Interview mit Rider G Omega von Obsidian Kingdom

Ihr Debüt-Album „Mantiis“ kam so gut an, dass die in Eigenregie veröffentlichte CD nach kurzer Zeit ausverkauft war. Das französische Label Season Of Mist hat das Album nun neu aufgelegt – und OBSIDIAN KINGDOM mit Sólstafir durch Europa geschickt. Rider G Omega, Sänger und Gitarrist der Katalanen, über ihre Erlebnisse mit den Isländern, das Album und Live-Auftritte von Gottesanbeterinnen.

obsidian kingdom logoIhr seid gerade von eurer Tour mit Sólstafir zurück – wie geht es euch?
Uns geht es gut, danke. Wir haben den Nach-Tour-Blues überwunden und freuen uns nun darauf, wieder ins Studio zu gehen und am nächsten Kapitel unserer Geschichte zu arbeiten.

Was für eine Erfahrung war diese erste große Tour für euch?
Das war ein echtes Erlebnis! Wir sind mit nahezu allem in Zusammenhang mit dieser Tour vollauf zufrieden – das Ganze war für uns in allen Belangen ein voller Erfolg. Alle Beteiligten, die Bands, aber auch die Crew, waren sehr professionell, nett und entgegenkommend – das hat schnell für ein sehr freundliches Verhältnis zwischen allen gesorgt. Hinzu kommt, dass Sólstafir gerade so groß werden, so dass wir in sehr coolen Clubs in ganz Europa spielen konnten und jeden Abend ein wirklich großes Publikum hatten – im Schnitt 300 Leute pro Abend! Am Ende waren ja sogar zehn der 25 Konzerte ausverkauft. Das war für uns natürlich eine riesige Chance, und wir haben unser bestes Getan, unsere Musik einer größeren, neuen und
begierigen Hörerschaft nahezubringen. Wir haben Reviews zu all den Shows gesammelt, und bis jetzt haben über 50 Journalisten aus zwölf Ländern in acht verschiedenen Sprachen geschrieben, dass man dagewesen sein muss. Mehr kann man sich wirklich nicht wünschen …

Obsidian Kingdom 01

Waren das eure ersten internationalen Konzerterlebnisse?
Nein, wir haben bereits Anfang des Jahres eine sehr erfolgreiche Show auf dem Bloodstock Festival gespielt, und auf dem Headway Festival in Holland waren wir auch schon. Aber es war natürlich unsere erste große Tour, insofern wird sie uns definitiv in Erinnerung bleiben.

Wie habt ihr das deutsche Publikum empfunden?
“Das” deutsche Publikum gibt es nicht – wie überall anders auch unterscheidet sich das Publikum von Stadt zu Stadt. Es ist nicht das gleiche, im Norden zu spielen, wie im Süden, und in der Hauptstadt ist es immer schwierig. Am besten hat es uns wohl in Stuttgart gefallen, und das nicht nur, weil wir dort Freunde haben. Vom Publikum in Bielefeld haben wir wirklich unerwartet viel Zuspruch bekommen, in Berlin hatten wir technische Probleme, in Frankfurt waren nur sehr wenig Leute da, dafür lief der Merchandise-Verkäufe in Köln super … man kann das also wirklich nicht verallgemeinern. Aber die Deutschen sind sehr leidenschaftliche Musikliebhaber, immer offen Neuem gegenüber und sehr pünktlich – das sind natürlich perfekte Bedingungen für eine Vorband.

Gibt es auch ein paar witzige Anekdoten von der Tour zu berichten?
Klar … aber die wirklich witzigen erzähle ich besser nicht. Aber es sollte genügen, zu erwähnen, dass wir einmal im Bus mit weniger Leuten aufgewacht sind, als wir hätten sein sollen – hunderte Kilometer von der Bar entfernt, in der die betreffenden Personen zuletzt gesehen worden waren.

Obsidian Kingdom 02

Wart ihr mit dem Feedback der Sólstafir-Fans zufrieden?
Ja, vollauf! Sólstafir haben sich ja schon von ihren Metal-Wurzeln verabschiedet und auf eine musikalische Reise begeben, um in unerforschtes Gebiet vorzudringen und ihre eigene Identität zu finden – bei uns ist das nicht anders. Insofern ist es nicht schwer zu verstehen, dass ihre Fans in der Regel unsere Musik auch mögen. Deshalb war das einfach die perfekte Tour für uns, auch wenn es natürlich deutliche Unterschiede zwischen ihrer und unserer Musik gibt. Sahg und Espen And The Witch haben sehr unterschiedliche Geschichten zu erzählen, aber sie haben das Billing der Tour perfekt ergänzt
: Alle folgen ihrem musikalischem Ansatz aus dem gleichen gemeinsamen Grund: Hingabe, Heavyness und Emotion.

Season Of Mist haben euer Debüt-Album neu aufgelegt. Wie kam es dazu? Normalerweise sind Labels ja eher an neuen Alben interessiert …
Ja, wir sind uns dessen durchaus bewusst – das ist in der Tat etwas besonderes. Unsere Absicht war nie, ein „Mantiis“ über ein Label zu veröffentlichen, und wir haben es ja dann auch ganz nach unserem Plan in Eigenregie veröffentlicht und so gut wir konnten promoted. Es war ein für unsere Verhältnisse wirklich erfolgreicher Relelease und die erste Digipak-Edition war schnell ausverkauft. Eigentlich haben wir dem CEO von Season Of Mist „Mantiis“ nur gegeben, um ihm zu zeigen, worum es bei OBSIDIAN KINGDOM geht. Aber er fand das Album so gut, dass wir schnell überein kamen, die CD wiederzuveröffentlichen weil das Label uns eine ganz andere Promotion anbieten konnte, um die von uns gestartete Promotion bei der Erstveröffentlichung zu ergänzen. In diesem Kontext hat es sich natürlich gut gefügt, dass wir noch zwei Musikvideos für die Schlussoffensive der Kampagne in der Hinterhand hatten, und dass die Sólstafir-Tour anstand.

Obsidian Kingdom 03Was bedeutet der Albumtitel? Das Wort „mantiis“, vom lateinischen „mantis“ abgeleitet, gibt es so nicht.
Wir haben den Namen etwas abgewandelt, weil wir ihn einerseits einzigartig machen wollten, aber auch wollten, dass er mehr ist als nur ein Hommage an unsere Gottesanbeterin. „Mantiis“ beinhaltet ganz offensichtlich viele Insekten, aber noch viel mehr als das – das ist der Grund warum wir ein zusätzliches „i“ eingefügt haben.

Woher rührt euer Interesse an Mantiden? Bist du selbst Mantiden-Halter?
Tatsächlich haben wir unser Interesse an Mantiden erst infolge der Arbeiten an dem Album entwickelt, nicht andersherum. Vorher hatten wir nur vage Kenntnis von diesen Tieren, viel davon unfundiert oder falsch. Wenig später hatten wir dann ziemlich viele Mantiden als Haustiere, haben sie gepflegt und gezüchtet – wir haben sie sogar eingeladen, an ausgewählten Auftritten der Band mitzuwirken. Sie sind die zartesten, elegantesten und grausamsten Insekten, die wir kennen, und wir lieben sie. Leider ist unsere letzte kurz nach einer sehr erfolgreichen Performance in einer unserer Shows mit Jarboe verstorben.

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Das Album ist ein Konzeptalbum, bestehend aus einem Song in 14 Teilen – was steckt hinter dieser Idee und wie seid ihr diesbezüglich beim Songwriting vorgegangen? Habt ihr die Teile in der Albumreihenfolge geschrieben, oder habt ihr die Tracklist erst später festgelegt?
Dieses Konzept, wenn man es so nennen will, ist nicht wichtig, um die Songs zu verstehen und das Album zu genießen, und muss hier definitiv nicht ausgebreitet werden. Sollte dennoch jemand so tief einsteigen wollen: Wir haben viele kleine Hinweise im Design, unserer Promokampagne und – natürlich – in der Musik und den Texten versteckt.
Wir sind dabei vorgeangen wie beim malen eines Bildes oder wenn man einen Film macht: Zunächst haben wir die Grundlinien oder Handlungsstränge entworfen, und sind dann Schritt für Schritt ins Detail gegangen, ohne dabei das Große Ganze aus den Augen zu verlieren. Manchmal hat ein Teil ganz natürlich die anderen beeinflusst, oder hat uns dazu gebracht, das Gesamtwerk zu hinterfragen, und manchmal sind wir von einer neuen Idee ausgegangen und haben das Puzzle leicht geändert, damit das Teil passt. Aber wir haben uns immer an den roten Faden gehalten, vor allem, was die Dynamik und das emotionale Konzept angeht. Das ist ein sehr unorthodoxer Ansatz, ein Album zu schreiben, aber aus kreativer Sicht sehr interessant. Und das Resultat hat uns bestätigt.

Torn & Burnt - The Mantiis RemixesIhr habt seitdem noch ein Remix-Album veröffentlicht. Was war die Idee hinter dieser Veröffentlichung?
Ein Paar Wochen, nachdem die erste Edition von „Mantiis“ ausverkauft war, haben wir über Möglichkeiten einer Neuauflage und mögliches Bonus-Material nachgedacht. Wir von OBSIDIAN KINGDOM lieben elektronische Musik, insofern fanden wir, dass ein Remix durch einen unserer Lieblingskünstler aus diesem Genre eine coole Sache wäre. Aber sobald wir Namen in den Raum warfen, war uns klar, dass wir uns nicht für einen entscheiden könnten. „
Torn & Burnt“ ist also eine Sammlung von sieben „Mantiis“-Stücken als Remix, produziert und umgearbeitet von Künstlern aus aller Welt, die wir persönlich ausgewählt haben. Sie haben die Aufgabe angenommen, die Codes der ursprünglichen Arbeit in einer neuen Sprache, der von düsterer und stimmungsvoller elektronischer Musik, neu zu schreiben, die Gesamtatmosphäre beizubehalten, aber die Sprache wo immer nötig zu ändern, um die Songs in diesem Prozess zu ihren eigenen zu machen.

Inzwischen arbeitet ihr bereits an eurem zweiten Album. Was kannst du uns dazu schon sagen – gibt es bereits Details wie Titel, Songanzahl, Spielzeit, Release-Termin oder dergleichen?
Wir haben mit den Arbeiten schon begonnen, bevor wir auf Tour gegangen sind, mussten den Prozess aber dann unterbrechen, um uns auf die Liveshows vorzubereiten. Jetzt sind wir mehr als froh, wieder an der Arbeit zu sein. Es ist noch zu früh, um Konkretes zu sagen, weil alles noch im Entstehen ist, aber die Musik des neuen Albums wird sich urbaner, zeitgemäßer anfühlen, verglichen mit dem psychologisch abstrakten, fabelhaften Charakter von „Mantiis“. Wir behandeln momentan weniger introspektive Themen wie City Spleens, Dystopien der nahen Zukunft oder Verschwörungstheorien. Was es am Ende wird, weiß noch niemand so genau. Auf alle Fälle behalten wir definitiv die Dunkelheit, die Philosophie, die Aggression und die Vielseitigkeit bei – und natürlich unser Talent, unsere Hörer mit unserer Kunst zu unterhalten und zu fordern.

Viel Erfolg dabei und vielen Dank für das Interview! Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:
Barcelona: Heimat. Trends. Festivals.
Mantis:
Elegant. Mörder. Augen.
Black Metal: Teenager-Zeiten. Theatralik. Religion.
Lieblingsalbum 2014:
Scott Walker. Necro Deathmort. Lana del Rey.
Deutschland:
Die Deutsche Sprache. Nietzsche. Rainier Wolfcastle.
Marc-André ter Stegen:
Mussten wir googlen, Fussball interessiert uns nicht.
Drogen: Freizeit. Gefahr. Transcendenz.

Nochmals vielen Dank für deine Zeit – die letzten Worte gehören dir:
Vielen Dank, Moritz – und allen Lesern von Metal1.info beste Grüße! Wir werden uns jetzt für einige Zeit in den Schatten zurückziehen – aber wir werden bald zurückkehren! Seid auf der Hut!

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