Interview mit Sylvaine von Sylvaine

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Mit ihrem dritten Album hat sich SYLVAINE wieder einen großen Schritt weiterentwickelt. Worum es auf “Atoms Aligned, Coming Undone” geht, wie das Artwork in Verbindung mit der Musik steht und warum auf dem Album mit ihrem Vater Stephen und Neige (Alcest) gleich zwei Schlagzeuger vertreten sind, erklärt SYLVAINE im Interview.

Die Promofotos zum neuen SYLVAINE-Album sind sehr unterschiedlich, angefangen bei den modernen mit der lila Farbe auf der Hand bis hin zu den “Engelsbildern” mit dem weißen Kostüm. Welches gefällt dir am besten, welches passt am besten zum Album?
Ich denke, dass die verschiedenen Fotos, die mit diesem Album zusammenhängen, alle auf ihre ganz eigene Art zur Musik passen. Ich wollte sicherstellen, dass sowohl die hellere als auch die dunklere Seite der Musik visuell dargestellt wird, und mit der Hilfe meiner beiden liebenswerten, talentierten Freunde Andy Julia und Daria Endresen ist es gelungen, alle diese Nuancen der Musik einzufangen.

Das Album trägt den Titel “Atoms Aligned, Coming Undone” – was war die Idee hinter diesem Titel und gibt es ein Konzept?
„Atoms Aligned, Coming Undone“ repräsentiert das Gefühl des Verfalls, wenn sich etwas vor deinen Augen auflöst. Nach und nach wird etwas abgenutzt oder geht kaputt, bis es sich schließlich vollständig auflöst. Ich spreche in meiner Musik oft über meine Beziehung zum menschlichen Wesen – bei diesem Album habe ich mich einmal von der Außenwelt inspirieren lassen. Ich glaube, dass das Wesen des Menschen dazu neigt, uns vorübergehend von unseren Ursprüngen zu trennen, während unsere Gesellschaft gleichzeitig dazu neigt, unsere natürliche Unschuld im Laufe der Zeit zu zerstören. „Atoms Aligned, Coming Undone“ bezieht sich nicht nur auf meine persönliche Beziehung zum Leben, sondern auch darauf, wie die menschliche Gesellschaft alles zerstört; Natur und Mensch gleichermaßen.

Das Album hat ein großartiges, sehr detailliertes Artwork – wer ist dafür verantwortlich, und was war die Inspiration für das Bild? Gibt es einen Zusammenhang mit dem Text oder dem Albumtitel?
Ich habe mich mit meinen brillanten Illustratorenfreunden von Førtifem in Paris in Verbindung gesetzt und sie haben ihre Magie eingesetzt, um das auszuarbeiten, was du heute auf dem Cover siehst. Ich wusste, dass ich etwas haben wollte, das grafischer war als mein vorheriges Cover, das vom großartigen Sylfvr erschaffen worden war. Das Cover sollte diesmal auffällig sein, aber dennoch den atmosphärischen Touch der unverkennbar aus der Musik herausklingt, behalten. Die Idee, dass ein Kristallcluster die perfekte Verkörperung von etwas atemberaubend Schönem und Tiefgründigem aber zugleich hart und gefährlich ist, fand ich extrem faszinierend. Ich erinnere mich deutlich daran, wie sie mir einige schöne Gemälde von Caspar David Friedrich gezeigt haben, mit aggressiven Eisbergen, die fast wie Kristalle aussahen. Das war der Ausgangspunkt für das Artwork von „Atoms Aligned, Coming Undone“. Ich bin so glücklich mit Førtifems Arbeit für dieses Album – das Bild repräsentiert die Musik wirklich perfekt. 

Du hast mit diesem Album auch ein neues Bandlogo – weil es besser zu den Kristallen auf dem Cover passt oder wird das dein zukünftiges Logo sein?
Førtifem hat sich netterweise auch dieses neue Logo ausgedacht, um dem Gefühl dieser Veröffentlichung gerecht zu warden. Aber ich habe das Gefühl, dass es nach der Veröffentlichung von „Atoms Aligned, Coming Undone“ hängen bleiben wird. Es fühlt sich für mich richtig an. 

Musikalisch sehe ich „Atoms Aligned, Coming Undone“ als eine Mischung aus den beiden Vorgängeralben – es ist nicht so schwer und dunkel wie „Wistful“, aber auch nicht so melodisch wie “Silent Chamber, Noisy Heart”. Was denkst du?
Aus meiner Sicht bringt „Atoms Aligned, Coming Undone“ das, was es ausdrücken soll, klarer auf den Punkt als die beiden vorherigen Alben. Gleichzeitig ist es vielfältiger und treibt diese Ambivalenz noch weiter und erschafft ein noch stärkeres Gleichgewicht zwischen den beiden gegensätzlichen Aspekten der Musik: Während „Wistful“ eine unglaublich düstere und geradezu traurige Platte war, habe ich das Gefühl, dass „Atoms Aligned, Coming Undone“ eine größere Dunkelheit mit sich herumträgt. In diesen hoffnungslosen Momenten ist in der Musik kein Funke Licht mehr zu finden – aber es findet sich in einigen der anderen Melodien noch immer diese erhebende Stimmung. Ich denke, diese Platte ist eine natürliche Weiterentwicklung von „Wistful“ und zeigt eine etwas reifere Version meiner Musik, wenn ich dieses Wort verwenden kann. Auch  die Produktionsentscheidungen und der Sound haben eine Grenze zu den ersten beiden Alben gezogen, weil ich mich diesmal für einen viel organischeren entschieden habe.

Neige von Alcest war, zusammen mit Stephen Shepard, auch diesmal Session-Drummer. Warum zwei verschiedene Schlagzeuger?
Es war mir schon immer sehr wichtig, meine Leidenschaft mit den Menschen zu teilen, die mir in meinem Leben am meisten bedeuten. An etwas zu arbeiten, das dir so lieb ist, zusammen mit den Menschen, die du liebst, ist ein Geschenk, etwas, das immer da sein wird, als Zeugnis deiner Verbindung. Ich wollte das mit meinem Vater, Stephen Shepard, teilen. Ich habe nicht so viele Aufnahmen in Norwegen für „Atoms Aligned, Coming Undone“ gemacht, so dass sein Beirtag diesmal etwas eingeschränkt war (bei „Wistful“ waren es 50/50 Neige und mein Vater), aber ich wollte ihn trotzdem auf der Platte haben. Er ist ein ausgezeichneter Schlagzeuger und war auch so freundlich, diese Reise mit mir mit meinem ersten Album zu beginnen, deshalb war es mir wichtig, diese Tradition am Leben zu halten. Sowohl mein Vater als auch Neige sind etwas sehr Wertvolles für meine Musik, auf verschiedene Weise.

Das Album wurde von Jack Shirley (Deafheaven, Oathbreaker) im Atomic Garden Studio in San Francisco gemastert. Warum war er die perfekte Wahl für diesen Job?
Für dieses Album mit einem anderen Team zusammenzuarbeiten war für mich eine Selbstverständlichkeit, da sich die Musik für einen organischeren, anderen Sound anbietet als die beiden vorherigen Alben. Ich hatte bereits von Jack und seiner Arbeit an mehreren Platten gehört, die ich im Laufe der Jahre verehrt habe, also habe ich beschlossen, mich mit ihm in Verbindung zu setzen, um zu sehen, ob er an Bord sein würde, um an meinem Album zu arbeiten. Da er von der Idee begeistert war, stimmten Benoît Roux, der Aufnahme- und Mischtechniker und ich überein, dass er die perfekte Person ist, um mein neues Album zu mastern.

Du hast schon einige Shows und Tourneen gespielt – aber noch keine Deutschlandtour. Wird das mit diesem Album endlich nachgeholt?
Wir hatten bisher nicht das Vergnügen, eine Deutschlandtournee zu spielen, nein. Deutschland ist ein besonderer Markt, den die meisten Bands wirklich zu schätzen wissen. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir im nächsten Jahr auf unserer Tour wieder dort hin kommen würden! Wir arbeiten daran, dass im Frühjahr nächsten Jahres eine Europatournee stattfindet. Das ware sicher eine gute Gelegenheit, für ein paar Shows nach Deutschland zurückzukehren.

Vielen Dank für das Gespräch! Zum Abschluss ein Brainstorming:
“Kodama”:
In Japan der günstigste Zug zwischen Tokio und Osaka. (lacht) Und eines der besten Alben des Jahres 2016 – ein Alcest-Meisterwerk!
Brett Kavanaugh:
Oh Gott, lass mich nicht mit diesem ganzen Schlamassel anfangen, das wir heute als die USA kennen … Lass es mich in einem Wort sagen: Katastrophe.
Behemoth:
Mein Freund Metastazis, der für sie ein emblemartiges Logo entworfen hat.
Dein Lieblingsalbum im Moment: Ein Viergespann aus der neuen Emma Ruth Rundle, „On Dark Horses“, Vampillias „The Divine Move“, Typ O Negatives „October Rust“ (es ist wieder so weit) und Hammocks „Departure Songs“.
Banksy:
Ich weiß nicht wirklich, was ich von Banksy halten soll. Er macht jedoch einige coole Sachen, und sein sich selbst zerstörendes Kunstwerk war schon etwas Besonderes.
SYLVAINE in 10 Jahren: Weltherrschaft? Nur ein Scherz! (lacht) Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber ich weiß, dass ich immer noch Musik machen werde. Hoffentlich kann ich mich noch einige Zeit länger auf mein Projekt konzentrieren, aber wir werden sehen. Ich drücke die Daumen, dass die Reise so oder so aufregend wird!

Nochmals vielen Dank für Ihre Zeit. Die letzten Worte sind deine – gibt es noch etwas, das du unseren Lesern sagen willst?
Vielen Dank, dass du mir die Möglichkeit gegeben hast, mit den Lesern von Metal1.info zu sprechen – ich hoffe wirklich, dass dir mein kleiner Wortschwall hier gefallen hat. Ich hoffe außerdem, dass ich sehr bald wieder in Deutschland bin, hoffentlich im Rahmen unserer Europatourpläne im kommenden Jahr. Wir sehen uns dann!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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