„Hand Of God?“ von PITCH BLACK PROCESS gleicht einer Zeitreise – gelingt es den Türken auf ihrem Debüt unter diesem Bandnamen doch tatsächlich, den Spirit des Göteborg Metal wieder in alter Frische aufleben zu lassen. Ein Gespräch über das Album, die Kollaboration mit In Flames und die Metalszene in der Türkei.
Euer Debüt, „Hand Of God?“, ist soeben in Deutschland erschienen. Habt ihr schon Feedback bekommen?
Eigentlich ist es unser drittes Album, aber das erste unter unserem neuen Bandnamen. Aber das Feedback ist gut, ja! Vor allem dein Review hat uns sehr gefallen – vielen Dank dafür an dieser Stelle! Es war eines der größten Komplimente, die du uns hättest machen können, dass du geschrieben hast, dass das Album aus Jesper Stromblads Feder stammen könnte, der ja gemeinhin als Mitbegründer des schwedischen Melodic Death Metal gilt.
In eurer Heimat, der Türkei, ist das Album bereits vor einem Jahr erschienen. Seid ihr mit dem Album auch mit dem nun gegebenen Abstand noch vollauf zufrieden, oder gibt es mittlerweile Punkte, die du anders machen würdest?
Natürlich hat man immer ein paar Alternativ-Ideen im Kopf oder denkt darüber nach, wie es gewesen wäre, wenn… andererseits gäbe es dann jetzt kein neues Material: Das wäre dann ja ein nie endender kreativer Prozess. Aber im Großen und Ganzen sind wir sehr zufrieden: Wir wollten einen Sound mit Weltklasse, und ich denke, das haben wir erreicht. Wir haben einen unserer Träume erfüllt, als wir mit Daniel Bergstrand zusammengearbeitet haben – zudem durften wir auf einem Song mit Niclas Engelin (In Flames, Engel) kollaborieren, der wie Stromblad ein Pionier des Göteborg-Sounds und des Schwedischen Death Metal allgemein ist.
Ihr hab das Album in Schweden gemischt (Dugout Studios) und gemastered (Stockholm Mastering). Warum habt ihr euch trotz der großen geographischen Distanz für diese Studios entschieden, und war die Distanz ein Problem bei der Zusammenarbeit?
Ja, das war schon ein bisschen schwierig, in vielen Aspekten: Die Distanz, das Budget und auch ganz allgemein das erste Mal mit einem Produzenten zusammenzuarbeiten, der dann auch noch eine echte Szenekoryphäe ist. Wir sind wirklich große Fans von seinen Arbeiten, vor allem natürlich den In-Flames-Sachen, und wie gesagt: mit ihm zu arbeiten war für uns ein echter Traum, der in Erfüllun gegangen ist.
Du hast die Kollaboration mit Niclas Engelin („Deciever“) schon angesprochen. Wie seid ihr mit ihm in Kontakt gekommen?
Das ist eine lange geschichte, aber ich versuche, das mal kurz zu umreißen, ok? (lacht) Wir waren auf ein Festival eingeladen, das in Kalmar stattfinden sollte und wo Bands wie Dark Tranquillity, Witchery, Evergrey und so weiter spielen sollten. Und eben auch Engel. Leider wurde das Festival abgesagt, aber die Veranstalter wollten uns dann für ein Club-Konzert und da sind wir dann hingefahren. Die Resonanzen waren großartig, aber wichtiger war, dass der Veranstalter damals gleichzeitig der Manager von Engel war. Er hat mit Niclas über uns gesprochen und ihm unser zweites Album gegeben. Und dann hat er uns erzählt, dass Niclas beeindruckt gewesen sei und uns gerne helfen würde. Das Ergebnis ist „Deceiver“!
Und wie lief die Zusammenarbeit dann ab? Habt ihr euch getroffen oder ging das über das Internet?
Wir haben uns zwar ein paar Mal getroffen, aber nicht in Zusammenhang mit dem Song. Das lief übers Internet.
Das Album wurde dann auch in einer Radio-Show, die Fredrik Stenberg und Peter Iwers von In Flames hosten, vorgestellt. Habt ihr Kontakt zu ihnen, oder habt ihr zumindest Feedback zu dem Album bekommen?
Ja, wir stehen in sehr engem Kontakt mit ihnen und sie sind alle sehr begeistert von dem Album.
Sind In Flames eure Idole und war es euer gestecktes Ziel, dass das Album nach den alten In Flames klingen soll?
Natürlich inspieriert uns jede Band, die wir früher gehört haben, aber unser Haupteinfluss liegt klar im schwedischen Death Metal. Meine Lieblingsband ist auch wirklich In Flames – aber wir haben uns nie etwas zum Ziel gemacht oder versucht, so oder so zu klingen. Wir spielen das, was wir lieben und fühlen – das ist alles.
Gibt es denn für diese Musik in der Türkei ein Publikum, oder zielt ihr eher auf Deutschland und Westeuropa im allgemeinen ab?
‘’Metal in der Türkei“ ist ein großes und trauriges Thema. Nicht nur für dieses Sub-Genre sondern ganz allgemein kann man sagen, dass es so etwas wie eine Metal-Szene in der Türkei nicht gibt, schlicht, weil es keine „Metal-Industrie“ gibt: Es gibt keine Labels, keine guten Magazine oder gar Radios, die Metal unterstützen. Natürlich haben auch wir so etwas wie eine Szene, aber das kann man nicht mit den meisten europäischen Ländern vergleichen. Insofern mussten wir von Anfang an auf die große weite Welt abzielen.
Vielen Dank für diese Einblicke – die letzten Worte gehören dir:
Ich bedanke mich für das Interesse und die Unterstützung! Wir hoffen, dass wir bald zu euch rüber kommen und euch alle mal persönlich kennen lernen können!
Zum Abschluss unser traditionelles Brainstorming:
Recep Tayyip Erdoğan: Faschismus
Occupy-Gezi: Revolution, Bruderschaft
Ukraine: Was uns auch passieren wird, wenn diese Polarisierung weitergeht.
Ein Metalhead in der Türkei sein: Don Quixote
Deutschland: Großartige Metalszene und ein schönes Land!
Fussball: Mir egal (lacht)
PITCH BLACK PROCESS in zehn Jahren: Mal schauen (lacht)