Interview mit Dylan Neal von Thief

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Mit dem von der Demenzerkrankung seines Vaters inspirierten Album „Bleed, Memory“ hat der US-amerikanische Multi-Instrumentalist Dylan Neal alias THIEF ein zutiefst persönliches und zugleich musikalisch eklektisches Electronic-Album mit zahlreichen kulturellen Querverweisen geschaffen. Welche Verbindung zwischen „Bleed, Memory“, dem russischen Autor Vladimir Nabokov und dem griechischen Renaissance-Maler El Greco besteht, welche Rolle der Humor in Neals Leben und Schaffen spielt und was der Technik-affine Soundkünstler vom umstrittenen Thema „AI-Kunst“ hält, hat Neal uns im folgenden Interview unter anderem erläutert.

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Du hast mit „Bleed, Memory“ ein äußerst vielschichtiges Gesamtkunstwerk geschaffen, das unter anderem von deinen Erfahrungen mit der Demenzerkrankung deines Vaters beeinflusst wurde. Würdest du sagen, dass es sich dabei um dein bislang bedeutsamstes Album handelt?
Ja, zumindest von der emotionalen Relevanz her. Es ist das Album, das für mich immer noch am lebendigsten ist, teilweise natürlich, weil es das neueste ist, aber auch, weil die Erfahrungen mit meinem Vater immer noch andauern. Alle THIEF-Songs sind ein Teil von mir, aber diese sind immer noch „aktiv“. In dieser Hinsicht ist es eine interessante Erfahrung. Ich glaube, ich habe mich auf dieser Platte auch als Künstler am meisten entwickelt. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich eine Burnout-Phase und das war eine ganz neue Welt für mich. Auch die Produktion ist, glaube ich, die beste, die ich bis jetzt zustande gebracht habe.

Eine derart schwere, oftmals vermutlich alles überschattende Erkrankung eines nächsten Angehörigen ist gewiss eine immense Belastung. Wie ging es dir damit, diese schmerzlichen Erfahrungen so direkt in deine Musik einfließen zu lassen – war es zermürbend oder sogar kathartisch?
Es war großartig, einen Ort zu haben, an dem ich diese Energie kanalisieren konnte, vor allem was die auf Angst oder Wut basierenden Emotionen angeht. Das sind für mich die Emotionen, die das tägliche Leben und das Wohlergehen der Menschen um einen herum wirklich beeinträchtigen können, also half es mir, einen Kanal für diese Emotionen zu haben, damit sich andere Dinge in meinem Leben nicht verschlechtern. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass der Schreibprozess wegen des Inhalts schmerzhaft war, einfach weil das Thema für mich bereits so lebendig war.

Thief Foto2 2024Menschen mit gravierenden psychischen Erkrankungen wie Demenz werden oft geradezu entmenschlicht – ihnen wird mitunter (wenn auch selten offen ausgesprochen) die Fähigkeit, ein erfülltes Leben zu führen, abgesprochen. Wie denkst du vor dem Hintergrund deiner Erfahrungen darüber?
Mein Vater ist im Moment nicht wirklich in der Lage, ein erfülltes Leben zu führen. Leider gibt es nichts, was er „erfüllen“ könnte, weil… nun, er würde verwirrt werden oder einfach vergessen, was er tut. Das heißt aber nicht, dass er kein sinnvolles Leben führt. Meine Beziehung zu ihm hat sich seit seiner Diagnose sehr entwickelt und wird es auch weiterhin tun, und ich denke, das ist für uns beide sehr bedeutsam. Ich habe viel über mich selbst gelernt und darüber, wie ich ein besserer Mensch werden kann, und ich glaube, er lernt zum ersten Mal in seinem Leben, die Kontrolle abzugeben, da er jetzt völlig von mir und seinen Schwestern abhängig ist. Ich weiß, dass es schwer für ihn ist, nicht mehr die Dinge tun zu können, die er früher getan hat, aber er hat bis zu diesem Zeitpunkt auch ein ziemlich tolles Leben geführt. Man muss Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen den gleichen Umgang und Respekt entgegenbringen wie jedem anderen Menschen auch, denn sie sind immer noch ihre eigene Person, wenn auch fragmentiert. Er ist nicht in der Lage, einen einzigen Film zu nennen, aber ich frage ihn immer, was er sich ansehen möchte. Er ist nicht mehr in der Lage, seine Finanzen zu verwalten, aber ich beziehe ihn immer noch in einige der Entscheidungen ein, die ich für ihn in finanzieller Hinsicht treffen muss. Ich denke, diese kleinen Dinge sind wichtig, denn sein Verstand ist zwar nicht mehr intakt, aber seine Gefühle sind intakt.

In manchen Fällen kann Demenz auch vererbt werden. Machst du dir Sorgen, dass du selbst auch eines Tages daran erkranken könntest?
Als ich aufwuchs, war meine größte Angst, meinen Verstand zu verlieren. Das kommt auf dem Album in dem Stück „Pneuma Enthusiastikon“ zum Ausdruck. Ich hatte einen schlimmen LSD-Trip und danach lange Zeit Probleme mit Panik und Depersonalisation, und diese kleine Erfahrung eines nicht funktionierenden Verstandes half mir, Empathie für meinen Vater zu entwickeln. Ich glaube nicht, dass ich diese Angst noch aktiv mit mir herumtrage, aber sie wurde ein wenig wach, als ich begann, diese Angst auf das zu projizieren, was mein Vater durchmachte. Glücklicherweise scheint Demenz in meiner Familie nicht verbreitet zu sein, sodass ich mir im Moment keine Sorgen mache. Sorgen ändern nichts an der Zukunft und das Beste, was ich tun kann, ist, jetzt auf mich selbst aufzupassen. Ich glaube, meine wirkliche Angst wäre nicht die Demenz oder der Wahnsinn selbst, sondern dass ich niemanden habe, der mir dabei hilft. Wenn die Krankheit erst einmal da ist, ist man völlig auf die Familie oder die medizinische Versorgung angewiesen, und ich kann mir nicht vorstellen, das allein zu schaffen. Es wäre nicht möglich.

Der Albumtitel „Bleed, Memory“ ist offensichtlich eine Anspielung auf Vladimir Nabokovs Autobiografie „Erinnerung, sprich“. Was hat dich gerade an diesem Werk so gepackt, dass es deine Titelwahl derart direkt beeinflusst hat, und wie hängt es mit dem Konzept des Albums zusammen?
Du hast recht, daher habe ich den Namen genommen. Ich bin ein großer Nabokov-Fan, aber das Buch selbst hat nicht wirklich viel mit dem Album zu tun, außer dass es den Titel inspiriert hat. Um ehrlich zu sein, ist es ein bisschen langweilig zu lesen. (lacht)
Kürzlich habe ich es aber noch einmal durchgeblättert und der erste Absatz hat mich wirklich beeindruckt. Er lautet wie folgt: „Die Wiege schaukelt über einem Abgrund, und der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass unsere Existenz nur ein kurzer Lichtspalt zwischen zwei Ewigkeiten der Dunkelheit ist. Obwohl es sich um eineiige Zwillinge handelt, betrachtet der Mensch in der Regel den vorgeburtlichen Abgrund mit mehr Ruhe als den, auf den er zusteuert (mit etwa viertausendfünfhundert Herzschlägen pro Stunde).“
Im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass dies etwas von dem Album und mir selbst enthält. Eine der Schwierigkeiten im Umgang mit Demenz ist, dass man die Person verliert und dass ihr Leben wahrscheinlich verkürzt sein wird. Ist es nicht seltsam, dass wir eine so große Angst vor dem Tod haben, obwohl er ein Zustand ist, der uns so unbekannt ist wie der leere Zustand vor der Geburt? Wenn ich es so betrachte, bin ich beruhigt.

Vor dem Release deines neuen Albums gab es dazu ein paar äußerst skurrile Teaser, die zynische Menschen womöglich als aufmerksamkeitsheischend bezeichnen würden. Hand aufs Herz: Stand bei den Teasern die künstlerische Idee oder der Marketing-Gedanke im Vordergrund?
Oh, interessant, ich habe das nie als Gimmick empfunden. Es ging in erster Linie darum, auf kreative Weise eine Botschaft zu vermitteln. Jeder Künstler muss Werbematerial für seine Kunst erstellen. Egal, ob es sich um Musikvideos, Beiträge in den sozialen Medien oder Anzeigen handelt – man muss es tun. Warum sollte man also nicht auch seine Kunst in dieses Material einbringen? Wenn ich das tue, dann muss ich es auf eine authentische und interessante Weise tun. Ich finde sie großartig und sie bringen mich immer noch zum Lachen.

Thief Foto3 2024Sowohl in diesen Teasern als auch deinen Texten und deiner Musik kommt oft auch ein hintergründiger, bissiger Humor zum Ausdruck – obwohl du dich äußerst ernster Themen annimmst und entsprechend düstere Songs kreierst. Welche Rolle spielt Humor in deinem Leben und in deiner Kunst?
Humor ist wichtig, besonders auf dem Grund des Abgrunds. Er ist so hilfreich, wenn man es richtig macht. Nichts ist wichtig – auf die positivste Art und Weise – und Humor hilft, die kosmische Absurdität von allem aufzudecken. Ich erinnere mich, dass ich diese Geschichte über den Schauspieler Phil Hartman gelesen habe, der von seiner Frau ermordet wurde, und wie bei seiner Beerdigung alle trauerten und völlig neben sich standen. Jemand sagte zu John Lovits (seinem besten Freund): „Ich kann einfach nicht glauben, dass sie ihn ermordet hat und er nicht mehr da ist“, worauf Lovits antwortete: „Ach, komm schon, du machst es schlimmer, als es war!“ Alle brachen inmitten ihres Kummers in Gelächter aus. Das ist Medizin.

Es fällt auf, dass „Bleed, Memory“ wieder um einiges kompakter als der Vorgänger „The 16 Deaths Of My Master“ ist. Denkst du rückblickend, dass dieses Album womöglich etwas überladen war?
Ich weiß es nicht. Ich habe es schon eine ganze Weile nicht mehr angehört. Frag mich in zehn Jahren noch einmal! Ich habe Leute sagen hören, es sei absolut perfekt, und andere sagen, es sei aufgebläht. Zu der Zeit fühlte es sich richtig an, und das ist alles, woran ich mich halten kann. Bei „Bleed, Memory“ wusste ich, dass ich es viel prägnanter gestalten wollte, und ich glaube, das ist mir gelungen. „16 Deaths“ war einfach ein riesiges Album, und ich denke, es ist nichts falsch daran, etwas Fett auf dem Fleisch zu haben. Manchmal sagen mir Leute, dass ihr Lieblingssong auf dem Album ein Stück ist, das ich nie für besonders stark gehalten habe. Das ist schon oft passiert. Es zeigt also: Was weiß ich schon? Es gibt eine Geschichte über Tool, als sie „Undertow“ (eines meiner Lieblingsalben) aufnahmen und der Produzent oder jemand anderes wollte, dass sie „eine Menge Fett abschneiden“. Das ist für mich verrückt! Dieses Album ist perfekt. Du machst das, was sich richtig anfühlt.

Die elektronischen Elemente deiner Musik scheinen von Album zu Album eklektischer und vielschichtiger zu werden. Siehst du dich selbst nach wie vor als Lernenden?
Ja, auf jeden Fall. Ich würde mich immer noch als Anfänger in Sachen Produktion, Mixing und Synthese betrachten. Es gibt Leute da draußen, die viel verrücktere Sachen machen als ich, die ich nicht einmal ansatzweise aufschlüsseln kann. Aber das macht ja gerade den Spaß aus, es gibt so viel zu lernen, und die Technologie entwickelt sich so schnell, dass man nie mit ihr Schritt halten kann, sodass es einen ständig demütig werden lässt. Manchmal mache ich etwas und denke: „Oh Scheiße, das ist Next-Level-Shit“ und dann höre ich einen IDM-Track von einem Kind im Keller seiner Mutter und fühle mich wie ein Anfänger.

Du hast auf deinem neuen Album bezüglich der Chor-Samples eine Methode namens Granularsynthese eingesetzt. Hast du dir diese Technik zuvor bereits zunutze gemacht oder war das für dich etwas völlig Neues?
Ich habe sie schon bei einigen Ambient-Tracks eingesetzt, aber es ist das erste Mal, dass ich sie in einem richtigen Song verwende, in dem sie die eigentliche Strophe oder den Refrain ausmacht. Es ist ein so cooler Sound, dass ich begeistert war, einen Weg zu finden, ihn auf diese Weise zu nutzen. Es ist eine ziemlich chaotische und unvorhersehbare Art, Sound einzusetzen, zumindest im Kontext eines Songs. Es ist immer im Wandel und verändert sich.

Du hast die Samples auf diese Weise extrem kleinteilig zerstückelt, übereinandergeschichtet und nachbearbeitet. Wie gestaltete sich diesbezüglich deine Herangehensweise – wie konntest du vorweg überhaupt einschätzen, wie das jeweilige Sample letztlich klingen sollte?
Meistens habe ich keine Ahnung, wie das Endergebnis klingen soll. Stattdessen gibt es eine Stimmung und vielleicht eine Technik, mit der ich sie ausdrücken möchte. Umgekehrt verbringe ich viel Zeit damit, mit Klängen zu experimentieren, ohne ein Ziel vor Augen zu haben, und plötzlich löst ein bestimmter Klang oder eine bestimmte Textur eine Idee aus. Der Sound diktiert dann den Song. Ich glaube, so ist „Paramnesia“ entstanden. Ich wollte wirklich versuchen, einen gut klingenden Synthesizer mit Chorsamples zu machen, der eine Art „Witch House“-Stimmung hat, also schnappte ich mir einfach ein paar Vinyls, die ich über die Jahre gesammelt hatte, und warf wahllos Sachen in das Granularsynthesizer-Modul, bis etwas richtig klang und eine Melodie inspirierte. Ab und zu höre ich einen Chorsong und weiß genau, was ich damit machen will, aber ich kann mich beim Schreiben nicht in einer Weise verfangen, dass ich jedes Detail im Voraus plane. Ich überlasse vieles dem Zufall und dem Experimentieren.

Deine Tracks sind generell zum Bersten gefüllt mit winzigen Details. Würdest du dich selbst als penibel oder perfektionistisch bezeichnen?
Ja, ich bin verrückt, was diese Dinge angeht. All diese „Leckerbissen für die Ohren“ halten den Song frisch und interessant. Wenn der Song einmal geschrieben ist und es an der Zeit ist, ihn abzumischen und weiter zu produzieren, verbringe ich vielleicht drei Tage mit einem Takt des Songs, um ihn zu verfeinern und zu verfeinern und zu verfeinern. Wie ich schon erwähnte, weiß ich nicht immer, was ich will, also muss ich viel experimentieren. Das Endergebnis ist es aber immer wert. Ich stelle mir vor, dass ein Schriftsteller so arbeiten könnte. Sie haben einen ziemlich guten Satz oder Absatz, aber sie wissen, dass er noch etwas mehr braucht, also feilen sie immer wieder daran herum, bis er genau richtig ist. Manchmal ist es die richtige Entscheidung, nichts hinzuzufügen. Manchmal braucht es ein komplettes Facelifting. Manchmal ist es aber auch angebracht, Dinge zu entfernen und es völlig kahl zu lassen. Mein ADHS macht es mir allerdings schwer, das zu tun.

Erschwert es dir diese Liebe zum Detail mitunter, deine Songs zu vollenden?
Es dauert definitiv viel länger, aber der Schlüssel ist, zu wissen, welche Songs diesen Aufwand erfordern. Im Allgemeinen bringe ich die meisten meiner Ideen bis zu einem gewissen Grad zur Vollendung, weil ich denke, dass das eine wichtige Gewohnheit ist, die man als Künstler haben sollte, aber wenn ein Song an dem Punkt ist, an dem es Zeit ist, das Skalpell herauszuholen und wirklich akribisch zu werden, weiß ich normalerweise, ob der Song diesen Aufwand wert ist oder nicht. Es ist also auch eine Art von Weisheit, zu wissen, worauf man seine Energie verwenden sollte und worauf nicht. Meine Festplatte ist voll mit Songs, die nie veröffentlicht wurden und in die ich viel zu viel Zeit investiert habe. Ich habe gelernt, dass das Skalpell nicht dazu da ist, gute Songs großartig zu machen, sondern großartige Songs besser zu machen.

Thief - Bleed Memory CoverDas Artwork des Albums ist eine verfälschte Neuinterpretation von El Grecos „Die Tränen des Heiligen Petrus“. Warum war gerade dieses Bild aus deiner Sicht eine stimmige Vorlage für das Artwork und inwiefern ist das Original überhaupt für das Ergebnis bedeutsam, wenn diese Inspiration kaum zu erkennen ist?
Es sieht aus und fühlt sich an wie eine Repräsentation dessen, wie sich das Album anfühlt, wirklich. Es gibt alle möglichen Parallelen, die man zwischen dem heiligen Petrus und jemandem mit Demenz ziehen könnte, aber um ehrlich zu sein, habe ich das Artwork von Joseba Eskubi gekauft, bevor ich überhaupt wusste, was das Originalgemälde war, und ich wusste wenig über den heiligen Petrus (außer, dass er Christus dreimal verleugnet hat, was ziemlich Metal ist). Mir gefiel einfach der traurige Blick. Vielleicht ist es das, was ich innerlich für meinen Vater empfinde, wenn ich sehe, wie er von Demenz gekreuzigt wird. Auf einer Meta-Ebene liebe ich Eskubis Arbeit und die Art und Weise, wie ich seine Kunst und seinen Prozess als Spiegel meiner eigenen empfinde. Er nimmt ein bestehendes und oft fast altes Kunstwerk und verunstaltet es, um es neu und einzigartig zu machen. Das ist in etwa das, was ich mit den Chorsamples mache, also habe ich das Gefühl, dass es da eine starke visuelle und auditive Verbindung gibt, und ich denke, das wird auch vermittelt.

Als Künstler, der mit den verschiedensten elektronischen Stilmitteln arbeitet, bist du moderner Technologie im kreativen Kontext gewiss nicht abgeneigt. Wie stehst du vor diesem Hintergrund dem von allem in Bezug auf Kunst umstrittenen AI-Thema gegenüber?
Ich hoffe, dass sich die KI so entwickelt, dass sie den Künstlern mehr Zeit für ihre Kunst lässt, anstatt ihnen den Job wegzunehmen, damit sie mehr arbeiten können. In einer utopischen Zukunft wird die KI die meisten der von Menschen ausgeübten Tätigkeiten übernehmen, sodass wir anderen kreativen/persönlichen/spirituellen Bestrebungen nachgehen können. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das der geplante Weg ist. Ich denke, dass rein durch KI erzeugte Kunst Müll ist und keinen langen Atem haben wird, denn meiner Erfahrung nach interessieren sich die Menschen nicht für Kunst, die von KI geschaffen wurde, abgesehen von ihrer Neuartigkeit. Es findet keine menschliche Verbindung statt. Aber KI-Tools können cool sein. Ein Künstler kann dazu beitragen, die KI so zu „steuern“, dass sich neue kreative Möglichkeiten eröffnen. Die Art und Weise, wie einige bildende Künstler KI-„Artefakte“ einsetzen, ist wirklich beeindruckend, z.B. einige der verstörenden Videokurzfilme von Connor O’Malley oder die Bilder von Alan Resnick. Es gibt ein digitales Synthesizer-Plug-In (der Name ist mir entfallen), das mithilfe von KI versucht, eine Klangquelle zu replizieren, die man ihm zuführt. Es ist nicht besonders gut, aber es erzeugt einige wirklich interessante Ergebnisse, die man weiter bearbeiten kann.

Was steht bei THIEF als Nächstes auf dem Plan – und wie stellst du dir die längerfristige Zukunft deines Projekts vor?
In der unmittelbaren Zukunft werden wir Mitte Juli eine kleine US-Westküstentournee machen und dann im September beim Prophecy Fest in Deutschland spielen, wahrscheinlich mit ein paar weiteren Terminen, während wir dort unterwegs sind. Danach schließe ich einfach die Türen ab und mache das nächste Album fertig. Auf lange Sicht habe ich keine Ahnung, was außer Musik zu machen noch passieren wird. Ich hoffe nur, dass ich mich in eine Richtung entwickeln kann, in der ich weiterhin die Mittel und das Privileg habe, meine Musik mit der Welt zu teilen.

Kommen wir nun noch zu einer kleinen Metal1.info-Tradition: dem anschließenden Brainstorming. Was kommt dir bei den folgenden Begriffen in den Sinn?
Identität: Illusion
Nostalgie: Verlockung
Sleep Token: Ich habe sie mir noch nicht angehört, aber wahrscheinlich sind sie scheiße.
Experimentieren: Essentiell
Feel-Good-Musik: „Nola“ von Down
Deine bislang größte Leistung: Abstinenz

Zum Abschluss nochmals vielen Dank! Die letzten Worte möchte ich gern dir überlassen:
Vielen Dank für Eure Unterstützung und Euer Interesse an THIEF! Bleibt gesund und macht ordentlich Krawall.

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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