Interview mit Tristan Harders von Terra Atlantica

TERRA ATLANTICA erzählen auch auf ihrem dritten Album weiter von Atlantica und der Jagd nach der mysteriösen Stadt. Mit „Beyond The Borders“ verpackt die Band die Geschichte in abwechslungsreichen, theatralischen und melodischen Power Metal und legen ihr bisher bestes Album vor. Mit Sänger, Gitarrist und Songschreiber Tristan Harders sprechen wir über Aufstände, Einflüsse und große Egos.

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Hallo Tristan, vielen Dank dass du dir die Zeit für dieses Interview mit uns nimmst. Das Wichtigste zuerst: Warum hast du dir deine Haare abgeschnitten?
Moin Stefan! Warum gleich am Anfang so eine schwere Frage? (lacht) Ich bin leider nicht mit so vollen Haaren gesegnet wie ein Fabio Lione. Bei mir geht es eher in Richtung Michael Kiske. Darauf wollte ich mich und die Welt schon mal sachte vorbereiten.

Terra Atlantica Beyond The Borders CoverartworkMit „Beyond The Borders“ setzt ihr direkt die Geschichte der beiden Vorgängeralben fort. Wie geht es nun weiter, nachdem das britische Imperium besiegt und die Preußen den Kontinent beherrschen?
Die Preußen wollen natürlich, wie man es von ihnen kennt, weiter expandieren und knechten die Bevölkerung dazu, für sie eine unschlagbare Streitmacht aufzustellen. Damit sind allerdings nicht alle einverstanden und so kommt es eines Tages zum Aufstand in einer Schiffswerft in Hamburg.

„The Scarlet Banners“ setzt die Themen Rebellion und Aufstand musikalisch und auch optisch im Video sehr gut um. Das fühlte sich direkt so an wie der „Song Of Angry Man“ („Do You Hear The People Sing?“) von „Les Misérables“. Welche Storys über Rebellion haben dich bei deiner Geschichte inspiriert?
Genau diese, die du eben nanntest. (lacht) Das Musical „Les Misérables“, bzw. der Film, ist eine der größten Inspirationen für das ganze Album gewesen. Das ist auch der Grund, warum das Album so viele Musicalelemente beinhaltet.

Welcher Rebellion in der realen Welt würdest du dich anschließen?
Der Rebellion gegen die Unterdrückung und Ausbeutung durch große Konzerne, was auch ziemlich genau dem entspricht, was in der Story des Albums passiert. (lacht)

Musikalisch bleibt ihr euch treu, ich finde aber, ihr klingt direkter, reifer und stärker als auf den Vorgängeralben. Wie würdest du eure Weiterentwicklung seit „Age Of Steam“ selbst einschätzen, was habt ihr diesmal besser gemacht?
Man macht ja bei solchen Produktionen immer Fehler, die man dann beim nächsten Mal vermeiden kann. Ich glaube, das kriegen wir aufgrund unserer Erfahrung durch die letzten beiden Alben mittlerweile ganz gut hin. Abgesehen davon haben wir dieses Mal den Weltklasse-Mixer Jacob Hansen zur Verfügung und ich wurde bei den Gesangsaufnahmen von Henning Basse gecoacht. Das hat einiges gebracht.

Die Orchestrierung von Alex Hunziger finde ich besonders gelungen und klar besser als bisher. Wie läuft die Arbeit mit ihm ab? Setzt er die Orchester-Sounds anhand der fertigen Songstrukturen um?
Wenn ich die Songs schreibe, mache ich immer zuerst eine Demo-Version fertig, in der die wichtigsten Elemente des Orchesters von den mir zur Verfügung stehenden VSTs gespielt werden. Darauf baut er dann auf, fügt noch Elemente hinzu und sorgt vor allem dafür, dass sich das ganze realistischer und epischer anhört. Vor allem die Chöre finde ich immer sehr geil.

Die Songs sind allesamt sehr abwechslungsreich, es passiert immer mächtig viel. Ist es beim Songwriting dein Ziel, so viele Ideen wie möglich in die Songs zu packen, solange sie nicht zu überladen werden?
Es ist auf jeden Fall mein Ziel, von den klassischen Strukturen abzuweichen und ein paar Experimente einzubauen. Es geht ja auch darum, dass man beim Spielen der Songs Spaß hat. Wenn du nur deine offenen Power Chords durchziehst, wird das sowohl für dich als auch für den Hörer sehr schnell langweilig. Aber ich versuche jetzt nicht krampfhaft möglichst viele Ideen einzubauen, es soll ja auch nicht zu chaotisch werden.

Terra Atlantica Age Of Steam CoverartworkGemischt wurde das Album von Jacob Hansen, wie du eben schon angesprochen hast. Wie beurteilst du selbst den Sound von „Beyond The Borders“, auch im Vergleich zu „Age Of Steam“?
Der Sound hat sich durch die Produktion von Jacob tatsächlich nochmal um einiges verbessert. Ich war beim ersten Hören direkt begeistert, auch wenn wir danach noch ein paar Änderungen am Gesamtsound vornehmen mussten. Aber jetzt ist alles sehr sauber, man hört die einzelnen Instrumente heraus, dennoch ist die Produktion druckvoll und was mir immer sehr wichtig ist, es klingt noch real. Wir haben absichtlich nicht alle Fehler zu 100% korrigiert. Man soll nicht denken, dass wir Maschinen sind.

Du hast auf dem Album wieder mehrere Gastsänger und Gastsängerinnen versammelt. Wie suchst du dir die Gastbeiträge aus und worin liegt für dich der Reiz bei Gastbeiträgen?
Manche Bands suchen sich namhafte Gastsänger, um so ihre Songs zu pushen. Bei uns ist der Grund eher, dass wir eine Geschichte hinter dem Album haben, die aus der Perspektive von verschiedenen Personen erzählt wird. Die Geschichte der bisherigen Alben wurde hauptsächlich aus der Perspektive einer einzelnen Person erzählt, aber diesmal gibt es zwei Protagonisten und viele Nebencharaktere. Es hilft der Verdeutlichung der Story allgemein, wenn man dafür mehrere Sänger verwendet. Ich habe sogar drüber nachgedacht, jede Rolle von einem Gastsänger übernehmen zu lassen, aber dafür war mein Ego dann zu groß. (lacht)

„Sun Of Pontevedra“ hat die gleichnamige Stadt im Titel, bei „Pirate Bay“ gibt’s spanische Gesänge – was für eine Verbindung hast du zur Stadt bzw. Spanien?
Ein Teil meiner Familie hat lange in Spanien gelebt und ich war selbst schon öfter dort. Außerdem habe ich für meine Reise nach Peru 2019 Spanisch gelernt, was übrigens den Hidden Track von „Age of Steam“ erklärt. Im Fall von „Sun of Pontevedra“ war aber eher unser Drummer Nico die Motivation, weil er selbst Halbspanier ist und ich den Song mit ihm zusammen geschrieben habe. Als er mir seine Idee vorgespielt hat, habe ich irgendwie direkt die spanischen Vibes gespürt und fand es deshalb passend, die Story dort spielen zu lassen. Die Stadt selbst habe ich allerdings nur ausgesucht, weil sie am Meer liegt, der Name gut in den Text passte und sie glücklicherweise tatsächlich eine Hintergrundgeschichte hat, die sich in der Antike (griechische Mythologie) begründet. Das kann kein Zufall sein.

Terra Atlantica Bandfoto

Als Ballade sticht „Just One Look“ mit Kathi Stahl, die ja schon zu eurem Inventar gehört, heraus. Das Stück hat durch seine Musical-artige Umsetzung direkt Disney-/“Frozen“-Vibes. Wodurch wurde der Song beeinflusst und was sind deiner Meinung nach die besten Disney-Songs/-Soundtracks?
Auch wenn der Song extrem nach Disney klingt und wir auch schon mit dem Gedanken gespielt haben, dazu ein kitschiges Zeichentrick-Musikvideo zu produzieren, ist die Inspiration hierzu eher die Liebesszene aus „Moulin Rouge“ gewesen. Meiner Meinung nach ein Hammer-Musical. Der beste Disney-Soundtrack ist für mich immer noch der von „Das Dschungelbuch“. Habe ich als Kind auf und ab gehört. Für „Frozen“ bin ich eigentlich zu alt. Aber es ist natürlich ein Hit.

Im Frühjahr 2023 geht ihr mit Grailknights und Victorius auf „Superpower“-Tour, mehr Fantasy-Power-Metal kann man kaum in einem Paket bekommen. Was ist das Coole an diesem Package und warum sollte jeder Genrefan zu einem der Konzerte kommen?
Ohne mich zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen würde ich behaupten, dass es derzeit eine „New Wave Of German Power Metal“ gibt, zu der ich alle drei Bands zählen würde. Wir bieten das, was bei den Altmeistern wie Avantasia oder Blind Guardian aus Erfolgsgründen nicht mehr möglich ist: Familiäre Clubkonzerte mit unter 1000 Leuten, aber dafür jeder Menge Energie und Motivation. Wenn wir mal berühmt und abgehoben sind, geht das nicht mehr, also kommt rum!

Superpower Tour 2023

Zuletzt gab es vermehrt Meldungen von Bands, die ihre Touren aufgrund gestiegener Kosten und mäßigem Ticketvorverkauf nicht oder kaum durchführen können. Wie siehst und erlebst du dieses Thema?
Das kann ich gut nachvollziehen, die „Superpower“-Tour sollte ja eigentlich diesen April stattfinden, musste aber aus genau diesem Problem verschoben werden. Es wurden nicht genug Tickets verkauft. Ich glaube, die Leute fühlen sich wegen der letzten zwei Jahre noch zu unsicher und rechnen damit, dass die Konzerte sowieso wieder abgesagt werden. Das ist quasi ein Teufelskreis. Also tut was dagegen und kommt zu den Konzerten, Leute!

Die Geschichte um Atlantica der ersten beiden Alben habt ihr ausführlich auf eurer Homepage beschrieben. Wann kommt dazu ein ausgearbeitetes Buch oder ein Comic?
Da bist du nicht der erste, der danach fragt. Das wird aber, fürchte ich, wenn dann noch etwas dauern. Ich habe noch nicht mal die Kurzfassung der Story des dritten Albums niedergeschrieben. (lacht)

Nochmals vielen Dank für deine Zeit! Die letzten Worte gehören dir.
Danke für das Interview! Hat mich wie immer gefreut. Ebenso würde ich mich über Feedback zum neuen Album von allen Hörer*innen freuen und hoffe, wir sehen uns zur Releaseparty am 14. und 15. Oktober in Berlin bzw. Hamburg!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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