Interview mit Eviga von Dornenreich

Interviews werden in der Regel in der Promophase zu einem Album oder einer Tour geführt – und dann über diese Themen. Doch Alben und Shows gäbe es nicht, wären die Gesprächspartner nicht so begeisterte Instrumentalisten. In unserer Serie „Saitengespräche“ wollen wir dem Rechnung tragen – mit Interviews, die sich ganz um Instrumente, Verstärker, Effekte und andere Technik drehen. Von Gear-Nerds für Gear-Nerds – und solche, die es werden wollen.

In Teil 5 der Serie unterhalten wir uns mit Eviga von DORNENREICH.

Wann hast du angefangen, Gitarre zu spielen?
Da muss ich elf oder zwölf gewesen sein.

Was hat dich damals dazu gebracht, Gitarre zu lernen?
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich einfach irgendwann damit begonnen, der akustischen Gitarre meiner Mutter Töne zu entlocken. Zugleich wuchs meine Begeisterung für Metal und als ich dann eines Tages auch noch die ersten Songbooks von Metallica, Megadeth, Sepultura und Pantera in einem lokalen Buchgeschäft entdeckte hatte, nahm meine ernsthafte Beschäftigung mit der Gitarre ihren Lauf.

Hast du vorher schon ein anderes Instrument erlernt (oder erlernen müssen)?
Nein. Und weil ich eben nicht von außen dazu angetrieben worden bin, war meine eigenständige Entdeckung der Gitarre dann wohl auch eine magischere Erfahrung für mich (als für viele dazu Verdonnerte) und verlieh mir einen entsprechend langen Atem beim Erlernen des Instruments. Das war tatsächlich mein großer Schatz, – und wenn man so etwas in der Jugend hat, ist das von unschätzbarem Wert, gibt Halt und Richtung.

Weißt du noch, welches Modell deine erste Gitarre war?
Hm … meine erste E-Gitarre war eine Samick. Mehr als bescheiden tatsächlich, genauso wie mein erster 10-Watt-Verstärker. Aber für mich war das der Beginn von etwas Gewaltigem. (lacht)

Wie viele Gitarren/Bässe besitzt du?
Ich verfüge über vier E-Gitarren. Dazu kommen fünf Akustikgitarren und eine Bass-Gitarre. „Verfügen“ sage ich übrigens deshalb, weil bei den Akustikgitarren zwei Endorsement-Gitarren eingerechnet sind.

Haben die Instrumente für dich unterschiedliche Einsatzbereiche, also hast du etwa verschiedene für verschiedene Bands oder Anlässe, etwa Studio, Liveauftritte und den Urlaub?
Unter meinen Akustikgitarren gibt es ein Modell, das nicht mehr hergestellt wird, weswegen ich diese Gitarre in der Regel ausschließlich daheim und für Aufnahmen nutze. Streng genommen wird zwar auch meine Haupt-E-Gitarre nicht mehr hergestellt, doch ich fühle mich dieser Gitarre so verbunden, dass ich sie permanent einsetze. Es ist dies meine schwarze Ibanez, die jeder kennt, der mich schon auf der Bühne gesehen hat. Tatsächlich wurden seit 1998 beziehungsweise seit dem zweiten DORNENREICH-Album alle Alben und alle meine Konzerte (auch die, die ich mit Empyrium und Sun Of The Sleepless bestritten habe) mit dieser Gitarre eingespielt beziehungsweise gespielt. Eine Ausnahme davon bildet bislang lediglich das kommende DORNENREICH-Album, für das ich mit anderen E-Gitarren gearbeitet habe.

Worauf legst du aus technischer Sicht besonderen Wert, welche Kriterien muss ein Instrument für dich erfüllen, damit du damit zufrieden bist?
Tatsächlich ist für mich neben dem direkten Klang- beziehungsweise Klangfarbenkriterium einer Gitarre insbesondere auch noch das Spielgefühl bedeutsam, das einem ein Instrument vermittelt. Da mein Spiel zentral von Instinkt und Emotion gesteuert wird, ist es für mich persönlich immens wichtig, wie ein Instrument in meiner Hand liegt, wie sehr mich ein Instrument dazu einlädt, ja verführt, immer weiter lustvoll darauf zu spielen, wenn man so sinnlich will. (lacht)

Man hört ja oft von Musikern, die eine spezielle Verbindung zu ihrem Instrument zu haben scheinen. Empfindest du das auch so? Hast du ein Lieblingsinstrument?
Es ist ja bestimmt schon klar geworden, dass ich zu meiner Ibanez ein besonderes Verhältnis habe – historisch gewachsen sozusagen. (lacht) Die für mich wichtigste Gitarre, auf der ich tatsächlich alle Stücke ersinne, seien sie nun akustisch oder metallisch angelegt, ist allerdings eben die Akustikgitarre, die ich ausschließlich daheim beziehungsweise für Aufnahmen nutze, weil das Modell nicht mehr hergestellt wird. Da du mich aber nach meinem Lieblingsinstrument gefragt hast, muss ich hier noch anfügen, dass das tatsächlich das Schlagzeug im Allgemeinen ist. Ja, im Herzen bin ich tatsächlich mehr Schlagzeuger als Gitarrist … und das hört man meinem oft ja doch sehr perkussiven und stark rhythmisierten Gitarrenspiel auch deutlich an, meine ich.

Gibt es ein Modell, etwa das Instrument eines großen Vorbilds, das du gerne einmal spielen würdest?
Tatsächlich nicht – und ich merke sogar gerade, dass ich überhaupt noch nie darüber nachgedacht habe. Da ich jetzt aber nun mal gerade darüber nachdenke, finde ich, dass es bestimmt faszinierend wäre, ein Instrument spielen zu dürfen, das bereits eine lange – und vielleicht eben auch sehr aufregende – Reise hinter sich hat.

Und womit spielst du deine Gitarren – welche Plektren verwendest du und warum diese?
In der Regel klassische Dunlop Nylon Plecs – sowohl für die Akustik- als auch für die E-Gitarre. Diese Plecs fühlen sich für mich einfach gut an und stellen für mich persönlich die Verbindung zwischen Hand und Saite optimal her – was in erster Linie freilich darin begründet liegt, dass ich diese Plecs schon seit über 20 Jahren regelmäßig nutze und sich eine entsprechend große Vertrautheit eingestellt hat. Und das ist für mich von zentraler Bedeutung, denn letzten Endes ergibt sich eine gute Gesamtklanglichkeit meiner Wahrnehmung nach weniger daraus, welcher Klang sich grundsätzlich mit einem bestimmten Plec erzeugen lässt, als vielmehr daraus, dass sich ein Gitarrist mit einem Plec so richtig wohlfühlt.

Für Touren werden Verstärker ja oft geleast – ist das für dich in Ordnung oder hast du deinen eigenen Amp dabei? Welches Modell spielst du?
Bei unseren eigenen Konzertreisen habe ich immer meinen Randall-Amp dabei, der meinem rhythmisierten und oft auch extrem hart akzentuierten Spiel schmeichelt. Zudem versorgt er unseren Live-Sound auch mit eben der kantigen Wucht, die wir insbesondere in früheren Jahren dringend gebraucht haben, als wir ohne Bass gespielt haben. Das genaue Modell ist mir entfallen. Und da das gute Stück im Proberaum steht, kann ich dieses Geheimnis im Moment nicht lüften.

Neben dem Instrument und dem Verstärker haben Soundeffekte einen wichtigen Anteil am Klang. Setzt du auf einzelne Tretminen, ein Multieffektboard oder eine Kombination?
Selbst bin ich generell – und auch im Felde von Sounds – ein Verfechter von Minimalismus. Will meinen: Wenn der Grundklang von Gitarre und Amp gut ist, ist das für mich ideal. Ein guter Zerr-Sound, ein schöner Clean-Sound – fantastisch. Allerdings hat das auch mit meinem grundlegenden Verständnis von Konzerten zu tun, die für mich weit mehr mit Energie und situativer Magie denn mit einer möglichst exakten Reproduktion des Albumsounds zu tun haben. Dazu gehört dann auch, dass wir bei DORNENREICH live nicht mit Click-Track etc. spielen, sondern immer ganz frei im Moment miteinander agieren und aufeinander reagieren. Mein Minimalismus in puncto E-Gitarren-Live-Sound liegt dabei erstens darin begründet, dass ich von meinen Interessen her das naturgegebene Gegenteil eines Technik-Nerds bin (lacht) und es liegt zweitens daran, dass ich über die Jahre viele, viele Kollegen verzweifeln gesehen habe, wenn es live zu klanglichen Problemen oder kompletten Ausfällen auf Seiten der Gitarre kam und sie – allzu oft der Verzweiflung nahe – vor dem labyrinthischen Signalfluss erschauderten, der sich aus den unzähligen Effektboard- und Tretminen-Aufbauten zwangsläufig ergeben musste.

Lass uns ins Detail gehen: Erkläre uns doch bitte die Elemente deiner Effektschleife. Welche Geräte nutzt du, in welcher Reihenfolge geschaltet und warum?
Dazu kann ich lediglich sagen, dass ich zu „Flammentriebe“-Zeiten eine spezielle Korg-Tretmine für eine weitere Einfärbung des Zerrsounds meines Randalls im Einsatz hatte. Für den Fall kniffliger Bühnensituationen habe ich immer ein Noise-Gate-Tretmine dabei.

Gedankenspiel: Du darfst nur einen Einzel(!)effekt mit auf die Bühne nehmen – für welchen entscheidest du dich? Welches Effektpedal macht deinen Sound aus?
Da bin ich aus meiner Sicht fein raus. Denn abgesehen von meinem Amp und dem dazugehörigen Footswitch für ein rasches Umschalten zwischen Clean-Sound und Zerr-Sound brauche ich lediglich meinen Korg-Tuner, um loslegen zu können.

Hast du einen Effekt, den du ganz anders nutzt als eigentlich vorgesehen oder den du vielleicht sogar selbst (um)gebaut hast?
Nein. Allerdings fällt mir in diesem Zusammenhang ein, dass ich für das kommende Album einige sehr spezielle Percussion-Sounds entwickelt habe. An mangelnder Experimentierfreudigkeit liegt es also definitiv nicht, dass ich nicht viele Gitarreneffekte nutze. (lacht)

Wozu benutzt du ein Noise-Gate?
Ich nutze es nur im Notfall, um nicht in den Griff zu bekommenden Brummschleifen etwas entgegensetzen zu können. Aber in der Regel gilt für mich: Je mehr Effekte/Geräte/Kabel, desto mehr Stress beim Umbau (gerade auch bei Festivals) und erst recht mehr Stress im Störfall …

Hast du zum Abschluss noch einen Tipp für angehende Musiker?
Solange man nicht vergisst, was beim Spielen eines Instruments das erste Feuer der Begeisterung in einem selbst ausgelöst hat und solange man spürt, dass dieses Feuer kontinuierlich in einem selbst lodert, wird sich alles andere ergeben.


Im nächsten Teil der Serie kommt JF Dagenais (KATAKLYSM/EX DEO) zu Wort!


Die bisherigen Teile der Serie findest du hier:

Publiziert am von und Juan Esteban

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert