Interview mit Roland Greil - Light Design von Rammstein

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Die ersten beiden Teile unserer Serie „RAMMSTEIN – Hinter den Kulissen der Stadiontour“ widmeten sich der Bühne. Doch das monumentalste Konstrukt bringt nichts, wenn es im Dunkeln steht. Hier sorgt Roland Greil von Woodroffe Bassett Design für Abhilfe: Im Interview berichtet der Light-Designer, der schon Mega-Acts wie The Rolling Stones, Phil Collins und Adele ins rechte Licht gerückt hat, was eine gute Lichtshow ausmacht, wie viele Laufmeter LED-Tape man auf einer Stadionbühne verkleben kann und wie man überhaupt Licht designt.

Du bist für die Lichtshow der RAMMSTEIN-Stadiontour verantwortlich – ist das die größte Produktion, an der du bislang mitgewirkt hast?
Es war sicherlich einer der größeren, aber nicht die größte.

„Lichtdesign“ ist für den Laien ja ein sehr abstrakter Beruf – wie wird das überhaupt gemacht? Erst einmal nur im Kopf oder auf dem Papier oder programmierst du Visualisierungen, wie du es dir vorstellst?
Wie nahezu jede kreative Arbeit fängt alles mit Ideen im Kopf an. Die Ideen für diese Produktion entstanden zum größten Teil am Anfang des Design-Prozesses, als Florian [Wieder, Production- & Stagedesign – A. d. Red.] und ich angefangen haben, uns über die ersten Ideen zum Design für diese Show zu unterhalten, nachdem wir ihn als partner in crime für den Set-Teil mit ins Boot geholt hatten. In den nächsten Schritten entstanden erste Skizzen, gefolgt von technischen, immer detaillierteren Plänen. Der Licht- und Video-Part wurde gemeinsam mit dem Setdesign visualisiert, um der Band schon in einem möglichst frühen Stadium die Arbeit anschaulich zu zeigen.

Haben RAMMSTEIN dazu überhaupt eine Meinung oder überlassen sie das den Fachleuten?
Die Band hat ganz klar eine Meinung, was auch sehr wichtig ist. Die Entwicklung und das Design einer solchen Show ist von Anfang an Teamwork und eine Kollaboration mit den Bandmitgliedern. Daher ist es auch essentiell, dass man sich versteht und eine gemeinsame Sprache spricht. Eine gehörige Portion Vertrauen in unsere Arbeit ist aber natürlich auch vonnöten. Es war jedenfalls eine sehr angenehme und freundschaftliche wie auch produktive Zusammenarbeit. Die gesamte Kollaboration war und ist mehr als positiv verlaufen.

Und wie eng müsst ihr als Kreativteam zusammenarbeiten?
Die Entwicklung und Arbeit an einer solchen Produktion ist zu 100 % Teamwork. Das fängt dabei an, dass alle visuellen Elemente bei einer solchen Show Hand in Hand gehen müssen, um ein stimmiges Ergebnis zu erzielen. Genauso wichtig ist aber das Teamwork mit der Crew und der Produktion, da diese ja dann das Ergebnis unserer Arbeit tagtäglich bedienen und auch in kürzester Zeit von A nach B transportieren müssen. Nur mit einem Team, das perfekt zusammenspielt, lassen sich Shows wie die von RAMMSTEIN produzieren.

Wo steigt man in den Prozess des Licht-Designs ein? Startest du mit dem Entwurf eines „Gesamtkonzepts“ oder gehst du direkt auf die einzelnen Songs?
Grundsätzlich fängt alles mit einem Gesamtkonzept an, das aber auf einem fundierten Verständnis der Band, ihrer Musik und ihres Hintergrunds, vor allem aber für die Menschen in der Band basiert. Die detaillierte Ausarbeitung einzelner Songs folgt dann in den nächsten Schritten. Wobei man natürlich die Anforderungen an spezielle Looks, die man sich für manche Songs vorstellt, auch schon im Vorfeld in das Gesamtkonzept einfließen lässt.

Wie gehst du dabei vor, auf was achtest du speziell, wo setzt du die Akzente?
Im ersten Schritt setzt man sich mit dem Song auseinander: Welche Message hat der Song, welche Stimmung vermittelt er? Ist es eher ein Uptempo-Song oder eine Ballade? Aus diesen Faktoren ergibt sich ein Gesamtlook, den man für den Song anstrebt. Im nächsten Schritt bricht man den Song herunter. Man analysiert also die musikalischen Parts, welche dann die Grundlage für Akzente und verschiedene Looks darstellen. Ganz wichtig ist auch, dass das jeweilige Design für einen Song in die Gesamtdramaturgie der Show passt.

Was sind die größten Unterschiede zwischen einer Hallen- und einer Stadionshow, was das Lichtdesign angeht?
Der größte Unterschied besteht neben der Größe darin, dass man es aus Designsicht mit Tageslicht zu tun hat. Das heißt: Zum einen hat man nicht volle Dunkelheit wie in einer Arena, zum anderen sieht das Publikum vom ersten Moment an die gesamte Bühne – und meist auch erheblich länger im Tageslicht als im Dunkeln. Daher ist es einerseits ganz wichtig, dass das Design der Bühne an sich schon interessant und gut ist. Es geht darum, eine Architektur zu schaffen, die sich nicht im Dunkeln zu verstecken braucht. Was das Licht angeht, gilt es, die jeweilig herrschende Helligkeit in das Gesamtdesign und die Dramaturgie der Show  einfließen zu lassen.

Hast du aus Lichtdesigner-Sicht einen Lieblingsmoment im Set?
Jedes Mal, wenn ich die Show nach Abschluss der Designarbeit gesehen habe, hatte ich wieder einen neuen „Lieblingsmoment“. Daher lässt sich das nicht auf einen speziellen Moment eingrenzen. Was, denke ich, das beste Ergebnis ist, das man erzielen kann, da die Show nie langweilig wird.

Und etwas allgemeiner: Was willst du mit dem Licht erreichen, wann ist eine Lightshow eine gute Lightshow?
Unsere Arbeit, das Lichtdesign, das Videodesign sowie auch das von Florian erstellte Setdesign sollten immer nur den perfekten Bilderrahmen schaffen, in dem die Band performt. Selbst bei RAMMSTEIN, wo der Fokus ganz klar auf der Gesamtinszenierung liegt, muss die Band immer im Mittelpunkt stehen. Des Weiteren sollte eine Show immer abwechslungsreich sein, selbst eine gute Dramaturgie beinhalten und sich zu keinem Zeitpunkt wiederholen. Wenn dann noch alle Gewerke rund zusammenspielen, dann ist es für mich ein stimmiges Ergebnis. Das haben wir mit der RAMMSTEIN-Show aus meiner Perspektive auf jeden Fall erreicht.

Gibt es bei einer Megaproduktion wie dieser in kreativer Hinsicht überhaupt noch Limitierungen?
Projekte wie RAMMSTEIN kommen sicherlich dem Traum eines jeden Kreativen nahe. Trotzdem hat man natürlich auch hier gegebene Limits. Zum einen sind das technische Limits und Vorgaben wie die Größen der bespielten Stadien … und leider lässt sich natürlich auch die Physik noch nicht umgehen. Aufgrund der herausragenden Zusammenarbeit mit unserem Kreativteam, der Band und der Produktion konnten wir gemeinsam aber alle Herausforderungen recht mühelos meistern.

Kannst du uns an dieser Stelle etwas zur eingesetzten Technik erzählen?
Insgesamt benutzen wir dabei über 1000 (genau 1070) intelligente und computergesteuerte Scheinwerfer, 674 Laufmeter LED-Tape, 36 Nebelmaschinen und 5 Lichtpulte, die zusammen 2,4 Mega-Watt an Strom benötigen.

Und wie viel Zeit steckt in der Lichtshow, wie lange hast du daran gearbeitet?
Insgesamt sicherlich etwa ein Jahr. Nach einer über sieben Monate dauernden Designphase, die mit den ersten gemeinsamen Entwürfen mit Florian begonnen hat, haben wir in etwa 370 Stunden die Show programmiert.

War deine Arbeit mit dem kreativen Teil abgeschlossen oder stehst du auch bei den Shows am Lichtpult?
Ich bin rein für das Kreative und Politische zuständig. Hinter den Pulten haben wir bei RAMMSTEIN ein ganz tolles Team: Marc Brunkhardt, der die Show auch programmiert hat, und Faren Matern, der seit Anbeginn mit RAMMSTEIN auf Tour ist, kümmern sich um die tägliche Umsetzung unseres Designs und bedienen die Pulte. Während der Programmier- und Probenphase hatten wir auch noch Tim Hornung an Bord, der das Video nach unseren Vorstellungen programmiert hat.

Wird so eine Show dann komplett digital mit Timecode vorprogrammiert, sodass der Lichttechniker vor Ort eigentlich nur noch auf Start drücken muss, oder bleibt hier noch Raum für „kreatives Mitspielen“?
Ein Großteil der Show läuft automatisiert mit Timecode. Nach wie vor sind aber Teile der Show manuell gesteuert, daher ist für die beiden Kollegen an den Pulten ein gutes Verständnis für die Musik und die Show sowie ein gewisses musikalisches Grundtalent unabdingbar.

Bist du selbst eigentlich RAMMSTEIN-Fan oder ist das für dich nur ein Auftrag unter vielen?
Es ist ganz klar kein Auftrag unter vielen. Obwohl ich mich vielleicht nicht direkt als Fan bezeichnen würde, finde ich ihre Musik sehr ansprechend – und sie stellt eine wunderbare Grundlage für unsere Tätigkeit dar.

Zum Abschluss eine Frage zu deiner Vita: Wie bist du zum Beruf des Lichtdesigners gekommen, über welche Karrierestufen kommt man in dieses Berufsfeld?
Die gesamte Story würde hier wohl den Rahmen sprengen, daher nur ganz kurz zusammengefasst: Ich habe aus dem Hobby meiner Kindheit und Jugend nach dem Abitur meinen Beruf gemacht. Zuerst habe ich angefangen, als Lichttechniker auf Tourneen zu arbeiten und habe mich dann nach und nach via „learning by doing“ weitergebildet. Über Stationen als Operator bei diversen immer größeren Shows bin ich schlussendlich dort gelandet, wo ich jetzt bin und habe die große Ehre, mit diversen internationalen Künstlern und Kollegen zu arbeiten.

 

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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