Interview mit Torsten Larson von The Dark Red Seed

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Obwohl THE DARK RED SEED mit „Becomes Awake“ gerade erst ihre zweite Veröffentlichung und ihr erstes Full-Length herausgebracht haben, ist schon jetzt klar, dass das Musikprojekt um Mastermind Torsten Larson immer für eine Überraschung gut ist. Im Interview mit dem Kopf der Band könnt ihr mehr über die orientalischen Einflüsse der Platte, die Unterschiede des Songwritings im Vergleich zur Vorgänger-EP und die Verbindung von östlicher und westlicher Kultur lesen.

In unserem letzten Interview hast du bereits einige Andeutungen gemacht, was man von eurem Debüt „Becomes Awake“ erwarten konnte. Ist es letztlich genau so geworden, wie geplant, oder sind dir in der Zwischenzeit andere Ideen gekommen?
Eigentlich trifft beides zu. Manches ist wie geplant geworden, aber es kommen immer auch ein paar neue Ideen.

Auf eurem Debüt schlagt ihr eine völlig andere Richtung als auf eurer ersten EP ein. War es schwierig, diese neuen Elemente richtig umzusetzen?
Interessant, dass du denkst bzw. bemerkt hast, dass es so anders klingt. Ich denke, ich sehe das anders, sie sind zwar verschieden, aber in meinem Kopf sind es einfach zwei Teile desselben Konzepts.

Hat sich auch eure Herangehensweise an das Songwriting gegenüber den Arbeiten zu „Stands With Death“ verändert?
„Stands With Death“ war sehr improvisiert und fast zu 100 % live eingespielt. „Becomes Awake“ ist hingegen viel mehr orchestriert und hat mehr Zeit in Anspruch genommen. Um die Wahrheit zu sagen, etwa 80 % von „Becomes Awake“ haben wir über drei Jahre hinweg aufgenommen, wohingegen wir „Stands With Death“ in ungefähr zwei Wochen am Ende dieser Zeitspanne eingespielt haben. Es war sehr spontan. Aus meiner Sicht war es aber notwendig, „Stands With Death“ zuerst zu veröffentlichen.

Während manche Tracks wie „Darker Days“ eher geradlinig sind, gibt es auch ziemlich sperrige Nummern wie „Alap“. Denkst du, dass sich manche Hörer von diesem Kontrast überfordert fühlen?
Darüber denke ich nicht nach. Ich habe dieses Album als lineares Stück Musik kreiert. Die verschiedenen Abschnitte erzählen verschiedene Teile der Geschichte, die ich vermitteln möchte. Es ist keine Popmusik, also ist es nicht mein Hauptanliegen, dass es dem Publikum gefällt.

Wenn du jemandem nur einen Song vorspielen könntest, um dieser Person einen Eindruck von eurem Album zu verschaffen – welchen würdest du wählen und warum?
Es ist alles ein einziger Song. Eher so, wie eine Symphonie mehrere Abschnitte hat. Ich denke, es wäre unfair, nur einen Song als Beispiel auszuwählen, weil es eine Dynamik zwischen den Teilen gibt.

Ist „Becomes Awake“ deiner Wahrnehmung nach gut bei den Hörern angekommen – auch im Vergleich zu „Stands With Death“?
Ich weiß es nicht. Dem habe ich keine Aufmerksamkeit geschenkt.

Was steckt hinter dem Titel „Becomes Awake“? Würdest du sagen, dass man aus den mythologischen Themen, die ihr besingt, Erkenntnisse ziehen kann?
Nein, ich denke nicht. Zumindest ist es nicht beabsichtigt. Das Konzept des Albums befasst sich eher mit meiner persönlichen Reise durch Traumata und den Schmerz des Lebens. Allerdings ist das Album einfach eine Geschichte von Erfahrungen, die im Lauf der Geschichte schon viele Menschen gemacht haben. Ich erzähle schlicht eine sehr alte Geschichte, die schon oft weitergegeben wurde, auf eine Weise, die sie hoffentlich in einen aktuellen Kontext rückt.

Inhaltlich finden sich auf eurem Album einige düstere Aspekte, musikalisch scheint hingegen eine positive Grundstimmung vorzuherrschen. Würdest du sagen, dass auf „Becomes Awake“ das eine oder das andere überwiegt oder siehst du es eher als Mischung?
Ja, ein Teil des Albumkonzepts ist die Akzeptanz von beidem, Licht und Dunkelheit.

Sowohl musikalisch als auch lyrisch finden sich auf eurem Album viele orientalische Einflüsse. Woher kommt deine Begeisterung für diese spezielle Kultur?
Ich kann dir nicht mit Sicherheit sagen, woher sie ursprünglich kam, aber es fing wohl an, als ich etwa zehn Jahre alt war und mir mein Geigenlehrer ein Album namens „East Meets West“ gab, auf dem klassische, indische Ragas von Ravi Shankar und Yehudi Menuhin gespielt wurden. Beide waren Geigenvirtuosen im Hinblick auf das klassische westliche Geigenspiel. Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für „östliche“ Tonleitern aus Persien, Indien und der Roma-Kultur. Ich kann nicht genau sagen, warum. Ich liebe einfach das Gefühl und die Emotionen, die es in mir auslöst.

Denkst du, dass sich „Becomes Awake“ dazu eignet, eher westlich oder östlich orientierte Hörer der jeweils anderen Musikrichtung näherzubringen?
Ich hoffe es! Aber die Frage ist zu simpel für eine komplizierte Antwort, denn es ist schwer, „östliche“ und „westliche“ Musik, Kunst und Kultur zu trennen, da die Völker von Europa und Asien hunderte von Jahren miteinander in Berührung waren. Man findet traditionelle Roma-Musik in den Werken von Johannes Brahms und maurische Architektur verbunden mit mittelalterlicher, spanischer Tradition. Vor über tausend Jahren haben die Wikinger von Skandinavien aus angefangen, mit den Arabern in der Türkei zu handeln. Es ist so ein normaler Teil der menschlichen Erfahrung, dass viele von uns es kaum merken.

Das Artwork wurde abermals von Paul Romano kreiert. Habt ihr ihm diesbezüglich konkrete Vorgaben gegeben oder habt ihr ihm freie Hand gelassen – vielleicht nachdem ihr ihm die Platte vorgespielt habt?
Ich würde sagen, dass er fast die komplette kreative Kontrolle über die Kunst hatte. Ich habe ihn nur insofern ein wenig instruiert, als ich ihm die Bedeutung der Geschichte und das Konzept der Platte erläutert habe.

Habt ihr vor, ihm auch zukünftig weiterhin die visuelle Umsetzung eurer Musik zu überlassen?
An diesem Punkt habe ich noch keine Antwort auf diese Frage.

Mit all den verschieden Instrumenten, die ihr auf eurem Debüt einsetzt, ist die Live-Umsetzung vermutlich nicht allzu leicht, oder? Wie löst ihr das?
Wir haben ein paar Backing-Spuren verwendet, aber das Set mit leicht veränderten Arrangements gespielt, die man mit einer Vier-Mann-Band spielen kann. Ich habe es wirklich genossen, diese Arrangements aufzuführen.

Habt ihr schon eine Idee, was ihr mit THE DARK RED SEED als Nächstes machen wollt? Wird es wieder etwas völlig anderes sein oder könnt ihr euch vorstellen, den Stil eures Debüts beizubehalten?
Ja, andere Ideen sind schon in Arbeit. Alles, was ich jetzt sagen kann, ist, dass ich andere Geschichten zu erzählen habe und dass die Musik sich damit entwickeln wird. Ich hoffe immer, dass meine Musik durch meinen eigenen Schreibstil einen vertrauten Faden hat, aber ich beabsichtige, meiner Musik immer zu erlauben, sich zu entwickeln. Man kann also vertraute Klänge und Ideen in Verbindung mit neuen Instrumenten und Geschichten erwarten.

Machen wir wieder mit unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming weiter:
Spiritualität: Wichtig und schwer zu erhalten.
Handelskrieg: Ich habe nicht genug klare und objektive Informationen, um da eine verantwortungsvolle Antwort zu geben.
Westernfilme: Meinst du damit westliche Filme oder „Western“, das Genre?
Fußball-Weltmeisterschaft: Ich habe noch nie über Sport nachgedacht.
Spannendste Prophecy-Neueinsteiger: THE DARK RED SEED
Elektronische Musik: Aphex Twin für immer – ich fordere dich heraus, mir einen wichtigeren und produktiveren Künstler der letzten 30 Jahre zu zeigen.

Nochmals vielen Dank für dieses Gespräch. Gibt es noch etwas, das du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Nope! Danke!

Publiziert am von Stephan Rajchl

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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