SLOUGH FEG gelten, nicht zuletzt wegen ihres typischen Sounds, als eine der wohl kauzigsten Bands im Heavy Metal. Anlässlich der Veröffentlichung von „Digital Resistance“ nutzten wir die Möglichkeit, Sänger Mike Scalzi auf den Zahn zu fühlen und erhielten einige wirklich interessante Einblicke in seine Denkweise, wenn es um digitalen Fortschritt oder das Musikbusiness geht.
Hallo. Danke, dass du dir die Zeit für das Interview nimmst. Wie geht es dir?
Ich bin. Das ist alles was ich sagen kann und das ist doch ganz gut. Ihr müsst wissen, man kann nicht immer sagen, dass es einem gut geht, wenn man in einer schlechten Verfassung ist und leidet. Deshalb sage ich mal, es ist gut genug, um, wie ich denke, gesund und am Leben zu sein.
SLOUGH FEG existiert jetzt seit fast 25 Jahren – könntest du die Bandgeschichte kurz zusammenfassen?
Nein. Um ehrlich zu sein, kann ich es nicht, ohne, dass mir selbst schlecht wird dabei. Diese Informationen gibt es schon seit Jahren im Internet und ist nur eine Eingabe in eine Suchmaschine entfernt. Wer also wirklich an der Bandgeschichte interessiert ist, der kann nach SLOUGH FEG suchen und wird Unmengen an Informationen zu unserer Geschichte finden. Andererseits, schaut lieber nicht nach. Wen interessiert das überhaupt? Ist das alles wirklich so interessant? Die ganzen Brüste, die Drogen und die langen Nächte. Es ist die gleiche Geschichte wie bei jeder anderen Band. Wir gründeten uns dann und dann, es passierte dieses und jenes, dann kam der Ärger mit den Drogen, dann unterzeichneten wir bei Label XY und dann kamen die harten Jahre. Oh Gott, das habt ihr alles 10000000000-mal bei VH1 gesehen.
Eure Musik scheint durch sehr viele verschiedene Stile inspiriert zu sein. Man kann Einflüsse des klassischen Heavy Metal, des Heavy Rock der 70er Jahre, Folk-Einflüsse und eine Menge mehr heraushören. Wie würdest du die Musik mit deinen eigenen Worten beschreiben?
Heavy Metal.
Gibt es irgendwas, was du musikalisch nicht ausprobieren würdest?
Ja, ich würde nie versuchen zu rappen und ich würde keinen Jazz spielen. Ich hasse diese Formen der Musik nicht, aber ich bin nicht daran interessiert, sie mit SLOUGH FEG zu spielen.
Wie schreibt ihr eure Songs? Ist es mehr wie eine gemeinsame Jam-Session oder gibt es einen Hauptsongwriter?
Ich bin der Hauptsongwriter, aber wir nutzen beides. Wir “jammen” und wir verarbeiten vorgefertigte Songs und Melodien. Meistens habe ich eine Idee, die ich zu Hause ausarbeite und die Band fügt dann ihre Parts im Proberaum hinzu. Im Studio arbeiten wir dann die letzten Details aus.
Wie spontan seid ihr da noch? Ändert ihr im Studio noch grundlegende Dinge?
Ich ändere sehr viel im Studio, aber das Meiste ist fertig geschrieben, wenn wir ins Studio gehen. Das hat natürlich auch finanzielle Gründe. Dieses Mal dauerten die Arbeiten circa neun Monate, da wir nur sporadisch gearbeitet haben, jedoch gab es keine großen Unterschiede zu den anderen Alben, außer, dass ich einige Orgelparts eingebaut habe. Die Songs wurden während der Rehearsels geschrieben, wie auch bei den anderen Alben. Die Aufnahmen für den Gesang dauerten dieses Mal jedoch ewig, da meine Stimme altersschwach wird und nie für Metal gemacht war. Ich habe die Stimme eines Schlagersängers, oder, mit ein wenig Übung, die eines Chorsängers, aber niemals die eines Metalsängers. Ich liebe Metal und von daher versuchte ich damals zu singen wie Freddy Mercury und scheiterte. Deshalb klinge ich jetzt wie Neil Diamond auf Steroiden.
Wer schreibt bei euch die Texte?
Das mache ich allein.
Kommen wir zum neuen Album “Digital Resistance”. Bist du mit deinem Werk zufrieden?
Nein, ich bin niemals zufrieden, wenn ich eine Platte gemacht habe.
Sobald ich ein Album fertig habe, hasse ich es. Ich höre es mir nie mehr an, aber werde die Songs live spielen und versuchen, mich nicht zu beklagen. Einige Stücke mag ich in Wahrheit zwar, aber das wäre wohl nicht Metal, wenn ich das zugebe.
Kannst du unseren Lesern ein wenig über den Albumtitel und das dazugehörige Konzept verraten?
Okay, ich werde versuchen nicht, wie sonst ständig, auf mein Telefon zu starren. Wenn ich zum Beispiel meine Philosophieklassen unterrichte, dann sorge ich dafür, dass alle Schüler ihre Handys ausschalten und sie diese vor sich auf den Tisch legen. Ich versuche zum Beispiel auch, ohne GPS und Navigationssystem zu fahren, aber in der Realität gibt es leider kein Entkommen mehr. Deshalb mache ich mir Sorgen um die jüngere Generation und darüber was aus ihnen wird. Ich glaube, sie verlieren ihre Denkfähigkeit und ihr Erinnerungsvermögen, weil sie einfach alles mit ihren Smartphones nachforschen können, wenn sie einmal Informationen benötigen. Ich befürchte, viele sind ohne diese Geräte gar nicht mehr überlebensfähig. Wir werden faul, träge und verweichlichen physisch und psychisch. Vielleicht ist das für einige ja unvermeidlich. Jedenfalls möchte ich selbst nicht so enden. Ich kenne auch nicht alle Antworten, hoffe aber, dass meine Musik die Leute dazu bewegt, ihre Ärsche hoch zu kriegen und sich selbst zu behaupten. Fangt etwas Vernünftiges mit euch an!!!
Sofern ich für meine Generation sprechen kann, welche in den 80er Jahren erwachsen geworden ist, waren wir irgendwie noch ein Teil der rebellischen Jugendbewegungen der 50er und 60er Jahre. Wir hatten noch recht viel mit ihnen gemeinsam. Die heutige Jugend scheint kaum noch etwas zu haben, gegen das sie rebellieren kann und daher rebelliere ich gegen sie. Es ist die Umkehr dessen, wie es sonst immer war und jetzt rebellieren die Eltern gegen ihre Kinder. Ich habe keine Zweifel daran, dass die digitale Technik ihren Weg in unsere Biologie finden wird und ihn in Bezug auf unsere Mentalität schon gefunden hat. Vielleicht ist das auch wieder unausweichlich und kann gar als natürlich angesehen werden. Es wird passieren und deshalb kämpfen wir dagegen, denn das erscheint doch genau richtig. Möglicherweise sind wir auch dazu bestimmt, zu dummen Klonen zu verkommen. Letztendlich ist das Leben aber zu kurz, um deswegen paranoid zu werden.
Wo siehst du die Hauptunterschiede zwischen “Digital Resistance” und “The Animal Spirits”?
Es ist wirklich schwierig, etwas darüber zu sagen, nach acht oder neun Metal-Alben nacheinander. Ich versuche, verschiedene Stilarten, zumindest in einigen Songs, zu verzweigen. Ich überlege auch, mir ein Piano zu kaufen, um mehr Musik darauf zu schreiben und einen anderen Ansatz zu bekommen. Eventuell werde ich auch mehr Stücke zusammen mit anderen Musikern schreiben und diese dann für SLOUGH FEG nutzen. Die Problematik ist, sich an diesem Punkt der Karriere nicht zu wiederholen und ich weiß, dass ich meinen Anteil daran habe. Der Schlüssel liegt darin, seine Inspiration nicht zu verlieren und glücklicherweise ist das etwas, das man forcieren kann. Der Prozess des Schreibens ist grundlegend immer noch gleich. Ich schreibe Gitarrenriffs und mittlerweile auch ein paar Stücke am Piano und arbeite zusammen mit der Band die Arrangements und Übergänge aus. Ehrlich gesagt wird das auf Dauer jedoch langweilig und von daher möchte ich in Zukunft ein paar Kleinigkeiten verändern. Vielleicht können wir irgendwann einmal ins Studio gehen und dort viel spontaner arbeiten, zum Beispiel, wenn wir ein wenig mehr Geld zur Verfügung haben. Wir haben bei „Twilight Of The Idols“ schon einmal so gearbeitet und es kamen ein paar sehr interessante Songs dabei heraus. Wie erwähnt kostet es aber Zeit und damit Geld, das wir momentan nicht zur Verfügung haben.
Gibt es einen besonderen Grund für die Wahl des Covers, eventuell sogar im Zusammenhang mit den Texten?
Aus irgendwelchen Gründen habe ich an “Destroyer” von Kiss gedacht. Die Band im Vordergrund, vor einer Zivilisation in Trümmern. So als hätten wir die digitale Revolution und das, was sie mit der Gesellschaft anstellt, aufgehalten. Es ist eben eine sehr ernste Geschichte, die sich durch das Album zieht, und deshalb wollte ich diese mit Nachdruck verdeutlichen. Ich wollte etwas Ähnliches erreichen wie bei “Traveller” oder bei “Twilight Of The Idols”. Ich hatte die Absicht, die Geburt einer neuen Zivilisation zu zeigen, welche aus dem Sterben einer anderen resultiert. Mein Gefühl sagt mir, dass die Technologie der Untergang unserer heutigen Zivilisation und unserer Kultur ist und das die heutige Zeit der Anfang vom Ende ist. Ein dramatisches Bild für eine dramatische Thematik. Ich dachte zum einen an die Figur “Vargr” vom Album “Traveller“ und außerdem liebe ich die Geschichte von Romulus und Remus, so dass ich diese Ideen adaptiert habe und für die neue CD nutzte. Kinder, die an den Zitzen der Technologie saugen … denn genau so sehen sie aus, wenn ihre Augen an die Smartphones geheftet sind.
Für “Digital Resistance” habt ihr einen Vertrag mit Metal Blade Records unterzeichnet. Bist du mit der Entscheidung zufrieden? Wie seid ihr in Kontakt gekommen?
Sie haben mich angerufen. Ich wollte jedoch bereits vor der Unterschrift sicher gehen, dass sie verstehen, welche Art von Album wir machen werden, da ich Angst hatte, dass sie ein weiteres Album wie “Traveller” oder “Down Among The Deadmen” erwarten. Ich wollte auch verdeutlichen, dass wir keine typischen Metalalben machen werden und stets Neues versuchen werden. Ein Grund, warum wir nicht früher bei Metal Blade unterschrieben haben, ist die Tatsache, dass wir als “unvermarktbar” bezeichnet wurden und es eventuell sogar waren. Jedoch verändert sich der Markt und deshalb haben sie eingewilligt, dass wir in unserem eigenen Stil weitermachen können. Genau das taten wir und das Ergebnis könnt ihr jetzt hören. Ich muss zugeben, sie waren sehr umgänglich in der Zusammenarbeit und haben uns einfach machen lassen. Was Gelder, Budgets und so weiter angeht, müssen wir einfach abwarten. Für “Digital Resistance” hatten wir jedenfalls ein ähnlich ausreichendes Budget wie schon für die letzten Alben. Die Zeiten, in denen man mit Metal Geld verdienen konnte oder berühmt werden konnte sind vorbei und ich gehe auch nicht davon aus, dass wir mit den neuen Alben mehr Geld verdienen werden als sonst. Der Markt gibt soetwas einfach nicht mehr her. Das, worauf wir wirklich hoffen, ist, vor einem größeren Publikum zu spielen. Geld mit meiner Musik zu verdienen wäre toll, jedoch bin ich mir sicher, dass ich nicht aufhören werde, wenn es nicht klappt.
Viele junge Bands versuchen jahrelang einen guten Deal zu bekommen und andere Bands folgen einfach jedem Trend und bekommen sofort Verträge und viel Geld. Was denkst du darüber?
Darüber denke ich gar nicht nach und ich möchte auch gar nicht darüber nachdenken. Es muss einen Grund, den ich nicht kenne, dafür geben, dass sich schlechte Musik so gut verkauft. Eigentlich ist es traurig, dass jemand der aus Müll Geld machen kann, dies auch tun wird. Ich habe keine Ahnung, was ich tun könnte, um daran etwas zu ändern, außer die für mich beste Musik zu machen und jungen Bands dabei zu helfen, gute Musik zu machen.
Wie ist denn deine Meinung zu der aktuellen Welle von 70er-Retro-Bands?
Die meisten dieser Bands sind langweilig, aber es gibt auch einige gute Truppen wie The Devil’s Blood oder Ghost. Eine wirklich großartige Band, die nach späten 70ern klingt, sind übrigens Bible Of The Devil. Sicherlich gibt es noch mehr gute Bands, von denen ich bisher nichts gehört habe, aber die meisten dieser Bands klingen einfach nicht wirklich nach 70er Jahren, sondern nach runtergebremstem Hardcore.
Versprichst du dir auch Vorteile aus diesem Hype, wie zum Beispiel bessere Tourmöglichkeiten?
Ja, wir hatten sogar schon einige Angebote, auch wenn wir keine 70er-Retro-Band sind. Wir sind einfach zu ausgefallen, um in diese Kategorie zu passen und ich möchte uns auch nicht in eine bestimmte Dekade stecken lassen.
Gibt es denn schon Tourpläne? Werdet ihr eventuell sogar nach Europa beziehungsweise Deutschland kommen?
Ja, am 26. Mai fliegen wir nach Schweden, um dort ein Festival zu spielen und danach kommen wir vielleicht auch mal wieder nach Deutschland.
Abschließend möchten wir in kleines Brainstorming mit dir machen. Sag uns einfach, was dir zu den Begriffen einfällt:
Google: Sehr nützlich und meistens eine gute Sache. Leider gilt dies nicht immer für Schüler, da sie aufhören zu denken und richtige Forschungen anzustellen. Interessante Informationen zu finden ist heutzutage nicht mehr speziell.
NSA: Kommt mir bekannt vor
Super Bowl: Es war großartig, als die Pittsburgh Steelers die Dallas Cowboys in den Jahren 1976 und 1978 besiegt haben.
Vinyl: Gibt es zum Glück immernoch, solang du nicht das Zeug meinst mit dem Autositze überzogen sind.
Qualität im Fensehen: Bis auf ein paar Ausnahmen, wie die BBC-Serie “Sherlock”, existiert sie nicht mehr. “Sherlock” ist eine der besten TV-Serien aller Zeiten.
Deutschland: Das ist eine umfangreiche Frage. Goßartiges Bier, tolle Leute, tolle Festivals, tolle Autos und tolle Autobahnen. Achja, das Essen.
SLOUGH FEG in 10 Jahren: Kahlköpfiger und noch grauhaariger, aber immer noch am Alben aufnehmen und Konzerte spielen. Ob das gut oder schlecht ist, müsst ihr entscheiden.