Interview mit HaaN von Svarttjern

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Mit aktiven und ehemaligen Bandmitgliedern von Carpathian Forest, Endezzma, Urgehal und Ragnarok sind SVARTTJERN tief im norwegischen Underground-Black-Metal verwurzelt. Doch auch die bandeigene Historie reicht nunmehr 21 Jahre zurück – Grund genug, Gitarrist HaaN zum Release des neuen Albums „Draw Blood“ und der anstehenden Europatour zu befragen.

SVARTTJERN gibt es nun schon seit 21 Jahren – und abgesehen von ein paar Wechseln am Bass ist eure Kernbesetzung immer gleich geblieben. Was ist euer Geheimnis, worauf gründet sich die Stabilität eurer Band?
Ja, wir stehen schon seit einiger Zeit wie ein bunter Hund herum! Es gibt kein Geheimrezept, wie die Band zusammenhält. Wir kennen uns schon, seit wir mehr oder weniger Kinder waren. Wir kennen die Stärken und Schwächen des jeweils anderen. Wir respektieren die Höhen und Tiefen der Bandmitglieder in dieser schwer fassbaren Sache namens Leben! Wir haben immer gemeinsam weitergemacht, ohne die Individuen zu gefährden, die alles in allem die Band ausmachen.

Vier Jahre und eine Pandemie sind seit eurem letzten Album vergangen. Wie habt ihr diese Zeit verbracht, wann habt ihr mit der Arbeit an eurem neuen Album begonnen?
Wir waren ziemlich beschäftigt! Was die Tracks auf „Draw Blood“ angeht, hatten wir schon seit 2022 ein paar kleine Ideen, aber wir haben erst im September/Oktober 2023 angefangen, das Puzzle zusammenzusetzen. Ich glaube, wir haben etwas Blut geleckt, als wir auf der Messe Des Morts in Montreal gespielt haben, was das Feuer so richtig entfacht hat. Seitdem ist SVARTTJERN die einzige musikalische Priorität aller Mitglieder gewesen. Außerdem haben wir in dieser Zeit die Band Stein für Stein aufgebaut und hier und da ein paar Shows gespielt, wenn wir das Bedürfnis hatten und es für sinnvoll hielten.

Wie entsteht ein SVARTTJERN-Album – individuell zu Hause, in Jam-Sessions im Proberaum – oder auf eine ganz andere Art und Weise?
Meistens skizzieren Fjellnord und ich ein paar Ideen in meinem Studio, dann proben wir die Tracks mit der kompletten Band – oft ändern wir die Strukturen der Songs, um sie an die Texte und Gesangslinien anzupassen – manchmal auch, um die Struktur zu verändern und zu verbessern, ganz allgemein basierend darauf, wie es sich anfühlt, wenn man die Tracks hintereinander spielt. Wenn sich fünf kreative Köpfe im Proberaum treffen, entstehen in der Regel die besten Songs. Daher ist nichts in Stein gemeißelt, wenn es um den Prozess des Schreibens neuer Musik in SVARTTJERN geht.

Das Album heißt „Draw Blood“ und beginnt mit einer gesprochenen Passage – wen wollt ihr bluten lassen und worum geht es auf dem Album genau?
Vom musikalischen Standpunkt aus betrachtet – in dem Maße, in dem man etwas genau benennen kann, wenn man über Kunst spricht – würde ich sagen, dass „Draw Blood“ in vielerlei Hinsicht einen Neuanfang markiert. Nicht, dass wir einen gebraucht hätten, aber dieses Album hat die Band auf so vielen Ebenen vereint, dass mir fast die Worte fehlen. Die Art und Weise, wie jeder in der Band seinen Beitrag geleistet hat – und noch mehr – ist auf diesem Album zu hören. Ohne zu prätentiös zu sein. Aus thematischer und lyrischer Sicht erforschen HansFyrste und der Rest von uns das Obszöne, Perverse, den Dreck, das Abartige – ganz allgemein die Abwärtsspirale des menschlichen Geistes. Und wir erforschen die dunkleren Gedanken, die wir alle bis zu einem gewissen Grad fühlen. Wir alle verdienen es, bestraft zu werden und zu bluten. Besonders, wenn man der Doktrin der modernen Gesellschaft folgt. Was den Titel selbst betrifft, so ist es ganz einfach: Lass dich ausbluten, werde müde, geh in den Tod.

Das Cover zeigt einen Holzschnitt oder etwas Ähnliches – was sehen wir hier? Ging es speziell um das Motiv oder nur um die „Black-Metal-Ästhetik“?
Das Motiv stellt in gewisser Weise den „Prince of Disgust“ dar, der auf unserer vorherigen Veröffentlichung „Shame Is Just A Word“ zu hören war, und er hat auf dem Track „Chop, Slit, Flay“ vom neuen Album ein „Feature“ hat. Die ganzen „prince of disgust“ sind zu einer Art „Mantra“ geworden, ein internes „Maskottchen“, wenn man so will – das in verschiedenen Aspekten der Band und auch der Bandmitglieder präsent ist – sowohl musikalisch als auch privat. Also nein, überhaupt nicht zufällig. Und wenn man sich die bisherigen Releases von SVARTTJERN anschaut, haben wir oft versucht, die Alben auf irgendeine Art und Weise miteinander zu verbinden. Das erste Album zum Beispiel steht durch Titel und der Thematik in einem Kontext.

Wie würdest du den Satz vervollständigen? Im Vergleich zum Vorgängeralbum ist „Drawn Blood“ … ?
… ein bisschen mehr zurück zu den Ursprüngen der Band durchsetzt mit Thrash und Black Metal!

Ihr habt dieses Mal auch einen Song gecovert – warum ist es euch wichtig, eigene Interpretationen von Songs anderer Leute auf euren Alben unterzubringen?
Es ist an sich nicht besonders wichtig, aber uns hat das Exodus-Cover auf dem letzten Album Spaß gemacht und wir dachten, warum nicht. Außerdem haben SVARTTJERN, wie viele andere Bands auch, damit begonnen, – oft schlechte – Cover von anderen Bands und Künstlern zu spielen. Es ist eine Art, der Arbeit anderer zu huldigen, was mir sehr gefällt. Bei diesem Stück hat es „ein bisschen“ mehr Arbeit gekostet als bei „Bonded By Blood“, um es gelinde auszudrücken. Das ist eine Herausforderung, die wir in dieser Phase der Band begrüßen.

Ja, das glaube ich – die Wahl fiel auf einen Song der Rolling Stones … nicht unbedingt das, was man erwarten würde. Warum dieser Song?
Wir haben ein paar Optionen durchgespielt und diskutiert, und dieser Song hat sich wie von selbst angeboten. Und zwar in mehrfacher Hinsicht, zunächst einmal wegen des Textes. Der Text von „Under My Thumb“ fühlte sich an wie etwas, das SVARTTJERN machen könnte, aber nicht im Kontext von 2024, mit seiner moralischen Überlegenheit. Außerdem hat der Song aus musikalischer Sicht eine düstere Stimmung oder Aura, die wir spannend fanden und gerne weiter erforschen wollten.

Oft sind Coversongs als Bonustracks am Ende des Albums oder nur auf bestimmten Editionen enthalten – ihr habt ihn als vorletzten Song platziert. Warum war es für euch wichtig, dass er im Kontext des Albums steht?
Weil er in gewisser Weise zeigt, was der Band wichtig ist. Wir sind keine Möchtegern-Hochnäsigen und überheblichen Arschlöcher. Als wir es aufgenommen haben, war uns natürlich klar, dass einige Leute in der Szene es nicht verstehen würden, aber wen zum Teufel kümmert das. Uns jedenfalls nicht. Wir werden uns den Song einfach komplett untertänig machen! Fordert uns heraus!

Euer Bassist Malphaas hat wieder das Mixing und Mastering übernommen. Was sind die Vorteile, aber vielleicht auch die Nachteile, wenn man als Band ein Album selbst produziert?
Ich kann keine Nachteile darin sehen, dass wir das Album selbst produziert und gemastert haben. In Anbetracht der klanglichen Qualität, die Malphas abliefern kann. Warum sollten wir es anders machen. Wenn wir dadurch im Hinblick auf so etwas wie eine Produzentenmeinung etwas verpassen, dann ist das eben so. Wir sind zufrieden.

Ihr geht im Dezember auf Europatournee – wenn ich mich nicht irre, ist das eure erste richtige Tournee seit 2014. Warum seid ihr so lange nicht mehr auf Tour gewesen?
Ja, die Band war seit 2014 nicht mehr auf Tour, damals im Kontext des „Ultimatum Necrophilia“-Albums. Warum das so ist … das hat mehrere Gründe. Die meisten Mitglieder waren und sind zum Teil immer noch mit anderen Bands beschäftigt, die live aktiver sind. Carpathian Forest und Urgehal, um nur ein paar zu nennen. Außerdem hat uns die Pandemie daran gehindert, mit dem Vorgängeralbum 2020 auf Tour zu gehen. Was die „Dødsskrik“-Veröffentlichung im Jahr 2016 betrifft, so sind wir nicht auf Tour gegangen, sondern haben uns auf Festivals wie das Maryland Deathfest und das Party San Open Air konzentriert, um nur einige zu nennen. Zu guter Letzt haben wir mit der bevorstehenden Veröffentlichung von „Draw Blood“ endlich ein passendes Angebot bekommen und das Timing ist perfekt.

Machst du dir auch Sorgen, ob alles reibungslos ablaufen wird, und was euch erwartet, oder herrscht einfach nur Vorfreude?
Ich mache mir überhaupt keine Sorgen – dies wird die dritte Europatournee der Band sein, und obendrein habe ich tonnenweise Live-Erfahrung sowohl mit SVARTTJERN als auch mit anderen Bands. Zumindest für mich ist es nur Vorfreude – ich kann es kaum erwarten, auf Tournee zu gehen!

Ich habe das Gefühl, dass es heutzutage schwieriger geworden ist, Leute zu Konzerten im Black Metal Underground zu bringen. Ist das auch etwas, was ihr selbst erfahren habt?
Wie bereits in einer der vorherigen Fragen erwähnt, ist SVARTTJERN sehr wählerisch bei der Auswahl der Shows, die wir geben – wir halten es etwas „exklusiv“ und machen zumindest nie zu viele Shows in einer Region. Ein machen uns gerne rar! Wir hatten also nie das Gefühl, dass es für die Band ein Problem war, kein Publikum anzuziehen. Was den Underground-Black-Metal im Allgemeinen angeht. Vielleicht? Immerhin gibt es da draußen eine Menge Bands, die ausgiebig touren und Konzerte spielen. Ich fürchte, es hilft nicht, dass die älteren und größeren Black-Metal-Bands immer noch dabei sind und Jahr für Jahr auf denselben Festivals spielen, wie es scheint.

Zum Schluss unsere traditionelle Brainstorming-Session:
Urgehal: Eine der drei besten Black-Metal-Bands.
Slayer-Reunion: Nicht auf meinem Radar
Kunstblut: Nee, schlechter Ersatz für den echten Deal!
Metal-Kreuzfahrten: Könnte mich nicht weniger interessieren.
SVARTTJERN in zehn Jahren: Wahrscheinlich immer noch fest im Untergrund verwurzelt.

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