Interview mit Peter Huss von Shining

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Keiner hat es bislang länger bei SHINING ausgehalten als er: Seit nunmehr zehn Jahren ist Peter Huss der stille Mann an der Seite von Niklas Kvarforth. Wie er es schafft, so gut mit dem verrückten Genie zusammenzuarbeiten und wo er die Grenzen zieht, wie er sein SHINING-Debüt „V – Halmstad“ aus heutiger Sicht bewertet und wer ihn überhaupt zum Gitarrespielen inspiriert hat, berichtet Huss im Interview.

Es ist jetzt schon zehn Jahre her, dass „V – Halmstad“, das erste SHINING-Album, an dem du mitgewirkt hast, erschienen ist. Für viele Fans ist es die ultimative SHINING-Veröffentlichung. Was hältst du persönlich heute von „V – Halmstad“?
Ich habe immer ein bisschen ein Problem damit, alte Sachen zu hören. Hauptsächlich, weil ich dann immer Details finde, die ich heute anders machen würde. Also kann ich da nicht zu 100 Prozent objektiv sein. Aber ich schätze, es ist ziemlich gut. Ein Grund dafür ist wahrscheinlich, dass wir damals viel improvisiert haben. Man mag das vielleicht nicht denken, aber vieles auf diesem Album ist spontan in der Hitze des Gefechts entstanden.

Das neue Album „X – Varg Utan Flock“ ist, wie ich finde, „Halmstad“ sehr ähnlich – musikalisch, klanglich und selbst beim Artwork gibt es Parallelen. War das Absicht?
Eigentlich nicht. Jedes neue Album soll sozusagen „neu“ sein. Aber natürlich können sich manche Sachen trotzdem ähnlich entwickeln.

Wie viel Einfluss hast du auf das Songwriting und hat sich das im Laufe der Jahre geändert?
Das variiert ein wenig. Aber jedes Album wird zu dem, was es ist, wenn jeder seine persönliche Note in die Performance einbringt. Am Ende spielt es also keine Rolle, wer sich welches Songfragment ausgedacht hat. Am Ende ist alles Teamarbeit.

Was genau ist dein  Anteil am kreativen Prozess für ein SHINING-Album, wie viel Gestaltungsfreiheit hast du da, zum Beispiel bei den Gitarrensoli?
Meine große Stärke ist es, Melodien zu kreieren. Und das habe ich entsprechend viel getan. Was die Soli angeht, so nehme ich sie immer alleine auf. Wenn ich fertig bin, präsentiere ich sie den anderen. Und das ist es im Grunde genommen. Natürlich frage ich von Zeit zu Zeit nach Meinungen, aber am Ende ist es immer meine Entscheidung. Mein Augenmerk liegt immer darauf, etwas zu schreiben, das zum Song passt. Ich liebe es, melodische Teile zu komponieren, die man eigentlich auch singen könnte. Diese Art von Solo ist einfach, wie ich finde, am effektvollsten. Aber manchmal muss man auch einfach alles abbrennen.

Du bist zweifellos einer der begabtesten Gitarristen der Black-Metal-Szene. Wann hast du angefangen, Gitarre zu spielen, wie viel übst du und welche Gitarristen haben dich als Musiker inspiriert, als du angefangen hast, dein Instrument zu spielen?
Danke! Nun, ich habe mit dem Gitarrespielen angefangen, als ich zehn war. Und zumindest nach ein paar Jahren habe ich dann auch wirklich viel geübt. In dieser Zeit hatte ich viele Helden: Gary Moore, Slash, Yngwie Malmsteen, John Norum, Mark Knopfler, Marty Friedman oder Tom Morello beispielsweise, um nur ein paar zu nennen.

Hast du heute noch solche „Idole“, Gitarristen, die du bewunderst?
Ich liebe immer noch dieselben Kerle wie damals. Aber die Liste der Gitarristen, die ich bewundere, ist heute viel länger. Es gibt so viele gute draußen!

Du bist jetzt seit 13 Jahren bei SHINING. In dieser Zeit hast du in der Band viele andere Musiker kommen und gehen sehen – keiner hat so lange bei SHINING durchgehalten wie du. Hast du eine Erklärung dafür, warum deine Zusammenarbeit mit Niklas, anders als das restliche Lineup, Bestand hat?
Ich denke, das Wichtigste ist, dass wir sehr gut darin sind, uns gegenseitig Freiräume zu lassen. Vielleicht haben wir einfach eine gute Balance gefunden, wie wir mit allem umgehen.

Vor nicht allzu langer Zeit, am 17. Mai 2017, gab es eine skandalöse Show im The Shredder, Boise (Idaho) – Augenzeugen haben berichtet, dass Niklas auf der Bühne rassistische und homophobe Verleumdungen benutzt, Ohrfeigen verteilt und mit dem Hitlergruß und “Sieg-Heil“-Rufen provoziert habe. Wie beurteilst du diese Show, wie erklärst du dir sein skandalöses Verhalten und was hast du dir in diesem Moment gedacht?
Ich war da gar nicht da. Ich musste diese Tour auslassen, weil in meiner Familie ein paar unglückliche Dinge passiert sind. Also kann ich dazu eigentlich nichts sagen. Aber im Allgemeinen höre ich nicht viel von dem, was gesagt wird. Was ich auf der Bühne höre, ist so ziemlich nur meine Gitarre, das Schlagzeug und ein bisschen Bass und die andere Gitarre. Ich habe die Vocals nie auf meinen Monitoren. Nicht einmal meine eigenen, bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen ich Back-up-Gesang mache. Ich höre nur das, was ich hören muss, um gut zu spielen.

Sogar bei einer „normalen“ Show wird man als Musiker bei SHINING von Niklas oft geschlagen oder mit Zunge geküsst – was denkt man in diesen Momenten, gefällt dir das oder lässt man es einfach zu?
Das passiert mir nicht. Das habe ich schon vor Jahren klargestellt.

Gibt es also eine Art Vereinbarung, was für dich in Ordnung ist und was nicht? Gibt es Grenzen,  etwas, das du nicht tolerieren würdest?
Die vorige Antwort beantwortet das ja eigentlich schon. Also ja, es gibt Grenzen. Ich bin wirklich penibel damit, wie ich spiele. Alles, was mich beim Spielen stört, nervt mich. Typische Live-Zwischenfälle können natürlich aus Versehen geschehen, das ist etwas anderes. Aber im Allgemeinen habe ich meine Ruhe und kann auf meiner Brock-Signaturgitarre mein Ding durchziehen.

Niklas ist zweifellos ein Genie, aber auch ein Verrückter – wie hältst du es aus, die ganze Zeit mit ihm zusammen zu sein und Gigs wie die oben genannten zu spielen? Wärst du nicht manchmal gerne einfach nur der Gitarrist einer normalen Band sein, ohne Skandale und Stress?
Wie bereits gesagt, sind wir wirklich gut darin, uns gegenseitig Raum zu geben. Und die meisten Auftritte sind ja nicht so. Meistens sind es nur gute Black-Rock-‘n‘-Roll-Gigs. Und da ich auch in anderen Bands spiele, bekomme ich eine gute Mischung aus allem.

Neben SHINING wären das noch zwei weitere Bands – das Power-Metal-Outfit Shadowquest und Apostasy, bei denen du seit 2010 dabei bist. Ist das – vor allem der Power Metal – eine Art Kompensation für die anstrengende Zeit bei SHINING?
Apostasy war nur ein Album für mich, da bin ich nicht mehr dabei. Aber Shadowquest laufen auf Hochtouren, wir bringen bald ein neues Album heraus. Aber nein, das ist kein Ausgleich für irgendetwas. Ich mag es einfach, viele verschiedene Dinge zu spielen. In nur einem Genre zu bleiben oder in vielen Bands der gleichen stilistischen Richtung zu spielen ist das Langweiligste und Sinnloseste, was man machen kann, finde ich. Und solange es mir gefällt, werde ich es machen, egal welcher Stil das jetzt genau ist.

Welche Art von Musik magst du persönlich, was hörst du zu Hause oder wenn du mit dem Auto fährst?
Ich mag alles, was gut ist. Ich weiß, das ist eine schlechte Antwort – aber es ist wahr. Solange es musikalisch von guter Qualität ist, wird es mir wahrscheinlich gefallen. Ich persönlich kann nicht verstehen, wie man nur ein Genre hören kann, wo es doch so viel gute Musik gibt. Für mich ist nur wichtig, ob es gut oder nicht gut ist. Wenn ich fahre, höre ich meistens Radio. Irgendwelche gesprochenen Programme, keine Musikkanäle. Die Musik, die sie heutzutage im Radio spielen, ist ja für gewöhnlich nicht auszuhalten.

Vielen Dank, dass du dir Zeit für meine Fragen genommen hast – die letzten Worte gehören dir:
Ich danke! Ich hoffe, dass sich die Leute das neue Shadowquest-Album anhören werden, wenn es dann erscheint. Ich bin sehr zufrieden damit, wie es geworden ist. Insofern verdient es mindestens einen Durchlauf von Anfang bis Ende!

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