Interview mit Linus Klausenitzer von Obscura

Die deutschen Meister des Technical Death Metal, OBSCURA, haben mit ihrem neuesten Werk „Akróasis“ wieder eindruckvoll unter Beweis gestellt, warum sie zu den beliebtesten Vertretern ihres Genres zählen. Im folgenden Gespräch mit Bassist Linus Klausenitzer erfahrt ihr unter anderem, was die Band in den fünf Jahren seit „Omnivium“ so getrieben hat, was es mit den Besetzungswechseln auf sich hat und was der Grundgedanke hinter dem neuen Album ist.

obscura6Euer neues Album „Akróasis“ zeigt euch wieder mal von eurer besten Seite, dazu kann man euch nur beglückwünschen. Wo siehst du die größten Unterschiede zu euren letzten Alben?
Danke für die Blumen. Mit dem neuen Album mussten wir alleine schon deshalb eine neue Richtung einschlagen, da wir massive Besetzungswechsel hinter uns haben. Wir wollten den Sound der beiden letzten Alben, der unsere Band bekannt gemacht hat, nicht einfach kopieren. Wir mussten uns neu definieren, wollten aber den musikalischen Grundcharakter beibehalten.
Um diesen neuen gemeinsamen Stil, der die einzelnen Stärken der Komponisten und Musiker betont, zu finden haben wir viel Zeit benötigt. Ich bin aber tatsächlich der Ansicht, dass wir eine Platte geschaffen haben, die sehr einzigartig klingt.
In meinen Augen ist die Musik etwas atmosphärischer geworden. Wir haben versucht, mehr Raum in der Musik zu lassen und mehr mit Dynamik zu arbeiten. Auch die Fretless-Gitarre ist ein neues Soundelement.

obscura4Seit „Omnivium“ sind ganze fünf Jahre vergangen, eine nicht unbeträchtliche Zeitspanne. Womit habt ihr diese Zeit zugebracht?
Zunächst haben wir viel getourt – 4 Europatourneen, 2 Touren durch Nord-Amerika (u.a. mit Children Of Bodom und Devin Townsend), Touren durch Japan, Süd-Ost-Asien und Mexiko. Dazu kamen diverse Festivalshows und unser 10-jähriges Bandjubiläum. Wir haben als eine der ersten Bands überhaupt mittels Crowdfunding eine Compilation mit dem Namen „Illegimitation“ aus alten Demosongs und Coversongs veröffentlicht. Nach den Besetzungswechseln haben wir dann mit dem Songwriting fast von Null begonnen.

Mit jedem Album wurde eure Musik komplexer und progressiver. Habt ihr es gezielt darauf abgesehen, euer Können zu verbessern oder war das eine unbewusste Entwicklung?
Progression ist uns sehr wichtig. Wir selbst haben keine Lust uns zu wiederholen und das wollen glücklicherweise auch unsere Fans nicht. Speziell im deutschen Powermetal sind musikalische Veränderungen sehr ungern gesehen, bei uns ist glücklicherweise das Gegenteil der Fall.

Seit dem letzten Album gab es gleich drei Besetzungswechsel. Was hat es damit auf sich?
Besetzungswechsel sind für Außenstehende immer sehr schwer zu verstehen. Neben musikalischen gab es auch durchaus finanzielle und zwischenmenschliche Gründe, die ich auf die Schnelle aber nicht erklären kann. In einer Band mit der Größe wie Obscura muss man viel Zeit für wenig Geld investieren. Da muss man schon mit 100% Überzeugung bei der Sache sein. Wenn sich dann die persönlichen Ziele der Bandmitglieder ändern, kann das schnell zu einem Problem führen.obscura1

Textlich seid ihr mindestens genauso ambitioniert wie instrumental. Was ist diesbezüglich der Grundgedanke hinter „Akróasis“?
„Akróasis“ (altgriechisch für „hören“) ist der Name eines Buches von Professor Hans Kayser. Darin behandelt er eine alte Theorie von Pythagoras, dass das Universum auf einer harmonischen Struktur aufgebaut ist, die sich aus den Tönen unserer Umgebung definiert.
„Akróasis“ ist das dritte Album eines Vier-Alben-Konzepts, das den Lebenszyklus eines Universums beschreiben soll. Das erste Album „Cosmogenesis“ beschrieb die Schöpfung, das zweite Album „Omnivium“ die Evolution. Das dritte Album ist nun das philosophische Zeitalter. Es wird reflektiert und philosophiert. Im nächsten Album wird diese Welt dann mit einem lauten Knall untergehen.

Das Cover ist diesmal sehr hell und sphärisch ausgefallen. Was kannst du uns darüber erzählen und inwiefern steht es im Kontext zur Musik?obscura5
Das Vier-Alben-Konzept spiegelt sich auch im Artwork wider. „Cosmogenesis“ war kalt und blau, „Omnivium“ grün als Zeichen der Evolution und das aktuelle Album ist nun in hellen Bronze- und Wüsten-Farben gefasst. Die Elemente der beiden vorherigen Alben finden sich im Hintergrund wieder, allerdings befinden sie sich bereits kurz vor dem Zusammenbruch. Die Polygone sollen die harmonische Struktur symbolisieren, die die Welt umgibt. Diese harmonische Struktur wollten wir auch in der Musik unterbringen. Deshalb haben wir unter anderem ein „Monochord“ bei den Aufnahmen verwendet. Schon in der Antike wurde es wegen seiner geometrischen Teilungsverhältnisse dazu verwendet, um musiktheoretische und physikalische Zusammenhänge zu demonstrieren.

Wenn man sich die Tracklist ansieht, springt einem vor allem „Weltseele“ ins Auge. Mit 15 Minuten ist es euer bisher längster Song. Was war die Idee dahinter?
Unser Gitarrist Tom hatte den Wunsch, ein langes Stück zu schreiben. Als ich mit ein paar Ideen zu einem Stück ankam, an dem ich nicht mehr weiter kam, übernahm er diese als Basis um an seinem Longtrack zu schreiben. Es ist sehr schwierig ein Stück über so lange Zeit spannend zu gestalten und eine funktionierende Dramaturgie auf die Beine zu stellen. Ich bin noch immer begeistert, dass dies geglückt ist.

Und warum hat der Track überhaupt einen deutschen Namen, wo doch Texte und sonstige Songtitel alle auf englisch sind?
Unser Sänger Steffen schreibt alle Songtexte und hat auch diesen Songtitel gewählt. Wenn ich mich recht erinnere ist der Songtitel deutsch, weil es im Englischen kein Wort gibt, das dem deutschen Begriff „Weltseele“ angemessen entspricht.

„Weltseele“ beinhaltet auch ein Streicher-Arrangement. Denkt ihr, ihr werdet in Zukunft öfter auf symphonische Elemente zurückgreifen?
Ich habe mit der Band Noneuclid schon des Öfteren mit Orchester spielen dürfen und würde mich freuen, dies auch mit Obscura fortzuführen. Allerdings muss es in einem Umfeld passieren, das Sinn macht. Ich bin kein Freund von Metalalben, auf denen das Orchester die Rolle eine Keyboards einnimmt und nur Flächen spielt. Ein Orchester kann soviel mehr bieten.obscura2

Was sind eure Pläne für die nahe Zukunft bezüglich Live-Auftritten?
Im April touren wir mit DTA durch Ost-Europa, spielen in Israel, Indonesien und auf ein paar europäischen Festivals. Das einzige Konzert in Deutschland ist bisher auf dem Summer Breeze Festival geplant. Im Herbst möchten wir gerne auch wieder im Rahmen einer großen Europatour durch Deutschland touren.

So, dann wären wir auch schon wieder am Ende unseres Interviews angelangt. Zum Schluss möchte ich dich noch bitten, an unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming mitzumachen. Was kommt dir bei folgenden begriffen in den Sinn:
Top 3 Prog/Death-Alben: Spawn Of Possession – Incurso, Dream TheaterImages and Words, OpethStill Life
Esoterik: Ich habe noch nie Interesse verspürt mich mit Esoterik zu befassen und habe nahezu alle Menschen, die sich damit befassen als geistlich sehr beschränkt und als selbstbelügend kennengelernt. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass dieses Gebiet verkannt wird und man sicherlich einiges aus Lehren der Esoterik ziehen kann.
Phil Anselmo: Hat es übertrieben.
Djent: Oft sehr interessante Ansätze. Leider sind die Stilmittel von Bands aus diesem Genre aber meist sehr übersichtlich.
Politik: Ich befasse mich gerne mit Politik, versuche mir aber nicht zu jedem Thema eine Meinung zu vertreten, wenn ich mich nicht wirklich intensiv damit beschäftigt habe.
Avantgarde Metal: Der Metalbereich könnte ruhig etwas mutiger mit neuen Ideen sein. Ich würde mich freuen, diesen Begriff häufiger zu lesen.

Dann nochmal danke vielmals für dieses Interview. Wenn du unseren Lesern noch etwas mitteilen möchtest, kannst du das gerne tun:
Ich habe zu danken! Unser neues Album steht als kompletter Stream im Netz. Ich würde mich freuen, wenn ihr euch selbst ein Bild über unser neues Album macht und wir uns dann auf Tour treffen!

Publiziert am von Stephan Rajchl

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