Interview mit Ryan Wilson von The Howling Void

Read the English version

Mit „The Darkness At The Edge Of Dawn“ hat Ryan Wilson ein weiteres Album seines Funeral-Doom-Soloprojekts THE HOWLING VOID vorgelegt – ein äußerst atmosphärisches, wenn auch etwas unauffälliges Werk. Warum er seit einiger Zeit keinen gutturalen Gesang mehr einsetzt, weshalb der Titeltrack der Platte einen leichten Blues-Einschlag hat und unter welchen Umständen die Musik von THE HOWLING VOID auch live funktionieren könnte, erfahrt ihr im folgenden Interview.

THE HOWLING VOID ist dein Soloprojekt, mit dem du Funeral Doom spielst. Was genau fasziniert dich an dieser Stilrichtung mehr als an anderen Genres?
Die Langsamkeit. Die Musik ähnelt dadurch dem Leben selbst, das eine langsame, dunkle, schmerzhafte Reise ins Nichts darstellt.

Anders als die meisten Bands dieser Musikrichtung verwendest du überhaupt keinen gutturalen Gesang. Was ist der Grund dafür?
Ich habe auf den ersten paar Alben Growls eingesetzt, habe mich dann aber aus verschiedenen Gründen dazu entschieden, meinen Gesangsstil zu ändern. Erstens wollte ich der Musik eine weitere atmosphärische Schicht hinzufügen und ich hatte das Gefühl, dass ich das dadurch erreichen könnte, indem ich die Stimme als ein weiteres gestimmtes Instrument einsetze. Zweitens habe ich eine Art Phobie entwickelt, dass ich mir meine Stimmbänder beschädigen und dadurch meine Kehle verletzen könnte. Das ist wohl irrational, aber ich schätze, so ist nun mal die Natur einer Phobie.

Von welchen Interpreten beziehst du die meiste Inspiration für deine eigene Musik?
In diesem Projekt sind meine Haupteinflüsse die alten Alben von Emperor, Shape Of Despair, Therngothon, Sunn und Arvo Part.

Obwohl es THE HOWLING VOID erst seit 2007 gibt, hast du bereits sechs Alben veröffentlicht – trotz all deiner anderen Projekte. Bleibt da überhaupt noch Zeit für etwas Anderes als Musik?
Eigentlich nicht. Ich verbringe den Großteil meiner Freizeit mit Musik. Ich bin von Natur aus zurückgezogen und mag es nicht, das Haus zu verlassen und mich in Menschenmengen wiederzufinden oder so. Also denke ich, dass es nur natürlich ist, dass ich zuhause bleibe und konstant an meinem Selbstausdruck durch Musik arbeite.

Hältst du es für möglich, dass du deine Fans damit sogar ein bisschen überforderst bzw. übersättigst?
Darüber habe ich bisher nicht wirklich nachgedacht. Ich kümmere mich nicht um die „Marketing“-Seite der Musik. Ich mache einfach neue Musik und veröffentliche sie in der Hoffnung, dass andere Leute darin etwas Bedeutungsvolles finden. In erster Linie ist es für mich eine Art Therapie.

An Musikprojekten mangelt es dir jedenfalls nicht. Warum war es dir dennoch wichtig, THE HOWLING VOID zu gründen und fortzuführen, anstatt das Material für deine anderen Projekte zu verwenden?
THE HOWLING VOID repräsentiert einen großen Teil meines Selbst. Es ist wie die Reflektion eines großen Teils meiner Persönlichkeit. Ich schätze, ich kann dem nicht wirklich entkommen.

Welcher Aspekt an deinem Dasein als Einzelkünstler ist für dich mit den größten Schwierigkeiten verbunden?
Ich mag es eigentlich größtenteils. Schwierig wird es, wenn ich zu sehr in meinen eigenen Abläufen und Klischees feststecke. Da hilft es manchmal, jemand anderen zu haben, der dann eine frische Perspektive einbringt.

Deine Alben waren früher meist in etwa eine Stunde lang, deine letzten beiden hingegen merklich kürzer. Gibt es einen bestimmten Grund für diese Kürzung?
Der Stil hat sich ein wenig verändert und daher fühle ich mich einfach etwas wohler damit, die Songs ein wenig kürzer zu halten als zuvor.

Dein neuestes Album nennt sich „The Darkness At The Edge Of Dawn“. Im Gegensatz zum Titel sind die Texte eher kurz gehalten. Spielen sie für dich dennoch eine große Rolle oder könntest du dir auch vorstellen, ein rein instrumentales Album zu schreiben?
Die Texte sind mir bis zu einem gewissen Grad wichtig, aber der Klang der Stimme ist vorrangig. Für mich sind die Vocals in erster Linie ein Instrument. Die Lyrics kommen dann erst danach. Dennoch steckt viel Bedeutung in den Texten, doch ich halte sie kurz, weil ich versuche, Dinge auszudrücken, die sich nicht so gut durch Worte artikulieren lassen.

Ich habe den Eindruck, dass die Texte eher schwermütig und zum Teil naturverbunden sind. Worum geht es da im Allgemeinen?
Es geht im Allgemeinen darum, isoliert, abgeschottet und in einer Endlosschleife aus Elend und Sinnlosigkeit gefangen zu sein. Also ja, sehr melancholisch. Um diese Gefühle zu vermitteln, greife ich auf Naturmetaphern zurück.

Hast du einen persönlichen Lieblingstrack auf dem Album? Falls ja, welcher und aus welchem Grund?
Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht ist es der Titeltrack. Mir gefallen viele Abschnitte dieses Songs und normalerweise mag ich meine eigene Musik gar nicht so gerne.

Ich meine, im Titeltrack sogar einen leicht bluesigen Part gehört zu haben. War das so beabsichtigt? Und zählt Blues generell auch zu deinen Einflüssen?
Ja, absolut. Ich mag vor allem alte Blues-Aufnahmen. Die Kombination aus der Melancholie, die der Musik innewohnt, und der Altertümlichkeit, die ihr anhaftet, sagen mir sehr zu. Aus irgendeinem seltsamen Grund ziehen mich alte und halb vergessene, von der Zeit begrabene Dinge an.

THE HOWLING VOID ist und bleibt ein reines Studioprojekt, nicht wahr? Denkst du, im richtigen Setting könnte deine Musik auch live funktionieren oder wäre das für dich selbst mit den richtigen Mitmusikern nicht erstrebenswert?
Ich würde diese Songs gerne eines Tages live spielen, aber es hat sich noch nie die richtige Gelegenheit ergeben. Das einzige, worum es mir geht, ist, dass es an einer ganz bestimmten Art von Location sein müsste – in einer Kirche, einer Höhle oder einem großen Auditorium. Ich will die Songs nicht in einem verschwitzten, überfüllten Klub irgendwo im Nirgendwo spielen. Ich denke einfach, dass das nicht zur Atmosphäre passen würde.

Du hast vor einiger Zeit angekündigt, dass du zusammen mit den Black-Metallern Nyss eine Split herausbringen wirst. Wie kam es dazu und was erwartest du dir von dieser Zusammenarbeit?
Ich bin ein großer Fan von Nyss, also war ich froh, als Thorir mich kontaktiert hat. Er hat mich gefragt, ob ich an einer gemeinsamen Split interessiert sei und ich habe sofort zugestimmt. Normalerweise bin ich mit diesem speziellen Projekt nicht daran interessiert, Splits zu machen, aber Nyss haben so einen einzigartigen Sound und ich denke, dass der sehr gut mit dem von THE HOWLING VOID harmonieren wird. Da bin cih schon ziemlich aufgeregt.

Hast du auch schon etwas für dein nächstes Full-Length-Album geplant oder konzentrierst du dich vorerst nur auf die Split mit Nyss?
Ich habe meinen Beitrag zur Split mit Nyss kürzlich bereits fertiggestellt. Es ost ein einziger, 13 Minuten langer Track, der zwar meinem aktuellen Sound entspricht, aber auch ein bisschen zu meinen Funeral-Wurzeln zurückkehrt. Ich habe schon damit begonnen, über ein weiteres Full-Length nachzudenken, aber ich habe noch nichts entschieden. Zum Teil möchte ich zu meinem alten, reinen Funeral-Doom-Sound zurückkehren. Aber ich weiß nicht so recht. Ein neues Album für dieses Projekt zu schreiben, ist immer stressig und ich bin nicht so erpicht darauf, so bald schon wieder damit anzufangen.

Bei Metal1.info haben wir die Tradition, unsere Interviews mit einem Brainstorming zu beenden. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein?
Summoning: Liebe ich.
Blast-Beats: Die liebe ich auch.
Waffengesetze in den USA: Je mehr Waffen desto besser.
Stadt – Land: Auf jeden Fall Land.
Europa: Ein Ort, den ich schon immer besuchen wollte. Eines Tages, hoffentlich.
Spiritualität: Für jeden einzigartig.

Zum Abschluss möchte ich mich nochmal bei dir für deine Antworten bedanken. Die letzten Worte überlasse ich dir:
Danke für die Gelegenheit für dieses Interview. Ich bin sehr dankbar und hoffe, dass es jedem, der dies hier liest, gut geht.

Publiziert am von Stephan Rajchl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert