinsam einübt?
Bisher habe ich alles alleine geschrieben, aber ich bin jederzeit offen für Ideen der anderen Bandmitglieder. Auf dem nächsten Album werden auf jeden Fall auch Einflüsse der anderen zu hören sein.

Du lebst Straight Edge – wird dir dafür trotzdem manchmal mit Unverständnis begegnet? Und so du dabei auch vegetarisch oder gar vegan lebst: Bereitet dir das auf Tour Umstände, wenn es um Catering etc. geht?
Straight edge und vegan zu leben ist meine Normalität (und die Normalität der anderen). Von vielen Seiten – besonders innerhalb der Metal Szene – bekommt man skeptische Blicke, wenn man sagt, dass man keinen Alkohol konsumiert und auch kein Fleisch verzehrt. Aber ich habe auch schon einige „eingefleischte Metalheads“ getroffen, die sehr respektvoll damit umgegangen sind und meine/unsere Einstellung bewunderten. Es gibt also solche und solche Reaktionen.
Auf Tour oder Konzerten haben wir Catering-technisch überhaupt keine Probleme. Wenn wir irgendwo spielen, dann gibts dort auch veganes Essen für uns. Das wird im Vorfeld schon abgesprochen und ist dann ohne Probleme zu realisieren. Vegan zu leben ist viel einfacher als es sich manch einer vorstellt.

Wie sieht es mit Tour-Terminen für den Rest des Jahres und 2014 aus?
Wir haben noch einiges vor im Jahr 2013: Wir gehen von 7.11. bis 10.11. auf Weekender-Tour mit den Jungs von Goldust (Blackened Hardcore). Dabei werden wir von Berlin nach Göttingen fahren, in Hamburg spielen und in Wunstorf abschließen. Dann kommt noch eine Show in der Schweiz im November. Ende Dezember werden wir ein Konzert in München spielen und in das neue Jahr starten wir mit einer Show in Leipzig im Januar.
Es ist also einiges geboten. Ansonsten wollen wir 2014 so viele Konzerte wie möglich spielen. Konkretes dazu folgt, sobald es spruchreif ist.

LFR135Wie schaffst du es, dein Engagement bei THRÄNENKIND mit deinen anderen Bands Heretoir und Agrypnie unter einen Hut zu bringen?
Das ist natürlich nicht immer einfach, zumal auch die anderen Jungs in diversen Bands aktiv sind. Da wir aber alle Herzblutmusiker sind, tun wir unser Bestes immer alles unter einen Hut zu bekommen. Klar muss man da zwischendurch mal eine Bandprobe verschieben oder anderweitig Termine verlegen, aber bisher hat immer alles gut geklappt. Und das soll auch weiterhin so bleiben.

Ich würde das Interview gerne mit einem kleinen Brainstorming beenden. Ich werfe einfach ein paar Wörter in den Raum und du sagst mir, was dir dazu einfällt:

Bundestagswahl: Für mich als Anarchisten sind Wahlen natürlich ein Trauerspiel, da man sich nur zwischen Heuchlern und Lügnern entscheiden kann. Zur Wahl zu gehen ist natürlich wichtig, aber sich davon etwas Großartiges zu erhoffen halte ich für Blödsinn.
NSA: Kein Bock auf Überwachungsstaaten. Freiheit stirbt mit übertriebenem Wahn nach Sicherheit.
Corpse Paint: Unnötig. (Kann gut sein, muss aber nicht.)
Erderwärmung: Sollte man endlich stoppen.
Metal1.info: Haben bei der Punktevergabe zu „The Elk“ nicht gegeizt. (grinst)

Alles klar, das wars von meiner Seite. Danke für das Interview. Wenn du noch etwas an die Leser loswerden möchtest, kannst du es jetzt tun!
Ich möchte mich bei dir für die Möglichkeit über unsere Musik zu sprechen bedanken und all unseren Fans für die Unterstützung danken. Vielleicht sieht man sich ja auf einer der kommenden Shows.

Publiziert am von Pascal Stieler

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