Interview mit Torsten Larson von The Dark Red Seed

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Mit ihrer Debüt-EP „Stands With Death“ haben THE DARK RED SEED ein zurückhaltendes und doch vielfältiges und kreatives Minialbum veröffentlicht, das in mancherlei Hinsicht an musikalische Giganten wie Johnny Cash und Nick Cave erinnert und Lust auf mehr macht. Was die Hörerschaft auf der kommenden Full-Length-Platte „Becomes Awake“ erwartet, warum die Band trotz personeller Überschneidungen keineswegs ein Nebenprojekt von King Dude ist und was hinter der minimalistischen Herangehensweise des Duos steckt, erfahrt ihr in diesem Interview mit Torsten Larson.

Ihr, THE DARK RED SEED, seid ein Duo bestehend aus dir, Torsten Larson, und Shawn Flemming. Ihr habt euch im Zuge der Arbeiten mit King Dude kennengelernt. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, zu zweit Musik zu machen?
Eigentlich ist das eine Fehlinformation. Ich war mit Shawn und Thomas einzeln bereits Jahre, bevor sie sich kennengelernt haben, befreundet. Und ich habe mit beiden schon getrennt seit Jahren Musik gemacht, bevor wir in King Dude zusammengearbeitet haben. Ich habe Shawn und Thomas einander vorgestellt und dann haben wir alle zusammen an Teilen dieser King-Dude-Platte gearbeitet. THE DARK RED SEED haben Shawn und ich gegründet, als Shawn und ich zusammen in Portland gelebt haben.

Was ist für dich der markanteste Unterschied zwischen King Dude und THE DARK RED SEED?
Ich denke nicht, dass THE DARK RED SEED sich aus King Dude ableitet. Ich finde, dass der Unterschied in unserer Musik sehr offensichtlich ist, wenn man sich die Unterschiede bezüglich des Songwritings ansieht. Thomas und ich haben zum Teil dieselben Einflüsse und wir haben einander vielleicht gegenseitig beeinflusst, was nicht überrascht, denn wir sind in unseren 20ern zusammen aufgewachsen, haben schon viele Jahre zusammen musiziert und sind daran gewöhnt, zusammenzuleben. Wir sind beide von den Traditionen des Blues, Folk und Rock inspiriert, aber wie gesagt, letztlich denke ich, dass unsere Musik sich doch sehr voneinander unterscheidet.

Was genau ist deine Intention hinter THE DARK RED SEED, was ist die Essenz eurer Musik?
Unsere Intention ist ganz einfach, Musik zu kreieren, die sich für uns einzigartig und interessant anfühlt. Songs, von denen wir denken, dass sie der Musik als Kunstform neue Wege bereitet, aber zugleich, dass wir unsere Inspirationen offen zeigen, ohne sie zu kopieren. Außerdem wollen wir unserem musikalischen Pfaden überall hin folgen, wo er uns hinführt, und unserer Musik erlauben, sich mit der Zeit zu entwickeln und zu verändern. Hoffentlich schaffen wir so Musik, die uns ebenso begeistert wie unsere Hörer.

Laut Prophecy seid ihr unter anderem von Swans, Neil Young, aber auch von orientalischen Musikern inspiriert. Ich habe das Gefühl, auch etwas Johnny Cash und Nick Cave herauszuhören. Würdest du da zustimmen? Und inwiefern haben diese und andere Künstler deinen Geschmack geprägt?
Ja, klar. Alle diese Musiker haben sicherlich auf meine Musik eingewirkt. Ich denke, es ist ziemlich offensichtlich, wie diese Musiker meine Musik beeinflusst haben. Deshalb würde ich es vorziehen, dir und den Hörern die restliche Interpretation dieser Einflüsse, der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu überlassen. Ich möchte allerdings hinzufügen, dass, wenngleich die von dir genannten Künstler wohl die auffälligsten meiner Einflüsse darstellen, es noch weitere gibt, die meine Musik in demselben Ausmaß geprägt haben, wenn auch nicht so offensichtlich. Das wären etwa Aphex Twin, Brian Eno, Stravinsky, Kayhan Kalhor und die Liste geht noch weiter. Es mag nicht so leicht erkennbar sein, aber ich würde sagen, dass ich einige dieser Künstler vielleicht sogar öfter höre als die, die sich erkennbarer in meiner Musik widerspiegeln.

Hast du auch einen direkten oder indirekten Bezug zu Metal-Musik?
Ja, natürlich, ich bin mit Metal aufgewachsen und ich habe Freunde in großartigen Metal-Bands, mit denen ich manchmal toure.

Wie ist bei euch in der Band die Arbeitsteilung? Wer macht was in puncto Songwriting und Recording?
Die Musik ist von mir geschrieben. Also der Kern der Musik wie etwa die Gitarre, das Piano, die Gesangsmelodien und die Texte. Dann schreibt Shawn die Drum-Parts, aber er macht noch viel mehr. Er produziert die Musik mit mir. Er ist technisch viel versierter als ich und hat ein gutes Ohr für Produktion. Wenn ich eine Vorstellung habe, wie ein Song klingen soll, macht er sich an die Umsetzung, indem er verschiedene Mikrophone, Verstärker und Aufnahmetechniken einsetzt, um einen Sound zu erschaffen. Immer, wenn wir die allgemeine Struktur eines Songs vor Augen haben, sprechen wir darüber, was der Song braucht, oder was wir ausprobieren wollen. Das Schreiben verläuft bei uns also partnerschaftlich. Mag sein, dass ich die Wurzeln der Song schreibe, aber ohne Shawns Ideen und seine Produktion würden sie nie existieren.

Eure Musik ist sehr lässig und wirkt bisweilen eher improvisiert anstatt strikt durchgeplant. Würdest du auch sagen, dass eure Kompositionen eher aus dem Bauch heraus entstehen?
Ich denke, das habe ich dir schon in puncto Songwriting beantwortet.

Lyrisch und konzeptionell scheint ihr euch sehr viel mit dem Tod auseinanderzusetzen. Wie stehst du persönlich zum Ende des Lebens?
Ja, ich weiß nicht wirklich, warum. Ich finde, dass der Tod ein sehr interessantes Thema ist. Er ist das ultimative Mysterium und etwas, vor dem sich die meisten von uns fürchten und davonlaufen.

Eure Debüt-EP „Stands With Death“ enthält drei grundverschiedene Songs. „The Antagonist“ wurde bereits vorab veröffentlicht. Würdest du sagen, dass dieser Track euer Schaffen besonders gut einfängt oder gibt es einen anderen Grund dafür, dass ihr gerade ihn im Vorhinein präsentiert habt?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstehe. Es ist der erste Track, weil er der kürzeste ist und für die Hörerschaft ist er hoffentlich der fesselndste. Er fängt tatsächlich die Essenz des Versuchs ein, etwas Minimalistisches und zugleich Wirkungsvolles zu erschaffen.

„The Master And The Slave“ ist der kraftvollste Song der EP, während die anderen beiden eher minimalistisch und leise sind. Wird die Nummer eher eine Ausnahme bleiben oder werdet ihr auch in Zukunft härtere Musik kreieren?
Das weiß ich nicht. Ich folge der Musik einfach, wohin sie mich auch führt. Aber ich hoffe, sie bringt mich dazu, mehr Songs wie diesen zu schreiben!

„The Tragedy Of Alesund“ sticht für mich besonders durch sein Storytelling heraus. Habt ihr euch die apokalyptische Geschichte dazu selbst ausgedacht oder gibt es dazu eine literarische Vorlage?
Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit meines Urgroßvaters Hans Larson, bevor er aus Norwegen in die USA gezogen ist. Außerdem ist sie von einem alten norwegischen Buch namens „Die Lofotfischer“ inspiriert. Natürlich habe ich auch ein wenig märchenhafte Bildsprache eingebaut. Es soll das Phänomen der langsamen Veränderung einer Kultur im Lauf der Zeit vermitteln. Darüber hinaus auch die Akzeptanz dieser Veränderung als natürlichen Teil der menschlichen Geschichte.

Welcher der drei Tracks ist denn dein persönlicher Favorit und warum?
Ich mag sie alle gleichermaßen. Und warum? Weil sie sich alle einzigartig, aber dennoch verbunden anfühlen. (lacht)

Eure Songs sind größtenteils eher reduziert und ohne große Effekthascherei. Denkst du, dass es heutzutage schwerer ist, die Leute mit so entschleunigter, subtiler Musik zu erreichen?
Ah, ich mag diese Frage. Dieser reduzierte Ansatz war gewiss absichtlich. Ich wollte Musik erschaffen, die bewegt, die sich eindrucksvoll und interessant anfühlt, wobei so wenig wie möglich passiert. Die Vorstellung von Raum spielte in diesen Stücken eine große Rolle. Meine Lieblingsmusik ist zum Teil die, in der eher weniger als mehr gemacht wird. Bei der nächsten Veröffentlichung werden die Arrangements dichter sein, aber ich hoffe, dass ich auch wieder zu dieser simplen, reduzierten Herangehensweise zurückkehren kann.

Das Artwork ist wirklich sehr ästhetisch, aber auch unterschwellig düster. Wer war dafür verantwortlich und inwieweit entspricht es eurer ursprünglichen Vision?
Der Name des Künstlers lautet Paul Romano. Er hat schon Artworks für härtere Bands wie Mastodon angefertigt. Wir haben uns vor ein paar Jahren angefreundet, als ich mit King Dude auf Tour war. Ich denke, dass das Bild dem Konzept der EP perfekt entspricht. Ich habe meine eigene Interpretation bezüglich des Gemäldes, aber es ist vielleicht besser, Paul zu fragen, was seine Gedanken hinter seiner Arbeit war. Er hat auch das gesamte Layout und das Design für das Album kreiert, die sehen ebenfalls großartig aus.

„Stands With Death“ wurde über Prophecy Productions veröffentlicht. Wie seid ihr mit dem Label in Kontakt gekommen?
Ich habe Martin Kollar, den Chef von Prophecy, im Sommer 2016 zufällig beim Dark Bombastic Festival in Rumänien kennengelernt. Ich wusste nicht, wer er war, aber wir hatten ein wirklich nettes Gespräch und haben ein paar der Bands zusammen angeschaut. Ich habe ihm dann mein Musikprojekt beschrieben und er war sehr interessiert. Ich schickte ihm also eine Rohversion und ein paar Wochen später haben wir uns in Trier getroffen, um einen Vertrag zu besprechen.

Ihr wollt 2018 euer Debüt-Full-Length „Becomes Awake“ veröffentlichen, richtig? Was darf man sich davon erwarten?
Ja, es kommt ein Full-Length, voraussichtlich im Mai. Was man erwarten kann? Nun, etwas anderes. Es ist ein weiteres Konzeptalbum, von dem ich hoffe, dass es von Anfang bis Ende eine Geschichte erzählt. Die Arrangements werden wesentlich komplexer sein, mit vielen Instrumenten, Streicher- und Bläser-Passagen und viel Moog- und modularen Synthesizern. Stilistisch wird es von hartem Gitarrenrock über Folk und Jazz bis zu experimenteller Musik reichen. Ich hoffe, es wird euch gefallen!

Was habt ihr in Zukunft noch mit THE DARK RED SEED vor?
Hoffentlich eine Split im nächsten Sommer oder Herbst mit einem meiner Lieblingskünstler.

Wir bei Metal1.info haben die Tradition, dass wir am Ende eines Interviews ein kleines Brainstorming machen. Was kommt dir bei den folgenden Begriffen in den Sinn?
Dystopie: Einer von zwei möglichen Ausgängen, wie einige Futuristen glauben. Eignet sich außerdem gut zum Romantisieren.
Donald Trump: Unausweichlich. Sind wir wirklich überrascht? Amerika ist besessen von Berühmtheiten.
Neofolk: Zum Teil gut, zum Teil schlecht, zum Teil kontrovers, zum Teil nicht, so wie alles andere.
Ewiges Leben: Kann nicht belegt oder widerlegt werden, aber es klingt für viele von uns gut, weil wir Nicht-Existenz nicht begreifen können.
Lieblingsalbum: Wechselt oft, aber wenn ich mich entscheiden muss, dann müsste es wohl Brian Eno – „Thursday Afternoon“ sein.
THE DARK RED SEED in fünf Jahren: Ich bin eher der Typ für den gegenwärtigen Moment. Dann bleibt die Zukunft interessant. Ich bringe nicht viel weiter, wenn ich mich zu sehr darauf konzentriere, meinen Willen in die Zukunft zu zwängen. Aber ich hoffe, sie ist positiv, aufregend und kreativ.

Wunderbar, ich danke dir für deine Antworten. Die letzten Worte überlasse ich dir:
Ich bin kein Mann großer Worte, also lass mich nur nochmal DANKE sagen, für deine Fragen und den Support!

 

Publiziert am von Stephan Rajchl

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