Hinter SPLINTER aus den Niederlanden verbergen sich Musiker der legendären Bands Birth Of Joy und Death Alley, die nach dem Ende ihrer vorherigen Bands mit SPLINTER eine ganz eigene Interpretation des Retro-Rock erschaffen wollten. Schon das Debütalbum „Filthy Pleasures“ zeigte, dass es dem Quartett ernst war, und mit dem kürzlich erschienenen Zweitwerk „Role Models“ setzen SPLINTER noch einen drauf. Wir sprachen mit Sänger Douwe Truijens über den Entstehungsprozess der Platte, politische Musik und tanzbare Rocksongs.
Ihr habt SPLINTER 2019 gegründet, euer Debüt erschien 2021 mitten während der Pandemie. Wie habt ihr es geschafft, die Band durch die Krise zu bringen?
Ja, es war ein ziemlich krasser Start für uns… Das Wichtigste, um diese Zeit zu überstehen, war, dass wir unseren eigenen Proberaum hatten, so dass wir weiterhin jede Woche Musik machen konnten. Und da wir die Band gerade erst gegründet hatten, waren wir super motiviert und inspiriert. So haben wir unser zweites Album geschrieben, noch bevor das erste veröffentlicht wurde – eine wahre Geschichte. Wir hatten eine tolle Zeit in unserem Studio und es half uns, während der komischen Lockdown-Zeiten einigermaßen bei Verstand zu bleiben. Außerdem fing halb Leiden an, in unserem Proberaum herumzuhängen und uns zu fragen, ob wir diese Woche proben würden.
Als erstes sticht bei eurem neuen Album „Role Models“ das knallige Cover ins Auge. Welche Geschichte verbirgt sich hinter dem Bananenmann?
Die Story ist so klar wie das Cover und der Albumtitel: Unsere Vorbilder sind nichts weiter als schick angezogene Früchte. Hohle, ziemlich leere Menschen, die nur ihr Image und ein Colgate-Lächeln haben, aber keinen Inhalt, der etwas wert ist. Fun-Fact: Dieses Cover habe ich alleine mit KI „designed“, mit dem Prompt: „Eine Banane im Stil von Andy Warhol in einem Dreiteiler“ – genau so ist es herausgekommen.
Euer Sound kann fast schon als anarchisch beschrieben werden und erinnert mich an wilde, auch politische Bands aus den 60er und 70ern. Heutzutage hört man immer wieder, dass Musik nicht politisch sein soll, sondern einfach nur Spaß machen soll. Wie seht ihr das?
Ich bin da anderer Meinung. Ich denke, Musik ist oft von Natur aus politisch. Ob und wie politisch sie sein soll, ist eine andere Frage. Das ist auch eine falsche Dichotomie – Musik kann politisch sein und trotzdem Spaß machen. Unsere Texte sind sehr politisch, aber das ist vielleicht nicht das Entscheidende – es geht nicht darum, dass man alle politischen Botschaften schlucken muss. Übrigens gefällt mir, dass du unseren Sound als anarchisch bezeichnest – man kann durchaus sagen, dass wir uns nicht von irgendwelchen Regeln oder vorgefertigten Soundvorstellungen haben einschränken lassen.
Ihr verarbeitet in euren Songs sehr viele verschiedene Einflüsse und schafft es aber dennoch, dass die Songs rund klingen. Wie läuft das Songwriting bei euch ab?
Fast immer ist es unser Gitarrist Sander, der die Basis des Songs entwirft – die Riffs und Strukturen. Ich schreibe dann die Gesangslinien und Texte, obwohl Sander manchmal auch etwas dazu beiträgt. Dann gehen wir in den Proberaum und feilen gemeinsam daran. Sander ist ein wandelndes musikalisches Lexikon und zeigt mir viele Dinge – alte und neue. Ich habe eine starke Punk-DNA, die immer irgendwie durchschimmert. Wir nehmen all diese Einflüsse auf. Aber am Ende wollen wir, dass ein Song einigermaßen logisch und kompakt ist, denn wir wollen, dass die Leute die Musik leicht verstehen können. Obwohl wir eine Rockband sind, scheuen wir uns nicht, Popsongstrukturen zu übernehmen.
Gerade Stücke wie „Soviet Schoolgirl“ oder „Bottom“ klingen sehr tanzbar, sexy und auch poppig, aber ohne dabei in soften, langweiligen Mainstream abzurutschen. Wie schafft ihr es diesen Spagat in eurer Musik zu halten?
Der Trick ist: Schreibe alle deine Songs zwischen 02:00 und 07:00 Uhr morgens, dann können sie nicht langweilig klingen. Zumindest macht Sander das so (lacht). Aber ja, ich denke, das Wichtigste ist, dass wir versuchen, nicht zu viel von dem zu wiederholen, was schon gemacht wurde. Und langweiliger Mainstream ist genau das: unnötige Wiederholungen. Wir haben keine Angst davor, Klischees zu bedienen, aber wir vermeiden es, dem Mainstream-Einerlei einfach noch mehr Elemente hinzuzufügen. Es soll Energie haben oder seltsam sein, es soll die Leute anregen oder verwirren und die Augenbrauen hochziehen – oder alles zusammen.
Wer kam auf die Idee die Lyrics am Ende von „Opposite Sex“ durch „Miau Miau“ zu ersetzen?
Es war tatsächlich Sanders Katze. Und es ist kein „Ersetzen“ des Textes, es ist einfach der Text.
„Every Circus Needs A Clown“ erinnert mich an den Hit „Radar Love“ von Golden Earring, nur mit einer richtig guten Hammond Orgel. Haben der Song und die Band euch für „Every Circus Needs A Clown“ beeinflusst?
Wenn ich „nein“ sage, glaubst du mir nicht. Wenn ich „ja“ sage, ist das nicht die Wahrheit. Die Sache ist die, dass Sander den Song geschrieben hat, einschließlich des Textes, und wir haben angefangen, ihn zu jammen. Nur, dass wir ihn am Anfang doppelt so schnell gespielt haben. Das hat nicht funktioniert, also haben wir es langsamer gespielt. Dann klang es viel besser. Und erst Monate später, als ich „Radar Love“ zufällig im Radio hörte, fiel mir die Ähnlichkeit auf. Ich rief Sander an, um ihn darauf hinzuweisen, und er sagte: „Ja, ich weiß, das ist mir letzte Woche auch aufgefallen.“ Es war also eher eine Erkenntnis, die ich im Nachhinein hatte. ABER: Es würde mich nicht wundern, wenn Sander inspiriert wurde, ohne es zu merken – das passiert, wenn man Songs nur zwischen 2:00 und 7:00 Uhr morgens schreibt…
„Role Models“ wurde von Mario Goossens von Triggerfinger produziert. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und welchen Einfluss hatte er auf das Album?
Da wir das ganze Album geschrieben hatten, ohne live zu spielen (wegen der Lockdowns), brauchten wir eine externe Meinung zu unserem neuen Material. Also haben wir beschlossen, zum ersten Mal mit einem Produzenten zusammenzuarbeiten. Wir dachten sofort an Mario, nicht zuletzt, weil SPLINTER gerade mit seiner Band Sloper in den Niederlanden auf Tour waren. Er war direkt dabei, was großartig war. Er kam für ein paar Sessions ins Proberaumstudio, hörte sich die Songs an und machte uns spontan Vorschläge. Wir haben das genutzt, um Dinge zu verbessern, die wir brauchten, also hat er die Platte auf jeden Fall auf diese Weise beeinflusst. Außerdem hatte er eine sehr genaue Vorstellung davon, wie die Platte klingen sollte, und wir haben ihm freie Hand gelassen. Wir sind sehr glücklich über diese Entscheidung.
Ihr habt vorher alle in bekannten niederländischen Bands gespielt, weshalb „SPLINTER“ häufig auch als Supergroup bezeichnet wird. Ist das eine Bezeichnung, mit der ihr etwas anfangen könnt?
Nun, wenn man sich andere bekannte Supergroups wie Cream, Crosby, Stills, Nash & Young und Them Crooked Vultures ansieht, ist es klar, dass SPLINTER genau in diese Kategorie passen.
Ihr spielt im September eine Show in Berlin, kann sich der Rest Deutschlands auch bald auf eine SPLINTER-Tour freuen?
Oh ja, auf jeden Fall. Wir haben sehr warme Gefühle für Deutschland – trotz allem – und es fühlt sich wie unser Hinterhof an. Wir lieben es, hier zu spielen (die Show in Berlin war absolut großartig). Wir arbeiten an einigen deutschen Dates im Frühjahr und früher oder später wird es eine Tour geben, die sich auf Deutschland konzentriert.
Zum Abschluss das Metal1-Brainstorming. Was fällt dir als erstes zu diesen Begriffen ein:
Obst:Nur auf der Pizza.
E-Bikes: 1. Das ist kein Fahrrad 2. Einer der unnötigsten Hypes der Moderne. 3. Meiner Wut nicht würdig.
Harry Potter: Netter Kerl. Völlig unterschätzt.
Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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