Interview mit Eric Fish und Simon Michael von Subway To Sally

Es heißt „HEY!“ und ist mindestens so lautstark unkonventionell wie sein Titel – das neue Album von SUBWAY TO SALLY. Warum „HEY!“ überraschen wird, welche Facetten Neugeigerin Ally dem STS-Sound beimischt und für welche Unart unserer Zeit Island symbolisch herhalten muss, verraten uns Eric Fish und Simon Michael im Gespräch.

Hallo Eric, hallo Simon. Ihr seid gerade auf großer Promo-Tour für das neue SUBWAY TO SALLY-Album „HEY!“. Wie geht es euch?
Eric: Heute ist unser erster großer Interview-Tag, mit vielen Gesprächen hintereinander. Davor hatten wir mehr Einzeltermine. An einem Tag wie heute kriegst du sehr viel darüber mit, wie das Album wahrgenommen wird und wirst auch teilweise mit unerwarteten Fragen konfrontiert, die dich zum Nachdenken zwingen. Das ist super spannend, insofern alles gut.

Was hat dich am meisten überrascht?
Eric: Dass das Album bei allen Journalisten wirklich gut ankam.

Ihr greift mit „HEY!“ viele zeitgenössische Themen auf, verpackt diese neu und erinnert musikalisch an „Engelskrieger“, mit dem ihr ziemlich polarisiert habt. Ich mag das Album noch heute …
Eric: … sind wir schon zwei. (lacht) Im Ernst, im Laufe der Zeit hat sich „Engelskrieger“ zu einem wichtigen Album für unsere Fans entwickelt. Die Platte hat ihre Kraft erst später entwickelt – anfangs waren die Leute schockiert auf Grund des Wandels zur noch härteren Gangart, sowohl musikalisch wie auch thematisch. Inzwischen sagen viele, dass sie das Album lieben.

Für euch im Endeffekt eine späte Bestätigung. Wo würdet ihr „HEY!“ in eurer Discografie einordnen? Ihr habt die Elektro-Elemente der „Neon“ beibehalten, der Sound erinnert an „Engelskrieger“ und gleichzeitig ist noch viel von „Mitgift“ erkennbar.
Simon: Für mich steht „HEY!“ über allem, weil es alle Stärken der Vorgänger vereint. Das Album ist total konsequent. Es beinhaltet sowohl neue Sounds als auch Zitate aus der Vergangenheit. „HEY!“ bildet eine richtig schöne Klammer um das Schaffen der Band. Wenn mich jemand nach einer Platte fragt, die für SUBWAY TO SALLY steht, würde ich sofort „HEY!“ aus dem Schrank ziehen.

Beispielsweise mit „Island“ greift ihr zeitgenössische Themen auf und behandelt diese kritisch. Viele junge Menschen reisen in Zeiten von Instagram und Co. allerdings oft und gerne. Könnt ihr euch vorstellen, dass ihr mit manchen Inhalten eure Hörer auch vor den Kopf stoßt?
Eric: Provokation ist Teil der Kunst, das muss so sein. Ich finde es völlig legitim, wenn wir wie in „Island“ mit dem Satz „Dann wander doch nach Island aus“ derbe auf die Kacke hauen. Die Leute reisen heute um die halbe Welt und was Zuhause passiert, ist erst einmal egal. Hauptsache weg und wir haben unseren Spaß. Wir wollen unsere Hörer damit aber eher zum Nachdenken bringen und nicht vor den Karren fahren. So platt das klingt, das ist unser großer Anspruch, den wir auch mit solchen Inhalten verfolgen.

Steht dieser Song deswegen an erster Stelle der Trackliste?
Eric: Ja, der Song provoziert ja nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch. Es ist ein knallhartes Ausrufezeichen hinter dem „HEY“, das aufrütteln soll. Außerdem verbinden wir es auch mit dem Hey der isländischen Nationalmannschaft.

Wie ist der Kontakt zu Chris Harms als Gastsänger entstanden?
Eric: Der ist nicht entstanden, den gibt es schon ewig. Wir sind Freunde.

Im Vorfeld zum Release habt ihr „Königin der Käfer“, „Imperator Rex Graecorum“ und „Messias“ veröffentlicht. Stehen diese Stücke repräsentativ für das Gesamtwerk oder hatte die Wahl andere Gründe?
Simon: Bis dato war es oft so, dass wir zuerst jene Songs veröffentlicht haben, die zuerst fertig geworden sind. Bei „Messias“ als dritter Single konnten wir dieses Mal bereits aus allen fertigen Liedern wählen. Zuerst hatten wir sieben Meinungen von sieben Bandmitgliedern, am Ende haben wir uns auf „Messias“ geeinigt, weil er inhaltlich und musikalisch sehr schlüssig ist. Außerdem lässt er sich optisch sehr gut umsetzen. Für ein Video spielt das natürlich auch eine Rolle. Bei „Rex Graecorum“ hatten wir von Vornherein die Idee mit den Ballerinas, bei „Messias“ gab der Text sozusagen die visuelle Umsetzung vor.

Was sind eure persönlichen Favoriten auf „HEY!“?
Eric: In dieser Reihenfolge: Mein Favorit ist „Messias“, was auch damit zu tun hat, wie ich ihn mir live vorstelle. Ich glaube, dass das ein Kracher wird. Simon hat den geschrieben und er trifft mit einer Kadenz zum Refrain hin meist einen Nerv bei mir. Damit tritt er mir immer ordentlich in den Arsch. Mein zweites Lieblingsstück ist „Island“, das wird vermutlich auch unser Opener auf der Tour. Nummer drei ist „Engel steigen auf“, weil es inhaltlich die Generalaussage des Albums auf den Punkt bringt und weil wir die Melodie in den Strophen unheimlich liegt. Ich liebe melodiöses Singen. Das schließt wiederum ein, dass es auf der Platte auch einige Nummern gibt, die mir weniger liegen – aber da habe ich mich durchgebissen.
Simon: „Bis die Welt auseinander bricht“ höre ich gerade am liebsten. Ich höre es vermutlich aber anders, genau wie Eric. Wir stecken mittendrin und haben alle Songs wahnsinnig oft gehört. Deswegen kann man das schlecht objektiv beurteilen. Es gibt auf „HEY!“ aber viele Details, die ich feiere, und derzeit ist es eben „Bis die Welt auseinander bricht“. Für mich ist es erstaunlich, dass ich die CD überhaupt noch gern höre, das spricht auch für dieses Album. Die meisten Platten, die ich produziere, stelle ich für rund ein Jahr erst einmal in den Schrank und dann packe ich sie wieder aus. In dem Fall habe ich immer noch Spaß daran.

War das in der Vergangenheit anders?
Eric: Wir haben „Bastard“ gemacht, die haben wir in Hannover aufgenommen. Ich war mit dem Sound nicht zufrieden und habe dem damaligen Sound-Engineer meine Lieblingsplatte von Monster Magnet „God Says No“ mitgebracht. Diese fand ich wegen ihrer Kleinteiligkeit und ihrer Liebe zum Detail unglaublich gut, oft haben kleine Sounds Lücken gefüllt und sie haben viel mit der Stimme experimentiert. Teile davon wurden damals bei uns umgesetzt, bei Weitem aber nicht genug. Bei „HEY!“ ist es uns besser gelungen, diese Vielschichtigkeit und den Mut einzufangen. Man kann das Album immer wieder hören und entdeckt etwas Neues. Das Lob dafür gebührt in erster Linie auch Simon als Produzent.

Wie würdet ihr den Entstehungsprozess von „HEY!“ zusammenfassen?
Simon: Es ist nicht mehr so, wie es sich vielleicht noch manch einer vorstellt, dass wir uns mit ersten Songideen treffen und ums Lagerfeuer sitzen, bis einer die Gitarre auspackt. Stattdessen nutzen wir die moderne Technik, so dass jeder von uns zunächst eigene Ideen skizziert. Ingo kam mit der Idee, dass er gerne Einflüsse aus seiner Jugend, genauer gesagt dem Glam Rock, mit harter elektronischer Musik und dem SUBWAY-Sound verbinden will. Bei dieser Idee hatten wir alle aber erst einmal Fragezeichen im Kopf, da wir uns die drei Elemente – wie einen Legostein, eine Playmobil-Figur und einen Bauklotz – nicht in einem harmonischen Ganzen vorstellen konnten. Wenn Ingo allerdings Gitarre spielt und Eric singt, dann klingt das bereits sehr stark nach uns. Er hat dann bei sich Zuhause erste Demos gebastelt und den anderen Bandmitgliedern geschickt. So wurde uns klar: Da geht die Reise hin. Ingo hat weiter an neuen Stücken geschrieben, wie bei früheren Alben auch. Man kann sagen, dass er der Verrückteste von uns ist und gleichzeitig die klarste Vision besitzt. Bei SUBWAY TO SALLY ist es so, dass die Maschine nur dann läuft, wenn etwas Neues und Innovatives ums Eck kommt. So sind die Songs dann relativ schnell innerhalb eines Jahres entstanden. Zum Schluss haben wir auch einiges mit heißer Nadel gestrickt, das ist bei SUBWAY TO SALLY aber immer so – egal wieviel Zeit wir uns nehmen. Darin liegt bei uns genau wie bei vielen anderen Kapellen auch Konfliktpotential, wenn es schnell gehen muss. Man reibt sich aneinander, verträgt sich wieder. Letztlich ist es wie in einer alten Ehe oder einer Familie auch: Am Ende ist das Ergebnis ganz hübsch. So ist es bei „HEY!“ auch. Ich stehe voll hinter der Platte und es gibt nichts, das ich gerne anders gelöst hätte. Das ist insofern überraschend, dass wir die letzten Songs tagsüber gemischt haben und diese dann über Nacht mastern mussten. Meistens geht man in diesem Prozess Kompromisse ein.

Ihr scheint alle bandintern eine hohe Meinung von „HEY!“ zu haben. Verknüpft ihr damit nun bestimmte Erwartungen?
Eric: Nein, das ist Quatsch. Dafür sind wir zu lange im Geschäft. Ich hoffe, dass die Leute von uns diese Experimentierfreudigkeit erwarten und dem Album mit offenen Ohren begegnen. Unsere Fans sind für uns die wichtigsten Zuhörer, auch im Hinblick auf verklausulierte Botschaften in unseren Texten. Wären wir bei einer großen Plattenfirma, hätten wir vermutlich zu hören bekommen, dass wir an manchen Stellen nicht so kompliziert sein dürfen. Aber wir wollten das so, wir sind unser eigener Maßstab. Deswegen ist alles gut und die Platte wird ihre Hörer finden.
Simon: Meine Erwartungen wurden insofern bereits erfüllt, als dass die ersten Songs polarisieren. Die Leute finden es entweder nicht gut oder sie lieben es. Das hatte ich Ingo bereits so gesagt …
Eric: … aber Moment, wir reden hier nur von Reaktionen auf die zwei Singles, die bereits veröffentlicht wurden.
Simon: Ich bleibe dabei, dass man „HEY!“ entweder liebt oder hasst.
Eric: Ich glaube, dass das Album in sich geschlossen noch einmal ganz anders wirkt als einzelne Lieder.
Simon: Da gebe ich dir recht.

Haben eure Alben nicht immer polarisiert?
Simon: Genau! Wir haben vorher über „Engelskrieger“ gesprochen …
Eric: Sagt mir eine andere Band, die das heute noch so macht!

Woher nehmt ihr nach den Jahren immer noch die Motivation und die neuen Ideen?
Eric: Die Frage nach der Motivation stellt sich bei unserer Bandkonstellation nicht.

Dann eben die Inspiration?
Simon: Indem wir unsere eigene Messlatte sind. Es gibt keine Abteilung eines Labels, die uns sagt: Euer letztes Album lief gut, bitte macht in den nächsten sechs Monaten noch einmal genau das gleiche – oder umgekehrt. Wir haben unser eigenes Label, unser eigenes Management und sind unser eigener Chef. So können wir uns für ein Studio auch einmal fünf Jahre Zeit nehmen.
Eric: Last but not least kann man Ingo einen gewissen Genius unterstellen.

Ihr habt einen neuen Sound für euch kreiert, mit Ally eine neue Geigerin integriert. Wie hat sich die Band und ihre Dynamik dadurch verändert?
Eric: Ich möchte Ally ungern mit Silke vergleichen, das waren damals sehr unglückliche Umstände, die zu dem Wechsel führten. Am Ende war es ihr Wunsch, die Band zu verlassen und Ally bei uns aufzunehmen. Eine würdigere Nachfolgerin hätten wir nicht finden können. Das sollte zu diesem Thema genügen.

Was hat Ally zum Sound von SUBWAY TO SALLY beigetragen?
Simon: Das wird die Zukunft zeigen. Wir haben uns bereits mehrfach länger unterhalten: Ally ist keine 08/15-Geigerin, mit ihrem Soloprojekt spielt sie auf ihrer Geige quasi Prog-Rock. Das ist ein ganz eigener Sound, der auch total neu bei SUBWAY sein könnte. Ich könnte mir vorstellen, dass sie sich diesbezüglich mehr einbringt. Bei „HEY!“ ist dies aus Zeitgründen noch nicht passiert. Dazu aber eine Geschichte: Sie kam zu mir ins Studio, um unter anderem ihr Solostück „Anna’s Theme“ einzuspielen, das selbst für erfahrene Geiger eine echte Herausforderung darstellt. Sie hat sich davor viele Gedanken gemacht, ich musste letztlich allerdings nur einmal „Start“ und „Stop“ drücken, das war’s. Für mich ist das eine Win-Win-Situation für beide Seiten, da wir ihr Sicherheit bieten und ihre Fertigkeiten zu schätzen wissen. Sie ist unfassbar gut, das bestätigen zum Beispiel auch die Live-Aufnahmen von ihr mit einer anderen Band, an denen ich gerade arbeite. Sie wird die DNA von SUBWAY TO SALLY sicherlich noch prägen.
Eric: Sie passt wunderbar zu uns, auch menschlich.
Simon: Ich fände es nur toll, wenn sie mal den Führerschein macht. (lacht) Ich hol sie aber auch gern vom Bahnhof ab.

Neben Chris Harms habt ihr mit Dero von Oomph! und Syrah von Qntal zwei weitere Gastsänger auf dem Album. Wie kam es dazu?
Eric: Chris Harms kann besser growlen als ich es jemals könnte, gleiches gilt bei Dero und seinem Shouten. Beide haben sich dazu textlich wie auch melodiös eingebracht. Bei „Am tiefen See“ hat uns wiederum genau eine Stimme wie die von Syrah gefehlt.
Simon: Es geht um Klangfarben und bisschen kreativen Input. Wenn ich zum Beispiel zu Dero sage, ich hätte gerne einen Part, der ein bisschen an Rap angelehnt ist, dann soll er auch die kreative Freiheit besitzen, diesen textlich nach seinen Wünschen zu gestalten. Das hat er getan und aus einem halbgaren Song etwas Schlüssiges gebastelt.

Das bedeutet, es gab immer ein Grundgerüst, mit dem ihr zu den jeweiligen Gastsängern gegangen seid?
Simon: Auf jeden Fall.
Eric: Ich habe mir vorab durchaus die Frage gestellt: Was ist, wenn mir das nicht gefällt? Letztendlich bin ich mit allen Beiträgen gleichermaßen happy.

Wisst ihr schon, wie ihr das live löst?
Eric: Für Syrah, ja. Das verraten wir allerdings noch nicht. Sollten wir gemeinsam mit Oomph! oder Lord Of The Lost auf einem Festival spielen, werden wir die entsprechenden Nummern natürlich gemeinsam performen. Das kann ich versprechen. Ich habe auch oft für andere Bands etwas eingesungen – live und im Studio. Insofern ist es letzten Endes ein Geben und Nehmen.

Auf „HEY!“ gehen die Songs mit Intros und Outros fließend ineinander über und erzeugen auch dadurch einen Spannungsbogen. Wie habt ihr das bewerkstelligt?
Simon: Ich will, dass sich die Hörer das gesamte Album anhören, deswegen gibt es so viele Crossfades. Das ist der eine Aspekt, der andere ist technischer Natur. Ich musste die Marker schon setzen, bevor wir die exakte Songlänge kannten. Dann kamen von Ingo noch die Passagen zwischen den Stücken. So ist es nun auch ein Statement, das den Fokus auf das gesamte Werk legt. Wir wollen auch Spotify-Nutzer neugierig machen, die in ihrem Shuffle einen unserer neuen Songs hören und merken, dass es da noch mehr gibt. Die Songreihenfolge hat sich quasi von selbst ergeben, zum Beispiel die Trilogie am Ende und der Einstieg mit „Island“.

Ist es Zufall, dass die Crossfades so gut harmonieren oder gleichen sich die Tonarten?
Simon: Die Auswahl der Tonart hängt stark von der Stimmung der Gitarre ab, die Ingo verwendet. Ingo und ich haben zufällig viel auf C und A geschrieben, so dass wir beispielsweise den Übergang vom ersten auf den zweiten Song problemlos gestalten konnten.

Wer hatte die Idee für den Fan-Chor?
Eric: Die hatten wir gemeinsam bei unseren ersten Meetings.
Simon: Es waren insgesamt über 200 Audiospuren. Diese sind alle bei mir eingegangen und bereits in der ersten Nacht hat es mein E-Mail-Postfach beinahe gesprengt, da wir neben Soundfiles auch Videos bekommen haben. Dazu wird es auch noch etwas Audiovisuelles von uns geben. Ich habe wirklich alles eingebaut, von ambitioniert bis talentiert, und mir beinahe die Finger wund geschnitten. Der lange Teil ist nun auf der Special-Edition von „HEY!“.

Was ist auf dieser Edition noch zu finden?
Simon: Neben einem schönen Artwork haben wir noch Teile der Neon-Tour mit mehreren Kameras mitgeschnitten und daraus eine Art Mini-Live-DVD gemacht. Zusätzlich ist noch eine Wacken-Show dabei, die wir komplett abgemischt und überarbeitet haben.

Ist dieser Bonus in Zeiten des steigenden digitalen Musikkonsums ein Muss?
Simon: Finde ich schon. Wir wollen unsere Bonuseditionen immer so hochwertig wie möglich gestalten. Ich weiß es wirklich zu schätzen, wenn jemand 15 Euro für unser Album ausgibt und das möchte ich als Künstler auch belohnen.

Wie ist eure Meinung zu Spotify und sozialen Medien?
Eric: Da sind wir beide sehr unterschiedlich.
Simon: Ich betreue so gut ich kann unsere sozialen Kanäle. Das könnte ich bei einer Band wie SUBWAY TO SALLY in Vollzeit tun. Leider kann ich nicht auf jeden Fanbeitrag antworten, ich lese sie aber alle. Es wird immer mehr und auch immer wichtiger, um an den Leuten dran zu sein. Facebook ist zu dem Medium geworden, über das wir Künstler unsere Produkte präsentieren. Dieses Medium müssen wir gut bedienen und das möchten wir auch. Damit ist ein Haufen Arbeit verbunden, aber der direktere Kontakt zu unseren Fans ist auch lohnenswert. Wir machen inzwischen auch Facebook-Live-Videos kurz vor unseren Auftritten, ich wäre früher für derlei Einblicke dankbar gewesen – vor allem für die Interaktionsmöglichkeiten, die bei den Künstlern auch direkt ankommen.
Eric: Die Reaktionen kriege ich auch mit, aber ich kann bis dato noch nicht über meinen Schatten springen. Ich habe eine ausgeprägte Abneigung dagegen, vielleicht weil ich eine andere Generation bin. Dafür gebe ich mir aber Mühe, wenn man mir sagt, was ich tun soll.
Simon: Es gibt für mich aber auch eine Grenze als Band. Meine Frau folgt einigen Influencerinnen, die nichts weiter tun, als über ihren Tag zu sprechen und das mit Produktbotschaften zu kombinieren. Ich weiß nicht, ob die User wirklich sehen sollen, was und wie eine Band zu Mittag isst. Das muss nicht sein. Wir setzen auch auf Qualität anstatt Quantität bei Facebook. Lieber einmal pro Woche ein hochwertiges Foto oder Video anstatt zehn beiläufige Postings pro Tag. Für Beiläufigkeit ist uns unsere Kunst zu wichtig.

Was macht dein Tourtagebuch, Eric?
Eric: Ich habe bis vor kurzem immer schriftlich ein Tourtagebuch verfasst. Darin habe ich über meinen Tagesablauf, besondere Ereignisse und vieles mehr geschrieben. Inzwischen haben wir das eingestellt, da ich das Gefühl hatte, es interessiert immer nur den gleichen Kreis. Stattdessen habe ich dann Musiker von anderen Bands interviewt und wir haben das gestreamt. Das hat natürlich mehr Leute erreicht. Mich macht das auch ein Stück weit traurig.
Simon: Die Information ist die gleiche, nur der Kanal hat sich verändert.
Eric: Die Information ist nicht die gleiche. Mein Tourtagebuch war mehr eine Geschichte als ein schnelles Interview in einer Ecke. Mir geht bei der aktuellen Entwicklung die Tiefgründigkeit verloren.
Simon: Es geht auch viel Individualität verloren. Vor zehn Jahren haben Bands viel Geld in Websiten investiert, bei In Extremo konnte man zum Beispiel nicht von oben nach unten, sondern von links nach rechts navigieren. Derlei Gimmicks haben wir uns alle überlegt. Heutzutage könntest du deine Website auch auf deine Facebook-Page verlinken. Die Tickets kaufen die meisten bei Eventim, die Videos werden primär bei YouTube geschaut. Besonders durch die Optimierung für mobile Endgeräte ist alles austauschbar geworden.

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Dieses Interview wurde persönlich geführt.

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