Die Australier NEKROFEIST geben mit ihrem ersten Album “…Without Reserve Or Regret“ zurzeit mächtig Vollgas in ihrer Heimat, viele Konzerte sind für das kommende Jahr geplant. Was hinter dem Werk steckt, was die Band ausmacht und wie gefahrvoll die zunehmende Amerikanisierung Australiens sein kann, erfahrt ihr hier von Dave Tinelt, dem Sänger von NEKROFEIST, und dem Bassisten Rob Giles.
Hallo Jungs! Zuerst einmal ein „Dankeschön“ dafür, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview nehmt! Wie geht es euch?
Dave Tinelt: Bitte sehr, nichts zu danken!
Rob Giles: Uns geht es gut, Lisa! Der Band geht es im Moment gut, im Moment proben wir ziemlich hart für unser Sommerprogramm. Wir werden einige große Shows geben.
Ich nehme an, dass unsere Leser noch nicht so viel über euch gehört haben. Bitte stellt euch vor!
DT: Mein Name ist Dave und ich bin der Sänger von Nekrofeist.
RG: NEKROFEIST ist eine Thrash-/Groove-Metal-Band der Ostküste Australiens mit vier Mitgliedern. Wir haben bereits zwei i-tunes Singles veröffentlicht (2009), eine EP (2010) und kürzlich unser neues Album “…Without Reserve Or Regret”. Wir haben auch zwei Videos für unsere i-tunes Singles gedreht und wir haben vor 2013 noch einige mehr zu drehen, die unser Album begleiten sollen. Die Band setzt sich aus Dave Tinelt (Gesang), Damon Bishop (Gitarre), Rob Giles (Bass) und Paul Gilroy (Schlagzeug) zusammen.
Durch welche Bands wird eure Musik beeinflusst? Wer sind eure größten Vorbilder?
RG: Jeder von uns Vieren hat einen anderen Musikgeschmack und deshalb bringen wir alle andere Einflüsse und Perspektiven in NEKROFEISTs Musik. Trotz der verschiedenen Einflüsse, denke ich, dass es das uns allen gemeinsame, gesellschaftliche Umfeld ist, das den Kern von NEKROFEIST ausmacht. Mit großer Sicherheit kann ich sagen, dass wir Bands wie Pantera, Testament, Anthrax, Alice In Chains und Faith No More alle sehr mögen. Als Bassist sind meine Idole Billy Gould, Geezer Butler und Tim Commerford – Fingerspieler mit beeindruckendem Spiel und starker, musikalischer Präsenz in ihren jeweils zugehörigen Bands.
DT: Für mich persönlich Megadeth, Strapping Young Lad, Testament … Ich bin mit Bands wie Motley Crue, Skid Row, Faith No More und so weiter aufgewachsen.
Was unterscheidet euch von anderen Thrash-/ Groove-Metal Bands und wo seht ihr eure Wurzeln?
RG: In NEKROFEIST sehen wir die Möglichkeit schwierige, soziale Probleme zu bewältigen. Dinge, über die andere Bands nur selten reden, kommen hier zur Sprache. Musikalisch finden wir ständig neue Wege Dinge zu verbinden und behalten das Interesse am Spielen. Für jede Band ist es schwierig ihren eigen Sound und ihre eigene Identität zu finden. Doch mit dem neuen Album und der klaren Produktion von Jenk haben wir es geschafft unseren Sound zu definieren und wir haben uns eine Identität geschaffen, die uns von den Anderen abhebt. Ich denke, dass unsere Wurzeln in den Bands zu finden sind, mit denen wir auf gewachsen sind. Schließlich bilden sie den Grundstein zu unserem Sound.
DT: Unsere Wurzeln setzen sich aus unseren individuellen Haupteinflüssen zusammen und werden durch die Reviews und Rückmeldungen, die wir kriegen, klarer umrissen.
Ich gratuliere euch zu eurem Album “…Without Reserve Or Regret“! Ich denke, es ist sehr stark und ein wirklich gutes Debüt. Wie denkt ihr über euer neues Album? Seid ihr zufrieden?
RG: Danke, Lisa! Es ist zufriedenstellend positive Rückmeldungen von den Medien zu erhalten, besonders von so weit her. Wir haben sehr hart an dem Album gearbeitet, vom Songwriting über die Produktion bis zur aktuellen Aufnahme. Wir wollten ein großes Stück besser klingen als auf unseren bisherigen Veröffentlichungen und ich bin sicher, dass wir das mit Jenk’s Produktion geschafft haben. Wenn ich mir das fertige Album anhöre, gefällt mir besonders die Art, wie es harmoniert. Da sind viele verschiedene Elemente eingebaut, welche die verschiedenen Seiten von NEKROFEISTs Sound zeigen. Auch sehe ich, dass sich das Album in zwei verschiedene Seiten entwickelt hat, was auch sehr interessant ist. Diesen Weg haben wir nicht geplant, aber ich denke, es hat etwas für jeden. Ich bin jetzt an dem Punkt, wo ich so zufrieden bin, dass ich es auch als Musikliebhaber, und nicht bloß als Bandmitglied, anhören kann.
DT: Danke dir. Es ist definitiv eine Leistung, aber das war ja auch so geplant. Für mich war es das Größte zu wissen, dass es veröffentlicht wird, denn das war mein aller größter Wunsch. Ich musste bloß an das Wissen gelangen, wie ich diese Mission ausführen musste.
Um vollkommen zufrieden zu sein, betrachten wir unser Werk zu kritisch. Einige Elemente sind in Hinblick auf eine Performance sicherlich fraglich, aber ich denke, dass eine genaue und kritische Betrachtung uns hilft. – Denn da ist immer etwas, was man beim nächsten Mal verbessern kann.
Was ist die Bedeutung des Titels und wieso habt ihr ihn gewählt?
DT: Der Titel ist Teil des Grundes für den Bandnamen. Als ich NEKROFEIST gegründet habe, begründete ich es über meine Entschlossenheit und Gefühle. Der Titel war immer da, er wurde durch Mike Morphett (den Designer unseres Artworks) zu der Zeit, in der wir einen Namen suchten, angeregt.
RG: Während wir im Studio saßen bat ich Mike Morphett mit Arbeit an Konzepten für das Album-Design zu beginnen. Alles was wir hatten, war eine Liste mit Songtiteln, unsortiert, und die Lyrics für das Album. – Wir hatten keine Ahnung, in welche Richtung der Titel gehen sollte, aber wir waren offen für Anregungen. Auch hatten wir uns früh dazu entschlossen, das Booklet für eine Definition des Bandnamens zu benutzen. Eine der Zeilen dieser Definition war „…without reserve or regret“ und Mike war der Meinung, es sei ein überzeugender Album-Titel. Wir stimmten alle einstimmig zu, es war ein Kinderspiel.
Was ist euer Lieblingssong vom aktuellen Album?
DT: Das ist eine Frage, die ich mir selbst sehr oft stelle. Ich denke, insgesamt lande ich bei „Australian Made“. Es ist nicht nur die Tatsache, dass es ein groovender Song ist, vielmehr ist alles darin enthalten, was ich über Australien, welches sich gerade in einer gesellschaftlichen Krise befindet, sagen möchte. „Australian Made“ versucht den Bewohnern Australiens zu vermitteln, dass wir stolz auf die Geschichte unserer Heimat sein sollen, uns zu leicht von außen beeinflussen lassen und Australien jeden Tag feiern sollten – nicht bloß einmal im Jahr.
RG: Er wechselt von Tag zu Tag. Ich liebe jeden Song auf dem Album, sie sind wie Kinder für mich. Ich habe ihre Entwicklung verfolgt und fühle mich Jedem nahe. Ich denke, ich muss sagen, dass der Abschluss-Song des Albums, „Headless Parabolic Man“, mein Lieblingsstück ist, weil die Zeit in der ich ihn schrieb einen großen Meilenstein im Songwriting für uns bedeutete. Auch ist es der Song, den wir in A-sharp-Tuning geschrieben haben. Es juckte mich, etwas Abstraktes, etwas was Platz für Interpretationen lässt zu schreiben. So etwas, das man zehn verschiedenen Personen vorspielen kann und zehn vollkommen verschiedene Antworten bekommt. Es war nicht einfach, die Jungs davon zu überzeugen. Damon und ich hatten die Idee bei ihm zu Hause und zusammen mit Paul arrangierten wir sie peinlichst genau. Das Arrangement auf dem Album ist genauso, wie wir es auf unserer ersten Demo arrangiert haben, nichts hat sich verändert. So kann man sagen, dass es als ein Instrumentalstück geboren wurde – und so präsentierten wir es Dave. Ich äußerte klar, was ich von dem Song erwartete, und ich bin mir ziemlich sicher, dass Jeder in der Band sein Mögliches gab um es umzusetzen. Ich denke Dave hatte die schwierigste Zeit mit ihm, es war ihm sehr fremd. Doch als ich ihm das Konzept der Abstraktheit erklärte, und ihm Zeit gab darüber nachzudenken. Letztlich war er ganz aufgeregt – wie ein Kind. Es alles zusammen, als Einheit, und solch ein brutales und episches Gesamtwerk zusehen… Das ist es, was mich nach wie vor sehr zufrieden macht. Ich bin sehr stolz auf das Album, und ich bin auch sehr stolz auf die Jungs.
Wie entsteht ein NEKROFEIST-Song? Schreibt ihr erst, oder komponiert ihr erst?
RG: Wir sind unterschiedlich vorgegangen. In der Regel starten wir mit der Musik, einem Riff oder einer Melodie, die wir weiter ausbauen, ich finde eine Veränderung, die gut klingt, und setze sie an eine Stelle, wo sie keiner erwartet. Auf einmal haben wir ein rohes Arrangement, mit dem wir zufrieden sind und geben es Dave um Texte und eine Gesangsmelodie hinzuzufügen.
Womit befassen sich die Lyrics, und woher bekommt ihr eure Ideen?
DT: Ich lasse mich durch besondere Momente in meinem Leben und von Anderen und dem Leben im Generellen inspirieren. Probleme, die unsere Sichtweise beeinflussen, uns darüber nachdenken lassen wie wir richten. Auf die eine oder andere Art sind unsere Texte den Zündstoff für Diskussionen und nichts passiert, wenn wir nicht über Dinge sprechen, die uns direkt oder indirekt betreffen. Ich benutze die Texte um die Dinge, die mich anpissen, hinauszuschreien und meine Stimme vertritt die all derer, die nicht erhört, oder ignoriert werden.
– Von Prostitution und Drogen, inneren Konflikten, Missachtung des Gesetzes bis zu der alten Frage wieso wir hier sind…
RG: Dave schreibt die meisten Texte, aber ungefähr ein Viertel von ihnen stammt von mir. Ich kann nicht für ihn sprechen, aber ich denke, dass die Texte, die ich verfasse, immer mit etwas Persönlichem beginnen. In dem Moment, in dem der Stift das Papier berührt, fließt der Geist aus deinem Kopf. Mit der Zeit durchlaufen die Lyrics einen Prozess, werden von den anderen Bandmitgliedern reinterpretiert, und ihr Sinn wird abgeschwächt. Ich bin nicht traurig darum, das ist ein natürlicher Prozess.
Die Lyrics sind immer in meinem Geist, in einem sicheren Netz. Sie können die Belastung durch ein ernstes Thema lichten. Doch ich weiß, dass es egal ist, worüber ich schreibe – Irgendjemand wird es eh fehlinterpretieren!
Der Song „Carbon Black“ ist ein perfektes Beispiel dafür: Der Titel war in einem alten Notepad, welches ich seit meiner Jugend besitze, doch der Text handelt über eine frustrierende, inländische Situation. Nachdem ich es geschrieben hatte, realisierte ich die Doppeldeutigkeit des Textes. Eigentlich geht es gar nicht um einheimische Australier, aber jeder interpretiert es auf diese Art und Weise, weil Dave die Worte singt. Ich liebe es, mit den Erwartungen der Hörer auf diese Art zu spielen.
Euer Song „Australian Made“ beginnt mit der Amerikanischen Nationalhymne. Macht euer Land euch stolz, oder gibt es da etwas, was ihr kritisch betrachtet?
RG: Wir sind alle stolze Australier und wir lieben unser wunderschönes Land! Was uns betrifft, ist der Erhalt unserer nationalen Identität. Wie wollen nicht, dass die australische Kultur abgemildert oder amerikanisiert wird und ich bin sicher, dass da welche in Deutschland sind, die gleich denken. Ich habe zwei Kinder und als Vater kann ich nichts machen, außer um das Erbe, das wir ihnen hinterlassen, besorgt zu sein.
Aber da ist ein anderer Aspekt in „Australian Made“: Der Niedergang unserer fertigungstechnischen Industrie. Wirklich nichts wird mehr hier produziert – alles im Ausland. Ich bin dabei, eine Single für diesen Song auf Vinyl zu bringen. In Australien ein Studio zu finden, das Platten presst, war eine wirklich schwierige Aufgabe, aber ich war dazu verpflichtet. Es wäre uns sehr heuchlerisch erschienen, wenn er nicht „made in Australia“ wäre.
Nun zum Song „Sweet Junkie Sleep“. – Falls ihr Drogen konsumiert, wie denkt ihr über sie? Und falls dies nicht der Fall ist, wäre ich auch an euer Meinung darüber interessiert. ;)
RG: Ich kann nicht für jedes Bandmitglied sprechen, aber mich hat nie etwas zu diesem Lebensstil hinbewegt. Es ist unproduktiv und spricht mich nicht an. Die Lyrics von „Sweet Junkie Sleep“ wurden von Dave geschrieben, somit sind es seine Gedanken, die zu Ausdruck gebracht werden. Und wieder kommen wir zur individuellen Interpretation, nicht wahr?
Ich liebe das Lied als einen coolen, düsteren, hässlichen und matschigen Song, der genau zu der Zeit kam, als wir ihn brauchten.
DT: Gut, Drogen in welchem Gewand auch immer, legal oder illegal, haben eine Wirkung auf unsere Gesellschaft. Das Stigma, welches Prostitution, Sexualkrankheiten und den Missbrauch psychoaktiver Drogen umgibt, wird in diesem Song thematisiert. Ein Freund von mir unterlag diesem Teufelszeug. So ist es schon wieder ein persönliches Bestreben von mir, Erkenntnis zu schaffen und ihren Einfluss auf unsere Gesellschaft zu reduzieren.
Es ist einfach, Kinder… Verschmäht Drogen!
In Hinblick auf euer Instrumentalstück „xaoc“ – Welche Art von Musik gefällt euch abseits des Metals?
DT: Es ändert sich, je nachdem wie viele Drinks ich hatte, haha. Aber eins ist klar: Niemals werde ich Country Musik zu schätzen lernen. Sie haben einige heiße Mädchen, aber ich denke, sie sollten besser Metal singen. Wir brauchen mehr Metal-Sängerinnen!
RG: Ich werde stolz Verantwortung für „xaoc“ übernehmen. Ich habe einen Hintergrund in vielen Musikstilen (Klassik, Jazz, Indian Klassik, Punk, Folk) und ich genieße es zu Hause Klavier zu spielen. Das Klavier, das ich in der Aufnahme spiele, ist seit Generationen in meiner Familie.
Wie bereitet ihr euch für einen NEKROFEIST-Gig vor?
DT: Keine Rituale – Ich betrete die Bühne und beginne zu performen.
RG: Dave ist von uns am Ritualistischsten. Er wechselt seine Kleidung vor der Show und hat ein spezielles Verfahren mit seinem Bandanna, es nasszumachen und damit umher zu peitschen. Ich habe keinen Plan wieso. Manchmal schminkt er sich, was dann nach „Warpaint“ aussieht. Ich mag das, das ist cool. Der Rest von uns besteigt einfach die Bühne und legt los.
Genießt ihr es live zu spielen?
DT: Ja, ich weiß, dass es der Ort ist, für den ich gemacht bin. Ich genieße es auf der Bühne zu stehen und das Gefühl, das ich habe, wenn ich andere Menschen meine Texte singen höre. Und auch das Gefühl eine schöne Zeit zu verbringen stimmt mich euphorisch.
RG: Ich liebe es, die Lieder, die wir für das gemeine Volk geschrieben haben vor ihnen zu spielen und ihre Reaktionen aus erster Hand betrachten zu können. Auch hat man beim Proben und live spielen noch eine Chance die Songs zu überdenken und in einem vollkommen neuen Licht zu sehen. Außerdem ist da der Teamworkaspekt, wie wenn alle ein Spiel spielen. Jede Runde „high-five“!
Habt ihr eine Europatour für ferne Zeiten geplant?
RG: Es würde mir sehr gefallen, Übersee zu spielen. Vorzugsweise in Europa, da die Metal-Szene dort so gewaltig ist. Ich hoffe, wir können es realisieren! Vor einigen Jahren habe ich Deutschland besucht und ich fände es klasse, irgendwann zurück zukehren.
DT: Ich bin geneigt, jetzt nach Europa zu kommen. Haha. Ich würde es lieben für meine Musik zu reisen .Es ist dieser Traum, den jeder Musiker hat, seine Musik an die verschiedensten orte zu bringen und die universelle Sprache des Metal zu teilen.
Zum Abschluss hätte ich gerne eure Sicht über folgende Dinge, als eine Art Spiel. Bitte schreibt eure erste Association mit…
Schulzeit
DT: Scheiße
RG: Bubblers (= Wasserpfeife)
Pop Musik
DT: Nein Danke
RG: Britney
Weihnachten
DT: Easter Adam
RG: Apfelwein
Deutschland
DT: Bier
RG: Ökonomischer Aufschwung
USA
DT: Selbstverliebt
RG: Kalorien
Herzlichen Dank für das (wirklich sehr ausführliche) Interview! Falls ihr noch etwas ergänzen wollt, gehören die letzten Worte euch!
RG: Dank ganz meinerseits und mach klar, dass all eure Leser uns auf www.nekrofeist.com besuchen!
DT: Ich weiß, wo der heilige Gral ist!